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Wichtige Debatten

Hurra, wir sparen uns kaputt

Wie überall in Europa und den westlichen Industriestaaten bricht das Wachstum auch in Deutschland ein. Nur noch um 0,1 Prozentpunkte ist das BIP im Sommer gegenüber dem ersten Quartal 2011 gestiegen. Von wegen „Aufschwung XL“. Da in ganz Europa und in den westlichen Industrienationen nur noch massiv gespart wird, bricht nahezu überall das Wachstum ein. Das bringt logischerweise den deutschen Wachstumsmotor „Export“ ins Stottern. Trotz eines angeblich „robusten Arbeitsmarktes“ bremst eine schwache Binnennachfrage den „Aufschwung“. Da es in einer Art von Gehirnwäsche gelungen ist, die Banken- und Finanzkrise in eine „Staatsschuldenkrise“ umzudeuten, ist in den Regierungen eine Spar-Pandemie ausgebrochen. Während der letzte Wirtschaftseinbruch im Gefolge der Finanzkrise noch mit staatlichen Konjunkturprogrammen abgemildert werden konnte, werden jetzt, wo angeblich alles der „Staatsverschuldung“ geschuldet ist, mit einer knallharten Austeritätspolitik die Fehler der ersten Weltwirtschaftskrise wiederholt. Wenn kein Umdenken erfolgt, landen wir erneut in einer europa- oder gar weltweiten wirtschaftlichen Depression – mit kaum vorhersehbaren schlimmen Folgen. Wolfgang Lieb

Großbritanien erntet jetzt, was Frau Thatcher gesät hat

Es wäre zu einfach, die in Großbritannien sichtbare Gewalt und die Plünderung einfach auf die schlimmen sozialen Verhältnissen zurück zu führen. Da kommt einiges zusammen. Aber die so genannte Eiserne Lady hat mit der Zerstörung des Zusammenhalts, mit dem Predigen von ökonomischem Egoismus und der Kommerzialisierung aller Lebensverhältnisse, mit der systematischen Schwächung der Arbeitnehmerschaft und damit der weiteren Trennung der britischen Gesellschaft in oben und unten den Boden für die Gewaltwelle bereitet. Albrecht Müller.

S 21: Die „Spitzen“ der Kommunalen Spitzenverbände urteilen verantwortungslos voreilig

Sie bleiben ihrer Linie treu: Verantwortungslos voreilig haben sich erneut die drei Kommunalen Spitzenverbände für den Bau von Stuttgart 21 ausgesprochen. „Stuttgart 21 muss jetzt kommen!“ haben sie in einer Pressemitteilung wissen lassen. Und eine Volksabstimmung ist natürlich auch nicht gewünscht: „Die Kommunalen Landesverbände in Baden-Württemberg sind sich einig – Landkreistag, Städtetag und Gemeindetag lehnen den vergangene Woche von der Landesregierung vorgelegten Gesetzentwurf für ein ‚Stuttgart 21-Ausstiegsgesetz’ als inhaltlich falsch, wirtschaftlich untragbar und verfassungsrechtlich äußerst fragwürdig ab.“ Von Hermann Zoller

Kapieren Sie, was schlimm daran sein soll, dass Geißler Goebbels „Wollt ihr den totalen Krieg?“ zitiert? Ich nicht.

Jetzt fallen Journalisten über Geißler her. Das konnte man mit gutem Grund bisher schon tun, wenn man nach seiner Rolle bei Stuttgart 21 fragt (Was gab es da eigentlich zu schlichten??) und sich auch früher von ihm nicht blenden ließ. Wir haben die Rolle Geißlers bei Stuttgart 21 von Anfang an kritisch begleitet. Jetzt versuchen Journalisten gleich rudelweise die Wende. Spiegelredakteur Schwennicke befiehlt „Eine Entschuldigung – und zwar schnell!“. Die Badische Zeitung meint, das Kriegszitat entlarve Geißler. Medien und Netz sind voll von ähnlichen Attacken und Einlassungen. Dass Geißler Goebbels zitiert und dies auch noch ziemlich unpassend, kann die emotionale Abwendung nicht erklären. Albrecht Müller.

Von der „Selbstständigen“ zur „Kommunalen Schule“

Neben der Debatte um die sog. „Selbstständige Schule“ gibt es inzwischen einen neuen schulpolitischen Diskurs. Es ist dies der Diskurs um die Kommunalisierung von Schule unter den Schlagwörtern „Kommunale Schule“ oder „Kommunale Bildungslandschaft“. Auch wenn vereinzelt auch Sinnvolles unter diesem Label firmiert, ist die Debatte vor allem dadurch gekennzeichnet, dass sie – wie bereits von der „Selbstständigen Schule“ bekannt – für den Fall einer „Kommunalisierung“ der Schulen das Blaue vom Himmel herab verspricht. In Zwischentönen wir jedoch deutlich, dass das Ziel einer solchen Dezentralisierung in erster Linie Kürzungen im Bildungsbereich sind, die sich angeblich mittels sagenhafter Synergieeffekte bei gleichzeitiger „Qualitätssteigerung“ erreichen lassen sollen.
Es geht darum, die Zuständigkeit – angefangen von den Lehrerarbeitsverhältnisse bis hin zur Definition von Bildungsinhalten – auf die Kommunen als pädagogische „Alleskönner“ zu übertragen. Hinter den wohlklingenden Worten von Liberalisierung und Dezentralisierung versteckt sich nicht nur eine massive Verschlechterung der Lehr-, Lern- und Arbeitsbedingung sondern gleichzeitig auch eine Überwindung der Eintrittshürden für private Akteure auf dem „Bildungsmarkt“ Schule.
Von Jens Wernicke

Die Verschiebung der Achse nach Rechts ist das Ergebnis eines Zusammenspiels von solchen, die sich Demokraten nennen, mit der Rechten – verbunden über „kommunizierende Röhren.“

Mit bisher drei Beiträgen sind wir bei der Analyse der Gewalttat in Norwegen auf die Rolle der „Brandstifter“ eingegangen – hier, hier und hier. Ich verstehe, dass sich die möglichen Brandstifter gegen diesen Vorwurf wehren. Aber sie täten besser daran, darüber nachzudenken, wie eng ihr Denken und Handeln mit dem Gewalttäter von Norwegen verbunden ist und wie weit dies zurückreicht. Politik, Wissenschaft und Publizistik sind in vielfältiger Weise und seit langem mit der gewaltbereiten Rechten verbunden – viele sicher ohne es zu wollen, aber das macht im Ergebnis keinen Unterschied. Ich bin einigen Belegen für diese Beobachtung nachgegangen und skizziere sie im Folgenden. Das sind Denkanstöße für eine Einordnung des Geschehens und der weiteren Entwicklung. Albrecht Müller.

Die Brandstifter wehren sich – die Springer-Zeitungen blasen zum Gegenangriff

Ein bisschen scheinen die Zeitungen des Axel Springer Verlags doch vom schlechten Gewissen geplagt zu sein, wenn sich sowohl die „bürgerlichere“ „Welt“ als auch das Boulevardblatt „Bild“ zu massiver Selbstverteidigung wegen der in manchen Medien zu findenden Kritik an ihrem Starjournalisten Henryk M. Broder oder an ihrer „Bauchredner-Puppe“ Thilo Sarrazin veranlasst sehen.
Von Wolfgang Lieb.

Betr.: Krake Bertelsmann – Grün und Rot in NRW beschädigen die Aufklärungsarbeit von 7 Jahren

Als wir Ende 2003 mit der Arbeit an den NachDenkSeiten begannen, hatte die Bertelsmann Stiftung einen untadeligen Ruf. Sie galt als demokratische Einrichtung, vorteilhafter Weise ausgestattet mit viel Geld. Das, eine Einrichtung zur Förderung der Demokratie, war sie nicht und ist es nicht. Es ist dann mit Hilfe der NachDenkSeiten und mit unseren Büchern und in Zusammenarbeit mit einigen anderen Blogs und Personen gelungen, Zweifel an der demokratischen und sachlichen Qualität dieser Stiftung und des dazugehörigen Unternehmens zu säen. Die jetzt angekündigte Kooperation der nordrhein-westfälischen Landesregierung mit der Bertelsmann Stiftung beim Projekt Unterrichtsmethoden ist ein harter Schlag gegen diese Aufklärungsarbeit. Im Hinweis Nr. 14 vom 20. Juli hatten wir davon berichtet. Albrecht Müller.

„Wehre den Anfängen! Zu spät wird die Medizin bereitet, wenn die Übel durch langes Zögern erstarkt sind.“

So lautet das vielzitierte vollständige Zitat des römischen Dichters Ovid. Sind wir in Deutschland nicht über die Anfänge längst hinaus? Hat das Suchen nach einer Medizin überhaupt schon begonnen? Während der norwegische Ministerpräsident als Antwort auf die Terroranschläge
„mehr Demokratie, mehr Offenheit und mehr Humanität“ fordert, trumpfen bei uns die Sicherheitsfanatiker und die abwiegelnden Brandstifter auf. Das Feindbild des „Islamismus“ wird verstärkt und die rechte Gewalt verharmlost – dabei ist die Gefahr des Rechtspopulismus und Rechtsextremismus viel größer. Von Wolfgang Lieb

Plan B des Sachverständigenrats – Statt Prinzip Hoffnung, Prinzip Zeitgewinn

Wie sehr Deutschlands die sog. „Wirtschaftsweisen“ auf eine eindimensionale Gläubiger-/Schuldner-Logik fixiert sind, belegte einmal mehr ihr Ratschlag an die Kanzlerin [PDF – 15.3 KB] für den heutigen EU-Krisengipfel. Es geht ihnen nur um Schuldenmanagement und nicht um Realwirtschaft und schon gar nicht um die wirtschaftspolitische Ursache der Europa-Misere. Von Wolfgang Lieb

Das Denken in Institutionen – Eine spezifisch deutsche Ideologie

Ein grundlegendes Defizit unter deutschen Intellektuellen bei der Diskussion über die derzeitige europäische Krise ist die Ausblendung der ökonomischen Ursachen dieser Krise und damit – notwendigerweise – das Fehlen von effektiven Lösungsansätzen für die Europa zu sprengen drohende Euro-Krise. Die ökonomische Krise wird in jüngsten Abhandlungen etwa von Jürgen Habermas oder von Heribert Prantl vor allem als eine Krise der Institutionen interpretiert. Dieser Denkansatz greift jedoch zu kurz. Die europäischen Institutionen und schon gar deren demokratische Legitimation werden vielmehr umgekehrt zunehmend dem „Protektorat“ der herrschenden Wirtschaftsdoktrin unterstellt. Von Volker Bahl