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Finanzen und Währung

Die „neue“ Regierung Samaras: Pfeifen im Walde, aber aus dem letzten Loch

Die „neue“ Regierung Samaras verbreitet Aufbruchsstimmung. Die Gefahr eines „Grexit“, also eines Ausschlusses aus der Eurozone, sei endgültig gebannt; jetzt sei bereits die „Greekovery“ in vollem Gange. Als endgültigen Beweis für seine These von der griechischen „success story“ wertet er die Entscheidung über das TAP-Projekt, die Ende Juni gefallen ist. Von Niels Kadritzke.

Rudolf Hickels Beitrag in den Blättern ist es wert, den Hinweis von heute noch zu ergänzen

Es geht bei diesem Essay „Raus aus dem Euro, zurück ins Chaos“ um die wichtige Frage, ob Währungs- und Lohnanpassungen eine wichtige Bedeutung für die Wiedergewinnung von Wettbewerbsfähigkeit und den Ausgleich der Wettbewerbsfähigkeit haben, und es geht um einen wichtigen Disput zwischen Ökonomen, die sich und die wir als vergleichsweise fortschrittlich einschätzen. In den Hinweisen von heute hatte ich auf Hickels Beitrag hingewiesen und ihn kurz kommentiert. Jetzt erhielt ich einen ergänzenden Text vom NDS-Hinweisgeber G.K. Albrecht Müller.

ARD Sommerinterview: Koalitionsspekulationen und Fragen, die aus dem Konrad-Adenauer-Haus kommen könnten

Da verkündet Ulrich Deppendorf vor dem ersten Sommerinterview großspurig: „Der Kollege Rainald Becker und ich möchten natürlich von den Gesprächspartnern erfahren, was sie wirklich mit einem Wahl- oder einem Regierungsprogramm erreichen wollen.“
Die Hälfte der Fragen im ersten Sommerinterview mit der Grünen Karin Göring-Eckardt hat jedoch rein gar nichts mit dem Wahlprogramm zu tun. Es geht wie üblich im Fernsehen um Personalisierung von Politik und um Koalitionsspekulationen.
„Es gibt keinerlei Abstimmung bei den Fragen, das haben wir noch nie gemacht und das machen wir auch künftig nicht“, verspricht Deppendorf weiter. Mit Göring-Eckardt waren die Fragen sicherlich nicht abgestimmt, aber sie hätten auch aus der CDU-Zentrale im Konrad-Adenauer-Haus kommen können. Von Wolfgang Lieb.

Steuern erhöhen statt Ausgaben kürzen

Die Eurokrise ist bereits tief in die Köpfe der Deutschen vorgedrungen. Hatten unsere Landsleute früher Angst vor Kriegen, der Umweltverschmutzung oder dem sozialen Abstieg, so bereiten ihnen heute die „Staatsverschuldung“ die größten Sorgen. Dies ist zumindest das Ergebnis des „Sorgenbarometers“ der Zeitschrift Stern. Demnach sollen sich angeblich 62% aller Deutschen vor den hohen Staatsschulden Deutschlands fürchten. Das Bild eines schweißgebadeten Michels, dem nächtlings in einem Albtraum die berühmt berüchtigte Schuldenuhr des Bundes Deutscher Steuerzahler erschienen ist, bestimmte daher auch in den letzten Jahren die politische Debatte Sparen, sparen, sparen wurde zum obersten Leitsatz von Regierung und Parteien.
(Auszug aus dem Buch „Das alles und noch viel mehr würden wir machen, wenn wir Kanzler von Deutschland wär’n“, herausgegeben von Peter Zudeick) Von Jens Berger

Wie geht es eigentlich den russischen Oligarchen in Zypern?

Wir erinnern uns, wie speziell die deutsche Regierung mit dem Oligarchen-Argument Stimmung gemacht hat. Sie ließ sogar den BND – eigentlich nicht als Sitz von ökonomischem Sachverstand bekannt – eine „Analyse“ anfertigen, die aus Zeitungsberichten herausfilterte, was über die Russengelder bekannt war. Denen sollte hinfort der Spaß an ihren Anlagen im zypriotischen OFS verdorben werden – angeblich, um den gesunden Kern des Bankensystems eines Euro-Mitgliedsstaats zu retten.
Der deutsche Steuerzahler soll nicht für Flucht- und Schwarzgelder russischer Oligarchen einstehen, lautete das Argument vor der Rosskur der Eurozonen-Finanzminister vom 18. März 2013. Nach der Kur haben wir das Bild, das Harald Schumann zeichnet: gesunde Mittelstandsunternehmen unverschuldet am Rande der Pleite, die (westlichen) Anleger längst über alle Berge, und die (östlichen) Oligarchen als künftige Herrscher über die größte Bank der Inselrepublik. Wie konnte das geschehen?
Einige Überlegungen im Anschluss an den höchst aufschlussreichen Bericht von Harald Schumann. Die Pointe schlechthin hat er sich für den Schluss aufgehoben. Wie geht es eigentlich „den Russen“ in Zypern, die uns im Vorfeld der EU-als tiefste Wurzel des Übels namens „Offshore Financial Sector“ (OFS) dargestellt wurde? Von Niels Kadritzke

Griechenland: Regierungskoalition bricht über die ERT-Krise zusammen

Nach der dritten Verhandlungsrunde über die ERT-Krise zwischen den Spitzen der drei Koalitionsparteien, die gestern Abend in Athen zu Ende ging, steht Griechenland vor einer „halben“ Regierungskrise. Der kleinste Koalitionspartner, die linkssozialdemokratische Dimar, zieht die von ihr nominierten Minister und Vize-Minister (insgesamt vier Personen) zurück und scheidet damit aus der Regierung Samaras aus. Weil die Pasok nach Aussage ihres Vorsitzenden Venizelos diesen Schritt nicht mit vollzieht, schrumpft die Dreier- zu einer Zweiter-Koalition aus Nea Dimokratia und Pasok entgegen. Von Niels Kadritzke.

Neue Banken braucht das Land

„Wie viel Bank braucht der Mensch?“, so lautet der Titel von Thomas Frickes neuem Buch. Was sich auf den ersten Blick wie eine Mischung aus Ratgeberliteratur und Hochglanzprospekt der Commerzbank anhört, hat es jedoch in sich. Hinter dem eher spröden Titel verbirgt sich nicht nur ein Leitfaden zur Regulierung des Finanzsystems, sondern nebenbei auch noch eine grandiose Analyse des Scheitern des Dogmas effizienter Finanzmärkte. Für die Qualität des Buches steht schon der Name Thomas Fricke, der als Journalist und ehemaliger „Chefökonom“ der Financial Times Deutschland regelmäßigen Lesern unserer Hinweise des Tages sicherlich ein Begriff sein dürfte. Von Jens Berger

Kampagnenjournalismus – diesmal ist Heiner Flassbeck das Opfer. Er wird zum Euro-Gegner und Anti-Europäer stilisiert

Der gedruckte „Spiegel“ erschien in dieser Woche mit einem fünfseitigen Artikel „Die Taschenrechner“. Darin wird Heiner Flassbeck zum Gegner des Euro hochstilisiert und zu diesem Zwecke mit Olaf Henkel, Dirk Müller und dem AfD-Vorsitzenden Lucke vermanscht. Flassbeck hatte schon bei der Anbahnung des Gesprächs durch den Spiegel-Autor geahnt, dass hier ein Kampagnenjournalist tätig wird und sich den Vorgang gemerkt. Er berichtet davon hier. Albrecht Müller.

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Die Hängepartie um den griechischen Rundfunk ERT – die Regierungskrise schmort weiter (Teil 2)

Mit seinem Medienputsch hat es Regierungschef Samaras geschafft, nicht nur die Mehrheit der Bevölkerung gegen sich aufzubringen.

Ganz Griechenland wartete am Montagabend auf zwei Nachrichten, die für die Fortsetzung des ERT-Konflikts und für das Schicksal der Regierung Samaras entscheidend sein sollten. Was am Ende des Tages herauskam, war nur ein weiterer Aufschub bzw. eine Verlängerung der politischen Krise, die ND-Chef Samaras letzte Woche mit seiner „Notverordnung“ zur Liquidierung der staatlichen Rundfunk- und Fernsehanstalt ausgelöst hat. Die erste Nachricht kam aus dem Staatsrat (Symvoulio tis Epikratias), dem Obersten Verwaltungsgericht. Die zweite Nachricht kam aus dem Amtssitz des Ministerpräsidenten Samaras. Dort tagte der Dreiergipfel der Parteivorsitzenden von ND, Pasok und Dimar mit dem Ziel, die entstandene Koalitionskrise beizulegen. Auch in Anbetracht der Staatsrats-Entscheidung gingen Samaras, Venizelos und Kouvelis dann aber ohne Ergebnis auseinander und verabredeten einen neuen Gipfel am heutigen Mittwoch. Von Niels Kadritzke.

Wir retten nicht die Griechen, sondern die Banken

Dass ein Großteil der „Rettungsgelder“ für Griechenland nicht bei den Griechen, sondern bei den Banken landet, ist für informierte Leser nicht unbedingt neu. Genaue Zahlen waren dazu bislang jedoch nicht bekannt, was angesichts der Haftungsrisiken für die Steuerzahler der Eurozone und der 188 Mitgliedsstaaten des IWF eigentlich ein handfester Skandal ist. Attac Österreich hat nun in mühevoller Detailarbeit nachgerechnet, an wen die nunmehr 207 Milliarden Euro eigentlich geflossen sind, die von den Eurostaaten, ihren Rettungsschirmen und dem IWF dem griechischen Staat als „Rettungskredite“ überwiesen wurden. Das Ergebnis ist erschütternd – nach den Berechnungen von Attac landeten fast 170 Milliarden Euro, das sind 77% der Kredite, direkt oder indirekt beim Finanzsektor. Von Jens Berger.

Aus Fehlern kann man lernen – Das vollständige Scheitern neoklassischer Wirtschaftspolitik in der EU bietet die Basis für emanzipatorische Alternativen.

Die neoklassische Wirtschaftstheorie steht am Beginn fehlender Regulierung der Finanzmärkte, hat die Politik bezüglich der Folgen der Sparpolitik völlig falsch beraten und kann keine sinnvollen Lösungsvorschläge für die Verringerung der Ungleichgewichte in der Währungsunion bieten. Ihr Scheitern führte zu enormen Wohlfahrtsverlusten in der EU. Es bietet aber auch die Chance für Alternativen. Die Ansatzpunkte für emanzipatorische Wirtschaftspolitik liegen auf der Hand. Von Markus Marterbauer[*].

Griechenland exekutiert den staatlichen Rundfunk – Teil 1

Mit der Auflösung der staatlichen Rundfunk- und Fernsehsehanstalt Griechenlands (ERT oder Elleniki Radiofonia kai Tileorasi) hat Regierungschef Antonis Samaras nicht nur eine Solidaritätswelle für die ERT-Belegschaft ausgelöst, sondern auch eine Regierungskrise, die am Ende sogar zu vorzeitigen Neuwahlen führen könnte. Wobei in den griechischen Medien bereits darüber spekuliert wird, ob nicht genau dies der eigentliche Sinn der aberwitzig erscheinenden Konfrontations-Strategie von Samaras ist. Ob die Existenz der seit Sommer 2012 bestehenden Koalitionsregierung auf dem Spiel steht, wird sich nächsten Montag zeigen, wenn Ministerpräsident Samaras sich mit den Vorsitzenden seinen kleineren Koalitionspartner, dem Pasok-Chef Evangelos Venizelos und dem Dimar-Chef Fotis Kouvelis zu einer Krisensitzung treffen. Von Niels Kadritzke.

„Die schwäbische Hausfrau“, die Wettbewerbsfähigkeit, die Inflationsangst – die drei Säulenheiligen der deutschen Wirtschafts- und Finanzpolitik

Eingangsstatement von Wolfgang Lieb auf einer Podiumsdiskussion zum Thema „Über Österreich, Deutschland und Europa. Vor der Wahl ist nach der Wahl“ im Rahmen einer Veranstaltung der österreichische Zeitschrift „Arbeit & Wirtschaft“ am 10. Juni in Wien.

PDF-Link: Über Österreich, Deutschland und Europa – Vor der Wahl ist nach der Wahl [2 MB]

Die EZB vor dem Verfassungsgericht – Zeit für grundsätzliche Fragen

Die zweitägige mündliche Verhandlung zur Rolle der EZB bei der Bekämpfung der Eurokrise hinterlässt einen höchst zwiespältigen Eindruck. Im Kern geht es um die Frage, ob die EZB mit ihren Anleihenkaufprogrammen Kompetenzen in Anspruch nimmt, die nicht durch das Grundgesetz übertragen wurden. Sollte Karlsruhe feststellen, dass die EZB ihr Mandat überdehnt, überdehnt das Bundesverfassungsgericht damit jedoch selbst sein Mandat, da die EZB nicht dem deutschen, sondern dem europäischen Recht untersteht. Um den gordischen Knoten zu zerschlagen, müssten nicht nur das Grundgesetz, sondern auch die europäischen Verträge „eurotauglich“ gemacht werden. Wieder einmal zeigt sich, dass der Euro auf einem „Betriebssystem“ läuft, das überhaupt nicht für eine Gemeinschaftswährung ausgelegt ist. Von Jens Berger

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Jugendarbeitslosigkeit in Europa – Die wundersame Welt des Wolfgang Schäuble

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hat in der letzten Woche bei „Cicero online“ einen Beitrag zur Jugendarbeitslosigkeit in Europa veröffentlicht. Der Titel „Das ist eine Gefahr für die Demokratie“ lässt Hoffnung auf einen vielleicht ersten Schritt zur Einsicht aufkommen. Doch weit gefehlt: Schäuble demonstriert einmal mehr seine völlige Lernunfähigkeit und -unwilligkeit. Ein Gastartikel von Günther Grunert.