Kategorie:
Sozialstaat

Lambsdorff wirbt für die Private Krankenversicherung – ein ehrlicher Lobbyist!

Regelmäßig gibt es ja Debatten um die Erhöhung der Diäten der Abgeordneten. Die Aufregung darüber verdeckt ein viel schlimmeres Problem: die Lobbyarbeit vieler Abgeordneter und ehemaliger Abgeordneter und Minister. Einer, der Lobbyismus nun seit Jahren betreibt, ist Otto Graf Lambsdorff. Er ist eng mit der Versicherungswirtschaft verbunden und in Aufsichtsräten vertreten. Jetzt wirbt er in Anzeigen für die privaten Krankenversicherungen. Dass dies offen geschieht, ist schon ein beachtlicher Fortschritt. Ich mache auf den Text der Anzeige und den Vorgang als solchen aufmerksam, weil daran einmal mehr sichtbar wird, dass die privaten Krankenversicherer mit Hilfe ihrer Lobbyisten antreten, um das System insgesamt zu verändern. Sie zielen auf die totale Privatisierung. Das Kopfpauschalen-Modell der CDU ist ein wichtiger Hebel für sie.

Weniger Arbeit bei vollem Lohnausgleich – Techniker Kasse kritisiert Ärztevergütung

Da wird gegenwärtig heftig über die Erhöhung der Arbeitszeiten der Arbeitnehmer auf 41 oder gar 42 Stunden pro Woche diskutiert – ohne Lohnausgleich selbstredend. Bei den Ärzten läuft das offenbar umgekehrt. Weniger Arbeit bei vollem Honorarausgleich. Das sagt jedenfalls Norbert Klusen, der Vorstandsvorsitzende der Techniker Krankenkasse laut Süddeutscher Zeitung vom 29. März 2004.

Bundestagsbeschluss zur Förderung der privaten Lebensversicherer

Anders kann man den Beschluss vom vergangenen Donnerstag über die weiteren Schritte der so genannten Rentenreform nicht deuten. Über einen so genannten Nachhaltigkeitsfaktor wird das Rentenniveau bis 2030 von heute 53 Prozent des Durchschnittslohns auf dann 43 Prozent gesenkt. Dass die Opposition noch brutaler sein wollte, ist kein Trost. Auch dass die Linke in der SPD die Forderung an die Regierung durchgesetzt hat, das Rentenniveau auf Dauer mindestens bei 46 Prozent zu halten, tröstet über die Ungereimtheiten, die Folgen und die Hintergründe dieses Beschlusses nicht hinweg.

Steuerpolitik nach Börsenlage – oder wie die Versicherungswirtschaft mit dem Staat spielt

Da wird ab 1. Januar 2004 auf Betriebsrenten und Direktversicherungen statt dem halben plötzlich der volle Krankenversicherungsbeitrag erhoben, was sich für einen Rentner leicht auf einen Verlust in Höhe eines Mittelklasseautos hochrechnet, ohne dass ein Vertrauensschutz geltend gemacht werden könnte. Anders sehen das die deutschen Lebensversicherer, wenn es um Steuerentlastungen in Milliardenhöhe geht, sie wollen gegen rückwirkende Steuergesetze klagen, weil sich die Lage an den Börsen verändert hat. Dazu ein bemerkenswert aufklärender Beitrag in der heutigen FAZ.

Bundesverfassungsgericht unterstützt die Entscheidung der Koalition, die Versicherungspflichtgrenze für die Krankenversicherung anzuheben

Die Verfassungsbeschwerden zweier Unternehmen der privaten Krankenversicherung, die sich gegen die Erhöhung der Versicherungspflichtgrenze durch das Beitragssatzsicherungsgesetz vom 23. Dezember 2002 wandten, sind von der 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts nicht zur Entscheidung angenommen worden. Ein interessanter Vorgang. In Karlsruhe gibt es noch Juristen, die wissen, dass wir die gesetzliche Krankenversicherung nicht der Erosion preisgeben können. Die Presseerklärung des BVerfG von heute dürfte für einige der Nutzer von NachDenkSeiten von Interesse sein. Deshalb ist sie in die Rubrik “Andere interessante Beiträge” aufgenommen worden.

Auf dem linken Auge blind: Es gibt erfolgreiche Alternativen zur Agenda-Politik, sie passen nur nicht in das vorgegebene Denkschema

Jürgen Kluge, der Chef von McKinsey referierte auf der Klausurtagung der SPD am 6. Januar 2004 in Weimar über Innovation. Dabei lobte er u.a. Schweden und Finnland für ihr im internationalen Vergleich exzellentes Bildungssystem und für ihre Innovationsstrukturen.Er empfahl der Bundesregierung, im Staatshaushalt „Luft für Zukunftsinvestitionen“ zu schaffen, vor allem durch Senkung der Ausgaben für Sozialleistungen und natürliche auch durch Verringern der Staatsausgaben.
Dass die als vorbildlich genannten skandinavischen Länder ganz andere Empfehlungen nahe legen, wird ausgeblendet, weil sie nicht ins „Weltbild“ passen.
Deutschland hatte laut dem gewiss nicht linkslastigen Institut der deutschen Wirtschaft 2001 eine Abgabenquote von 36,4%, gegenüber Finnland von 46,3 und Schweden gar von 53,2%. Nicht viel anders bei der Staatsquote, diese liegt in Finnland mit 44,8% nahe bei der deutschen mit 46,1% und weit unterhalt der Schwedens mit 52,6%.
Was Deutschland von Finnland und Schweden wirklich lernen könnte und welche Alternativen zur Agenda-Politik bestehen, beschreibt Professor Gerhard Bosch, Vizepräsident des Instituts Arbeit und Technik in Gelsenkirchen in einem lesenswerten Kommentar in den WSI-Mitteilungen, der in der Rubrik “Andere interessante Beiträge” dokumentiert ist.

Erhard Eppler und die deutschen (katholischen) Bischöfe – sie verweigern die Wahrnehmung der Realität. Ein Trauerspiel.

In diesen Zeiten wird man immer wieder erleben, dass politische Freundeund wirkliche Freunde, mit denen man Jahre und Jahrzehnte gemeinsameSchlachten geschlagen hat, wegbrechen, andere Wege gehen, erstaunlicheWege gehen. Selbst die deutschen katholischen Bischöfe konnte man insozialen Fragen zu den politischen Freunden zählen, wenn man an ihr1997 gemeinsam mit der Evangelischen Kirche in Deutschlandveröffentlichtes Wort “Für eine Zukunft in Solidarität undGerechtigkeit” denkt. Mit ihrem Papier vom 12. Dezember 2003 sind sieauf Anpassungskurs gegangen. So auch Erhard Eppler: Aus einem Vordenkerder SPD wurde eine traurige Figur, die das eigene Nachdenken aufgegebenhat. Wie unreflektiert argumentiert wird, kann man am Beispielder immer wiederkehrenden Behauptung festmachen, die “Überalterung”verlange eine Änderung des Rentensystems und ein “Zurechtstutzen” desSozialstaats. Wie unbegründet diese mehr und mehr zum Glaubenssatzerhobene Behauptung ist, wurde jüngst einmal mehr in einem Beitrag von Gerd Bosbach, einem früheren Mitarbeiter des Statistischen Bundesamtes, erläutert. Dieser Beitrag findet sich unter “Andere interessante Beiträge”. Die Links zu dem Interview von Erhard Eppler und zu den Papieren der Bischofskonferenz finden Sie in diesem Artikel.

“Revolution von oben” – der “Stern” beschreibt erstaunlich offen, wem wir die “Reformen” zu verdanken haben

Klaus Staeck machte mich auf einen Artikel im “Stern” aufmerksam, in dem recht gut beschrieben wird, welches die treibenden Kräfte der jetzigen Reformdebatte sind und welches die Ursache und der Ausgangspunkt einer ungeheuer erfolgreichen Kampagne der Öffentlichkeitsarbeit waren, die nun seit Jahren weitgehend auch die Politik bestimmt.

„Reformchaos“ – die neue Ablenkungsstrategie von einer verfehlten Politik

„Reformchaos“ oder „Chaos in der Regierung“ so oder so ähnlich lauten die Stichworte, die jetzt in Zeitungskommentaren und die Polit-Talkshows geliefert werden, um von den Fehlentwicklungen der angeblich so zwingend notwendigen „Reformen“ abzulenken und gleichzeitig eine Erhöhung der „Reform“- Dosis anzumahnen. Achten Sie mal drauf.

Politbarometer sieht SPD weiter im Tief: 28 Prozent zu 48 Prozent für CDU/CSU bei der “Sonntagsfrage”. Ist dieses Dauertief ein Rätsel?

Für Sozialdemokraten und wohl auch für die SPD-Führung ist die Tatsache, dass die SPD unter der 30 Prozent Marke hängen bleibt, bedrückend. Hat man doch zumindest bei der SPD-Spitze gehofft, die Durchsetzung des Reformpakets der Agenda 2010 würde sich auch in verbesserten Umfragewerten niederschlagen. Diese Hoffnung war eigentlich nicht verständlich. Das Verharren der SPD auf niedrigem Niveau ist erklärbar; nicht verständlich ist – ohne genaues Hinsehen – das hohe Niveau der CDU/CSU.