Kategorie:
Meinungsmache

Pisa, die Primitivität der Debatte und der Reformer

Zu Pisa fällt mir nichts mehr ein. Wenn man meint, man könne nach gerade mal zwei Jahren irgend einen stimmigen Befund an Veränderungen feststellen, dann hat man – um es volkstümlich zu sagen – nicht mehr alle Tassen im Schrank. Was soll sich da messbar verändert haben? Wodurch denn? Pisa, das sollte man verstehen, ist vor allem ein Propagandainstrument in den Händen derer, die diesen Bereich der OECD steuern, und einen diffusen Druck auf Strukturreformen ausüben wollen – „konsequente Reformen für mehr Wettbewerb im Bildungswesen“ (siehe unten) Typisch dafür ist die primitive Agitation der INSM mit „Aale-Dieter“, siehe unten.

Und die Welt bewegt sich doch – ein erfreulicher Eintrag zum 1. Geburtstag der NachDenkSeiten

Die sattsam bekannte Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft überzieht. Jetzt hat sie den „Reformer“ (= Merz) und „Blockierer des Jahres“ benannt. Zur Ermittlung der/s Preisträgerin/s gab es ein windiges Verfahren der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. Klicken Sie zum Bericht von Uli Müller in der Rubrik “Andere Interessante Beiträge“. Dort findet sich auch eine bemerkenswerte Pressemitteilung des Generalsekretärs der SPD, Klaus Uwe Benneter mit dem Hinweis auf die 150 Mio. Euro, die die ISNM einsetze.

Auch der „Scheibenwischer“ im Einflussbereich der neoliberalen Meinungsmacher?

Weil der „Scheibenwischer“ immer ein verlässlicher Pfeiler einer kritischen Begleitung des Zeitgeschehens war und ich den ehemaligen Matador dieser Sendung, Dieter Hildebrandt, gut kenne, habe ich eine große Sympathie für diese Sendung. Umso mehr war ich irritiert, als Gerhard Kilper, Leser und gelegentlicher Mitautor von Beiträgen für die NachDenkSeiten, mich auf eine Polemik von Bruno Jonas gegen mein Buch „Die Reformlüge“ im „Scheibenwischer“ vom 24.11. aufmerksam machte. Ich werde da als jemand vorgeführt, der noch mehr Schulden machen wolle. Hinter der Attacke steckt ein geläufiger Denkfehler. Oder auch mehr. Zu Ihrer Information sind in der Rubrik „Veröffentlichungen der Herausgeber“ zunächst einmal die einschlägigen Kapitel aus meinem Buch eingefügt.

Klaus Uwe Benneter

28.11.2004
Mitteilung an die Presse
Benneter: 150-Millionen-Euro-Kampagne der Arbeitgeber für die Union
Zur Verleihung des Titels “Reformer des Jahres” an Friedrich Merz und “Blockierer des Jahres” an Andrea Nahles, erklärt SPD-Generalsekretär Klaus Uwe Benneter:

Neoliberale Mobilmachung in der Bildung: Schon wieder ein Bildungstest – diesmal von der PR-Maschine „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“

Die neoliberale Lobby macht auf dem Felde der Bildung mobil. Nach McKineys Studentenranking veröffentlichte wenige Tage danach, am 24.11.04, die „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“ ihren sog. „Bildungstest“. Das Ergebnis überrascht nicht: Hier wie dort schneiden die Südstaaten und CDU-regierte Länder am besten ab. Der wissenschaftliche Schreibtisch der „INSM“, das arbeitgebernahe „Institut der deutschen Wirtschaft Köln“ hat 105 Indikatoren, die irgendetwas mit Bildung zu tun haben, zusammengetragen, diese in irgendwelche Korrelationen gebracht und kommt dann, ohne dass die Daten in einen plausiblen Bezug zur Bildungspolitik der jeweiligen Länder gebracht worden wären, zu dem Ergebnis, dass Bayern, Baden-Württemberg, Thüringen und Sachsen über dem Durchschnitt und alle anderen Länder unterdurchschnittlich abschneiden.
Die Methode ist immer gleich: Erst Miesmachen, um dann neoliberale Reformen „mit eiserner Entschlossenheit“ zu verlangen.

Medien und Hochschulen gehen McKinseys „Hochschulranking“ auf den Leim

Obwohl in dem vom SPIEGEL veröffentlichten Ranking nicht die Leistungen der Hochschulen in Forschung und Lehre verglichen wurden (vgl. NachDenkSeiten vom 23.11.04) sondern allenfalls welche Studierenden, von welchen Unis am ehesten die Kriterien der Personalauswahl des Personalberaters McKinsey & Co erfüllen, machen die Medien aus einem zweifelhaften Studentenranking ein Hochschulranking: „Köln ist mieses Mittelmaß“ oder „Uni-Test: NRW-Hochschulen weit abgeschlagen“ oder „Neues Uni-Ranking macht RWTH-Rektor nachdenklich“. Der Trick hat also funktioniert. Kaum einer schaut hinter das Ranking und die meisten glauben, dass damit die Qualität der Hochschulen miteinander verglichen wurde. Jetzt suchen die Rektoren nach Methoden, die „richtigen“ Studenten zu bekommen. McKinsey kann seine Hilfe anbieten. Das wird ein gutes Geschäft.

Hintergründe, Auftraggeber und Ziele der „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“ – Eine Analyse der Hans-Böckler-Stiftung

Über die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM), den am besten aufgestellten Think-Tank und der aktivsten PR-Maschine für einen wirtschaftsliberalen Kurs- und Klimawechsel in Deutschland, mit einem Etat von 10 Millionen Euro jährlich, professioneller Organisationsstruktur und permanenter Medienpräsenz berichtet Rudolf Speth in einer ausführlichen Analyse, veröffentlicht von der Hans-Böckler-Stiftung.

Die Personalberater McKinsey&Company bestimmen die künftigen Elite-Studenten

Eine ganz neue Variante eines Hochschulrankings stellt der SPIEGEL in seiner neuesten Titelstory vor: Nicht mehr die Leistungen von Hochschulen in Forschung und Lehre werden miteinander verglichen, sondern welche Studenten von welcher Uni am ehesten den Kriterien der Personalauswahl der Personalberater McKinsey & Company entsprechen. Zur Elite gehört: Wer den Standard einer schriftlichen Bewerbung bei einem internationalen Großunternehmen am besten erfüllt. Dieser Standard lautet: Die Aneignung von Wissen und Fähigkeiten zu fremdnützigen Zwecken.

Mehr Arbeit durch mehr Arbeit

Und andere Erkenntnisse der ewig gleichen Runden. Einer unserer Leser hat uns Sprüche von Rogowski und Sinn im Bayerischen Rundfunk geschickt. Wir geben sie wieder, weil sie zitieren kann, wer Reden halten muss oder Texte schreiben muss oder einfach zeigen will, was für famose Eliten wir haben. Die Texte zeigen zweierlei: wir leiden unter einer miserablen Qualität unserer Meinungsführer und einer Gleichschaltung, die kritische Stimmen immer seltener zu Wort kommen lässt.

Die ganz alltägliche Schizophrenie: Arbeitnehmer müssen Opfer bringen während Gewinne explodieren – Die Schlagzeilen eines Wochenendes

„Unserer“ Wirtschaft geht es schlecht, „wir“ müssen den Gürtel enger schnallen, „wir“ müssen länger arbeiten, „wir“ müssen Nullrunden hinnehmen, so hören wir das alltägliche Tremolo. Um nicht depressiv zu werden, schauen wir heute einfach auch einmal auf die Seite der Gewinner, ins Manager-Magazin.

Der „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“ ist kein Täuschungsmanöver zu schofel – aber die Medien fallen darauf rein

Nach einem sogenannten „Professoren-Panel“ der INSM sind die „Ökonomen mit großer Mehrheit für Studiengebühren im Erststudium“. 92,6% der „führenden deutschen Wirtschaftswissenschaftler“ seien dafür. Schaut man genauer hin, stellt man fest, dass sich nur eine winzige Zahl von Deutschlands Ökonomieprofessoren an der Umfrage beteiligt haben, nämlich gerade mal 54 von mehreren tausend. Ein schofles Täuschungsmanöver auf das manche Medien aber kritiklos hereinfallen.

Wozu braucht Bertelsmann ein Länder-Hochschulranking?

Wer hat etwas von einem Hochschulranking auf Länderebene? Weder die Studierenden, noch die Hochschullehrer, noch die Hochschulen, noch die Abnehmer der Hochschulabsolventen, denn sie erfahren nicht welche Fakultät oder welche Uni in welchem Land in diesem Ranking gut oder schlecht abschneidet. Das im November vorgestellte CHE-Länderranking kann eigentlich nur auf die Politik zielen: Bertelsmann will damit einmal mehr das Wettbewerbsdenken fördern, diesmal nicht zwischen den Hochschulen sondern zwischen den Ländern. Um den Gewinnern oder Verlierern dieses Rankings die betriebseigenen Konzepte zum Erhalt oder zur Förderung ihrer Wettbewerbsfähigkeit andienen zu können und damit seinen ohnehin schon starken politischen Einfluss noch mehr stärken zu können, dazu braucht Bertelsmann ein „Länderranking“.