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Kampagnen/Tarnworte/Neusprech

Wie Demoskopen Wahlniederlagen schön reden und den politischen Blick auf die Wirklichkeit verzerren

Die CDU hat in Hamburg mit über zwanzig Prozent Zugewinn einen historisch einmalig hohen Sieg bei einer Landtagswahl feiern können. Für die SPD gab es das schlechteste Wahlergebnis nach dem Krieg im über vierzig Jahre “roten” Hamburg. Doch in der Spitze der SPD wird so getan, als sei das nichts Besonderes, als wären dramatische Wahlniederlagen die selbstverständlichste Folge einer richtigen Politik.
Zwar gestand man noch zu, dass diese Niederlage “keinen Rückenwind” (Müntefering) bringe, es sei nun aber auch “kein katastrophales Ergebnis” (Mirow), schließlich hätte man gemessen an früheren Umfragen sogar “aufgeholt” (Müntefering). Die Partei habe nach dem Führungswechsel in der Parteispitze “wacker gekämpft” (Scholz) und im übrigen sei die Bundespolitik für dieses Ergebnis “nicht letztlich entscheidend” (Müntefering) gewesen, sondern der Sieg habe “viel mit der Personalisierung auf Ole von Beust” (Scholz) zu tun.

Gezielte Manipulation bei den Zahlen zur Abwanderung von Arbeitsplätzen und zum angeblichen Niedergang des Weltmarktanteils der deutschen Volkswirtschaft

Beim Versuch, die Qualitäten unseres Landes und seiner bisherigen Strukturen „herunter zu machen“, wird in den letzten Monaten immer wieder das Phänomen der Abwanderung von Arbeitsplätzen und der angebliche Niedergang des Weltmarktanteils Deutschlands beschworen. Hier ist offenbar eine richtige Kampagne zu Gange. Der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber und auch der hessische Ministerpräsident Roland Koch beteiligen sich aktiv an dieser Kampagne. Edmund Stoiber mit der Behauptung, monatlich würden 50.000 Arbeitsplätze verlagert. Roland Koch mit der Behauptung, der Weltmarktanteil der USA sei auf 19 Prozent gestiegen und sie hätten uns damit weit überholt.

“Revolution von oben” – der “Stern” beschreibt erstaunlich offen, wem wir die “Reformen” zu verdanken haben

Klaus Staeck machte mich auf einen Artikel im “Stern” aufmerksam, in dem recht gut beschrieben wird, welches die treibenden Kräfte der jetzigen Reformdebatte sind und welches die Ursache und der Ausgangspunkt einer ungeheuer erfolgreichen Kampagne der Öffentlichkeitsarbeit waren, die nun seit Jahren weitgehend auch die Politik bestimmt.

Stoibers amtliche Panikmache

50.000 Arbeitsplätze wandern monatlich aus Deutschland ab, so der bayerische Ministerpräsident auf seinem Neujahrsempfang am 1.1.04 wie zuvor auch schon in der Fernsehsendung „Berlin Mitte“. Belegen kann Stoiber diese Zahl nicht. Sie ist offenbar frei erfunden und Teil einer Kampagne gegen die rot-grüne Regierung, wobei die Betreiber dieser Kampagne wohl ohne Zögern mit einkalkulieren, den Ruf des Standorts Deutschland weiter zu beschädigen.

Der SPIEGEL reiht sich in die Kampagne für Studiengebühren ein

Es ist schon lange her, dass Studierende für den SPIEGEL auf die Straße gingen; diese Woche müssten sie gegen den SPIEGEL protestieren. Einmal mehr reiht sich der SPIEGEL mit seinem Aufmacher “Geist gegen Gebühr” in den Mainstream der Meinungen ein. Nur noch die bekannten Befürworter der Studiengebühr kommen zu Wort, kein Argument ist zu plump.

Verlagerung von Arbeitsplätzen – Hinweis auf eine Studie des Fraunhofer-Instituts, Karlsruhe

In der öffentlichen Debatte haben heute dramatisierende und übertreibende Stimmen die Oberhand. Zum Beispiel M. Miegel mit seinem Buch, „Die deformierte Gesellschaft“, Oswald Metzger mit „Einspruch. Wider den organisierten Staatsbankrott“, und dann vergangenen Herbst Hans-Werner Sinn, immerhin Präsident des Ifo-Instituts und Ökonomieprofessor an der Münchener Universität, mit „Ist Deutschland noch zu retten?”. Steffen Kinkel vom Fraunhofer-Institut, Karlsruhe rückt einige der gängigen Übertreibungen zurecht.

Die Agitation zum sogenannten demographischen Problem geht weiter

In dieser Woche erschien der SPIEGEL mit dem Titel “Der letzte Deutsche – Auf dem Weg zur Greisen-Republik”. Damit ist wieder einmal Niveau und Methode von BILD erreicht. Das ist nichts Neues. Am 17.5.2001 erschien bei SPIEGEL ONLINE: “Raum ohne Volk”. – Die übertreibende Irreführung der Republik scheint jedenfalls näher als ihre Vergreisung.

Ein Babylonisches Missverständnis

Reformstau oder Rezession, Angebot oder Nachfrage: Der Gleichklang der öffentlichen Meinung blockiert die Wirtschaftspolitik.Von Heiner Flassbeck und Albrecht Müller, Frankfurter Allgemeine Zeitung – Die Ordnung der Wirtschaft