Armes reiches Deutschland, das Jahrbuch Gerechtigkeit
26 kirchliche Herausgeber meinen: Deutschland hat Ressourcen zur Bewältigung der Probleme.
26 kirchliche Herausgeber meinen: Deutschland hat Ressourcen zur Bewältigung der Probleme.
BILD, SPIEGEL, Christiansen, alle ziehen über die „Schmarotzer“ am Sozialstaat her. In den 1970er und 80er Jahren war es der „Asylmissbrauch“, nach einer drastischen Einschränkung des Asylgrundrechtes wurden Anfang der 90er die Sozialhilfeempfänger zu „Sozialschmarotzern“ und heute denunziert der scheidende Wirtschaftsminister Clement die Alg-II-„Parasiten“. Seit über 30 Jahren wird der Sozialstaat systematisch denunziert.
So könnte man einen Beitrag von Günter Baigger nennen, den er für die NachDenkSeiten geschrieben hat. Günter Baigger lebt als Versicherungsfachmann in der Schweiz. Ich fand seine Anmerkungen zum Schweizer System sehr interessant und habe ihn deshalb um seinen Beitrag gebeten. Wenn man seinen Text liest, dann begreift man auch ein Stückchen mehr, welche tolle Erfindung das Umlageverfahren ist. Nicht alle seine Bemerkungen sind gleichermaßen treffend, aber vieles ist interessant und denkanstoßend.
In der deutschen Debatte wird in der Regel so getan, als verdankten die beim Kampf gegen Arbeitslosigkeit erfolgreicheren Länder dies vor allem so genannten Reformen. Da ist es gut und erhellend, wenn man genauer hinschaut. Bei der Financial Times Deutschland läuft gerade eine Serie mit Berichten aus so genannten Modellländern: “Strebercheck: Modellländer im Test”. Wir weisen daraufhin, auch wenn wir nicht alle Analysen der ftd teilen. Außerdem verweisen wir auf den Tagebucheintrag vom 12. 10. – einer Erörterung zum skandinavischen Modell.
Auf meine Tagebuchnotiz „Wir sind umstellt von Wahnsinnigen“ (21.10.2005) hin recherchierte einer unserer Leser in Geschichtsbüchern und anderen Dokumenten. Er hat interessante Texte gefunden. Wir geben sie mit seinen Einführungen und Kommentaren wieder, auch wenn wir zur Vorsicht mahnen beim Vergleich, dennoch:
Lichtblicke muss man im politischen Geschehen nach wie vor mit der Lupe suchen. Was mir bei den Koalitionsverhandlungen und darüber hinaus auffiel:
EU-Ratspräsident Tony Blair will in Hampton Court mit den Kollegen über Modernisierung der verschiedenen Modelle sprechen. – Die EU-Kommission hat die 25 Staaten der Europäischen Union aufgefordert, umgehend in fast allen Politikbereichen Reformen anzuschieben.“ Das meldete die „Welt“ am 21.10.. Wir dokumentieren in der Rubrik „Andere interessante Beiträge“ die Mitteilung der Kommission an das europäische Parlament, an den Rat und so weiter. Interessant daran wie üblich bei Brüssel: Forderung nach Reformen ohne hinreichende sachliche Begründung. Brüssel ist nahezu vollständig in den Händen der neoliberalen Ideologie.
„Immer wieder wurde und wird die Forderung nach Steuersenkungen mit dem Versprechen verbunden, daß dies wirksam die Arbeitslosigkeit senken könnte, indem die begünstigten Unternehmen mehr investieren und begünstigte Einzelpersonen mit mehr Verbrauch die Konjunktur ankurbeln würden. Die Bundesregierung hat z. B. mit diesem Motiv den Spitzensteuersatz der Einkommenssteuer von ursprünglich 53 % in 1999 in mehreren Schritten auf nur noch 42 % in 2005 gesenkt. In ihrem Wahlprogramm sah die CDU/CSU eine weitere Absenkung auf nur noch 39 % vor. Die historische Erfahrung ist allerdings umgekehrt. Trotz der Senkung der Spitzensteuersätze und Rückgangs des Anteils der Steuereinnahmen am deutschen Bruttosozialprodukt ist die Arbeitslosigkeit immer weiter gestiegen.“ Das schreibt Joachim Jahnke und bietet eine neue Zusammenstellung der Daten an.
Quelle: www.jjahnke.net
Mit Sorge beobachten Kenner der Kirchen die dortige Entwicklung. Jetzt erreichte uns eine Mail zu diesem Thema, das wir unseren Nutzern zur Kenntnis geben. Bitte beachten Sie, falls Sie das Thema interessiert, auch den Link auf die Homepage des Prof. Degen und dessen Rede.
Gerhard Kilper ergänzt seinen Beitrag für die NachDenkSeiten vom 5.8.2005 um folgende Notiz: Nachtrag zum Artikel über das amerikanische Betriebsrentensystem, das ja Renate Schmidt als nachahmenswertes Modell für Deutschland empfahl: Nach einer Meldung in Le Monde vom 19.Oktober, Seite 19, hat der Konzern General Motors bei seinen Sparmaßnahmen nicht nur die Krankenversicherungs-Zuschüsse an seine Belegschaft um jährlich 3 Milliarden Dollar gekürzt, sondern vor allem die Betriebsrenten-Auszahlungen um sogar 15 Milliarden Dollar pro Jahr gekürzt! Dies geschieht ungeachtet der als Rentenanwartschaft einbehaltenen Lohnanteile.
Anmerkung: dies alles beeindruckt die politische Lobby für Privatvorsorge in Deutschland nicht. Um so wichtiger diese Information.
Von Christine Wicht und Carsten Lenz.
Ich gebe zu, ich war so naiv zu hoffen, in einer großen Koalition wären die beiden großen Parteien von ihrer gegenseitigen Polemik gegen eine aktive Konjunktur- und Beschäftigungspolitik befreit; klammheimlich hatte ich gehofft, sie würden im Interesse der Arbeitslosen und der um ihren Job Bangenden und zum Wohle des überwiegenden Teils der auf den Binnenmarkt orientierten Wirtschaft den Knoten durchhauen und (schon vor Klärung der Personalfragen) wenigstens einen neuen Akzent setzen: Wir als Staat investieren, wir ermuntern alle andern das gleiche zu tun, die Grundstrukturen unserer Gesellschaft stimmen, jetzt geht es los mit der Ankurbelung der Wirtschaft. Nichts davon. Die bislang völlig erfolglosen Agenda-Reformer haben weiter das Sagen.
Ein Ranking, das die tatsächlichen Erfolge wohlfahrtsstaatlicher und neoliberaler Strategien in den letzten Jahrzehnten bei der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit miteinander vergleicht und dabei zu dem Ergebnis kommt, dass die skandinavischen Länder einen Entwicklungspfad repräsentieren, bei dem Erfolge auf einem Gebiet nicht mit der Vernachlässigung von anderen wichtigen gesellschaftlichen Problemstellungen erkauft werden müssen.
Von Albrecht Müller, Beitrag für „Die Pfalz“, Zeitschrift für Politik, Kultur und Wirtschaft
Von einem Gericht darf man die Subsumtion eines streitigen Lebenssachverhalts unter rechtliche Normen und ein an Hand rechtlicher Kriterien abgeleitetes Urteil erwarten und fordern – zumal vom höchsten deutschen Gericht. Liest man die Presseerklärung des Bundesverfassungsgerichts über das Urteil zur Kürzung der Beamtenpensionen, so muss man den Eindruck gewinnen, als wäre es bei der Urteilsfindung eher wie an einem Stammtisch zugegangen.