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Medien und Medienanalyse

Frankfurter Rundschau vom Unternehmenssteuersenkungswahn infiziert.

Im „Thema des Tages“ auf der Seite 2 behandelt die FR vom 8.8.06 die Unternehmenssteuerreform. Was den Lesern dort berichtet wird, könnte man auch in jeder Wirtschaftszeitung nachlesen. Wie selbstverständlich geht der Autor dieser Seite, Markus Sievers, davon aus, dass Steinbrücks Steuerreform im Grunde richtig sei und es eigentlich nur noch Streit über die Ausgestaltung der Senkung von Körperschafts-, Erbschafts-, Abgeltungs- oder über die Besteuerung von Personalgesellschaften gebe und dass nur noch die Höhe der Entlastung problematisch sei.
Die Schlagzeile lautet: „Unternehmer klagen weiter“. Ist in der Redaktion inzwischen vergessen worden, dass Jammern der Gruß der Kaufleute ist?

Die Mission des Dr. Hugo Müller-Vogg: Abschied vom Versorgungsstaat oder: Wie Meinung für die Vermögensberater gemacht wird

Schon oft hat mir Hugo Müller-Vogg in der BILD-Zeitung entgegengelächelt – für mich war er immer der nette Mann mit Schnauzer von Seite 2. Schon oft habe ich ihm in Politmagazinen, Nachrichtensendungen und Diskussionsrunden zugehört. Ich wollte aber noch mehr, also was tun wenn man mehr wissen will? Richtig: man surft im Internet und mit ein bisschen Glück findet man, was man sucht, so auch die Homepage. Lesen Sie dazu Anmerkungen unseres Lesers Matthias Burghardt.

Die mediale Lobby für die Privatversicherer betreibt nun auch eine Kampagne gegen die gesetzliche Krankenversicherung.

Ausgerechnet unter Berufung auf die BILD-Zeitung, die ja mit den Privatversicherern kommerziell verbandelt ist, empören sich der Stern und der SPIEGEL über die angebliche „Fettsucht“ bei den gesetzlichen Krankenkassen. Die Verwaltungskosten seien von 1995 bis 2005 von 6,1 auf 8,15 Milliarden Euro auf 5,7 Prozent der Gesamtkosten gestiegen.
Tatsache ist allerdings, dass der Anteil der Verwaltungskosten seit 2002 gesunken ist und Tatsache ist auch, dass die Aufwendungen für den Versicherungsbetrieb bei den privaten Krankenversicherungen prozentual im Jahre 2001 bei 13%, also deutlich mehr als doppelt so hoch wie bei den gesetzlichen lagen.

„Fake TV-News“ oder Reklamefilme nicht nur in den USA, sondern auch im öffentlich-rechtlichen Fernsehen bei uns

Die Frankfurter Rundschau berichtet am 28.7.06 auf Ihrer Medienseite über Werbung im Fernsehen „unterm Deckmantel“. „Fake TV-News“: Als Reportage präsentierte Reklamefile unterwandern die Nachrichtensendungen in den USA“, so lautet die Überschrift über diesem Beitrag. Es wird kritisch darüber berichtet, wie weit im amerikanischen Fernsehen „vorgetäuschte Nachrichten“ schon verbreitet seien.
Dass wir in Deutschland von amerikanischen Verhältnissen gar nicht so weit entfernt sind, beweist die Sendung „plusminus“ vom Bayerischen Rundfunk vom 25.7.06.

„Leser-Reporter“, die „IM“ der BILD-Zeitung

Seit einigen Wochen hat die BILD-Zeitung eine neue Rubrik. „Leser-Reporter“ sind aufgefordert per SMS/MMS mit ihren Handy-Kameras Schnappschüsse an die Redaktion zu schicken. Da werden dann in Paparazzo-Manier Schnappschüsse eingesandt und abgedruckt, die für das Boulevardmedium passend erscheinen.
Neben Bildern von Promis, von sog. Erlkönigen neuer Autoserien, von peinlichen Schreibfehlern in Firmenanzeigen, aber eben auch von Polizisten, die im Dienst mal ein (verbotenes) Bierchen trinken. Für den Abdruck gibt es bis zu 1.000 Euro. Wir halten diese Anstachelung zu einem privaten Spitzelwesen für eine höchst gefährliche Entwicklung für den Schutz der Privatsphäre, für das Recht am eigenen Bild und für die Wahrung von Persönlichkeitsrechten. Man stelle sich nur einmal vor, wenn die BILD-Zeitung ihre „informellen Mitarbeiter“ vor den Karren einer ihrer Kampagnen gegen gesellschaftliche Minderheitengruppen, etwa Asylanten, Schwule oder „Alg-Schmarotzer“ spannt.

Aus einer Privatisierungsaffäre in Mülheim wird eine „Löschaffäre“ beim wdr

Am 07.03.06 hatten wir in den NachDenkSeiten eine kleine Meldung unter der Überschrift „Privatisierungen in Mülheim“ über ein wdr Feature von Werner Rügemer. Es war ein Bericht über die unglaublichen Privatisierungsvorgänge in unseren Kommunen. Einer der Akteure, der dort erwähnt wurde, ist der zurückgetretene Oberbürgermeister Mülheims, der jetzt Staatssekretär im NRW-Wirtschaftsministerium geworden ist. wdr 5 hat das Manuskript aus dem Internet gelöscht und bat den Staatssekretär um Entschuldigung.

Lesen Sie die Geschichten zur Geschichte:
Quelle 1: taz
Quelle 2: taz
Quelle 3: ComCologne
Quelle 4: Neue Rheinische Zeitung

Financial Times Deutschland – ein seltsames Blatt: Spannweite unendlich

In der Financial Times gibt es von einigen wenigen Autoren immer wieder Beiträge von erstaunlicher kritischer Qualität. Dann aber immer wieder solche, deren manipulative Absicht aus allen Zeilen quillt. Das folgende angebliche Dossier mit dem Titel „Wahre Staatsschuld liegt fünfmal höher“ von Birgit Marschall (Berlin) verdient die Einordnung in die Rubrik „Manipulation des Monats“.

Offenbar sitzen wir auf einer schiefen Ebene. Wir nehmen Zumutungen hin. Der kritische Verstand entschwindet.

Die Frankfurter Rundschau berichtete am 14. Juli im Aufmacher: „Angela Merkel (CDU) begrüßte George W. Bush vor ausgewählten Bürgern auf dem Marktplatz von Stralsund.“ – Das ist wie zu Zeiten der DDR. Es ist sogar schlimmer als z.B. in Erfurt 1970 anläßlich des Besuchs von Willy Brandt. Wo bleibt der Protest? Wo bleibt die breite kritische Kommentierung? Angela Merkel kommentiert auf ihre Weise: Gemeinsam könnten Deutsche und Amerikaner “Tyrannen und Diktatoren in die Schranken weisen”, meint sie. Das ist fundamentalistische Propaganda. Sonst nichts.
Im Folgenden dokumentieren wir den Bericht über den Bush-Besuch – er enthält noch andere Blüten – und einen Kommentar der FR. Lesen Sie einfach beides hinter einander.

Wie der Neo-Nationale Matthias Mattusek die WM-Euphorie umdeutet: Die „Bejahungswelle“ stelle selbst die Wiedervereinigung in den Schatten.

Der Kulturchef des SPIEGEL sieht in einem DLF-Interview in der Begeisterung und Partystimmung der Fußballfans auf einer „atavistischen tiefen Ebene in jedem von uns des Gefühl der Zugehörigkeit zu den eigenen Leuten“. Was da wachgerufen wurde, habe „sich ins kollektive Bewusstsein gesenkt und abgelagert und wird als abrufbare Erinnerung bleiben“.
In Klinsmann sieht er geradezu eine germanische Heldenfigur, „wo ein einzelner verkörpert, was kollektiv vorher gewünscht, geträumt, gedacht wurde.“ Eine solche „Lichtgestalt“ brauche man auch in der Politik. „Wir brauchen in der Politik unbedingt so jemanden“.
Der ausgebrochene Patriotismus sei „natürlich sehr tauglich“ durch schwierige Zeiten zu kommen und „schmerzhafte Einschnitte“ hinzunehmen und zu sagen: „Okay, das muss jetzt sein, diesen Einschnitt machen wir.“
Warum machen solche Sätze als einem Deutschen wie mir Angst?

Die „Bundespräsidenten-Partei“ im BILD-Interview

„Köhler ist ein abgeschnittener Präsident… Er ist die Hinterlassenschaft einer nicht zustande gekommenen schwarz-gelben Koalition ist.“ Diese Sätze von Heribert Prantl las ich am 4. Juli in der Süddeutschen Zeitung. Köhler bestätigt am Tag darauf mit seinem zweiseitigen Interview in der BILD-Zeitung dieses Urteil. Uns ist das schon etwas länger aufgefallen und deshalb haben wir auf den NachDenkSeiten unsere Serie die „Bundespräsidenten-Partei“ aufgelegt.

Die Handschrift des neuen Chefredakteurs der FR

Vermutlich zusammen mit vielen Nutzern der NachDenkSeiten war ich gespannt, wie sich der neue Chefredakteur Uwe Vorkötter in der Frankfurter Rundschau einführen wird. Am 27.6. erschien ein erster Kommentar zum Schwerpunkt Gesundheitsreform mit dem Titel „Die halbe Reform“.
Wenn dieser Kommentar des neuen Chefredakteurs die künftige Linie sein soll, auf die er die Redaktion bringen möchte, dann muss man sich Sorgen um den „linksliberalen Kurs“ der FR machen.

Der SPIEGEL mit „Ansturm der Armen“ – geht es noch gröber?

Ich muss eine kurze Geschichte erzählen: An einem Samstag Mittag, vermutlich im Frühherbst 1992, mitten in der damals heftigen Asyldebatte, rief mich eine mir unbekannte Bürgerin meines damaligen Wahlkreises an und beschimpfte mich minutenlang und ohne Unterbrechung wegen meiner, wie sie meinte, zu freundlichen Haltung gegenüber Asyl suchenden Menschen. Der Wortschwall war gespickt von Argumenten und Vorwürfen, die sie sich nicht selbst ausgedacht haben konnte.