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Denkfehler Wirtschaftsdebatte

Die politische Debatte kreist oft um wirtschaftliche Zusammenhänge. Vielen Menschen sind diese fremd. Denkfehler und Vorurteile zur Wirtschafts- und Finanzpolitik sind schon deshalb weit verbreitet. Die NachDenkSeiten klären immer wieder darüber auf.

Auch gravierende Fehler und Fehleinschätzungen werden hierzulande nicht bestraft. Beispielhaft: Steinmeier, Steingart und Sinn.

Heute sind die Medien voll von Meldungen (S.a. hier) über einen wahrscheinlichen Leistungsbilanzüberschuss Deutschlands von rund 163 Milliarden €. Damit hat sich seit dem Jahr 2000 ein Leistungsbilanzüberschuss von weit über 1 Billion angesammelt. Das erinnert an Einschätzungen und politische Forderungen zum Ausbau der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Volkswirtschaft, die ca. zehn Jahre zurückliegen. Es sind gravierende Fehleinschätzungen, die mitverantwortlich sind für die Ungleichgewichte in den internationalen Wirtschaftsbeziehungen und insbesondere für die Krise im Euroraum. Den falschen Propheten und Falschberatern hat dies nicht geschadet. Das liegt vor allem daran, dass die meisten Medien eng mit der Fehleinschätzung verflochten sind und die Wissenschaft von der Ökonomie unter einem schon des Öfteren beschriebenen Mangel an welfareökonomischer Bildung leidet. Albrecht Müller.

Hurra, wir sind Weltmeister!

Deutschland ist wieder „Exportweltmeister“ und führte zum ersten Mal seit einem Vierteljahrhundert sogar mehr Güter nach China aus als es von dort einführte. Wenn man diese Entwicklung als Sieg sehen will, so handelt es sich hierbei um einen Pyrrhussieg. Dies wird deutlich, wenn man sich auch die Kehrseite der Medaille anschaut. Deutschland ist nicht nur Weltmeister bei den Exportüberschüssen, sondern spiegelbildlich auch bei den Importdefiziten. Erkauft wurde dieser Sieg vor allem durch die viel zu niedrigen Löhne in Deutschland. Die Lektionen, die China gelernt hat, scheinen in Deutschland zu verpuffen. Von Jens Berger.

Vergesst die Inflation!

Es gibt Ängste, die sind unausrottbar. Im nationalen Bewusstsein der Deutschen scheint die Urangst vor der Hyperinflation der Jahre 1922 und 1923 allgegenwärtig. Wen wundert es da, dass Politiker oder Kommentatoren nur allzu gerne das Schreckgespenst „Inflation“ beschwören, um ihren politischen Positionen emotionalen Nachdruck zu verleihen? In den letzten Wochen hatte diese Geisterbeschwörung wieder einmal Hochkonjunktur, ging es doch darum, Stimmung gegen verschiedene Vorschläge zu machen, mit denen die EZB aktiver in den Kampf gegen die Eurokrise einbezogen werden sollte. Doch die Angst vor einer bevorstehenden Inflation ist irrational und lenkt nur ab, wenn es darum geht, erfolgreiche Lösungswege aus der Eurokrise zu finden. Von Jens Berger.

„Sparzwang“ in Zeiten des Nullzinses?

Wenn die Bundesrepublik Deutschland neue Schulden aufnimmt, so muss sie dafür nur einen lächerlich geringen Zinssatz zahlen – für Staatsanleihen mit einer Laufzeit von zwei Jahren oder weniger kriegt sie von den Anlegern sogar eine Prämie dafür, dass diese dem Staat Geld leihen dürfen. Dennoch beherrscht das Mantra, nach dem der Staat immer weniger Schulden aufnehmen sollte, die politische Diskussion. Dies ist ein grandioser Denkfehler, der uns noch sehr teuer zu stehen kommen könnte. Von Jens Berger.

Ökonomische Konsenssoße mit viel Licht und viel Schatten

Mit Spannung wurde der erste Bericht des „Expertenrats“ des Insitute for New Economic Thinking (INET) zur Eurokrise erwartet. Schließlich zählen einige der Mitglieder dieses Rats (z.B. Peter Bofinger, Daniel Gros oder Paul de Grauwe) nicht zu Unrecht zu den ausgewiesenen Vertreter der Ökonomenzunft. Nun liegt der Bericht vor und selbst bei wohlwollender Betrachtung stellt er leider bestenfalls eine mittlere Enttäuschung dar. Obgleich das Papier einige durchaus bemerkenswerte Vorschläge zur Lösung der Eurokrise beinhaltet, die durchaus in die richtige Richtung gehen könnten, ist es auch von neoliberalen Mainstream-Plattitüden durchzogen und geht am realwirtschaftlichen Kern der Krise weitgehend vorbei. Es ist unverständlich, warum kritische Ökonomen wie etwa Peter Bofinger ein solches Papier unterzeichnet haben. Von Jens Berger.

Das Märchen von der Geldvernichtung

„Eine gigantische Geldvernichtung!“ „Billionenwerte in Luft aufgelöst!“ „Milliardensummen verbrannt!“ So ähnlich lauten die Schlagzeilen, wenn die Kurse an den Finanzmärkten wieder einmal in den Keller rutschen. Geldwerte entstehen, sie wachsen und wachsen – und fallen dann irgendwann wieder in sich zusammen; so sollte man meinen. Dies ist jedoch blanker Unsinn. Das Gerede von der Geldvernichtung im Kontext von Finanzkrisen ist eine Lüge, die die eigentlichen Probleme des Finanzsektors kaschiert. Von Günter Wierichs.

Hintergrund: Staatsverschuldung in Deutschland

Seit Monaten wird die deutsche und europäische Politik von der Eurokrise bestimmt. Im Fokus der Krisenberichterstattung steht vor allem die Staatsverschuldung, die vom Mainstream der Beobachter als Ursache für die derzeitige Krise identifiziert wurde. Beschränkte sich die Berichterstattung in Deutschland anfangs der Krise auf die so genannten GIIPS-Staaten (Griechenland, Irland, Italien, Portugal und Spanien), rückt nun auch die Staatsverschuldung Deutschlands in ihren Blickwinkel. Aus diesem Grund soll im Folgenden das Phänomen der Staatsverschuldung ausführlich untersucht und seine Bedeutung für die derzeitige Eurokrise dargestellt werden. Von Axel Troost.

Bitte machen Sie Ihre Freunde und Bekannten auf die Methoden aufmerksam, mit denen wir manipuliert werden. Beispiele gibt es jeden Tag.

Gestern bei SpiegelOnline mal wieder ein hervorragender Beleg. Vielleicht haben Sie die Zeit, den Artikel auf sich wirken zu lassen, bevor Sie hier weiter lesen. Im Artikel wird die Methode, B zu sagen und damit die Botschaft A zu transportieren, angewandt. Und es wird zusätzlich ein Konflikt konstruiert, ein geläufiges Instrument zum Transport einer Botschaft. Die harmlose Aufforderung des Bundespräsidenten an die Bundeskanzlerin, sie müsse die Politik zur Finanzkrise detailliert beschreiben und erläutern, wird zu einer Ermahnung hochgespielt. Der Trick: Wenn die angeblich mangelhafte Erläuterung der Politik zu einem „wunden Punkt“ hochstilisiert wird (Botschaft B), dann wird gleichzeitig die Botschaft A vermittelt: die Politik ist gut, sie wird nur schlecht verkauft. Albrecht Müller.

Merkels Welt

Für mehr Wachstum sind sie fast alle. Doch spätestens seitdem die FDP aus Angst vor dem eigenen Minus-Wachstum ihr Steuersenkungsmantra gegen ein Wachstumsmantra ausgetauscht hat, ist Vorsicht geboten, wenn wirtschaftsliberale Politiker ihre Entscheidungen mit dem Ziel zu mehr Wachstum begründen, denn Wachstum ist für sie gleichbedeutend mit Abbau des Sozialstaats. Sozialstaatsfeindlich ist auch die Kanzlerin Angela Merkel. Da ist es noch nicht einmal sonderlich überraschend, dass ihr ideologischer Leitfaden aus ökonomischer Sicht komplett verquer ist, auf lange Sicht das Wachstum verhindert und das Wohl der Menschen keine Rolle spielt. Von Jens Berger.

Eine Anregung: Übernehmen Sie nicht den Sprachgebrauch und die Legenden der herrschenden Lehre. Beispiel: Sparen, Sparkurs, …

Den Kampf um den angemessenen, traditionellen Gebrauch des Wortes „Reform“ hat der aufklärende Teil unserer Gesellschaft schon verloren. Reformen sind jetzt anders als noch vor 40 Jahren Veränderungen zulasten der Mehrheit. Auch die Umdeutung der Finanz- und Bankenkrise in eine „Staatsschuldenkrise“ ist den Profiteuren der Bankenrettung gelungen. Zur Zeit wird mit dem verfälschenden Gebrauch des Wortes „Sparen“ gearbeitet. Schäuble, Merkel, die Troika, SpiegelOnline und nahezu alle anderen Medien gebrauchen selbstverständlich die Worte „Sparen“ und „Sparkurs“, obwohl in der jetzigen Situation mit dieser Politik das Sparen nicht gelingt. Was Deutschland und die Troika zum Beispiel Griechenland aufgezwungen haben, war keine Sparpolitik und kein Sparkurs. Es war und ist nicht mehr als eine Spar-Absichtspolitik. Das Verrückte: Auch die Kritiker der erfolglosen Spar-Absichtspolitik übernehmen den gängig gemachten Begriff Sparen und Sparkurs, obwohl das Wort Sparen theoretisch als auch empirisch falsch angewandt wird. Albrecht Müller.

Steinbrück bespricht Sarrazin und entlarvt seine eigene verblendete Sichtweise

Auf FAZ online rezensiert Peer Steinbrück das neue Buch von Thilo Sarrazin. In zwei kleinen Absätzen wird dort, besser als in allen anderen Papieren, die ich kenne, dokumentiert, worunter die deutsche Politik im Allgemeinen und die SPD im Besonderen leiden. Steinbrück bespricht Sarrazin und entlarvt seine eigene Sichtweise auf den Euro als genauso falsch wie die desjenigen, dessen Buch er bespricht. Von Heiner Flassbeck.

Können sich Volkswirtschaften aus der Krise sparen?

Wir kennen alle die Propaganda von Gesundsparen in Politik und Medien, die allerdings meist wenig konkret ist. Seitens der Wissenschaft wird allgemein eingeräumt, dass Austeritätsprogramme negative Folgen für Wachstum und Beschäftigung haben – allerdings nur in der sehr kurzen Frist. Angestoßen durch einen Beitrag in der Neuen Züricher Zeitung “Wie Schweden sich aus der Krise sparte” untersucht Orlando Pascheit die Argumentation von prominenten Vertretern die für ein „Heraussparen aus der Krise“ plädieren.

Irrungen, Wirrungen, Vermögensabgabe

Die Vorstellung, die Vermögenden wesentlich stärker als bisher zur Finanzierung der Folgekosten der Finanzkrise heranzuziehen, ist – vollkommen zu Recht – populär. Neben einer einmaligen Vermögensabgabe gehört auch eine Vermögenssteuer zu den Instrumenten, mit denen man die Staatsfinanzierung auf solidere Beine stellen könnte. Nicht nur bei den Detailfragen ist hier jedoch Vorsicht geboten. Eine Fokussierung auf die Geldvermögen, wie sie beispielsweise in regelmäßigen Abständen vom Publizisten Harald Schumann vorgenommen wird ist nicht sinnvoll und auch nicht umsetzbar, verstößt sie doch gegen das Grundgesetz. Die Diskussion rund um die Besteuerung von Vermögen könnte wesentlich konstruktiver verlaufen, wenn man populäre Denkfehler vermeidet. Von Jens Berger.

Jens Berger im Interview mit OE1

Im Umfeld des Vortrags „Wie ökonomische Irrlehren die Krise in Europa verschärfen“, den Jens Berger am 17.4. beim Bruno-Kreisky-Forum in Wien gehalten hat, ergab sich auch die Gelegenheit, mit dem ORF zu sprechen. Das Gespräch wurde gestern im Rahmen des OE1-Kulturjournals ausgestrahlt.

Anmoderation: “Wie ökonomische Irrlehren die Krise in Europa vertiefen”, das war der Titel eines Vortrags, den der deutsche Journalist und Blogger Jens Berger gestern im Wiener Kreisky Forum gehalten hat. Seine Thesen klingen möglicherweise gewagt, ja sogar provokant, fordert er doch ein Ende der Sparpolitik in der jetzigen Form und z.B. höhere Löhne. Ein Gespräch mit Jens Berger. – Gestaltung: Christian Fillitz“

Wer das Interview online hören will, sollte dafür auf die Seiten von OE1 gehen und das kleine „Wiedergabe-Symbol“ links vor dem Schriftzug „Kulturjournal“ anklicken.

Die Veranstaltung des Bruno-Kreisky-Forums wurde auch auf Video aufgenommen. Sobald es online ist, werden wir Sie in unseren Hinweisen des Tages darauf hinweisen.

Kreisky-Forum Wien – aktueller Termin mit Jens Berger

Wir möchten unsere Leser gerne auf einen Termin am nächsten Dienstag (17.4) in Wien hinweisen. Dort wird Jens Berger im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Genial dagegen“ einen Vortrag zum Thema „Wie ökonomische Irrlehren die Krise in Europa vertiefen“ halten und dem Publikum sein Buch „Stresstest Deutschland“ vorstellen. Anschließend gibt es noch eine Podiumsdiskussion mit dem Journalisten Robert Misik (Standard/taz), der NachDenkSeiten-Lesern ebenfalls bekannt sein dürfte, und eine Diskussionsrunde mit dem Publikum.

Wien, Dienstag, 17. April, 19 Uhr
Jens Berger: Wie ökonomische Irrlehren die Krise in Europa vertiefen.
Bruno-Kreisky-Forum für Internationalen Dialog. Armbrustergasse 15. 1190 Wien.

Details und weiter Informationen finden Sie auf den Seiten des Bruno-Kreisky-Forums [PDF – 68 KB] und bei Robert Misik.