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Schulden – Sparen

Meinungsmache ist bei weitem wichtiger für politische Entscheidungen als Sacherwägungen

Diese Erfahrung wird uns heute jeden Tag bestätigt. Meinungsmache überlagert inzwischen die an der Sache orientierte Abwägung um Welten. Dass Sparen der europäischen Staaten die richtige Therapie sei, dass Konsolidierung der Haushalte die Konjunktur beflügele, dass wir eine Schuldenkrise haben, dass es entscheidend sei, das Vertrauen der Finanzmärkte zu gewinnen, dass die Gängelung der politischen Gestaltungsräume durch so etwas wie eine Schuldenbremse sinnvoll sei, dass eine Inflation drohe, …. das wird unentwegt in die Köpfe gehämmert. Albrecht Müller

Rhetorik der Unverantwortlichkeit – der Umgang mit den Wirkungen der Finanzkrise und der Fall Griechenland

Die Griechenlandkrise kommt gerade richtig. Im medialen Diskurs des kurzen Gedächtnisses wird sie ohne viel Federlesen von der Finanzkrise entkoppelt und zu einem Problem Griechenlands degradiert. Die “griechische Wirtschaft” hat in der Konnotation die “polnische Wirtschaft” abgelöst, ein Begriff, der zum Nazi-Jargon passte, aber auch in der DDR weiter benutz wurde. Der nationale Chauvinismus scheint sich neue Bahnen zu brechen und bestimmt den öffentlichen Diskurs. Der Zusammenhang von Finanzkrise und griechischer Krise wird übertüncht. Das kommt gelegen, weil die Regierung so ihre großen Worte und hehren Versprechungen aus dem Herbst 2008 vergessen machen kann. Das Primat der Politik sollte wiederhergestellt, die Finanzmärkte strengen Regeln unterworfen werden – nichts davon ist geschehen und nichts davon wird absehbar geschehen, denn es wird längst wieder verdient. Solange die Bürger die Ausfallkosten übernehmen gibt es für die Profiteure keinen Regulierungsbedarf. Von Andreas Fisahn*

Immer noch: Wirtschaftspolitik ist geprägt von Mythen, Vorurteilen und Meinungsmache

In den Tagesthemen vom 16. Februar (ab Minute 9) traten drei der für die Wirtschafts- und Finanzpolitik der Eurozone Verantwortlichen nacheinander auf: EZB-Präsident Trichet, der Präsident der Eurogruppe Junker und der Staatssekretär im deutschen Bundesfinanzministerium Jörg Asmussen. Mit markigen Worten übten sie Druck auf Griechenland aus, die Staatsausgaben zu senken, zu „sparen wie die Iren“ und Personal im öffentlichen Dienst abzubauen. Das ist offensichtlich populär bei den Kreisen, auf die es den genannten Personen ankommt. Mit dem, was sachlich geboten ist, haben diese markigen Sprüche allerdings wenig zu tun. Albrecht Müller

Schwarz-Gelb bedroht massiv die Innere Sicherheit

Die Union bildet sich eigentlich ein, die Sorge für die innere Sicherheit gepachtet zu haben. Die von ihr geförderte neoliberale Politik der Entstaatlichung und Verarmung des Staates führt zusehends zur Bedrohung der inneren Sicherheit. Die Kombination mit der FDP und deren Entstaatlichungsvorstellungen verschärft die Linie. Rechtsfreie Räume sind keine Seltenheit. Hier ein Bericht aus Schleswig-Holstein. Albrecht Müller

Die Unfähigkeit zu makroökonomischer Vernunft – ein Kern unseres Problems

Gestern, an einem Montag gegen 16:30 Uhr besuchte ich einen Baumarkt. Verkaufsbereich leer, im Lagerbereich auch keine Kunden. Ich fragte den Lagerarbeiter, was los sei. Das sei einige Zeit schon so. Die Leute hätten offenbar kein Geld zum Bauen. – Zuhause im Laptop finde ich dann das Interview des SPD Haushaltsexperten Carsten Schneider (Anlage D) mit der saloppen Bemerkung, er sehe eine „konjunkturelle Delle“ statt einer Krise. Der Mann kommt aus Thüringen, einer Region, der es insgesamt sicher nicht besser geht als der Südpfalz. Dieser wichtige Mann hat offenbar weder einen Sensor für die wirkliche Lage noch begreift er wirtschaftliche Zusammenhänge. Das verbindet ihn mit dem Bundesfinanzminister. Wo ihre Schwächen, ihre Fehleinschätzungen und Manipulationsversuche liegen, soll anhand von vier Medienbeiträgen gezeigt werden. Albrecht Müller.

Und auch im neuen Jahr die Fortsetzung prozyklischer Politik

Steinbrück prüfe ein weiteres Sparprogramm, meldet das Handelsblatt über einen Brief des Bundesfinanzministers an die obersten Bundesbehörden. Es ist das alte Thema. Unsere führenden Kräfte in der Wirtschafts- und Finanzpolitik sind nicht willens oder nicht fähig zu einer angemessenen, makroökonomischen Steuerung unserer Volkswirtschaft. – Wenn Sie die Zeit haben, dann klicken Sie einfach mal durch unsere einschlägigen Meldungen, Kommentare und Analysen von Ende 2006 und Januar, zum Beispiel “Was man uns so zumutet, bis der Tag vorüber ist, ist schon beachtlich”, “Anmerkungen zu den Daten des Statistischen Bundesamtes über die Wirtschaftsleistung im Jahre 2006” und “Konsumschock und der klügste Wirtschafts-Professor: Sinn” 2007. Für unser NachDenkSeiten-Jahrbuch 2007 habe ich einen solchen Durchgang gerade selbst hinter mich gebracht. Auch damals die gleichen Fehler: Überschätzung des Booms, falsche Instrumente, Aufforderung zum Sparen und massive Förderung des Sparens über Riester-Rente und Rürup-Rente zulasten des Bundeshaushalts, und vor allem Steinbrücks kapitaler Fehler: die Erhöhung der Mehrwertsteuer auf 19%. Albrecht Müller.

Nachtrag zum Hamsterfilm des BMF – Leser machen auf dreiste Manipulation aufmerksam

Die NachDenkSeiten gewinnen immer wieder durch spannende Hinweise unserer Leser. So erreichten mich nach Veröffentlichung des Beitrags über den Hamsterfilm des Bundesministers der Finanzen zur Staatsverschuldung zwei Mails mit konkreten Hinweisen auf Manipulationen. Einer unserer Leser beschaffte sich beim BMF die Daten zur Pro-Kopf-Verschuldung von 1950 bis 2006, wandelte das Datenmaterial in zwei Grafiken um und verglich diese mit der einschlägigen Grafik im Film des BMF. Das ist eine sehr verdienstvolle Arbeit, weil sich daran nicht nur zeigen lässt, wie mit einfachen Tricks eine Abbildung zu Stande kam, die die Agitation des Hamsterfilms stützen sollte. An den beiden Grafiken wird der in meinem letzten Beitrag schon angesprochene Zusammenhang zwischen einer guten konjunkturellen Entwicklung und der Chance zum Schuldenabbau an mehreren Stellen deutlich und es lassen sich einige der gängigen Vorurteile über verschiedene Zeiträume der letzten 55 Jahre in Luft auflösen. Albrecht Müller.

Perfekte Demagogie von fachlich perfekten Stümpern – Anmerkungen zu einem Propagandafilm des Bundesministers der Finanzen

Sehen Sie sich zunächst diesen Film an: Hamster der Film Das ist perfekt gemacht von einer der großen politischen Propaganda-Agenturen, von fischerAppelt Kommunikation. Von gesamtwirtschaftlichen Zusammenhängen hat diese Agentur offensichtlich genauso wenig wie der Bundesminister der Finanzen die notwendige Ahnung. Die Macher glauben, man könne Schulden abbauen (was wir auch wollen), wenn man spart. Das alleine reicht aber nicht. Dazu kommen muss eine gute konjunkturelle Entwicklung. Wenn man diese mit Spar-Aktionen stört, dann hat man am Ende weniger gespart als beabsichtigt. In diese Falle drohen die perfekten Demagogen wieder zu laufen, obwohl sie aus ihren eigenen Grafiken eigentlich schlau werden müssten.

Sachverständigenrat fordert „Maastricht“ für Deutschland

Die Wirtschaftsweisen fordern Neuregelungen der Verschuldungsgrenzen für den Bund und die Länder [PDF – 102 KB]. Ziel dieses Konzeptes ist es, die Elemente des Artikel 115 Grundgesetz und der analogen Vorschriften in den einzelnen Landesverfassungen — Nettoneuverschuldung allenfalls in Höhe der das öffentliche Vermögen erhöhenden Nettoinvestitionen und Verhinderung einer prozyklischen Haushaltspolitik — mit einer sanktionsbewehrten, an der Entwicklung der regulären Staatseinnahmen orientierten Ausgabenpolitik zu verbinden.
Es ist schon ziemlich dreist, wie die Mehrheit des Sachverständigenrats, die seit Jahren vor allem Unternehmensteuersenkungen empfohlen hat, nunmehr noch „einen drauf sattelt“ und eine Verschuldensgrenze empfiehlt, um damit den fiskalischen Handlungsspielraum des Staates noch mehr zu beschränken. Das würde im Klartext bedeuten, per Grundgesetz eine aktive Konjunkturpolitik zu verbieten und Haushaltsdefizite ausschließlich über die Kürzung von Sozialstandards auszugleichen.

Statistisches Bundesamt: Schulden der öffentlichen Haushalte 2006 um 2,6% gestiegen. Man könnte auch sagen, die Vermögen der Kreditgeber sind um 38 Milliarden gestiegen.

Nach ersten vorläufigen Ergebnissen des Statistischen Bundesamtes waren die öffentlichen Haushalte zum Jahresende 2006 insgesamt mit 1 485,4 Milliarden Euro am Kreditmarkt verschuldet. Man kann Gift darauf nehmen, dass die Meldung über die schwindelerregende Summe von 1,5 Billionen Euro, wieder einen öffentlichen Rummel über die zu hohe Staatsverschuldung auslöst und Forderungen nach einem weiteren Abbau staatlicher Leistungen vor allem im Sozialbereich folgen. Kaum jemand wird die Frage stellen, ob mit der Verschuldung in Deutschland nicht auch die Einkommen von Menschen, die so hohe Einkommen haben, dass sie dem Staat Geld leihen können, steigen. Wolfgang Lieb.

Strategieelemente von Rot und Schwarz

In der vergangenen Woche wurden ein paar Strategieelemente der beiden Koalitionspartner sichtbar: Merkel und die Union möchten in unseren Köpfen verankern, dass sie ein heruntergekommenes Land übernommen haben; die SPD-Spitzen wollen uns einreden, dass die SPD dank Schröder bei der Bundestagswahl hervorragend abgeschnitten hat und, dass die Wähler der SPD für die Fortsetzung des Agenda-Kurses gestimmt haben.

Warum muss man die Fakten verfälschen

So beginnt ein Brief von Heiner Flassbeck zu einem Artikel in der ZEIT: „Gefangen in der Sparfalle – Deutschland ist wieder wettbewerbsfähig. Doch drei Hindernisse blockieren den Aufschwung“ von Marc Brost und Wolfgang Uchatius.

Wo bleibt die Reichtumsuhr?

T. S., ein Leser der NachDenkSeiten aus Erfurt, schickt mir einen Leserbrief, den die Thüringer Landeszeitung am 25.2.05 veröffentlichte. Er knüpft an der sogenannten „Schuldenuhr“ an und hinterfragt die gängige Argumentationslinie. Ein Stück Aufklärung. Danke.