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Strategien der Meinungsmache

Wer über viel Geld oder/und publizistische Macht verfügt, versucht die politischen Entscheidungen in seinem Sinne zu beeinflussen. Durch Lobbyarbeit und durch Meinungsmache. Meinungsmache wird strategisch und professionell geplant. Die NachDenkSeiten beschreiben und analysieren solche Strategien.

Die unsoziale Lage der Jugend im Land

„Deutschland geht es so gut wie nie zuvor“, lässt die Regierung verlauten. Das Land strotze nur so vor Wirtschaftskraft, Arbeits- und Ausbildungsplätzen. Auftretende Probleme hätten ihre Ursachen daher niemals „im System“, sondern stets in den Betroffenen selbst. Sie lebten einfach bereits zu lange im Überfluss und litten daher an verfehltem Anspruchsdenken, wiesen individuelle „Vermittlungshemmnisse“, „Passungsprobleme“ oder gar grundsätzliche Defizite in Bezug auf ihre „Ausbildungsreife“ sowie „Disziplin, Belastbarkeit und Leistungsbereitschaft“ auf. Eigentlich sei alles bestens im Land – zumindest, sieht man von dessen furchtbaren Einwohnerinnen und Einwohnern einmal ab. Doch stimmt das auch? Zur sozialen Lage von Jugendlichen jenseits solch würdeverletzend-euphemistischer Verteidigungsrhetorik sprach Jens Wernicke mit Helmut Weick, Mitinitiator verschiedener Bündnisse gegen Ausbildungsplatzmangel und Jugendarbeitslosigkeit sowie der Kampagne für ein Grundrecht auf Ausbildung.

Traue keiner Grafik…

Heute wurde der Bericht des schwedischen Forschungsinstituts SIPRI über die weltweiten Rüstungsausgaben im Jahr 2014 veröffentlicht. Das war Anlass zur Berichterstattung in den Medien. Grafiken sind bekanntlich am besten geeignet, abstrakte Zahlen in ein leicht fassbares Bild zu fassen. Schaut man sich die Auswahl der Grafiken an, dann kann man zeigen, wie mit solchen bildlichen Darstellungen Eindrücke und damit Meinungen beeinflusst oder gar manipuliert werden können.
Von Wolfgang Lieb.

Mangelnde Sachkenntnis und Primitivität des Denkens sind vermutlich wichtige Ursachen für das Versagen der sogenannten Qualitätsmedien

Ein Leser der NachDenkSeiten machte uns auf eine Serie von sonderbaren und hochmanipulativen Beiträgen des WDR aufmerksam. Ein Beispiel von mehreren: Heute früh im Morgenecho kam der CDU Europa-Abgeordnete Elmar Brok zu Wort, unwidersprochen mit dieser Aussage: “Eine wirkliche Perspektive für Griechenland [ist es nur], wenn sie die Reformmaßnahmen machen, die sie wieder wettbewerbsfähig machen, damit sie ein normales westliches Lebensniveau für dieses Land wiederherstellen können.“ Hier wird wie bei einigen 1000 anderen Medienereignissen der Wirkungszusammenhang von Reformen der neokonservativen Art mit wirtschaftlichem Erfolg propagiert. Der angebliche Zusammenhang wird wie eine Blackbox in die Argumentationsketten eingebaut. Und die Medien widersprechen nicht, obwohl es viele Gründe gibt, diesen Wirkungszusammenhang infrage zu stellen. Auf das gleiche Phänomen des Nichtwissens oder Nicht-wissen-wollens und zugleich einer primitiven weil undifferenzierten und monokausalen Betrachtung von Wirkungszusammenhängen treffen wir bei anderen Sachfragen. Albrecht Müller.

Kann „Gegen-Propaganda“ aufklären?

Eines der wichtigen Ziele der NachDenkSeiten ist der Aufbau einer kritischen Gegenöffentlichkeit, als demokratische Gegenmacht zur derzeitigen „Vermachtung der Öffentlichkeit“ (Jürgen Habermas) durch wirtschaftlich mächtige Akteure, durch Regierungen, Parteien und Verbände und vor allem auch durch die wenigen oligopolistischen Medienunternehmen. Heißt das auch, dass wir der allenthalben verbreiteten Propaganda mit Gegen-Propaganda entgegentreten wollen? Von Wolfgang Lieb.

Der Rassist in uns

Seit dem 11. September 2001 ist „der Islam“ zur weltweiten Bedrohung avanciert. Seither steht jeder Moslem unter Generalverdacht, und denkt, wer das Wort Terrorist hört, in aller Regel umgehend an einen bärtigen Turban-Träger und nicht etwa mehr an die ETA, RAF oder IRA. Dass hierdurch inzwischen ein antimuslimischer Rassismus zu gesellschaftlicher Hegemonie gelangen konnte, wird kaum je thematisiert. Wie auch, dient derselbe den Mächtigen im Land doch zur Revitalisierung nationaler Identität, zur Legitimation von Grundrechteabbau, zur Ablenkung von sozialen Verwerfungen sowie als Projektionsfläche für die Wut und Ohnmacht im Volk? Zum alltäglichen Rassismus und dessen gesellschaftlicher Funktion sprach Jens Wernicke daher mit Iman Attia, die zu diesen Fragen seit Langem forscht und lehrt.

Keine Demokratie ohne Demokratisierung der Medien!

Eckart Spoo

Dass den Medien in bürgerlichen Demokratien auch und vor allem die Aufgabe der „Gedankenkontrolle“ der Bürgerinnen und Bürger zukommt, hat Noam Chomsky, der meistzitierte Intellektuelle der Welt, in etlichen Publikationen herausgearbeitet und belegt. Diese Funktion der Medien wird – vor allem wohl aufgrund der Zunahme an Kriegen und gesellschaftlicher Segregation – für immer größere Bevölkerungsteile aktuell evident. Sie betiteln die Medien daher als „Lügenpresse“, legen Programmbeschwerden ein und „basteln“ sich ihre Informationen mehr und mehr aus den wenigen unabhängigen Medien und im Netz selbst zusammen. Wie aber ist es nun um „unsere“ Medien bestellt? Lügen sie oder lügen sie nicht? Und welche Rolle spielen die Journalisten hierbei? Zu diesen Fragen sprach Jens Wernicke mit dem Journalisten und Medienkritiker Eckart Spoo, der hierzu einen klaren Standpunkt vertritt.

Der eingebettete Außenpolitik-Chef der Süddeutschen Zeitung Kornelius rühmt sich des Gleichklangs der „großen seriösen Medien“ in der Ukraine-Krise

Es ist klar, dass die Notwendigkeit einer pluralen Berichterstattung und Meinungsbildung ein wichtiges Thema der NachDenkSeiten ist. Deshalb komme ich noch einmal auf die Ursachen der Glaubwürdigkeitskrise der Medien zurück. Bei der Podiumsdiskussion am 19. März – Kurzbericht siehe hier – hatte der Vertreter der Süddeutschen Zeitung, Detlef Esslinger, mich angegriffen, weil ich am 16. Februar auf eine sonderbare Gleichrichtung von „Die Zeit“ und „Süddeutscher Zeitung“ hingewiesen hatte. In der Diskussion berichtete dann ein Teilnehmer von einem Briefwechsel zwischen einem Abonnenten der Süddeutschen Zeitung und Stefan Kornelius. In dem Antwortschreiben auf die Kündigung des Abonnements habe der Ressortleiter Außenpolitik auf die Einheitlichkeit der Medien-Meinung zur Ukraine-Krise hingewiesen. Der Briefwechsel ist uns jetzt vom ehemaligen Abonnenten Rockinger zugänglich gemacht worden. Dort heißt es in der Tat entlarvend: „In der Ukraine-Krise werden Sie es schwer haben, unter den großen seriösen Medien des Landes eine andere Stimme zu finden.“ – Für eine seriöse demokratische Meinungsbildung wäre es wichtig, viele „andere Stimmen zu finden“. Das begreifen die eingebetteten Journalisten nicht. Wir dokumentieren im Folgenden diesen Briefwechsel. Albrecht Müller.

Vertrauenskrise der Medien – Die Kritik an den Medien ist unberechtigt? Alles in Ordnung??

Im Münchner Gewerkschaftshaus fand am 19. März eine Podiumsdiskussion über die Glaubwürdigkeitskrise der Medien statt. Mit dabei waren Professor Wolfgang Donsbach, Kommunikationswissenschaftler aus Dresden, Detlef Esslinger, Ressortleiter Innenpolitik bei der Süddeutschen Zeitung und Albrecht Müller/NachDenkSeiten. – Bei meiner Einführung zu dieser Podiumsdiskussion war ich noch davon ausgegangen, es gebe eine gewisse Einsicht bei Medien und Medienwissenschaftlern in die Problematik. Das war blauäugig. Die Kritisierten glauben wirklich, dass die Medienordnung Deutschlands und die Praxis der Medien im Großen und Ganzen in Ordnung seien und den Bedürfnissen einer lebendigen Demokratie entsprächen. – Im Folgenden finden Sie eine Langfassung meiner Einführung zur Diskussion. Albrecht Müller.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Über die Gewalt

In der medialen Resonanz auf die Frankfurter Blockupy-Demonstration vom 18. März überwiegen Begriffe wie „Krawall“, „bürgerkriegsähnliche Zustände“, „randalierender Mob“. Die präsentierten Bilder zeigen vermummte Demonstranten, brennende Polizeiwagen, Rauchschwaden, zerbrochenes Glas. Das eigentliche Anliegen der Organisatoren und der Masse der Demonstranten verschwindet hinter der Verdammung der von kleinen Gruppen praktizierten Gewalt. Götz Eisenberg nimmt die Ereignisse zum Anlass, über die Rolle der Gewalt im Kampf für eine freiere und gewaltlosere Gesellschaft nachzudenken.

Stinkefinger-Gate – wie sich Günther Jauch und BILD bis auf die Knochen blamierten

Wie sich nun herausstellt, hat Jan Böhmermann die Öffentlichkeit gleich doppelt genarrt. Lesen Sie dazu bitte unseren Artikel “Stinkefinger-Gate II – Wie Jan Böhmermann uns allen eine Lektion erteilt

Wer am letzten Sonntag die Sendung von Günther Jauch gesehen hat, kam aus dem Staunen nicht mehr raus. Wichtigster Gast war per Fernschalte aus Athen der griechische Finanzminister Yanis Varoufakis. In einem Einspieler präsentierte das Team von Günther Jauch dem Publikum dann (Minute 26:00) eine Szene, die wohl deutsche Pressegeschichte schreiben wird. Im Video zeigt Varoufakis Deutschland den Stinkefinger. Varoufakis verteidigte sich gleich nach der Einspielung mit der Erklärung, das Video sei manipuliert. Dies prallte jedoch am Talkmaster Jauch ab und verleitete den mitdiskutierenden BILD-Kolumnisten Ernst Elitz sogleich zur Unterstellung, Varoufakis würde es mit der Wahrheit halt nicht so genau nehmen – „ich kann mir nicht vorstellen, dass ich hier in dieser Sendung ein getürktes Bild gezeigt wird“. Die Qualitätspresse hielt zusammen und überschüttete Varoufakis am Wochenbeginn mit Hohn und Spott. So weit, so schlecht – doch nun meldet sich der Urheber des Videos zu Wort: Jan Böhmermann, seines Zeichens Satiriker beim ZDF, gibt zu, dass er den Stinkefinger in das Video montiert hat. Nun stehen Jauch, BILD und die versammelten Qualitätsmedien wie begossene Pudel da. Das geschieht ihnen Recht. Von Jens Berger.

NATO-Kritik im Establishment

Daniele Ganser

Das Bundeskanzleramt wirft dem Oberbefehlshaber der NATO in Europa, Philip M. Breedlove, “gefährliche Propaganda” vor. Zur Frage, was von dieser Kritik, die ausgerechnet von der Regierung eines Landes geübt wird, die derlei Propagandatechniken selbst immer wieder angewandt hat, zu halten ist, sprach Jens Wernicke mit dem renommierten Friedensforscher und NATO-Kenner Daniele Ganser.

Der Clash von amerikanischem Chauvinismus und russischem Nationalismus

Die chauvinistische Rechte der USA glaubt an die Überlegenheit der Amerikaner und die nationalistische Rechte in Russland träumt von einem eurasischen Reich, das von Lissabon bis Wladiwostok reicht. „Gottes eigenes Land“ auf der einen Seite steht gegen einen nostalgischen Nationalismus der anderen Seite. Beide wirkmächtigen Strömungen prägen nicht nur die Stimmungslage von großen Teilen der jeweiligen Bevölkerung, sondern sie hetzen auch ihre politischen Führer auf, gegeneinander anzutreten und um Weltgeltung auf der einen und Vormacht auf der anderen Seite mit allen, bis hin zu kriegerischen Mitteln zu kämpfen. Nutznießer dieser Spannungspolitik sind vor allem eben diese radikalen politischen Strömungen selbst. Aber auch die Regierungen der USA und Russland profitieren zumindest in einem Punkt: Indem ein äußeres Feindbild an die Wand gemalt wird, können sie von ihren innenpolitischen Katastrophen ablenken. Von Wolfgang Lieb und Jens Berger.

Die Demokratie im Visier

Laut Umfragen wünschen sich die meisten Deutschen eine sozial ausgewogene und Politik und eine dem Frieden verpflichtetet Außenpolitik. Dennoch gerät die Sozialpolitik in immer bedenklichere Schieflage und ist Deutschland in immer gefährlichere militärische und geostrategische Abenteuer der USA verstrickt. Und obwohl über TTIP und Co. zurzeit viel diskutiert wird, fragt zugleich doch niemand nach den Urhebern dieses Programms, nach ihren Motiven, ihrer „Philosophie“, ihrer Taktik und Strategie. Warum eigentlich? Hierzu sprach Jens Wernicke mit Hermann Ploppa, der in seinem aktuellen Buch aufdeckt, dass neoliberale Schockstrategen und US-Lobbygruppen seit Jahrzehnten daran arbeiten, demokratische Regularien zugunsten der exklusiven Herrschaft einer selbst ernannten Elite zu überwinden.

Krieg um die Köpfe

Deutschland rüstet nicht nur im Äußeren auf – auch im Inneren vollzieht sich eine Entwicklung gen Militarisierung des Zivilen, des Denkens, Handelns und der Bildung etwa – eine ideologische Mobilmachung also, die auf die Erhöhung der Kriegsbereitschaft der Deutschen zielt. Auf dem Kongress mit dem Titel „Krieg um die Köpfe: Der Diskurs der ‚Verantwortungsübernahme‘“, der vom 5. bis 8. März in Berlin stattfindet, wollen Psychologinnen und Psychologen diese Einstimmung der Bevölkerung auf die scheinbare Notwendigkeit und Unausweichlichkeit der Beteiligung an Kriegen analysieren und kritisieren. Jens Wernicke sprach hierzu mit Jörg Hein, Mitglied im Vorstand der Neuen Gesellschaft für Psychologie, die Veranstalterin des Kongresses ist.