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Strategien der Meinungsmache

Wer über viel Geld oder/und publizistische Macht verfügt, versucht die politischen Entscheidungen in seinem Sinne zu beeinflussen. Durch Lobbyarbeit und durch Meinungsmache. Meinungsmache wird strategisch und professionell geplant. Die NachDenkSeiten beschreiben und analysieren solche Strategien.

Perspektive Deutschland startet mal wieder eine tendenziöse Umfrage

Die vom Unternehmensberater McKinsey entwickelte und von Stern und ZDF finanzierte „Perspektive Deutschland“ startet eine neue Online-Umfrage. Wir haben die Umfrage aus dem Jahre 2004 als exemplarisch für die Umdeutung von Kritik an der „Reform“-Politik in die Forderung nach weiter gehende Reformen kritisiert. Die Umfrage „Perspektive Deutschland 2005“ dürfte genauso tendenziös ausfallen.

Große Mehrheit für weitere Reformen? Ein weiteres Beispiel, wie die Bertelsmann Stiftung mit fragwürdigen Umfragen, Stimmung zu machen versucht.

„Mit überwältigender Mehrheit (84 Prozent) hat sich die deut sche Bevölkerung für weitere Reformen in Staat und Gesellschaft ausgesprochen.“ Das zeige eine repräsentative Umfrage von TNS Emnid im Auftrag der Bertelsmann Stiftung, so heißt es in einer Pressveröffentlichung vom 30.09.05.
Schaut man sich die Umfrage genauer an, so ist die Fragestellung so formuliert, dass eigentlich jeder vernünftige Mensch die „Notwendigkeit weiterer Veränderungen des Staates“ für erforderlich halten muss. Außerdem macht die Studie deutlich, dass die Befragten an völlig andere Reformen denken, als solche, wie sie etwa in der Agenda 2010 vorgesehen sind. Die Überschriften und Schlagzeilen, die wir lesen und hören, suggerieren jedoch, als forderten die Deutschen „weitere“ Reformen im Sinne der neoliberalen Reformkonzepte.

Possenspiel mit Umfragen

Möglicherweise haben Sie sich über meinen Tagebucheintrag vom 5.8. gewundert. Damals habe ich davor gewarnt, den Umfrageinterpretationen im allgemeinen und der damaligen Meldung von Infratest und ARD im besonderen („Schwarz-Gelb ohne Mehrheit“) einfach so zu glauben. Wie richtig diese Warnung unter Hinweis auf die Fehlertoleranz bei Umfragen war, zeigt die neue Umfrage von ARD und einigen Zeitungen. In der Welt heißt es heute, gerade einmal 14 Tage später: „ARD-Umfrage: Schwarz-Gelb mit 49 Prozent vorn…. Damit wäre das Patt zwischen dem rechten und linken Parteienlager aufgehoben. Das ist das Ergebnis des aktuellen Deutschlandtrends im Auftrag der ARD-“Tagesthemen” und der WELT.“

Wie Sie am Vergleich beider Meldungen – „Schwarz-Gelb ohne Mehrheit“ und „Schwarz-Gelb mit 49% vorn“ – sehen, können Sie die Institute und ihre Interpretationen in der Pfeife rauchen, um es etwas despektierlich zu sagen.

Der Einfluss der PR auf journalistische Medien und die Beeinflussung der Berichterstattung durch wirtschaftliche Interessengruppen nimmt massiv zu

Unter Bezugnahme auf eine empirische Studie von Prof. Michael Haller von der Universität Leipzig berichtet der Verein „Netzwerk Recherche“ über zunehmende Veröffentlichungen von PR-Texten als redaktionelle Beiträge. Neben der direkten Einflussnahme berichtet Haller von einer verstärkten Ausrichtung der Zeitungsberichterstattung auf den „Mainstream politischer Mehrheitsmeinungen im Publikum“. Ausdrücklich erwähnt wird die arbeitgeberfinanzierte„Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“, die direkt und indirekt auf das Agenda-Setting der Redaktionen Einfluss nehme.

Zweifelhaftes Selbstlob: „Die Reformen der Bundesregierung zeigen erste Erfolge und die Konzerne schreiben Rekordgewinne“

Unter dieser Überschrift stellt das Presse- und Informationsamt der Bundesregierung in seinem Internetangebot eine Analyse der Bertelsmann-Stiftung „Deutschland kommt wieder“ vor und will daraus Honig für die „Reformpolitik“ von Rot-Grün saugen. Ein Musterbeispiel dafür, wie sich die Bundesregierung die neoliberale Ideologie zu eigen gemacht hat.

CHE: „Privaten Hochschulen wird nachgesagt, dass sie besser ausbilden“. Wissenschaftsrat: Vernichtendes Urteil über die Medizin in Witten-Herdecke

„Privaten Hochschulen wird nachgesagt, dass sie besser ausbilden: effektiver, praxisnäher, erfolgreicher für den Arbeitsmarkt.“ Mit dieser manipulativen Behauptung machte das Centrum für Hochschulentwicklung der Bertelsmann-Stiftung Propaganda für die Privatisierung von Hochschulen (siehe NachDenkSeiten v. 21.6.05). Der Wissenschaftsrat sagt etwas anderes: Er fällte ein vernichtendes Qualitätsurteil über das Medizin-Studium an der Privatuniversität Witten-Herdecke und fordert die Hochschule auf, ab sofort keine Neueinschreibungen mehr vorzunehmen.

„Fremdarbeiter“: Wenn zwei dasselbe sagen, ist es in der Politik nicht dasselbe

Wenn Otto Schily von „Fremdarbeitern“ spricht, dann gilt das als eine Frage der Abwehr von Ein- und Zuwanderung von ausländischen Arbeitnehmern, also als liberal und demokratisch. Wenn Oskar Lafontaine dasselbe Wort im Zusammenhang von Lohndumping durch ausländische Arbeitnehmer benutzt, dann nutzen das viele, um ihn in die rechtsradikale Ecke zu stellen.