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Wichtige Debatten

Die Agonie der Demokratie

Der Verfassungsschutz beschäftigt sich mit der Linkspartei und gleichzeitig nutzt das Finanzsystem die von ihm provozierten Refinanzierungsprobleme der Eurostaaten, um der Politik neue und immer engere Leitplanken zu setzen, mit denen die politische Handlungsfähigkeit der demokratischen Staaten immer weiter eingeschränkt wird. Längst ist die öffentliche Verschuldung zu einem Gesslerhut geworden, der dem Volk und der Politik aufzeigt, wer der wahre Souverän in diesem Lande ist – nämlich das Finanzsystem. In steter Regelmäßigkeit wird ganz offen eine Unterscheidung zwischen den vermeintlich objektiven Interessen der Allgemeinheit und dem politischen Willen der Allgemeinheit vorgenommen. Gerade so, als seien die in einer Demokratie angeblich mündige Bürger unmündige Kinder, die nicht wissen können, was das Beste für sie sei. Die Demokratie von heute ist nicht mehr von ihren offenen Feinden – und schon gar nicht von der Linken -, sondern von denjenigen bedroht, die vorgeben, die Politik in den europäischen Staaten wieder auf den Pfad der Tugend, nämlich des Sparens zurückführen zu wollen. Von Jens Berger

Jetzt tut die herrschende Ökonomie so, als sei ihr Versagen nicht vorhersehbar gewesen.

Seit der Weltwirtschaftskrise von 1929 wissen wir, dass es keinen Sinn macht, in einer makroökonomischen Krise weiter sparen zu wollen. Weil man mit dieser pro-zyklischen Politik die Krise verschärft. Wir wissen, dass es in einem gemeinsamen Währungsraum nur gut ausgehen kann, wenn sich auf mittlere Sicht Leistungsbilanzüberschüsse und -defizite angleichen. Deshalb war von vornherein klar, dass die gemeinsame Währung Euro nur gerettet werden kann, wenn die Entwicklung der Lohnstückkosten und der Wettbewerbsfähigkeit in der Eurozone nicht weiter auseinander getrieben, sondern angeglichen werden. Und dennoch haben sich die herrschende Ökonomie und die herrschende Wirtschaftspolitik in Deutschland diesen und anderen Einsichten verweigert. Das herrschende Elend und die große Gefahr für die Eurozone ist ein Ergebnis der Ignoranz. Man konnte wissen was zu tun ist, wenn man wollte. Albrecht Müller.

Der neue europäische Fiskalvertrag – ein klammheimlicher Systemwechsel

Während in Deutschland die Affären um den Bundespräsidenten die Schlagzeilen und die Nachrichtenlage beherrschen, wird in den Hinterzimmern von Europäischem Rat und EU-Kommission ein Vertrag vorbereitet, der schon im März 2012 auf einem Euro-Gipfel unterzeichnet werden soll und der alle Euroländer (und perspektivisch alle Mitgliedstaaten) der Europäischen Union dauerhaft auf einen strikten Kürzungs- und Austeritätskurs festlegen soll. Da die Regierungschefs sich nicht trauen den bestehenden EU-Reformvertrag von Lissabon [PDF – 901 KB] zu ändern, weil das in einigen Ländern nur über Volksabstimmungen möglich wäre, wird der neue „fiskalpolitischen Pakt“ außerhalb des bisherigen Rechts für die gesamte Europäische Union etabliert. Dennoch soll der Pakt für die Organe der Europäischen Union bis hin zum Europäischen Gerichtshof bindend sein. Anne Karras, die am Graduiertenkolleg “Die Zukunft des europäischen Sozialmodells” in Göttingen promoviert, hat sich mit dem Entwurf dieses neuen zwischenstaatlichen Fiskal-Vertrages auseinandergesetzt.

Revison der Riesterrente – Die klare Lösung wird immer noch verdrängt

Der Film “Das Riester-Dilemma – Porträt einer Jahrhundertreform“ von Ingo Blank und Dietrich Krauß, auf den wir hier schon hingewiesen haben, ist eine sehr verdienstvolle Arbeit. Wir kommen darauf aus verschiedenen Gründen zurück. Der wichtigste: Es wird von den politisch handelnden und die Riester-Rente bisher propagierenden Personen und Parteien immer noch die klare Konsequenz verdrängt: damit Schluss zu machen. Ich beginne deshalb mit der Antwort auf die Frage, wie nach der Re-Vision, der sachlich, kritischen Betrachtung der Riester-Rente und der sich verbreitenden Erkenntnis, dass wir mit dieser Reform auf einen falschen Weg geschickt worden sind, die Lösung aussehen muss. Was ist zu tun? Albrecht Müller.

Wir sind Kultur. Über geistige Ernährung

Ein Essay von Gert Heidenreich
Bildung ist die Verwandlung geistiger Erfahrung in lebendiges Bewusstsein – Bewusstsein im Sinne von Vorbereitung auf das Leben und von Bestimmung des eigenen Selbst im komplexen Gefüge aller anderen, also bildlich gesprochen: den eigenen Ort in der Welt zu finden und zu verstehen. Genau das ist offenbar kein Ziel der Pädagogik mehr – die Inhalte, die dafür nötig wären, werden zurückgedrängt zugunsten anderer Curricula, deren unmittelbar nützliche Anwendbarkeit im Berufsleben hervorgehoben wird. Der trainierte Mensch, der dabei entsteht, hat als Idealbild der sogenannten Informationsgesellschaft den gebildeten Menschen abgelöst.
Eine Entwicklung, die ich nicht nur für falsch halte. Sie stellt eine Beschädigung der jungen Menschen dar. Warum?

Rösler: Völlig losgelöst im Raum schwebend

Wie überflüssig die FDP geworden ist, zeigt sich darin, dass sie nur noch gegen eine selbst inszenierte Scheinwelt anrennt. In narzisstischer Manier kreist sie nur noch in Selbstbewunderung und Selbstverliebtheit, was in der realen Welt um sie herum vorgeht, geht an dieser Partei offenbar völlig vorbei. Von Wolfgang Lieb

Christian Wulff – Das Versteckspiel ist zu Ende

Christian Wulff hat sich als einsichts- und lernunfähiger Fortsetzungstäter amtsunangemessener geschäftlicher Verbindungen erwiesen. Er hat sein Fehlverhalten notorisch vertuscht. Der Bundespräsident hat sich als neben dem Bundesverfassungsgericht oberster Hüter der Verfassung unglaubwürdig gemacht. Wie sollte er jemals wieder ein Vorbild für Sauberkeit und Transparenz in der Politik sein können? Wie sollte er jemals wieder glaubwürdig gegen unsaubere Bankgeschäfte zu Felde ziehen können? Wie sollte man ihm, wenn er die Werte der Verfassung verteidigt, noch abnehmen können, dass er nicht nur heuchelt? Es geht nicht mehr um die Würde des Bundespräsidenten, er hat dieses Amt herabgewürdigt. Nach Wulff kann man eigentlich das Amt des Bundespräsidenten nur noch abschaffen und es auf den Bundesratspräsidenten übertragen. Von Wolfgang Lieb

Ist der Ruf erst ruiniert, dann lebt sich’s völlig ungeniert

Das könnte das gemeinsame Motto von Bundeskanzlerin und Bundespräsident bei ihren jeweiligen Ansprachen zu Neujahr und zu Weihnachten sein. Jedenfalls ist das ihre Strategie und die Strategie der Parteien und der Koalition, die hinter ihnen stehen. Wir Bürgerinnen und Bürger haben keine Sanktionsmöglichkeit mehr. Auch schlimme Fehler mit verheerenden Folgen werden ausgesessen, Kritik prallt ab. Keine schöne Einleitung für einen kleinen Jahresrückblick. Keine guten Aussichten. Albrecht Müller.

Trennung Netz/Betrieb – Die Grünen an der Leine neoliberal geprägter Privatinteressen

Ein Nutzer der NDS, M. Dannhorn, hat sich an einer Mail-Protestaktion an MdBs unter dem Motto “Stoppen Sie die Bahnpreiserhöhung!” beteiligt. Er erhielt eine Antwort der verkehrspolitischen Sprecherin der Linksfraktion (Anlage 2) und eine Antwort der Fraktion der Grünen (Anlage 1). Diese ist in mehrerer Hinsicht bemerkenswert. Sie zeigt z.B., dass die Grünen sich bei wichtigen Fragen nicht von der neoliberal geprägten Marktgläubigkeit lösen können – auch in Fällen nicht, die sogar in den Augen traditioneller Ökonomen Marktversagen signalisieren. Albrecht Müller.

Griechische Verhältnisse

In der deutschen Debatte über Griechenland findet man vor allem auch innerhalb der Linken folgende Thesen:

  • Die Regierung von Lukas Papadimos sei den Griechen von außen aufgenötigt worden, um einen „Technokraten“ als Exekutor des von Brüssel vorgegebenen Kurses einzusetzen.
  • Giorgios Papandreou sei wegen seiner demokratischen Idee eines Plebiszits aus dem Amt gejagt worden.
  • Es bestünde die reale Gefahr eines Militärputsches in Griechenland.

Diese drei Thesen will ich einem Realitätstest unterziehen. Niels Kadritzke

Europas Zukunft liegt in der Schuldenbremse – bei Gabriel ist Hopfen und Malz verloren

Sigmar Gabriel hat auch noch einen Essay für die FAZ geschrieben.
Titel: „Was wir Europa wirklich schulden“. Siegmar Gabriel beruft sich ausgerechnet auf den Bundesbankpräsidenten Weidmann und meint, es müssten „bislang rein nationale Souveränitätsrechte in der Europäischen Union gebündelt, um in einer gemeinsamen Währungszone auch eine gemeinsame Strategie des Schuldenabbaus, der Sanierung der Staatshaushalte und der Investition in die Wettbewerbsfähigkeit sowie die wirtschaftliche und soziale Entwicklung zu verfolgen.“ Damit lässt sich der Vorsitzende der SPD auf die gängige Forderung einer europäischen Sparunion ein. Von der notwendigen Korrektur der auseinanderdriftenden Entwicklung der Löhne, Lohnstückkosten und der Preise ist im ganzen Text keine Rede. Albrecht Müller.

Eindrucksvolle Aufklärungsserie der Frankfurter Allgemeinen zur Finanzkrise und Demokratie

Mitherausgeber Frank Schirrmacher hatte am 15. August mit „Ich beginne zu glauben, dass die Linke recht hat“ einen Stein ins Wasser geworfen. Seitdem ist eine Serie von weiteren Essays im Feuilleton der FAZ und der FAS erschienen. Diese Beiträge sind im Folgenden zusammengestellt. Machen Sie bitte Ihre Freundinnen/e und Bekannten auf diese Serie aufmerksam. Die Übersicht ist so aufgemacht, dass Sie sie einfach weiterleiten, kopieren oder ausdrucken und verteilen [PDF – 66.4 KB] können. Albrecht Müller.