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Finanzen und Währung

Ein neuer „Bock als Gärtner“ – der GoldmanSachs-Berater Issing als Kommissionsvorsitzender. Mein Fazit: Dieser Bundesregierung ist nicht zu trauen.

Bei SpiegelOnline lese ich (siehe unten), dass Otmar Issing als Ersatz für den gescheiterten Tietmeyer die Kommission zur Reform der internationalen Finanzmärkte leiten soll. Issing war und ist einer der führenden Köpfe der Monetaristen in Deutschland, er war als Chefökonom der EZB wie auch schon als Vertreter der Deutschen Bundesbank mitverantwortlich für deren neoliberalen Kurs in der Geldpolitik. Er unterscheidet sich in seinen wirtschaftspolitischen Dogmen keinen Deut von Tietmeyer und ist wie dieser Mitglied im Kuratorium der neoliberalen Friedrich-August von Hayek-Stiftung. Issing war und ist ein Propagandist der freien Finanzmärkte und ein fundamentalistischer Monetarist. Im Jahre 2003 erhielt Issing für seine theoretischen Arbeiten ebenso wie für sein Wirken als Zentralbankdirektor gemeinsam mit Margaret Thatcher den Preis der Hayek-Stiftung.
Begründung: “He is very Hayekian.” Siehe Anlage B. Albrecht Müller.

Ist der „Kasinokapitalismus“ am Ende?- Neoliberalismus in der Legitimationskrise

Es wäre verfrüht zu glauben, der Neoliberalismus hätte seine Macht über das Bewusstsein von Millionen Menschen verloren, nur weil sie um ihr Erspartes fürchten und mit ihren Steuergroschen einmal mehr die Zeche für Spekulanten und Finanzjongleure zahlen müssen. Gleichwohl bleibt zu hoffen, dass die globale Finanzmarktkrise zur Überwindung der neoliberalen Hegemonie – hier verstanden als öffentliche Meinungsführerschaft des Marktradikalismus – und zur allgemeinen Rehabilitation der Staatsintervention beiträgt. Stellt man die Frage, was nach dem Neoliberalismus kommt, sollte man die beiden Perspektiven eines sich radikalisierenden und eines seriöser auftretenden, noch subtiler agierenden Marktfetischismus nicht übersehen. Von Christoph Butterwegge.

Trotz Rezession – angebotsorientierte Wirtschaftspolitik im alten Trott

Bundeswirtschaftsminister Glos nimmt natürlich das Wort „Rezession“ nicht in den Mund, er sprach gestern lieber beschönigend davon, „dass sich die deutsche Wirtschaft in vielen Bereichen nicht widerstandsfähig gegenüber den Rückwirkungen der Finanzkrise gezeigt hat“.
Was ist es aber anderes als eine Rezession, wenn die Wirtschaft von einer Prognose des realen Wirtschaftswachstums von 1,7 % in diesem Jahr auf 0,2 % im kommenden Jahr abstürzt?
Auch Glos sieht Handlungsbedarf, doch er macht im alten Trott weiter und tut so, als hätte die Finanzmarktkrise nichts mit der Ideologie der angebotsorientierten Wirtschaftspolitik zu tun. Ihm fällt nichts anderes ein als die alte Leier von Deregulierung („ein generelles Belastungsmoratorium“ für die Unternehmen), Senkung von Steuern und „Lohnzusatzkosten“ und die Kürzung von Sozialleistungen (Senkung von „konsumtiven Verwendungen“). Von Wolfgang Lieb

Medienschaffende übersehen gerne die Wirkung von gezielten Kampagnen und damit die Wirkung ihrer eigenen Arbeit

In der Süddeutschen Zeitung erschien gestern ein Kommentar von Heribert Prantl. Er enthält wie üblich Interessantes, ist aber zugleich ein Beleg dafür, wie wenig selbst die verbliebenen, einigermaßen kritischen Journalisten die Rolle der Medien und der Publicrelations für die Meinungsbildung des Publikums erkennen. Sie suchen nach quasi objektiven Gründen für die Meinung der Menschen, wo eine Analyse der abgelaufenen Propaganda den eigentlichen Schlüssel zur Erkenntnis liefern würde. Albrecht Müller.

Die Landesbanken sind die schlimmsten

„So richtig es ist, dass die Staaten bei den Banken Miteigentümer werden: Glaubt irgendjemand, dass die Politik das Bankgeschäft besser betreibt als Ackermann & Co? Wenn es so wäre, wieso hätte dann in Deutschland die Krise vor allem die öffentlichen Banken – von der SachsenLB bin zur BayernLB – erfasst?“ Das schreibt Uwe Vorkötter, der Chefredakteur der Frankfurter Rundschau in einem Leitartikel der FR – und plappert damit einfach nach, was von den Privatbankern und Apologeten des privaten Bankensystems so vorgesagt wird. Eine Legende wird einfach weitergesponnen.
Von Wolfgang Lieb

Maßnahmepaket zur Stabilisierung der Finanzmärkte oder nur zur Rettung der Finanzinstitute, die sich verzockt haben

Die Bundesregierung hat heute ein „Gesetz zur Umsetzung eines Maßnahmenpakets zur Stabilisierung des Finanzmarktes (Finanzmarktstabilisierungsgesetz – FMStG)“ [PDF – 144 KB] auf den Weg gebracht. Darin sind 400 Milliarden Euro als Garantie für sog. Refinanzierungsinstrumente vorgesehen. 80 Milliarden Euro sollen der Rekapitalisierung und der Risikoübernahme durch den Erwerb von problematischen Forderungen von Finanzunternehmen dienen. Schließlich soll noch ein Finanzmarktstabilisierungsfonds mit einem Volumen von maximal 100 Milliarden Euro eingerichtet werden, der durch die Deutsche Bundesbank verwaltet wird. Sehen Sie dazu die Grafik des Bundesfinanzministeriums.

Ist das milliardenschwere Maßnahmepaket in Wahrheit ein Hilfsprogramm zur Rettung der Banken – und zwar gerade derjenigen, die die Krise mit ausgelöst haben?
Von Wolfgang Lieb

Mit dieser Bundesregierung wird der Bock zum Gärtner – Fortsetzung Steinbrück und Co.

Wir hatten schon zweimal darauf hingewiesen (7. Oktober 2008 und 8. Oktober 2008), wie jetzt systematisch und offensichtlich in einer Publicrelations-Aktion geplant Merkel und Steinbrück zu Krisenmanagern hochstilisiert werden. Wir wurden auf weitere ähnliche Medienprodukte wie im Tagesspiegel und der Zeit aufmerksam gemacht. Siehe Anhang. Gleichzeitig kam von unseren Nutzern die Anregung, auf einige Dokumente aufmerksam zu machen, die zeigen, wie eng die Vertreter unserer Bundesregierung mit der Finanzindustrie und mit der Krise verbunden sind. Diese Anregung greifen wir gerne auf und verbinden dies mit der dringlichen Bitte, die Dokumente zu nutzen und diese Informationen weiter zu geben. Albrecht Müller

Wendehälse

Wie wurden doch noch vor kurzer Zeit die positiven Auswirkungen der Liberalisierung der Finanzmärkte in höchsten Tönen gelobt. Jede Kritik wurde als Verstoß gegen die „herrschende Lehre“ gegeißelt.

Wenn man dagegen die gestrigen Äußerung von Kanzlerin Angela Merkel, des 1. Parlamentarischen Geschäftsführers der CDU/CSU Bundestagsfraktion, Norbert Röttgen, oder des haushaltspolitischen Sprechers der CDU/CSU- Bundestagsfraktion, Steffen Kampeter, hörte, gilt offenbar der Satz: Was stört mich mein Geschwätz von gestern.

Lesen Sie einmal selbst das Loblied auf die freien Kapitalmärkte, das die CDU/CSU noch im Mai 2002 als Minderheitsvotum zum Bericht der Enquete-Kommission „Globalisierung der Weltwirtschaft – Herausforderung und Antworten“ abgegeben hat.

Nachtrag PR für Steinbrück. Diesmal in der „Zeit“ – und die Redaktionen nehmen das so hin?

Nach dem Tagesspiegel kommt jetzt auch die „Zeit“ mit einer Lobeshymne: „Peer Steinbrück – Macher am Rande des Abgrunds. Der Finanzminister profiliert sich im Drama um die Rettung der Hypo Real Estate als erfolgreicher Krisenmanager“.
Der Artikel steht jenem im Tagesspiegel in nichts nach. Etwas weniger Schmonzes. Ansonsten aber erkennbar die gleiche Quelle der geplanten Botschaften der Spindoktoren. Wir hatten Nachahmer des Tagesspiegel erwartet. Die PR-Maschinerie ist offensichtlich gut geschmiert.
Einige Fragen sind allerdings angebracht. Und auch einige Hoffnungen anzumerken. Albrecht Müller.

Regierung unter der Reichstagskuppel: ratlos

Da sind wir mitten in einem weltweiten Finanzstrudel von historischem Ausmaß, da drohen Rezessionsgefahren, da sind Menschen in Angst um ihr Erspartes und um ihre Arbeitsplätze und unsere Bundeskanzlerin bietet eine der kürzesten und nichtssagendsten Regierungserklärungen. Da wurde vor dem Parlament eine Banalität nach der anderen aneinandergereiht. Da wurde so getan, als sei das Unglück von Amerika über uns gekommen wie eine Grippeepidemie. Da wurde nicht analysiert, was bei uns falsch gelaufen ist und stattdessen viel von „Vertrauen“ und „sozialer Marktwirtschaft“ geschwafelt. Da wurde so getan, als könne man mit ein paar kleinen Maßnahmen alles wieder in Ordnung bringen. Und da wurde vor allem die konsequente Fortsetzung des eingeschlagenen Reformkurses propagiert, gerade so als hätten nicht einige der Reformpakete, wie z.B. die Privatisierung der Rente oder die steuerliche Begünstigung der Verbriefung von Krediten zu Wertpapieren die Finanzspekulationen in Deutschland nicht wesentlich angeheizt. Wolfgang Lieb

Wichtig für unser Land: Die politische und mediale Vorherrschaft des Finanzsektors muss gebrochen werden

Die Finanzwirtschaft ist ein Wirtschaftssektor wie alle anderen auch. Eigentlich nicht wichtiger als das Transportgewerbe, der Einzelhandel, das Handwerk oder die Automobilindustrie. Auf diesem Markt wäre dafür zu sorgen, dass der Zahlungsverkehr funktioniert, dass Sparer und Investoren zusammenfinden, also eine effiziente Kredittransformation stattfindet, und dass man sich gegen Risiken versichern kann. Das ist nahezu alles. In der Realität ist dieser Sektor in den letzten Jahrzehnten enorm aufgebläht worden. Der Finanzsektor hat Raum gegeben für die permanente Spekulation, für Wetten, für Spielernaturen und für Kriminelle. Er hat so einen Anteil des Volkseinkommens für sich in Anspruch genommen, der weit über dem liegt, was die Wertschöpfung dieses Sektors wert ist. In Großbritannien, so habe ich in Erinnerung, hat dieser Sektor rund 10% des Volkseinkommens vereinnahmt. (Quelle jetzt nicht auffindbar.) Diese Vorherrschaft ist möglich geworden, weil die Finanzwirtschaft sowohl die Politik als auch die Medien über weite Strecken beherrscht. Albrecht Müller

Wie sich ältere Herren in eine abgesprochene Meinungsmache einfügen – konkret bei Maischberger

In der Sendung von letzter Nacht kam es zu einer interessanten Konstellation: die älteren Herren Hans Jochen Vogel, Bernhard Vogel und Olaf Henkel auf der einen Seite, Peter Gauweiler (CSU) und Uli Maurer (Die Linke) auf der anderen Seite. Wie sich die älteren Herren in Kampagnen der Meinungsmache einspannen lassen beziehungsweise sie betreiben, ist schon erstaunlich. Albrecht Müller.

Deutschlands maßgebliche politische und wirtschaftliche „Eliten“ sind mit der Finanzindustrie verfilzt

In einem Beitrag vom 23.9. war schon daraufhingewiesen worden, wie eng unsre Bundeskanzlerin mit der Finanzkrise verbunden ist. Darauf bleibt zurück zu kommen, nachdem hierzulande immer so getan wird, als hätten unsere „Eliten“ das Spiel der Finanzindustrie anders als die Regierung der USA und Großbritanniens nicht mitgespielt. Jetzt wird der Eindruck erweckt, die „postideologischen Sozial- und Christdemokraten“ Europas seien jetzt besonders gefordert und besonders geeignet, unsere Probleme zu lösen. Siehe: „Finanzkrise – Wenn Ideologien sterben“ in der „Zeit“. Albrecht Müller

Das Casino kracht zusammen. Croupière Merkel flüchtet durch den Hinterausgang

Angela Merkel beschuldigt die US-Regierung der Mitschuld an der Finanzkrise. Sie und die britische Regierung seien nicht bereit gewesen, die notwendige Regulierung mitzumachen. Die Kritik an den USA und Großbritannien ist sicher berechtigt. Aber: Da versucht sich jemand aus der Verantwortung zu stehlen, die im Spiel bisher mitgemacht hat und dieses sogar intensivieren wollte. Albrecht Müller.