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Agenda 2010

Billig-Discounter und Freihandel

In letzter Zeit häufen sich die Meldungen, dass einige Billig-Discounter sich nicht an ihre Zusagen halten, faire Arbeitsbedingungen für Beschäftigte bei ihren Lieferanten sicherzustellen. Orlando Pascheit meint, dass an einer generellen Regelung des globalen Handels im Sinne des Arbeiter- und Umweltschutzes kein Weg vorbeiführt.

Gunnar Heinsohn und die „Aufartung“ des deutschen Volkes

Historische Parallelen sind stets fragwürdig. Besonders problematisch werden sie, wenn die deutsche NS-Vergangenheit bemüht wird, um in denunziatorischer Absicht aktuelle Gescheh­nisse zu kommentieren. Denn ein Regime, das unter neuzeitlichen Bedingungen und in kühler Rationalität den industriell durchgeführten Massenmord praktizierte, entzieht sich jedem Ver­gleich. Wenn der Autor dieser Zeilen gleichwohl den Aufsatz von Gunnar Heinsohn „Sozial­hilfe auf fünf Jahre begrenzen“ in der FAZ vom 17.03.10 zum Anlass nimmt, auf Affini­täten zur NS-Ideologie in diesem Text hinzuweisen, so ist er sich dieser Problematik bewusst. Von Friedhelm Grützner

Manager meist ohne Chance zum Nachdenken. Helfen Sie.

Ein NachDenkSeiten-Freund und Wirtschaftsprüfer, mit dem ich seit einer Begegnung bei einer Buchlesung Gedanken austausche, berichtete jetzt über seine Erfahrungen als neu etablierter Manager in einem Großkonzern. Die Chancen zur kritischen Betrachtung des Geschehens haben bei ihm drastisch abgenommen. Er regt bei NachDenkSeiten-Lesern an, diesen Kreis von Menschen nicht außen vor zu lassen und gezielt anzusprechen. Es folgt seine Mail in leicht gekürzter Fassung. Albrecht Müller.

Die Spitze will die Schröder Agenda 2010 reparieren – Kann ein „Befreiungsschlag“ gelingen?

Vor sieben Jahren – am 14.März 2003 – verkündete der damalige Bundeskanzler der rot-grünen Regierungskoalition, Gerhard Schröder, seine Agenda 2010. Damit leitete er den bis heute höchst umstrittenen Paradigmenwechsel in der Arbeitsmarktpolitik zu mehr Druck auf Arbeitslose und Arbeitnehmer und der Schaffung eines sich bis heute rasant ausbreitenden Niedriglohnsektors ein. Die mit der Agendapolitik verbundenen Fehlentwicklungen sollen jetzt durch ein neues SPD-Programm mit dem bezeichnenden Titel „Fairness auf dem Arbeitsmarkt“ wieder ins politische Lot gebracht werden. Dass dies rechtzeitig vor den Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen am 9. Mai erfolgt, hat besondere Symbolkraft: In NRW haben die Wähler die SPD 2005 für ihre Agendapolitik hart abgestraft und damit auch das Ende der rot-grünen Bundesregierung eingeleitet.
Von Ursula Engelen-Kefer

Wie Europa seine Zukunft verspielt

Nach der von EU-Kommissionspräsident Barroso vorgestellten Strategie für Wachstum und Beschäftigung “Europa 2020” soll die EU künftig wirtschaftlich stabiler, bildungspolitisch erfolgreicher und umweltfreundlicher werden. Die neue Strategie löst die “Lissabon-Strategie” der EU ab, die als gescheitert gilt. Nach der neuen Strategie sollen bis 2020 mindestens 75 Prozent der Bevölkerung eines jeden Landes einen Arbeitsplatz haben. Mindestens 40 Prozent der jüngeren Menschen sollen über einen Hochschulabschluss verfügen. Die Zahl armer Menschen soll um 20 Millionen auf 60 Millionen Menschen sinken.
Strategien und soziale Wirklichkeit klaffen in der EU seit Jahren weit auseinander. Von Walter Edenhofer

Fortsetzung: SPD-Arbeitsmarktkonzept: Eiertanz in der Sackgasse

Olaf Scholz nannte das Arbeitsmarktkonzept [PDF – 106KB] „eine konsequente Weiterentwicklung unserer Politik“. Die einzelnen Vorschläge des SPD-Arbeitsmarktkonzepts stellen also keinen Neuanfang dar, mit dem die Enttäuschung vieler früheren Anhänger und Sympathisanten der SPD wieder aufgefangen werden könnte. Solange der „Consigliere“ von Schröder, Frank-Walter Steinmeier, in der SPD etwas zu sagen hat, wäre eine Abkehr vom Agenda-Kurs ein Schlag gegen das eigene Führungspersonal.
Weil keine Abrechnung mit dem bisherigen Kurs erfolgt und kein neues Leitbild zugrunde gelegt wird, stehen alle Vorschläge des Arbeitsmarktkonzepts unter dem Verdacht der politischen Kosmetik – um sich etwa gegenüber den Gewerkschaften aufzuhübschen, um die innerparteilichen Narben zu verdecken, um sich gegenüber der Linkspartei etwas Rouge aufzulegen oder gegenüber den Vorstößen von CDU und FDP (etwa im Hinblick auf das Schonvermögen) nicht all zu blass auszusehen.
Wenn man überhaupt ein Umdenken erkennen will, so vielleicht an der Erkenntnis, dass der Sozialstaat nicht mehr durch weiteres zurückschneiden erhalten werden kann. Doch was durch die Hartz-Gesetze schon völlig kahl geschnitten wurde, kann nicht durch das Aufpfropfen einiger neuen Triebe wieder zum Blühen gebracht werden. Wolfgang Lieb

SPD-Arbeitsmarktkonzept: Eiertanz in der Sackgasse

Wie schwer sich die SPD tut, um aus der Sackgasse herauszufinden, in die sie sich mit der schröder-steinmeierschen Agenda-Politik hineinmanövriert hat, belegt der gestrige Präsidiumsbeschluss „Fairness auf dem Arbeitsmarkt“ . Da wird zunächst ein Eiertanz aufgeführt, um die Hartz-Reformen zu rechtfertigen. Deren Grundfehler werden ignoriert. Statt eine wirtschafts- und beschäftigungspolitische Alternative anzubieten, wird an dem Irrglauben festgehalten, man könne Arbeitslosigkeit bekämpfen, indem man Arbeitslose „fordert“. Man will durch das neue Arbeitsmarktkonzept bestenfalls einem Gerechtigkeitsgefühl entgegen kommen und die Akzeptanz erhöhen. Wolfgang Lieb

Noch einmal DGB NRW/Bertelsmann betr. Arbeitsvertragsrecht

Der Betriebsratsvorsitzende Steingrube aus Werther/NRW macht in einem Brief an den DGB NRW [PDF – 115 KB] und an andere Gewerkschaften auf die Rolle Bertelsmanns bei der Arbeit an einem einheitlichen Arbeitsvertragsgesetz aufmerksam. Das ergänzt unsere bisherigen Einträge (hier und hier) zum NRW-Forum Kommunalfinanzen 2010. Überhaupt ist die Resonanz auf unsere Information groß. Schon allein das Logo ..
Logo DGB & Bertelsmann
.. ist ja eine beachtliche Provokation für jeden noch ein bisschen denkenden Gewerkschafter und für alle Demokraten. Albrecht Müller

Bachelor schöngeschrieben?

Am Donnerstag und Freitag dieser Woche findet eine Konferenz der Europäischen BildungsministerInnen in Budapest und Wien statt. Thema ist der Bologna-Prozess. Dieser hatte im vergangenen Jahr zahlreiche Studierende, SchülerInnen und Beschäftigte auf die Straße getrieben. In der Folge sind Studien erschienen, die zu dem Ergebnis kommen, dass alles nicht so schlimm sei. Ein Leser der NachDenkSeiten hat sich die Methodik zweier Studien genauer angesehen und kommt zu interessanten Ergebnissen. Albrecht Müller.

Die neoliberale Indoktrination der Dozenten ist beträchtlich. Die Bundesbank mischt kräftig mit.

Ein Nachdenkseitenleser hat einen interessanten Bericht über seine Erfahrungen mit Dozenten in VWL geschickt. Was Dozenten bei der Fortbildung erzählen, ist offenbar unbeeindruckt von der Krise, in die uns die herrschende Lehre geführt hat. Bei Gesprächen darüber wurde ich auf die Aktivitäten der Deutschen Bundesbank und der Allianz AG und Deutschen Bank aufmerksam gemacht. Offenbar verschärfen diese „Täter“ ihre Indoktrination. Das zeigt, dass sie auch diese Krise ihrer Ideologie mit Meinungsmache zu überwinden versuchen. Wir können nur darum bitten gegenzusteuern. Nicht alle Dozenten und Lehrer, die die herrschende Lehre weitergeben, tun dies mit böser Absicht. Albrecht Müller

Das Existenz–Minimum der HabendHerrschenden – Hartz IV, das Bundesverfassungsgericht und die etablierte bundesdeutsche Politik

Der 1. Senat hat mit seinem Urteil vom 9.2.2010 nicht eine überfällige Debatte über gesellschaftliche Ungleichheit angestoßen und selbst eröffnet, allen Grund- und Menschenrechten und jeder Form der Demokratie abträglicher als alle anderen Gegebenheiten. Er hat die feinen und groben Unterschiede würdig abgesegnet. Nicht die Grund- und Menschenrechte als normae normantes, als täglich dirigierende politische Normen sind von ihm mit neuem Leben versehen worden. Nein: die normative Kraft des Faktischen. Das, wie es mit katastrophischen Unterschieden und schlimmen Effekten nach innen und außen ist, wie es ist, wird gelobt, dass es so ist. Von Wolf-Dieter Narr

Abweichende Meinung des Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts zum Hartz IV-Urteil

Es ist schon ein äußerst ungewöhnlicher Vorgang, dass der Präsident des Bundesverfassungsgerichts und gleichzeitig der Vorsitzende des das Hartz-IV-Urteil fällende Ersten Senats, nachträglich in einem Interview mit der konservativen Welt seinen eigenen Richterspruch interpretiert. Die Meinung die Hans-Jürgen Papier in der Welt vertritt, stellt eine sehr einseitige Auslegung dieses Urteils dar, man könnte geradezu von einem nachträglichen abweichenden Minderheitsvotum sprechen. Christian Girschner hat für uns die einschlägigen Passagen des Interviews analysiert.

Ergänzung zum Kampagnejournalismus von „Zeit“ und „Bild“ – auch die öffentlich-rechtlichen Sender beteiligen sich und Redaktionen sind gespalten

Der Bericht über die gleichgerichteten Manipulationen von „Die Zeit“ und „Bild“ hat einige ergänzende Hinweise ausgelöst und veranlasst zu einigen weiteren Anmerkungen zum Kampagnenjournalismus und der damit verbundenen Spaltung der Redaktionen. Denn, darauf war schon hingewiesen worden, diese Machenschaften werden mit Sicherheit nicht von allen Redakteuren gestützt. Albrecht Müller.

Gehirnwäsche

Wir sind geradezu umzingelt von interessengeleiteten Think-Tanks, die reflexartig ihre Geschützrohre in Stellung bringen, wenn sie ihre sozialstaatsfeindlichen Positionen gefährdet sehen. Das umso mehr, wenn diese Gefahr vom höchsten Gericht ausgeht. Als Denkfabriken getarnte Propaganda-Agenturen versuchen sofort, mit allen Mitteln die Stimmung im Lande in ihrem Sinne zu beeinflussen und sie drehen selbst den Karlsruher Richtern ihren Spruch im Munde herum.
Wenn es nicht gelingt, diese massive Manipulation der Öffentlichen Meinung zu durchschauen und damit auch zu durchbrechen, dann bleibt die Mehrheit der Bevölkerung Freiwild dieser Propagandaapparatur, die mit viel Geld und publizistischer Macht ausgestattet ist.
Westerwelle ist dabei nur der Bauchredner und die spendengehätschelte Marionette derjenigen, die auch hinter den PR-Agenturen stehen. Wolfgang Lieb

Die Leser der „Zeit“ u.a. angesehener Medien werden genau so manipuliert wie die Leser der BILD-Zeitung.

Weil sich die wichtigsten Medien der besser Ausgebildeten zu einem beachtlichen Teil auch als Kampagnemedien verdingen, werden die Leserinnen und Leser dieser Medien ebenfalls Opfer von geplanten Manipulationen. Das gilt auch für die Leserschaft solcher Medien, die früher als informative und im guten Sinne kritische Medien galten – wie zum Beispiel die „Zeit“, der „Spiegel“, der „Stern“, die ARD und die „Süddeutsche Zeitung“. Ein eklatantes Beispiel kam gerade auf den Tisch: das Zusammenspiel von „Zeit“ und Bild-Zeitung im Fall Westerwelle. Albrecht Müller