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Wichtige Debatten

Springer und der „Fußballkrieg“, oder: Wie der Springer-Verlag die Polen und die Deutschen aufeinander hetzt

In den Unternehmensgrundsätzen der Axel Springer AG
wird als erstes Essential für die publizistische Ausrichtung genannt: „Das unbedingte Eintreten für … die Förderung der Einigungsbemühungen der Völker Europas“. Wie es um diese „Förderung der Einigungsbemühungen“ bestellt ist, wenn es um Auflage und damit um Geld geht, beweisen die publizistischen Hetztiraden, zwischen dem 2003 von Springer aufgekauften Blatt „Fakt“ und Springers „Bild“ im Vorfeld des EM-Spiels, mit denen neuer Hass zwischen Polen und Deutschen gesät wurde. Wolfgang Lieb

SPD-Steuer- und Abgabenkonzept: Orientierung auf den Sankt Nimmerleinstag

Eigentlich sind die „Orientierungspunkte der SPD für eine integriertes Steuer- und Abgabensystem eines sozialen Deutschlands“ [PDF – 248 KB] aktuell keiner gründlichen Würdigung wert, denn sie sollen frühestens ab 2011 umgesetzt werden. Was Aussagen über Steuern und Abgaben vor einer Wahl wert sind, das haben wir bei der Erhöhung der Mehrwertsteuer erleben müssen. Was die wirtschaftliche Situation im Jahre 2011 für eine Finanzpolitik erforderlich macht, weiß heute noch kein Mensch. Und ob die Haushaltslage dann eine über Steuern finanzierte Senkung der Sozialversicherungsabgaben zulässt, steht in den Sternen. Das Papier ist eine eher aus der Hüfte geschossene Reaktion der SPD auf die populistische Steuersenkungskampagne der CSU und ihres Wirtschaftsministers Glos. Wolfgang Lieb

Tipp: Aufgemischt: Wer schürt den Rentenstreit zwischen alt und jung?

Plus Minus Dienstag, 13. Mai 2008, ab 21.50 Uhr im Ersten.

Im Juli sollen die Rentner 1,1% mehr Geld bekommen – abzüglich der Inflationsrate also immer noch ein Minus von rund 2%. Trotzdem gibt es in Politik und Medien Stimmen, die die Angst vor einer „Rentnerdemokratie“ schüren, bei der die arbeitende Bevölkerung den unersättlichen Alten hilflos ausgeliefert sei. Aber gibt es diesen Generationenkonflikt überhaupt? „Plusminus“ hakt nach, welche Köpfe hinter der aktuellen Kampagne stecken und welche Ziele sie damit verfolgen.

… und dann auch ein kleiner augenzwinkernder Beitrag über die bemerkenswerte Karriere von Norbert Hansen.

Ein Teil der jungen und mittleren Generation glaubt wirklich, die Alten lebten auf Kosten der Jungen …

und es sei unabwendbar, dass es ihnen im Alter einmal schlechter geht. – Ich hätte nicht geglaubt, dass die Kampagne der Spahns (CDU) und Herzogs im Umfeld der außerplanmäßigen Erhöhung der Renten um 1,1% so verfängt. Aber in Gesprächen mit Personen dieser Altersgruppe treffe ich immer wieder auf eine fast schon aggressive Haltung gegenüber der älteren Generation und zugleich auf den festen Glauben daran, dass an ihrem Schicksal, im Alter schlechter als die jetzige Rentnergeneration dazustehen und sogar in Altersarmut zu stürzen, kaum etwas zu ändern ist. Es sei denn, sie sorgen kräftig privat vor. – Viele glauben auch, dass die Schwierigkeiten der Finanzierung der Altersvorsorge zu aller erst aus der demographischen Entwicklung folge. Sie erkennen nicht, dass die wirtschaftlichen Gründe um vieles gravierender sind. Und sie nehmen nicht wahr, dass die künftige Leistungsfähigkeit der gesetzlichen Rente bewusst und absichtlich beschädigt, gekürzt worden ist. Albrecht Müller.

Denkfehler Nr. 13 – Panik wegen der Abwanderung von Arbeitsplätzen? Auszug aus: „Die Reformlüge“ (2004) Seiten 189 – 193

Bemerkungen aus aktuellem Anlass:
Der folgende Text ist im Frühjahr 2004 geschrieben. Schon damals war erkennbar, dass die Behauptung von einer quantitativ bedrohlichen Abwanderung übertrieben ist. Was man heute weiß, konnte man auch damals wissen. Und dennoch ist massiv Abwanderungspropaganda gemacht worden. Auch mit der Folge, dass manche Unternehmer meinten, sie müssten sich diesem Trend anschließen.

Deutschland bei den „Lohnnebenkosten“ auf Rang 14 innerhalb der EU

Auf 100 Euro Bruttolohn und -gehalt zahlten die Arbeitgeber im Jahr 2007 in Deutschland nach einem europäischen Vergleich des Statistischen Bundesamtes 32 Euro „Lohnnebenkosten“ . Das ist ein Euro weniger als noch im Jahr zuvor. Leider weisen die amtlichen Statistiker dieses Jahr nicht die bei uns täglich kritisierten gesetzlich auferlegten „Lohnnebenkosten“ aus; sie lagen 2006 bei 20 Euro, und dabei lag Deutschland auf Platz 17 unter den 27 EU-Ländern. Die gesetzlichen Arbeitgeberbeiträge dürften sich angesichts der insgesamt gesunkenen „Lohnnebenkosten“ jedoch gleichfalls verringert haben.

In Schweden, das etwa beim Wirtschaftswachstum oder bei der Arbeitslosenquote viel besser dasteht als Deutschland, zahlten die Arbeitgeber auf 100 Euro Bruttolohn mit 50 Euro die weitaus höchsten „Lohnnebenkosten“. Dennoch werden die Bundesregierung und voran der Bundespräsident weiter die Senkung der „Lohnnebenkosten“ zum wichtigsten Mittel für die Senkung der Arbeitslosigkeit und für das wirtschaftliche Wachstum erklären. Wolfgang Lieb

Beschluss zur Bahnprivatisierung: Die SPD ist auf den Hund gekommen, von der eigenen Führung kaputtgemacht

Eigentlich hatte ich nicht vor, den gestrigen Beschluss zu kommentieren. Wir hatten in den NachDenkSeiten schon im vergangenen Herbst beschrieben, warum wir angesichts der Interessenverflechtungen und dem als unumstößlich erkennbaren Willen des Bundesverkehrsministers, des Bundesfinanzministers und des Außenministers kaum mehr eine Chance zu einem von der Sache her gerechtfertigten Beschluss gegen die Privatisierung sehen. Eine stille Hoffnung hatten wir dennoch. Die hat sich nun endgültig zerschlagen. Sachliche Gründe gibt es für den Beschluss des Parteirates und des Parteivorstandes der SPD nicht. (Siehe Anlagen unten.) Hier sind offensichtlich, wie auch bei der CDU und CSU, dicke Interessen im Spiel. Wenn man es gegenüber dem Parteivorsitzenden gut meint, dann muss man unterstellen, dass er die Unterstützung durch Steinmeier und Steinbrück, genauer gesagt: das Stillhalten der beiden zu seinem Öffnungsversuch zur Linken in Hessen, mit dem Versprechen zur Privatisierung der Bahn bezahlt hat. Albrecht Müller.

Logik der Rentenanpassung – Verarmung der SV-Rentner

Der Gesetzgeber hatte in der Ära Schröder mit den Reformen 2001 und 2004 dafür gesorgt, dass das künftige deutsche Rentenniveau nachhaltig um 18 % abgesenkt wird. Vorgeblich um „Lohnnebenkosten“ zu senken, die für die Unternehmensprofite störend wirkten, wurden so die künftigen Rentner angeblich „generationengerecht“ um viele Milliarden Euro an den SV-Rentenbezügen gemindert, ohne dass die Medien einen „Aufschrei“ dagegen inszenierten. Auf Dauer wird sich aber ein Durchbruch zu einer Erhöhung der Regeleinnahmen der SV-Rentenkassen und/oder zur höheren steuerlichen Finanzierung des SV-Rentensystems nicht vermeiden lassen, denn eine zunehmende Verarmung von Rentnern mit Niedrigstrenten, die kaum dies Grundsicherung erreichen oder diese unterschreiten, würde sich zum politischen Desaster der parlamentarischen Demokratie gestalten. Von Karl Mai

Nachtrag zu Herzog und ein Anstoß für Ihre Gespräche im kleinen Kreis

In meinem Beitrag „Ein Alt-Bundespräsident als Volksverhetzer …“ hatte ich nicht erwähnt, dass es mir nicht sinnvoll erscheint, im konkreten Fall Anzeige wegen Volksverhetzung zu erstatten. Die juristischen Hürden liegen sehr hoch. Auch wenn der Vergleich des Textes des § 130 Strafgesetzbuch mit den Einlassungen des Alt-Bundespräsidenten nach meinem Sprachverständnis nahe legt, dass die Strafvorschrift verletzt ist, bleibt eine Anzeige mit hoher Wahrscheinlichkeit erfolglos. Dazu wollte ich jedenfalls nicht anregen. Ich wollte allerdings dazu anstoßen, über die laufende Kampagne zur Anheizung eines Generationenkonfliktes mit anderen Menschen zu sprechen. Nutzen Sie dazu unseren Text und zwei interessante Zwischenrufe zum Thema. Albrecht Müller.

Rentner-Mobbing wegen 0,64 Prozent – „Generationenkrieg“ statt „Klassenkampf“

Ab 1. Juli 2008 sollen die Renten um 1,1 Prozent steigen. Nach der derzeit geltenden Rentenformel wären sie nur um 0,46 Prozent gestiegen. Mit diesem lächerlichen Anstieg wagte die Bundesregierung jedoch nicht vor die Rentner zu treten, deshalb hat sie den „Altersvorsorgeanteil“ (also den sog. Riesterfaktor) für zwei Jahre ausgesetzt und auf die Jahre 2012/2013 verschoben, was die Renten zusätzlich um 0,64 Prozent auf 1,1 Prozent erhöht. Mit der vorübergehenden Aussetzung des Riesterfaktors wird von den Gegnern dieser Rentenerhöhung ein Generationenkonflikt inszeniert. Das regelrechte Rentner-Mobbing lenkt von zwei viel entscheidenderen Problemen ab. Diese sind

  1. die aktuelle Einkommensverteilung, die sich im geringen Anstieg der Löhne und Gehälter im vergangenen Jahr um nur 1,4 Prozent auswirkt,
  2. und

  3. die Umdeutung der Debatte um mehr Verteilungsgerechtigkeit in der heutigen Gesellschaft zu einem Konflikt zwischen Jung und Alt: Statt „Klassenkampf“ nun also „Generationenkrieg“.

Wolfgang Lieb

Ein Alt-Bundespräsident als Volksverhetzer – der Sittenverfall beschleunigt sich

„Der hat gut hetzen, der hat ein dickes Polster“, meinte meine Nachbarin, als sie Roman Herzogs Äußerungen in der Bild-Zeitung las. Einer unserer Leser machte mich auf § 130 (Volksverhetzung) des Strafgesetzbuches aufmerksam. Text und Geist dieses Paragraphen passen auf die Warnungen Herzogs vor einer „Rentner-Demokratie“. Albrecht Müller

Lohnnebenkosten. Dazu 1. Volker Pispers und 2. ein Praktiker und Freund der NDS

Über Lohnnebenkosten wird maßlos dummes Zeug erzählt. Sie werden trotz Gegenaufklärung immer wieder ins Spiel gebracht, um Sozialstaatlichkeit abzubauen. Senkung der Lohnnebenkosten – das ist so etwas wie der neoliberale Zauberstab. Von Volker Pispers gibt es dazu ein einmalig gutes, aufklärerisches Stück. Und dann dazu noch eine kurze Erläuterung eines unserer Leser, der es in der Praxis mit Unternehmen zu tun hat. Albrecht Müller

Verteilungsbericht des DGB für das Jahr 2008. Wir zitieren das Wichtigste in Kürze

Trotz des Konjunkturaufschwungs der Jahre 2006 und 2007 sind nicht nur nach den im vergangenen Jahr vorgelegten Zahlen aus amtlicher Statistik und Forschungsarbeiten unabhängiger Institute, sondern auch nach dem Empfinden der breiten Mehrheit der Bundesbürger die Unterschiede zwischen Arm und Reich eher größer geworden. Nur noch 15 Prozent der Bundesbürger sind laut einer repräsentativen Umfrage der Bertelsmann Stiftung davon überzeugt, dass die Einkommensverteilung in Deutschland „im Großen und Ganzen gerecht zugeht“. Weit mehr als 50 Prozent halten die Einkommensverteilung dagegen für ungerecht. Trotz des kräftigen Wirtschaftswachstums der vergangenen zwei Jahre haben sich die Stimmung in der Bevölkerung und die Zufriedenheit mit der Verteilung von Einkommen und Vermögen in Deutschland kontinuierlich verschlechtert. Dies steht in krassem Gegensatz zu Erfahrungen in vorherigen
Aufschwungsphasen, in denen die Mehrheit der Deutschen stets die Einschätzung vertrat, die Boomzeiten würden zu mehr Verteilungsgerechtigkeit beitragen. Wolfgang Lieb

Alterssicherung – eine „Echternacher Springprozession“: Ein Schritt nach vorn, zwei Schritte zurück. Der Konflikt mit Gesetz und Verfassung ist programmiert. Eine Trendumkehr in der Rentenpolitik dringend erforderlich

Der „Renten-Aktionismus“ der Großen Koalition gleicht der „Echternacher Springprozession: Ein kleines Schrittchen in die richtige Richtung ist die Erhöhung der Renten 2008 um 1,1 Prozent und 2009 um über 2 Prozent durch Aussetzen des sog. Riesterfaktors, der das Rentenniveau seit 2003 erheblich vermindert hat. Nach mehreren „Nullrunden“ bei gleichzeitig stark steigenden Lebenshaltungskosen, insbesondere für Lebensmittel, Energie, Gesundheitsversorgung und Pflege ist die jetzt geplante Rentenerhöhung überfällig – wenn auch viel zu niedrig, um die Inflation auszugleichen. Die gute Konjunktur und die von den Gewerkschaften durchgesetzten Lohnsteigerungen gingen ohne die (nominale) Erhöhung sonst vollends an den Rentnern vorbei.
Allerdings ist der jetzige Koalitionskompromiss zu den Rentensteigerungen 2008 und 2009 ein allzu durchsichtiges Wahlkampfmanöver und wird für viele Rentner zu einem Danaergeschenk. Denn bereits ab 2012 sollen die ausgesetzten Rentenminderungen sowohl durch den Riesterfaktor als auch dann noch durch den Nachhaltigkeitsfaktor wieder wettgemacht werden. Damit sind weitere Nullrunden auf unabsehbare Zeit für die Rentner unvermeidlich. Von Ursula Engelen-Kefer

Nachlese zur Sendung mit Maybritt Illner

Ich möchte mich auf ein paar weiterführende Anmerkungen beschränken und gleichzeitig einige wichtige Links zur weiteren Information angeben. Die Links betreffen die Sendung selbst, die ARD-Doku „Rentenangst“, Raffelhüschens Bekenntnisse über die absichtliche Verschlechterung der Leistungsfähigkeit der gesetzlichen Rente, meine Speyerer Rede zur politischen Korruption, ein älteres aber aktuelles Interview im ARD-Morgen Magazin zur Interessenabhängigkeit der von Funk und Fernsehen bekannten Wissenschaftler, den Hinweis auf die einschlägigen Seitenzahlen in unserem kritischen Jahrbuch und einen alten Essay von Tom Schimmeck. Nun die angekündigten Anmerkungen: Albrecht Müller