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Arbeitsmarkt und Arbeitsmarktpolitik

Das Scheitern der deutschen Gesundheitsreform ist eine gute Nachricht für die Euro-Zone. Und für uns.

Vor der weiteren Senkung der Arbeitskosten in Deutschland warnt Sebastian Dullien von Financial Times Deutschland. Denn die exportorientierten Firmen in Italien und Portugal können nicht mehr konkurrieren, und eine ihre Wettbewerbsfähigkeit erhöhende Lohnsenkung dort würde den Binnenmarkt und die Staatsfinanzen ruinieren (ist es nicht genau das, was gerade in Deutschland passiert?). Und dann würde der Euro auseinander fliegen, mit sehr negativen Folgen für die deutsche Wirtschaft.
Endlich einer mit einer makroökonomischen Perspektive. Ein erholsames Erlebnis angesichts der Wüste von immer gleichen fixen Ideen: Arbeitskosten senken, Lohnnebenkosten senken, mit Steuern finanzieren, Arbeitskosten senken, Lohnnebenkosten senken, mit Steuern finanzieren, Lohnnebenkosten senken …

IAT-Analyse zum Altersübergang: Rente mit 67 führt zu mehr sozialer Ungleichheit im Alter

Die soziale Ungleichheit im Alter wird als Folge einer Verlängerung der Lebensarbeitszeit bis 67 Jahre deutlich wachsen. Zu diesem Schluss kommen die Arbeitsmarktforscher PD Dr. Matthias Knuth und Dr. Martin Brussig in einer aktuellen Analyse der Beschäftigungsentwicklung bei älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. “Dabei wird es sich nicht nur um die Verlängerung und Aufspreizung von während des Lebensverlaufs schon bestehenden sozialen Ungleichheiten handeln, sondern es wird vermehrt auch zu unvorhersehbaren sozialen Abstiegsprozessen im Alter infolge von beruflichen und privaten Fehlschlägen kommen”, schreiben die Wissenschaftler des Instituts Arbeit und Technik (IAT) in Gelsenkirchen in der aktuellen Ausgabe der WSI-Mitteilungen.

Das Wettbewerbsdogma – ein Mythos! Kritische Anmerkungen von Jacques Sapir und Heiner Flassbeck

„Konkurrenz bzw. Wettbewerb stimuliert Umsatz und Absatzmärkte der Unternehmen, was diese wiederum veranlasst, neue Arbeitsplätze zu schaffen“ (…) stellen Volkswirte der OECD fest. Allerdings beruhen die dem Wettbewerb zugeschriebenen ökonomischen Tugenden weniger auf wissenschaftlicher Erkenntnis als auf interessengeleiteter Glaubenshaltung. Da durch solche offiziellen Verlautbarungen das Konkurrenzdogma immer wieder bekräftigt wird, fällt es neoliberalen Ökonomen leicht, sich einer ernsthafte Diskussion über ihre Glaubensüberzeugungen zu entziehen – und die Unternehmen können ihre spezifischen Strategien weiter durchsetzen.
Zum nicht mehr in Frage gestellten Dogma des Wettbewerbs empfehlen wir unseren Leserinnen und Lesern zwei aktuelle kritische Beiträge: „La concurrence, un mythe“ von Jacques Sapir (übertragen von Gerhard Kilper) und „Was ist Wettbewerb?“ von Heiner Flassbeck mit einer ergänzenden Anmerkung von Wolfgang Lieb.

Eine immanente Kritik des Schlussberichts des Ombudsrats zu Hartz IV von Ursula Engelen-Kefer

Der Schlussbericht des vom ehemaligen Superminister Clement eingesetzten Omudsrates zu Hartz IV hat keine breite öffentliche Debatte über das größte „Reform“-Projekt in der Geschichte der Bundesrepublik“ ausgelöst, sondern er wurde von verschiedenen Politikern nur zum Anlass genommen, weitere Einschränkungen für die Langzeitarbeitslosen zu fordern. Die ehemalige DGB-Vorsitzende und Vorsitzende des Verwaltungsrats der Bundesagentur für Arbeit, Ursula Engelen-Kefer war mit der Umkrempelung der Bundesagentur als Verwaltungsratsvorsitzende in verantwortlicher Funktion befasst. Sie hat sich im folgenden Beitrag mit dem Schlussbericht im Ombudsrat im Detail auseinander gesetzt.
Die NachDenkSeiten haben ihre grundsätzliche Kritik an den Hartz-Reformen in einer Vielzahl von Beiträgen dargelegt, daran haben wir auch nichts zurückzunehmen. Weil wir aber kaum irgendwo eine systematische Auseinandersetzung mit den Empfehlungen des Ombudsrats gelesen haben, wollen wir unseren Leserinnen und Lesern die Stellungnahme von Ursula Engelen-Kefer zur Kenntnis bringen. Wir erlauben uns einen Kommentar am Ende des Beitrags.

Frustriert von Deutschland wandern so viele Deutsche aus wie seit 122 Jahren nicht mehr. Die heutige Nachrichtenlage macht diese Flucht aus unserem Lande nur allzu verständlich.

Da gibt es in Deutschland geradezu eine hysterische Debatte über die demografische Entwicklung, die vielleicht in ein paar Jahrzehnten zu Buche schlagen wird. Über eine ganz aktuelle Bevölkerungsentwicklung – das „manager-magazin“ spricht gar schon dramatisierend von einer „bevölkerungspolitischen Krise“ – wird bisher kaum geredet, nämlich dass nach Schätzungen im letzten Jahr 250.000 Deutsche ausgewandert sind.
Warum wohl?

McKinsey-Studie: 56 Prozent der Studierenden denken darüber nach, auszuwandern. Vor lauter Standortwettbewerb kehrt die akademische Jugend dem Standort Deutschland den Rücken zu.

Bei den Ingenieurstudenten können sich sogar 60 Prozent vorstellen, Deutschland zu verlassen. Darin spiegeln sich erhebliche Skepsis im Hinblick auf die eigenen Zukunftsaussichten in Deutschland, verbunden mit großen Sorgen vor wirtschaftlicher Krise und hoher Arbeitslosigkeit wider. 44 Prozent blicken wenig zuversichtlich in die Zukunft. Die Deutsche Wirtschaft strahlt wenig Faszination auf den Nachwuchs aus, nur 9 Prozent meinen, dass sie gemeinwohlorientiert ist, 37 Prozent sehen eine Dominanz von Shareholder-Value. Soziale und konservativ-traditionelle Werte dominieren bei den jungen Akademikern. Das sind einige der Ergebnisse einer Umfrage von McKinsey für das manager-magazin. Je attraktiver der Wirtschaftsstandort Deutschland gestaltet werden soll, desto weniger attraktiv scheint er offenbar für die akademischen Hoffnungsträger zu werden.

IMK-Untersuchung für Deutschland und Europa: Deutschland liegt bei den Arbeitskosten im Mittelfeld

Deutschland liegt bei den Arbeitskosten für die Privatwirtschaft im Mittelfeld der EU15-Staaten – hinter den meisten nord- und westeuropäischen Industrieländern. 2004 mussten deutsche Arbeitgeber pro geleisteter Arbeitsstunde im Verarbeitenden Gewerbe und im privaten Dienstleistungsbereich 26,22 Euro aufwenden. Höher liegen die Arbeitskosten in Dänemark, Schweden, Belgien, Luxemburg, Frankreich, den Niederlanden und Finnland – zwischen 30,70 Euro und 26,80 Euro pro Stunde. Geringfügig niedriger als in der Bundesrepublik sind die Arbeitskosten in Österreich (25,30 Euro) und Großbritannien (24,70 Euro).

Schweden: Arbeitslos und Zeitverträge am laufenden Band für die 18-24 Jährigen

In den Diskussionen um die Beseitigung der Arbeitslosigkeit werden uns von den so genannten Experten, seien sie als Politiker oder auch als Journalisten verkleidet, die so erfolgreichen Modelle aus anderen Ländern vor Augen gehalten. Der Schwedenkorrespondent von Le Monde, Olivier Truc gibt in einem Artikel vom 8. April 2006 einen Eindruck vom ach so gelobten Schweden. Josef Martin, einer unserer Leser, hat uns diesen Beitrag übertragen.

Oliver Nachtwey, Arne Heise in den WSI-Mitteilungen: Der Mythos vom britischen Wirtschaftswunder

Die Wirtschaftspolitik Großbritanniens wird häufig als Vorbild für Deutschland vorgehalten. Liberale Kommentatoren loben die flexibleren Arbeitsmärkte, die aktivierende Arbeitsmarktpolitik, die Politik der Deregulierung und Liberalisierung. Kaum bekannt ist, dass in GB makroökonomisch expansive Initiativen unternommen wurden und dass seit 2001 eine expansive öffentliche Investitionspolitik aktiv zur Krisenüberwindung eingesetzt wurde. Die WSI Mitteilungen haben uns dankenswerter Weise gestattet diesen Aufsatz in die NachDenkSeiten einzustellen.

Die Chefs von AWO, Diakonie und Rotem Kreuz und der Kommunalverbände plädieren in einem Brief an die Große Koalition für eine Senkung der „passiven Leistungen“ bei Hartz IV

Die Chefs dieser Verbände fordern – angeblich in „persönlichen Erklärungen“ -, „die gegenwärtigen Anspruchsgrundlagen und –voraussetzungen“ zu überprüfen. Diese verringerten nämlich den „Anreiz zur Arbeitsaufnahme“. Den Chefs der Wohlfahrtsverbände und Kommunen kann es da – angesichts der Arbeitsmarktlage – wohl kaum um eine „Arbeitsaufnahme“ auf dem regulären Arbeitsmarkt gehen, sondern eher darum, den Druck auf die Arbeitslosen zur Annahme von 1-Euro-Jobs gerade auch bei ihren Organisationen zu erhöhen. Schließlich verdienen sie an den ihnen erstatteten Verwaltungskosten für die 1-Euro-Jobber reichlich Geld und können unter dem Mantel der Wohlfahrt billigste Arbeitskräfte ausnutzen. Bei der Nächstenliebe sind sich eben auch die Chefs der Wohlfahrtsindustrie selbst am nächsten.