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Steuern und Abgaben

Kirchhof – Wahnsinn in Zahlen

Ein Steuerkonzept ohne Schlupflöcher, sozial ausgewogen, unkompliziert und dazu noch aufkommensneutral – so beschreiben die großen Tageszeitungen das Kirchhof-Modell, für das die Journaille in dieser Woche die ganz große Werbetrommel rührt. Um zu belegen, wie „einmalig sozial“ sein Modell ist, lässt man den Paul Kirchhof öffentlichkeitswirksam Fallbeispiele aus dem Hut zaubern, mit denen belegt werden soll, dass vor allem Geringverdiener von seiner Steuerreform profitieren würden. Wenn man das Kirchhof-Modell einmal mit dem spitzen Bleistift durchrechnet, kommt man jedoch zu einem ganz anderen Ergebnis. Von Jens Berger

Steuerbäuche und Steuergeschenke – wie der Wähler an der Nase herumgeführt wird

Sobald die Steuereinnahmeprognosen es zulassen, begeben sich Medien und Politik mit wiederkehrender Penetranz auf den fiskalischen Trimm-Dich-Pfad. Der „Mittelstandsbauch“, so heißt es dann, müsse abgebaut werden, um den Normalverdiener zu entlasten. Das klingt gut, denn wer will schon eine schmierige Steuerwampe? Bei näherer Betrachtung zeigt sich jedoch, dass von den stets diskutierten Varianten, den „Mittelstandsbauch“ abzubauen, vor allem die Spitzenverdiener profitieren. Es gibt jedoch Alternativen, bei denen vor allem die Gering- und Normalverdiener profitieren würden. Von Jens Berger

Die Bild-Zeitung macht für Steuersenkungen und die FDP mobil

„Bis zu 1150 Euro mehr im Jahr sind drin!“, so titelte gestern die Printausgabe der Bild-Zeitung auf Seite 2. „Millionen Arbeitnehmer erhalten endlich mehr Netto!“ „Bis spätestens 2013 sollen vor allem kleine und mittlere Einkommen entlastet werden. Das hat Angela Merkel dem neuen FDP-Chef Philipp Rösler in einem vertraulichen Gespräch Anfang Juni zugesagt“, jubelt das Kampagnen-Blatt.
In bild.de wird „die große Netto-Tabelle“ veröffentlicht. Schaut man sich die vom „Bund der Steuerzahler“ erstellte Tabelle genauer an, wird allerdings die ganze Bauerfängerei deutlich: Familien mit einem hohen Bruttoeinkommen von 6.000 Euro werden pro Jahr in absoluten Zahlen fast hundert Mal mehr entlastet als solche mit einem Bruttolohn von 2.000 Euro. Je höher das Einkommen, desto höher auch die prozentuale Entlastung. Die Partei der Besserverdienenden hat sich in der schwarz-gelben Koalition mal wieder durchgesetzt. Von Wolfgang Lieb

Milliarden-Subventionen ohne Gegenleistung

Das „Maritime Bündnis“ zwischen der Bundesregierung und den deutschen Reedern wurde an diesem Wochenende von den Reedern einseitig aufgekündigt. Als Gegenleistung für milliardenschwere Subventionen hatten sich die Reeder verpflichtet [PDF – 197 KB], mindestens 600 Schiffe unter deutscher Flagge fahren zu lassen und somit die Ausbildung des inländischen nautischen Personals zu gewährleisten. Da die Reeder sich nicht an ihre Zusagen gehalten haben, lässt Berlin in diesem Kalenderjahr die Lohnkostenzuschüsse für Schiffe unter deutscher Flagge auslaufen. Für die Reeder ist dies jedoch zu verschmerzen, solange nicht eine andere, wesentlich größere, Subvention auf die Liste der Einsparungen gesetzt wird – die unter Rot-Grün eingeführte Tonnagesteuer, die de facto eher eine Steuerbefreiung für die gesamte Branche darstellt. Statt einzulenken, gehen die Reeder jedoch zum Frontalangriff über und kündigten am gestrigen Montag an, nun auch die letzten unter deutscher Flagge fahrenden Schiffe auszuflaggen. Wie lange will sich Berlin noch auf der Nase herumtanzen lassen? Von Jens Berger

Netzsperren zur Aufbesserung der Staatseinnahmen

Die Freude der Zensurgegner währte nur kurz. Eine Woche nachdem sich die Bundesregierung nun auch offiziell von ihrem Gesetzesvorhaben zur Einrichtung von Netzsperren verabschiedete, wollen nun offenbar die Bundesländer Netzsperren einführen. Nun geht es nicht mehr um Kinderpornographie, sondern um Glücksspiele, die in Deutschland keine Konzession besitzen. Hintergrund ist die Neuauflage des Glücksspielstaatsvertrags, in dem der Staat erstmals stückweise von seinem Monopol abrückt und den Bereich der Sportwetten teilprivatisiert. Natürlich geht es den Länderfürsten dabei nicht um die Suchtprävention, sondern um die Optimierung ihrer Steuereinnahmen. Ob diese Lösung mit der Verfassung und dem europäischen Recht zu vereinbaren ist, darf jedoch getrost bezweifelt werden. Jens Berger

Armut und Reichtum in Deutschland und Nordrhein-Westfalen

Wenn wir nach den Ursachen der wachsenden Ungleichverteilung fragen, so spielen da mehrere Faktoren eine Rolle.
Erstens haben wir eine langjährige Entwicklung der staatlichen Steuer- und Abgabenpolitik, die darauf zielt, die sogenannten „Leistungsträger“ zu entlasten, worunter dann vor allem die Bezieher von Kapital- und Vermögenseinkommen verstanden werden.
Zweitens sind die Löhne und Gehälter seit Jahrzehnten von der wirtschaftlichen Entwicklung abgehängt.
Drittens haben wir eine politisch verordnete Deregulierung des Arbeitsmarkts, die zur Entgrenzung prekärer Beschäftigung und einer regelrechten Explosion des Niedriglohnsektors geführt hat.
Viertens hat man die Sozialeinkommen systematisch immer weiter gedrückt.
Insgesamt kann man sagen, dass es vor allem eine an den Interessen des Kapitals orientierte Politik und die Schwäche der Gewerkschaften ist, die eine Umverteilung des gesellschaftlichen Reichtums von unten und aus der Mitte nach oben bewirken. Ein Referat von Daniel Kreutz.

Die „Reichtumsuhr“

Im Fernsehen wird ständig die „Schuldenuhr“ des Bundes der Steuerzahler, einer neoliberalen Lobbyorganisation für Steuersenkungen zu Gunsten von Unternehmen und Gutverdienenden gezeigt. Dieser „Schuldenuhr“ eine „Reichtumsuhr“ gegenüber zu stellen, die den Zuwachs an Geldvermögen in Deutschland in jeder Sekunde misst, das war eine Idee, die wir auf den NachDenkSeiten schon vor sechs Jahren vorgeschlagen haben. Damit könnte nämlich das Auseinanderfallen von öffentlicher Armut und privatem Reichtum versinnbildlicht werden. Der Betrachter würde dann staunen, dass die „Reichtumsuhr“ erheblich schneller läuft als die „Schuldenuhr“. Darüber haben wir oft berichtet.
Der DGB Landesverband Hessen-Thüringen hat nun diese Idee umgesetzt. Gratulation!
Hier können Sie sehen wie das Nettoprivatvermögen in Deutschland steigt, wie viel das reichste Zehntel der Bevölkerung besitzt und demgegenüber die Schulden des ärmsten Zehntels wachsen. Quelle: Plattform handlungsfähiges Hessen.

Volksabstimmung in Hessen – Nein zur Schuldenbremse!

Am 27. März müssen die Hessen über die Verankerung einer Schuldenbremse in die hessische Verfassung abstimmen. Im Falle einer Zustimmung ist davon auszugehen, dass diese Schuldenbremse unabhängig von bundespolitischen Entwicklungen in der hessischen Verfassung verankert bleibt. Daher ist es wichtig, am 27. März gegen die Schuldenbremse zu stimmen. Klemens Himpele begründet, warum.

Weitere Informationen zu Maschmeyer, AWD, Panorama, PR, etc.

Die weitere Beschäftigung mit dem Thema lohnt sich. Es gibt Einblicke in Verkaufsmethoden der Finanzwirtschaft, in die Rolle der PR und die nervöse Reaktion auf aufklärende Stücke in unseren Massenmedien. Deshalb setzen wir die Serie zum Thema und hier und hier und hier fort. Heute mit einem Offenen Brief von Christoph Lütgert/Panorama an Maschmeyer, mit einer Dokumentation von Finanztest und dem Hinweis auf eine interessante Zeitungsbeilage zu Gunsten von AWD mit der Information über eine Eigenkapitalrendite AWDs von 47,6 % im Jahr 2007. Albrecht Müller.

Wessen Interessen vertritt der Bund der Steuerzahler?

In der Öffentlichkeit hat der 1949 gegründete Bund der Steuerzahler das Image als Schutzpatron aller Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. Jeweils im Herbst veröffentlicht er sein „Schwarzbuch“ zur öffentlichen Verschwendung. Es enthält Beispiele für die tatsächliche oder angebliche Verschwendung von Steuergeldern bei Bund, Ländern oder Kommunen. Einen hohen Bekanntheitsgrad hat auch die so genannte „Schuldenuhr“: Diese „Uhr“ schreibt laufend die Entwicklung der Staatsverschuldung fort. Sie wurde zum Symbol für eine angeblich immer weiter um sich greifende Verschuldung, der Einhalt geboten werden müsse. Besonders medienwirksam ist auch der so genannte Steuerzahlergedenktag: Ab diesem Tag arbeiten die Steuerzahler nach den Berechnungen des Steuerzahlerbunds nicht mehr für den Fiskus, sondern für sich selbst.
Durch eine erfolgreiche Medienarbeit und vermeintlich wissenschaftlich untermauerte Positionen wird der Steuerzahlerbund in Politik und Öffentlichkeit als neutraler und seriöser finanzpolitischer Akteur wahrgenommen. Hierdurch gelingt es ihm, seine letztlich neoliberalen und unsozialen Politikvorstellungen bis weit in linke und linksliberale Organisationen und Parteien hinein zu streuen. Von Kai Eicker-Wolf / Patrick Schreiner

Dreikönigstreffen der FDP: Illusionstheater in der Oper

Mit nicht enden wollenden Durchhalteparolen versuchte Westerwelle seinen Niedergang und den Absturz seiner Partei zu übertönen. Seine Erfolgsbilanz grenzte ans Komische. Seine einzigen Angebote sind abgedroschene Floskeln und die alten Klassenkampfparolen.
„Der Anfang ist gemacht.“ Wie einen Refrain wiederholte Westerwelle beim Dreikönigstreffen der FDP in der Stuttgarter Oper mindestens ein Dutzende diesen Satz, um den Anfang seines Endes zu überspielen. Wolfgang Lieb

Staatsverschuldung und gesamtwirtschaftliche Vermögensbilanz: Öffentliche Armut, privater Reichtum

„Öffentliche Armut, privater Reichtum“, diese alte These treffe auch die Entwicklungstrends der letzten Jahrzehnte von Staatsverschuldung und Staatsvermögen einerseits sowie Privatvermögen andererseits. Während die privaten Nettovermögen von 1991 bis 2009 um 99% auf 7.370 Milliarden, das sind 307% des BIP beträchtlich gestiegen sind, wurde die staatliche Vermögenssubstanz im gleichen Zeitraum von 52% des BIP auf einen Anteil von 6% im Jahr 2009 zunehmend ausgezehrt. Das sind die Ergebnisse einer aktuellen Studie des DIW [PDF – 601 KB]. Der Autor Stefan Bach spricht sich für ein mittelfristiges Konsolidierungsprogramm mit einem ausgewogenen Mix aus Ausgabenkürzungen und Steuererhöhungen aus. Dabei sollten auch die höheren Einkommen und Vermögen etwa durch eine Erbschaftssteuer oder durch eine einmalige Vermögensabgabe belastet werden. Die Studie liefert harte Argumente für die Initiative „Vermögenssteuer jetzt“ www.vermoegensteuerjetzt.de, sie wird aber auch von konservativer Seite mit den ewig gestrigen Parolen bekämpft. Wolfgang Lieb

So führen Abgeordnete der Regierungsfraktionen ihre Wähler an der Nase herum

Am 10. August habe ich den Artikel „7 Wahrheiten über Milliarden-Spender“ kritisch kommentiert. Siehe: Der Reiche als der ausgebeutete Gutmensch und der Arme als Schmarotzer.
Ein Leser hat diesen Beitrag an den FDP-Abgeordneten Sebastian Blumenthal geschickt und um Stellungnahme gebeten.
MdB Blumenthal hat geantwortet. Ich dokumentiere mit Erlaubnis des Abgeordneten seinen Antwortbrief und kommentiere ihn der Einfachheit halber mit kursiver Schrift im Text. Wolfgang Lieb