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Meinungsmache

G8, eine mit viel Steuergeld erkaufte unbezahlte Wahlkampfwerbung

„Bild ernennt Merkel zur Miss World“ oder sieht „Angela Merkel auf dem Gipfel der Macht“ so in der Sache auch die meisten anderen Schlagzeilen: Etwa „Angela Merkel setzt Klima-Kompromiss durch“: Selbst der DGB sieht „erste ermutigende Schritte“. Und das Bundespresseamt liefert zwar weniger solide Nachrichten aber dafür um so fulminantere Lobreden auf die Kanzlerin. So etwa unter der Überschrift „Durchbruch beim Klimaschutz“ und bei Afrika habe es einen „deutlichen Impuls“ gegeben.
Stellt man die konkreten Ergebnisse von Heiligendamm gegen den Propagandaaufwand, dann stehen 100 Millionen Kosten gegen eine von den Medien kräftig inszenierte Merkel-Show von bisher kaum gekanntem Ausmaß.

„Agents Provocateurs“ im „Schwarzen Block“?

Die Meldungen verdichten sich, dass sich in die Gruppe der Demonstranten, die zum Osttor des Sicherheitszauns vorgedrungen waren, fünf mit schwarzen Kapuzen getarnte Lockspitzel eingereiht hatten, die Umstehende zu Straftaten anstacheln wollten. Henning Obens vom Block G8-Bündnis erklärte, man habe Fotos von den Betroffenen gemacht und die Polizei aufgefordert, Stellung zu den Vorwürfen zu nehmen. Sollte die Polizei darauf nicht reagieren, werde man die Fotos veröffentlichen.
Soll etwa durch Lockspitzel der Sicherheitsaufwand legitimiert werden?

‚Attacs und Merkels Ziele sind identisch.’ Ja, Sie haben richtig gelesen.

In meiner Tagebuchnotiz vom 5.6. zur Kommunikationsstrategie von Angela Merkel bin ich bewusst freundlich mit Heiner Geißlers Rolle umgegangen. Sein neues Interview, diesmal mit FAZ.NET vom 6.6., irritiert jedoch gehörig. Da wird allen Ernstes behauptet, die Ziele von Attac „sind identisch mit denen der Bundeskanzlerin“. Hier wird das Bild der inhaltlichen Orientierung von Bundeskanzlerin Merkel auf nicht mehr nachvollziehbare Weise beschönigt. Und Attac muss dafür herhalten. Dieser aktuelle Versuch einer Gehirnwäsche zwingt mich dazu, an einige markante Positionen und Einlassungen, Taten und Unterlassungen von Angela Merkel zu erinnern.

Merkels clevere Kommunikationsstrategien zur Imageerweiterung

Seit einiger Zeit schon beobachte ich Angela Merkels teils sehr erfolgreichen Versuche zur Imageerweiterung. Sie gibt sich ein fortschrittliches Image vor allem über die Klima- und Entwicklungsthematik, nimmt bewusst Kontakt auf zur progressiven Pop-Szene und kritisiert gelegentlich den US-Präsidenten Bush. Und sie versucht, sich und ihrer Partei ein sozialeres Image zu geben. Das zielt auf eine strategische Erweiterung des Wählerpotenzials und der Koalitionsmöglichkeit mit den Grünen. Jetzt sind diese Vermutungen durch ein öffentlich gewordenes so genanntes geheimes Protokoll aus dem Bundeskanzleramt bestätigt worden. Außerdem sprechen verschiedene Äußerungen von Dr. Heiner Geißler für die Planung und den Erfolg dieser Strategie. Albrecht Müller.

Wie Bertelsmann mit zweifelhaften Studien die Puppen in der Politik tanzen lässt

Erinnern Sie sich noch: Vor einem Monat sagte die Bundesregierung der Fettleibigkeit den Kampf an. Angestoßen wurde die Debatte mal wieder über eine internationale Vergleichs-„Studie“, über die zunächst die Süddeutsche Zeitung berichtete. BILD zog mit den Schlagzeilen nach: „Wir sind die dicksten Europäer“ und „Wir sind zu fett“. Und wie so häufig in einem Land, in dem mit BILD und Glotze regiert wird, hechelte die Politik hektisch der Medienkampagne nach. Seehofer hörte die Signale und zog ein Diätprogramm für die Deutschen aus der Tasche.
Die deutschen Daten für die Vergleichsstudie stammten – na Sie ahnen es schon – natürlich aus dem Gesundheitsmonitor der Bertelsmannstiftung von 2003.
Das Robert Koch-Institut bezweifelt nun die Vergleichbarkeit der Datensätze und kommt zu ganz anderen Zahlen als die Bertelsmänner. Damit wird das Problem der Dickleibigkeit nicht viel kleiner, aber interessant ist, wie in Deutschland Politik funktioniert. Wolfgang Lieb.

Audiatur et altera pars! Oder: Wer nur noch Gewalt sieht, gibt die Demonstrationsfreiheit auf

„Die G 8-Schlacht“ titelt BILD und bietet wie auch Spiegel Online oder Focus Online Frontberichterstattung per Newsticker. Bei der „jungen Welt“ kommt in einer Chronologie die andere Seite zu Wort.
Gewaltfetischisten und Gewalt polizeilicher Repression und die „Kriegsberichterstattung“ darüber sollen uns mit aller Brutalität beweisen: Nur diese Welt ist möglich!
Die Zehntausende, die friedlich dafür demonstriert haben, dass auch eine andere Welt möglich sein soll, werden in die Rolle von naiven Biedermännern abgedrängt, die den Brandstiftern die Bühne zimmern. Die Demonstrationsfreiheit und der friedliche Protest gegen eine falsche Globalisierung werden zwischen Gewalt und Gegengewalt zerrieben. Wolfgang Lieb.

Der Konsumklimaindex steigt, der Einzelhandelsumsatz fällt

Voller Begeisterung wurde aufgenommen, dass der Konsumklimaindex der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) im Mai unerwartete Höchstwerte erreichte. Regelmäßig folgt in der letzten Zeit dem „Stimmungshoch“ die Enttäuschung über die nüchternen Realitäten: Laut Statistischem Bundesamt ist der Einzelhandelsumsatz im April real um 0,6 Prozent gesunken. Nach wie vor bremst also der rückläufige Konsum die Konjunktur.

„Dummbabbler“ nennt man in meiner Heimat Heidelberg jemanden, der so spricht wie der Bahnchef

Mehdorn attackiert seine Kritiker. Siehe unten. Wer kritisch fragt und analysiert wie Attac oder bahn-für-alle oder wir in den NachDenkSeiten, erhält das Etikett „Rezepte der Vergangenheit“. Die Etiketten ersetzen das Denken. Übrigens kennt Mehdorn die Sprach-Gebräuche meiner Heimat. Er war Chef der Heidelberger Druckmaschinen AG. Dort war man durchweg heilfroh, als man ihn wieder los war. Albrecht Müller.

BILD: Zu fein zum Arbeiten!

Der Krawall-„Journalist“ (Tagesspiegel) Georg Gafron darf in BILD mal wieder gegen die faulen Arbeitslosen hetzen. Wolfgang Lieb.

Zum Entstehen eines Mainstream ein Zitat aus „Mein Kampf“

Einer unserer freundlichen Leser macht uns nach Lektüre unseres Hinweises Nr. 10 vom 25.5. auf einen einschlägigen Text in „Mein Kampf“ aufmerksam. Zu Hitlers Text ist meinerseits noch anzumerken, dass er viel über die Verführbarkeit der „Masse“ schreibt, unsere Erfahrung heute wie schon damals aber dafür spricht, dass jene, die sich für Eliten halten, mindestens so leicht manipulierbar sind – und dann auch noch selbst manipulieren. In „Machtwahn“ habe ich einige gravierende Fälle dokumentiert, zum Beispiel den Irrlauben an die ideale Bevölkerungspyramide, der von einer Kommission der Robert Bosch Stiftung unter dem Vorsitz von Kurt Biedenkopf und hochmögenden Mitwirkenden wie Prof. Sinn und Landesbischöfin Margot Käßmann geteilt wird. Albrecht Müller.

Al Gore oder Aufwachen, wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist. Schön, aber es reicht nicht.

Der frühere Vizepräsident und Präsidentschaftskandidat Al Gore beklagt in einem neuen Buch die Gefahr, die für die Demokratie aus der totalen Fernsehgesellschaft erwächst. Das ist eine ehrenwerte und wichtige Erkenntnis, aber ein bisschen spät kommt sie schon. Wenn wir immer erst wach werden, wenn wichtige Bedingungen demokratischer und sozialer Verhältnisse zerstört sind, dann findet das offensichtlich großes publizistisches Interesse, aber es ist gesellschaftspolitisch nicht sonderlich relevant. Was Al Gore jetzt schreibt, das wissen wir seit mehr als 30 Jahren. Genau in diesen 30 Jahren sind die Weichen immer wieder falsch gestellt worden und zwar so, dass wegen der auch von Al Gore beklagten Konzentration von Medienmacht die Verhältnisse nur noch schwer zum Besseren gewendet werden können. Albrecht Müller.

Jens Wernicke/Thorsten Bultmann (Hrsg.): Netzwerk der Macht – Bertelsmann

Statt einer Rezension geben wir ein Interview mit einem der Herausgeber einer lesenswerten Buchneuerscheinung über den medial-politischen Komplex aus Gütersloh wieder. Mit freundlicher Genehmigung der Neuen Westfälischen aus Bielefeld.
Das Buch, in dem 30 Autoren zu Wort kommen, unternehme zum ersten Mal den Versuch einer systematischen Darstellung der Macht dieses Konzerns. Im Interview fordert Jens Wernicke eine öffentliche Diskussion über die Rolle der AG und der Stiftung, „die zu Unrecht den Status der Gemeinnützigkeit genießt“.

Eurobarometer zeigt für D.: Ruin des Vertrauens in Zukunft und soziale Sicherungssysteme

Vom Eurobarometer “Social Reality” hat z.B. der Spiegel nur berichtet, dass die Deutschen sich bei der Arbeit überfordert fühlen. Wesentlich Interessanteres ist dort allerdings zu finden, wenn man sich genau ansieht, wie die Deutschen ihre gegenwärtige Situation und die Zukunft einschätzen. Die Befragung fand statt, bevor „Bild“ den Boom ausgerufen hat, aber prinzipiell wird sich durch diese Kampagne nicht viel geändert haben. Die Deutschen sind verunsichert wie kaum ein anderes Volk. Michael Buckup, Mitarbeiter beim Eurobarometer der Europäischen Kommission hat für die NachDenkSeiten die Umfrage ausgewertet und dazu eine PowerPoint Präsentation vorgelegt. Sie ist hilfreich zur Information und für alle unsre Leser, die selbst schreiben oder reden müssen.

Déjà-vu – neuer kalter Krieg

Die für mich unangenehmste Meldung der letzten Woche war: „Merkel geht offen auf Konfrontationskurs zu Putin. – Ein heftiges Wortgefecht haben sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und der russische Präsident Wladimir Putin auf dem EU-Russland-Gipfel in Samara geliefert. Merkel kritisierte das Anreiseverbot für Oppositionsführer Garri Kasparow. Putin konterte scharf.“ Hier wird ein neuer Kalter Krieg angezettelt. Und noch mehr als der letzte hat er innenpolitische Gründe. Albrecht Müller.