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Steuern und Abgaben

Senkung der Unternehmenssteuern: Die Lemminge setzen ihren Lauf fort

In der ARD-Sendung „Sabine Christiansen“ sagte Wirtschaftsminister Clement, Deutschland befinde sich mit seinen Nachbarländern in einem Wettlauf um die Senkung der Steuern und stehe mit einem Satz von 38 Prozent in Europa an der Spitze. Die Unternehmensbesteuerung sei bei uns „zu hoch geraten“.
Der seit Jahren in Gang befindliche Steuersenkungswettlauf soll offenbar blindlings weitergehen, obwohl wir auf diesem Lauf bisher nichts für die Wirtschaftsentwicklung und die Arbeitsplätze gewonnen haben. Im Gegenteil, der Staat blieb mit immer größeren Schulden sitzen, er hatte keine Mittel mehr zur Finanzierung wichtiger Aufgaben und die Konjunktur säuft dadurch immer mehr ab.

Hinweis auf einen Beitrag von Rainer Stadler in der Süddeutschen Zeitung, in dem die Mär von der mangelnden Wettbewerbsfähigkeit widerlegt wird

Wenn Sie eine gute Zusammenstellung von Argumenten und Fakten gegen das gängige lamentieren der „Reformer“ über den angeblichen „Freizeitweltmeister“, über die zu hohen Lohnkosten, über die zu hohen Unternehmenssteuern, über Deutschland als „Schlusslicht“ und vieler anderer ständig wiederholter Schwarzmalereien lesen wollen, klicken Sie einfach hier.

Neoliberaler Dogmatismus und die historische Wahrheit: Herbert Ehrenberg widerlegt den populären Trug, Konjunkturprogramme seien „Strohfeuer“

In einem wirtschaftshistorischen Abriss unter dem Titel „Anstoß zum Wachstum“ widerlegt Herbert Ehrenberg, Bundesarbeitsminister von 1976 – 1982, in den „Blättern für deutsche und internationale Politik, 1`05“ die ständig wiederholte Mär neoliberaler Dogmatiker und ihrer Lautsprecher in den Wirtschaftsredaktionen, dass Konjunkturprogramme nur rasch abfackelnde „Strohfeuer“ seien und keynesianisches Instrumentarium nichts bewirken könne.

Auf einem Auge blind – Unternehmer dürfen betrügen und Steuern hinterziehen oder mindern. Gehalts- und Sozialhilfeempfänger werden abkassiert.

Wenn in Deutschland ein Sozialhilfeempfänger ein paar tausend Euro erschwindelt hat oder wenn Studierende durch falsche Angaben ihrer Vermögensverhältnisse einige hundert Euro Studienförderung zu Unrecht kassiert haben, dann regt sich die ganze Republik auf. Umsatzsteuerbetrug im gigantischen Ausmaß von 16 bis 20 Milliarden Euro, Steuerhinterziehung durch Verschiebung von Schwarzgeld ins Ausland in Höhe von 100 bis 500 Milliarden Euro oder Steuerminderung durch Gewinnverlagerung ins Ausland als alltägliche Praxis, darüber erfährt man allenfalls in kleinen Meldungen des Wirtschaftsteils der Zeitungen etwas.

“Eichel ist ein Opfer seiner unsinnigen Steuerreform”

Das ist eine Quintessenz eines Tagesschau-Interviews mit Prof. Lorenz Jarass zur Steuerpolitik und den Folgen für Staatshaushalte und Schulden. Ich werde erst jetzt auf dieses Interview vom 18.11.04 aufmerksam. Da es aber noch seinen vollen Informationswert für alle hat, die in einschlägigen Diskussionen stecken, im folgenden Link und Text. Die Hinweise von L. Jarass sind interessant, und großenteils auch nachvollziehbar. Mit einer seiner Aussagen habe ich allerdings sehr große Probleme: „Wir haben in diesem Jahr ein Wachstum von rund zwei Prozent und im kommenden Jahr von vielleicht 1,5 Prozent. An diese vergleichsweise niedrigen Raten müssen wir uns gewöhnen und können froh sein, wenn wir im Durchschnitt ein Wachstum von 1,5 Prozent haben. Daran müssen sich alle Maßnahmen orientieren.“ Diese Einschätzung dürfte auch die Leser/innen der NachDenkSeiten spalten. Deshalb komme ich darauf bei nächster Gelegenheit im Kritischen Tagebuch zurück.

Lesetipp für Interessierte an Verteilungsfragen und Flächentarifvertrag

„Darf ich Ihnen und Ihren Leserinnen/Lesern bei dieser Gelegenheit noch einen Lesetipp geben?”, fragt eine unserer Leserinnen und gibt folgende nützlichen Hinweise:

In den neuen “WSI-Mitteilungen” Heft 11/2004 gibt es zwei ausgezeichnete Aufsätze (einer davon zum Downloaden, www.wsi-mitteilungen.de), die nahtlos an Ihre Ausführungen (gemeint ist „Die Reformlüge“) anschließen und meiner Meinung nach eine wertvolle Ergänzung zu den von Ihnen angeführten Denkfehlern 35 (“Steuersenkungen schaffen Investitionen und Arbeitsplätze”) und 24 (“Der Arbeitsmarkt ist zu unflexibel”) darstellen.

Steuerbelastung der Einkommen aus Unternehmertätigkeit und Vermögen bei 21%. Deutschland weit unter dem EU-Durchschnitt.

Es gibt auch interessante Artikel im SPIEGEL! Wolfgang Reuter berichtet im Spiegel 46/2004 vom 8. November über eine aktuelle Studie der EU-Kommission. Danach liegt die effektive Steuerbelastung aus Unternehmertätigkeit und Vermögen in Deutschland bei nur 21%, während sie in den Mitgliedstaaten zwischen 28 und 32% schwankt. Aufgrund der steuerlichen Gestaltungsmöglichkeiten bei uns bezahle etwa die Deutsche Bank bei einem Steueraufwand von 3,2 Milliarden Euro nur noch 400 Millionen an den Fiskus, die Steuerquote betrage also gerade noch 11%, bei DaimlerChrysler lag sie von 1997 – 2002 gar nur bei 9%. Im „Steuerparadies“ (Lorenz Jarass) Deutschland werde sogar noch die Verlagerung von Arbeitsplätzen ins Ausland steuerlich gefördert. So zahlten die Auslandstöchter seit 1999 , dank einer Regelung der rot-grünen Regierung, von den nach Deutschland transferierten Gewinnen nur 2% an den Fiskus und zudem könnten die verlagernden Firmen fast alle Ausgaben, vor allem auch Schuldzinsen mit den hier erzielten Gewinnen verrechnen und steuerlich abziehen.

Neoconomy – die neoliberale Revolution der amerikanischen Wirtschaftspolitik

„Welchen ökonomischen Kurs die USA und mit ihr der Rest der Welt nach der Wiederwahl von US-Präsident George W. Bush (und seiner republikanischen Mehrheit nunmehr in beiden Häusern des Kongresses) zu erwarten haben, macht u.a. der STERN in dem Artikel „Die konservative Revolution“ deutlich, der in seiner heutigen Online-Ausgabe erschienen ist.“
So beginnt dieser Beitrag eines unserer aktiven Leser, eines Wirtschaftspraktikers mit gesamtwirtschaftlichem Durchblick, wie ich meine.

Das „Kursbuch“ dümpelt auf dem „Reform“-Kurs

Im Kursbuch 157 zum Thema „Die große Entsolidarisierung“ schreibt Peter Ungut darüber, wie der „Darwinismus des Marktes“ zu einer „Agonie des Sozialen“ führt. Paul Nolte sieht dagegen in der mangelnden Akzeptanz der „Reform des Wohlfahrtsstaates“ nur „die große Sprachlosigkeit der Reformen“. Die beiden Aufsätze belegen prototypisch wie einerseits die vorgeschützten Begründungen für die „objektive notwendigen“ Reformen im Widerspruch zu den objektiven Tatsachen stehen(Peter Ungut) und wie andererseits die Reformbefürworter den fehlenden Bezug der Reformrhetorik zur Realität ausschließlich als ein „Sprachproblem“ abtun (Paul Nolte).