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Meinungsmache

Noch ein Nachtrag zur Ukraine

Dieser Nachtrag betrifft dreierlei: 1. Es ist in den deutschen Medien Mode geworden, in Kategorien einer neuen Konfrontation zwischen Ost und West zu denken. Es gibt Ausnahmen. Eine davon war ein Kommentar in der großen Regionalzeitung „Die Rheinpfalz“ vom 20. Februar. 2. Auch in vielen Nachbetrachtungen zu den Ereignissen in der Ukraine wird so getan, als seien alle Demonstranten auf dem Maidan als Demokraten vom Himmel gefallen. Das ist nicht so. Wir stellen ein Dokument mit den Informationen zu den Zahlungen der US-amerikanischen Organisation NED an rund 60 verschiedene Empfänger in der Ukraine vor. 3. Lateinamerika hat eine lange Erfahrung mit dieser Mischung aus respektabler Hilfe zur Demokratie und Subversion durch die USA. Albrecht Müller.

Volkswagen USA: Revolution von oben gescheitert

Die Automobilarbeiter-Gewerkschaft United Automobile Workers (UAW) hat die Abstimmung zur Anerkennung im Volkswagen Werk in Chattanooga, Tennessee laut offizieller Auszählung vom Freitag, 14. Februar 2014 mit 626 zu 712 Stimmen deutlich verloren.
Tatsächlich handelt es sich um eine demoralisierende Niederlage für die gesamte US-amerikanische Gewerkschaftsbewegung, die zudem deutlich macht, wie es um die demokratische Kultur in weiten Teilen der USA tatsächlich bestellt ist. Desinformation, Propaganda und teils bizarre Ängste spielten in der begleitenden Medienschlacht eine große Rolle – in der Form vergleichbar mit den hysterischen Kampagnen gegen Waffen-Beschränkung oder die allgemeine Krankenversicherung. Rechte Lobbyisten der Anti-Gewerkschafts-Organisation “Center for Workers Freedom” stellten zuletzt 13 Riesen-Werbetafeln in Tennessee auf, auf denen sie die VW-Gewerkschaftswahl sogar direkt mit Aspekten wie der Waffenfreiheit und dem in Tennessee bei der weißen Mehrheit relativ unbeliebten Präsidenten Obama verbanden. Die UAW wurde einmal als “United Obama Workers” verhöhnt, andererseits für den dramatischen Niedergang der Motor-Town Detroit in den letzten Jahrzehnten verantwortlich gemacht. Von Elmar Wigand [*]

Vom Abbau der Konfrontation in Europa zum Wiederaufbau der Konfrontation. Die Toten von Kiew sind die Opfer dieses Wahnsinns.

Auf der Basis einer dpa-Meldung hat meine Regionalzeitung, „Die Rheinpfalz“ am 18. Februar über das Treffen der ukrainischen Oppositionsführer Klitschko und Jazenjuk mit der Bundeskanzlerin berichtet. Da ist davon die Rede, die Ukraine brauche „eine europäische“ Perspektive, es wird von „proeuropäischer“ Opposition geschrieben. In anderen Texten wird wie selbstverständlich davon erzählt, der Konflikt in der Ukraine rühre daher, dass die Russen den Ukrainern nicht erlauben wollten, sich für Europa zu entscheiden. Und selbstverständlich schwingt immer mit: Wir hier im Westen sind die Guten, dort im Osten sind die Bösen. Der Konflikt hat das Zeug zu einem Bürgerkrieg und birgt zusammen mit anderen ähnlich arrangierten Konflikten nach meiner Einschätzung auch das Risiko eines Übergreifens auf andere Staaten wie Weißrussland oder Russland selbst und damit das Risiko eines dritten Weltkrieges, jedenfalls eines maßlosen Blutvergießens. Albrecht Müller.

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Zur Ausstellung „Diktatur und Demokratie im Zeitalter der Extreme“ – Vom Weißwaschen deutscher „Machteliten“ und vom Anschwärzen ihrer Kritiker

Peter Dausend zählt unter dem Titel „Krieg & Kurt“ für das laufende Jahr 25 Gedenkmöglichkeiten auf; vor lauter Gedenktagen komme man gar nicht mehr zum Denken, befürchtet er. Die Ausstellung „Diktatur und Demokratie im Zeitalter der Extreme“ belässt es bei drei Gedenkdaten aus dem 20. Jahrhundert und nimmt noch ein weiteres Datum aus dem 21. Jahrhundert dazu: 100 Jahre „Ausbruch“ des Ersten Weltkriegs, 75 Jahre Entfesselung des Zweiten Weltkriegs durch Deutschland, 25 Jahre Mauerfall und Ende der realsozialistischen Regime in Osteuropa und 10 Jahre Osterweiterung der EU. Damit hat man die „Brückenköpfe“ der Ausstellung „Diktatur und Demokratie im Zeitalter der Extreme“ beisammen, über die die Herausgeber der Ausstellung, drei deutsche „ideologische Staatsapparate“, nämlich das „Münchner Institut für Zeitgeschichte“, „Deutschlandradio Kultur“ und die „Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur“, gesponsert von der Daimler-AG, eine „dramatische Geschichte“ Europas „zwischen Freiheit und Tyrannei, zwischen Demokratie und Diktatur“ wölben.
Die Ausstellung erhebt den Anspruch, eine sinnstiftende „europäische Perspektive“ einzunehmen, bleibt aber von Anfang bis Ende ein Stück deutsch-hegemonialer „Erinnerungskultur“, meint Hans Otto Rößer in seiner kritischen Analyse.

„Pussy Riot“ rettet die Spiele

Nachdem die mit Mikrophonen bewaffneten kalten Krieger des deutschen Medienkorps bereits bei der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele in Sotschi einen gehörigen Teil ihres Pulvers verschossen hatten, drohte es schon langweilig im Kaukasus zu werden. Wenn die Organisation funktioniert und es im Umfeld keine außergewöhnlichen Vorfälle gibt, so ist dies zwar schön für die Athleten und die Zuschauer, aber fürchterlich langweilig für die Medien. Da wirkte der heutige Auftritt und die vorprogrammierte Inhaftierung zweier Aktivistinnen, die in den deutschen Medien als „Pussy Riot“ bezeichnet werden, wie ein medialer Befreiungsschlag. Die ebenfalls bereits vorprogrammierten Schlagzeilen ließen nicht lange auf sich warten. Das ist eigentlich erstaunlich. Ginge es nicht um Russland, sondern um ein westliches Land, wären die „Menschrechtsaktivisten“ wohl „Chaoten“ und würden auch wohl kaum von der BILD-Zeitung hofiert. Von Jens Berger

SPIEGEL Online macht den Lanz

Es ist schon bemerkenswert, wie dreist SPIEGEL Online Aussagen verbiegt, wenn es nur darum geht, der politischen Linken und allen voran Sahra Wagenknecht ans Bein zu pinkeln. Heute macht SPIEGEL Online ganz groß mit folgender Meldung auf:

Es wäre in der Tat eine Meldung wert, wenn Wagenknecht eine Abschaffung des Euro fordern würde. Nur dass sich diese Aussage noch nicht einmal mit sehr viel Phantasie aus dem ZEIT-Interview herleiten lässt, auf das sich SPIEGEL Online beruft. Von Jens Berger.

Ein Geflecht von spießbürgerlichen Klischees und Unwahrheiten führt den Bundespräsidenten zum gewollten Schluss: Mehr „Verantwortung“, mehr Militäreinsatz.

Man kann die Rede des Bundespräsidenten vor der Sicherheitskonferenz in München drehen und wenden, wie man will, sie hat eine zentrale Botschaft: Deutschland soll sich in den Krisen und Konflikten dieser Welt mehr engagieren. Das meint: militärisch engagieren – auch wenn dies immer wieder in Nebensätzen relativiert wird. Man kann davon ausgehen, dass diese Rede mit der Bundesregierung abgesprochen ist. Außenminister Steinmeier hat sich parallel dazu ähnlich geäußert: „Deutschland ist eigentlich zu groß, um Weltpolitik nur von der Außenlinie zu kommentieren.” Und Gauck hat Steinmeier als einzigen deutschen Politiker in seiner Rede ausdrücklich gelobt. Soviel zum Kern der Rede. Ansonsten enthält sie viele Aussagen und Fragen, die erkennen lassen, in welchen Klischees und Denkmustern sich der Bundespräsident bewegt. Wenn Sie sich das antun wollen, dann lesen Sie die Rede. Sie tun aber dann gut daran, sich quasi bei jedem Satz zu fragen: Was sagt er eigentlich, was will er sagen? Gaucks Sprache besteht oft aus Sprachsignalen, die als Stimmungsträger gedacht sind und nicht als logisch nachvollziehbare Aussagen. Albrecht Müller.

Guter aber kommentierungswürdiger Monitor-Beitrag zum Freihandelsabkommen

In seiner gestrigen Sendung hat sich das WDR-Magazin Monitor dankenswerterweise einmal mit den sogenannten Studien beschäftigt, auf deren Basis dem kommenden europäisch-amerikanischen Freihandelsabkommen TTIP sagenhafte Auswirkungen zur Wirtschafts- und Arbeitsplatzentwicklung zugeschrieben werden. Die NachDenkSeiten haben sich bereits im letzten Juni ausführlich mit der Bertelsmann-ifo-Studie beschäftigt, die nun auch Monitor aufgespießt. Seltsamerweise belässt es Monitor jedoch bei einer Kritik an der Politik und fasst die Autoren der Studie mit Glacéhandschuhen an. Von Jens Berger

Ukraine: Der Qualitätsjournalismus versagt

Der Großteil der deutschen Medienlandschaft berichtet seit Ende November nahezu unverändert oberflächlich und erschreckend einseitig über die Lage in der Ukraine.
Die Bilder gleichen sich. Junge Männer mit Helmen und Sturmhauben posieren vor einer Barrikade in der Kiewer Innenstadt. Die Berichte zu den Bildern bleiben ebenfalls austauschbar. Viele deutsche Journalisten begnügen sich damit, die Lage im Stadtzentrum zu schildern und den Forderungskatalog der Oppositionspolitiker vorzutragen. Darüber hinaus mangelt es dem hiesigen Qualitätsjournalismus zum Thema Ukraine jedoch an Inhalten, Erklärungen, Zusammenhängen – kurz an Recherche. Viele wichtige Fragen werden gar nicht erst gestellt. Nur an persönlichen Meinungen der Korrespondenten mangelt es selten. Von Stefan Korinth

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Die Manipulation des Monats: Atypische Beschäftigung drängt normale Arbeitsverhältnisse nicht zurück?

Wie die Bertelsmann Stiftung mit Hilfe des „Instituts zur Zukunft der Arbeit“ (IZA) die Öffentlichkeit mal wieder über die Auswirkungen der Agenda-„Reformen“ an der Nase herumführen und die Leitmedien willige Erfüllungsgehilfen sind.
Selbst die traurigen Befunde eines neoliberalen Think-Tanks werden in Jubelmeldungen umgedeutet. Statt „Atypische Beschäftigung drängt normale Arbeitsverhältnisse nicht zurück“ müsste es nämlich heißen: Atypische Beschäftigung steigt erheblich schneller als Normalarbeitsverhältnisse. Oder: Jede/r Vierte ist inzwischen atypisch beschäftigt und jede/r Fünfte Vollbeschäftigte arbeitet für einen Lohn an der Armutsgrenze. Berichte über solche Tatsachen finden sich in unseren Medien so gut wie gar nicht. Von Wolfgang Lieb.

Die „Deutschen Wirtschaftsnachrichten“ und ihre „Zwangsabgaben auf Sparguthaben“

In ihrem aktuellen Monatsbericht [PDF – 1.2 MB] stellt die Bundesbank ein für deutsche Verhältnisse ungewöhnlich progressives Gedankenspiel auf: Bevor ein Krisenstaat der Eurozone in den Staatsbankrott geht, könne er sich doch auch über eine Vermögensabgabe das benötigte Geld von den Reichen holen. Diese Idee hat zweifelsohne Charme. Seltsamerweise erreichten uns jedoch auch einige Leserzuschriften, die aufgrund dieser Meldung schwer verunsichert sind. Um griechische Reeder handelte es sich bei diesen Lesern nicht, sondern um Personen, die neben den NachDenkSeiten auch den Wirtschaftsteil der WELT und einen obskuren Blog aus dem AfD-Umfeld mit dem Namen „Deutsche Wirtschaftsnachrichten“ lesen. Von Jens Berger.

Die unglaubliche Aggression so genannter seriöser Medien gegen die Open-Petition zu Lanz verlangt eine Antwort: Die Petition über die 300.000 Marke heben!

Ein Freund berichtete mir vor zwei Tagen, er habe nach 20 Jahren Treue das Abonnement seiner überregionalen Tageszeitung gekündigt – wegen der arroganten und undemokratischen Kommentierung der „Openpetition“. Als Nachtrag zum Beitrag vom 24. Januar folgt deshalb hier eine Zusammenstellung einiger einschlägiger Reaktionen. Siehe Anlage. Darunter finden sich Medien, denen ich eine so aggressive und primitive Verteidigung des Markus Lanz und die Fortsetzung der Schaum-vor-dem-Mund-Kampagne gegen Sahra Wagenknecht nicht zugetraut hätte: die TAZ, Die ZEIT, die Süddeutsche, die FAZ, Spiegel online, der Tagesspiegel usw.. – Die Openpetition hatte bei Abschluss dieses Textes um 11:17h 226.302 Unterzeichner. Wenn die Befürworter/innen unter den täglich mindestens 60.000 NachDenkSeiten-Lesern Ihre E-Mail-Verteiler nutzen, um für die Unterzeichnung zu werben, dann müsste es möglich sein, die 300.000-Marke bald zu überschreiten. Zur Begründung und Erläuterung: Albrecht Müller.

Hochschulfreiheit und W-Besoldung – Eine Umfrage des Hochschullehrerbundes NRW unter Fachhochschulprofessorinn/en

Die Absicht des Gesetzgebers, durch Einführung der W-Besoldung die Vergütung für Professorinnen und Professoren leistungsgerechter zu gestalten, wurde nach Ansicht von 72 % der Befragten nicht erreicht. 76 % fühlen sich nicht motiviert mehr Leistung als zuvor zu erbringen. Für 86 % entspricht das W-Vergütungssystem nicht den Anforderungen der Professur. Berufungen werden schwieriger und die Qualität der Bewerber/innen ist schlechter geworden.
Mit Einführung des Hochschulfreiheitsgesetzes in NRW wurde für knapp drei Viertel der Befragten die Selbstverwaltung der Hochschule durch den akademischen Senat entwertet.
Als Ursache wird von den meisten die Verlagerung der Entscheidungsbefugnisse auf die Leitungsorgane (69 %) gesehen. Das mit großen politischen Visionen eingeführte Gesetz hinterlässt bereits nach einigen Jahren erhebliche Kollateralschäden. So beklagen in der Umfrage rund 40 % der Befragten, ihr Engagement in der Hochschule sei dadurch gebremst worden und 43 % der Professorinnen und Professoren fühlen sich sogar in ihrer wissenschaftlichen Freiheit nach Art. 5 Abs. 3 GG beeinträchtigt. Ergebnisbericht von Leo Hellemacher.

„Haltet den Dieb“ – eine primitive Masche im Kampf gegen Sahra Wagenknecht und alles Linke

Gegen das Verhalten von Markus Lanz und Joerges in der Sendung des ZDF vom 16. Januar gab es massiven Widerspruch. Wie bekannt, ist die Petition gegen Lanz sehr erfolgreich. Jetzt sind es rund 170.000 Unterzeichner. Bitte unterschreiben Sie dort, wenn Sie den Vorstoß richtig finden. Offenbar tut der Widerspruch gegen das ZDF, gegen Lanz und gegen Jörges weh. Letzterer greift jetzt mit einem Video Sahra Wagenknecht und die Linke insgesamt („shitstorm“) an – so primitiv wie in der Sendung des ZDF und nach der Methode „Haltet den Dieb“. Hier ein Einordnungsversuch der Vorgänge. Von Albrecht Müller

Für eine demokratische und soziale Hochschule, für eine freie Forschung und Lehre in Verantwortung vor der Gesellschaft

Die Kritik von Seiten der Rektoren, von Hochschulratsvorsitzenden und von einzelnen Wirtschaftsvertretern, aber auch von konservativen Ordinarien am Referentenentwurf eines Hochschulzukunftsgesetzes für NRW hat teilweise geradezu hysterische Züge angenommen. Schaut man auf die rasch organisierten Reaktionen, so kann man den Eindruck gewinnen, als seien hier Freiheitskämpfer gegen eine Politik angetreten, die einen „bürokratischen“ Kontroll- und Überwachungsstaat über die Hochschulen errichten will.
Angesichts der Vermachtung der veröffentlichten Meinung im Sinne der konservativen Wortführer kommen Kritiker der „unternehmerischen“ Hochschule kaum noch zu Wort.
Die Politik nimmt allerdings den Kampf mit den Propagandisten der inzwischen funktionell privatisierten Hochschulen nicht wirklich auf. Man hat politisch offenbar nicht mehr den Mut, klar zu bekennen, dass das Leitbild der „unternehmerischen Hochschule“ noch nie zu wissenschaftlichen Hochschulen gepasst hat und dass es darum gehen müsste, für eine demokratische und soziale Hochschule, für eine freie Forschung und Lehre in Verantwortung vor der Gesellschaft einzutreten. Von Wolfgang Lieb.

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