Hinweise des Tages

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  1. Bundesregierung: Nationales Reformprogramm Deutschland 2005 bis 2008, Umsetzungs- und Fortschrittsbericht 2007
    Die Bundesregierung hält es für verfehlt, aus der aktuellen Entwicklung den Schluss zu ziehen, allein der Aufschwung könne alle noch vorhandenen strukturellen Probleme lösen. In diesem Jahr gehe es darum, den Aufschwung zu festigen, die Haushalte weiter zu konsolidieren und zusätzliche innere Wachstumskräfte der Wirtschaft freizusetzen, wie sie in ihrem Umsetzungs- und Fortschrittsbericht 2007 zum “Nationalen Reformprogramm Deutschland 2005 bis 2008” (16/4560) mitteilt. Sie sei daher entschlossen, auch in der zweiten Hälfte der Wahlperiode “auf Reformkurs” zu bleiben. Auf der Tagesordnung stünden unter anderem ein umfassendes Wagniskapital-Finanzierungsgesetz sowie der Ausbau der Mitarbeiterbeteiligung. Hinzu kämen die Reform der Pflegeversicherung sowie der weitere Bürokratieabbau. Auch am Arbeitsmarkt sei das Ende des Reformweges noch nicht in Sicht, heißt es weiter.
    Quelle: Deutscher Bundestag [PDF – 740 KB]

    Anmerkung: Wer immer mal wieder im schönsten Bürokratenreformsprech nachlesen möchte, welche Reformen der Großen Koalition wir hinter uns haben und welche uns noch blühen, der sollte sich diesen Bericht abspeichern.

  2. Dresdner Bank/Allianz: Deutsche verschenken Geld
    Die Deutschen können nicht mit Geld umgehen und lassen sich jährlich Milliarden an Gewinnen entgehen. Der Grund: Sie legen ihr Vermögen falsch an. Vor allem ein überzogenes Sicherheitsdenken lasse Sparer in sichere, aber niedrig verzinste Sparanlagen investieren, während sie Aktien immer noch vernachlässigten. Das ist das Ergebnis des am Mittwoch präsentierten Vermögensreports der Dresdner Bank/Allianz-Gruppe. “Wenn sich daran nichts ändert, werden viele Menschen unter Altersarmut leiden”, warnte Vorstandsmitglied Andree Moschner
    Quelle: SZ

    Anmerkung: Der Beitrag ist belanglos, es ist ein reiner Werbeartikel für die Geldanlage in Aktien ist. Wir weisen nur darauf hin, weil er wieder einmal zeigt, wie PR und Journalismus ineinander fließen – bis hin zur Drohung mit Altersarmut. Jetzt, wo durch die Krise des Finanzsystems die Anleger in sicherere Anlageformen gehen, muss natürlich für die Aktie und für Aktienfonds geworben werden. Und die SZ gibt sich für diese Werbung kritiklos her.

    Statt einer weiteren Kommentierung verweisen wir auf Oeffinger Freidenker.

    Und zur Aussage, die Deutschen besäßen 125.000 Euro pro Kopf lesen Sie bitte die NachDenkSeiten: “Bundesbank: Die Deutschen sind im Durchschnitt reicher geworden”.

  3. OECD senkt Wachstumsprognose für USA und Deutschland
    Der Optimismus ist verflogen: Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung erwartet wegen der US-Kreditkrise weltweit ein schwächeres Wachstum als zunächst angenommen. Für Deutschland senkte die OECD die Prognose besonders deutlich.
    Quelle: Spiegel Online
  4. Verbraucherschützer dringen auf Entflechtung des Energiemarktes
    Gutachten zur Trennung von Erzeugung und Verteilung
    Der Bundesverband der Verbraucherzentralen hat die Energiemärkte in Deutschland unter die Lupe genommen. Haben wir denn tatsächlich einen freien Wettbewerb? Bei dieser Frage lautet die Antwort des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen schlicht “nein”. Die Wettbewerbssituation auf den Energiemärkten sei in Deutschland nicht so recht gegeben. Die Verbraucher können zwar den Stromanbieter auswählen, aber von einem fairen Wettbewerb auch unter den Anbietern könne keine Rede sein.
    Quelle: DLF
  5. Energiemarkt – teure Fehlzündungen. Mit der Privatisierung allein ist es längst nicht getan
    Es hat nicht funktioniert. Der Staat hat sich zurückgezogen, aus einem funktionierenden Sektor der öffentlichen Daseinsfürsorge – und einen Selbstbedienungsladen geschaffen.
    Statt günstiger Standortbedingungen stand für die SPD die Stärkung einzelner Konzerne im Vordergrund. Das Kartellamt genehmigte Großfusionen, sodass statt früher acht heute nur noch vier Stromkonzerne den deutschen Markt dominieren: Eon, RWE, Vattenfall, EnBW. Die beteiligten sich an mehreren Hundert Stadtwerken, um auch beim Stromverkauf keine Marktanteile zu verlieren. Erst auf Druck der EU nahm im Sommer 2005 eine Regulierungsbehörde ihre Arbeit auf, die dem Faustrecht ein Ende setzte. Doch die Konzerne können weiterhin ihre Marktmacht durchsetzen.
    Quelle: FTD

    Anmerkung: Späte Einsichten des Wirtschaftsblattes das sonst nach wie vor auf Privatisierung und auf PPP von öffentlichen Infrastrukturleistungen setzt. Typisch, dass nur danach gefragt wird, was bei der Privatisierung des Energiesektors schief gelaufen ist. Die gesamte Privatisierungsideologie von Leistungen der Daseinsvorsorge wird selbstverständlich nicht in Zweifel gezogen.

  6. Fehlbesetzung beim BDI
    Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) hat bald wieder einen Hauptgeschäftsführer. Das ist schön. Aber warum soll es bloß Werner Schnappauf werden? Schnappauf ist durch politische Affären wie den Gammelfleischskandal angeschlagen. Darüber kann man hinwegsehen. Worüber man nicht hinwegsehen kann: Der Bayer passt nicht zur Jobbeschreibung.
    Quelle: FTD

    Anmerkung: Die Antwort auf die Frage, die die FTD aufwirft ist ziemlich einfach. Schnappauf hat den x-ten Gammelfleischskandal am Hals. Er hat nichts dagegen unternommen, sein Rücktritt war längst fällig. Das Bayern-Netzwerk hat ihm jetzt ein Auffangnetz geschaffen. Und zum Verkünden von Verbandsparolen des BDI reicht es noch immer, die können ja nicht gammelig genug sein.

  7. Ein kleines Dankeschön der Allianz
    Die Allianz AG hat im Juli mal wieder an CDU, CSU, SPD, Grüne 60.001 Euro und an die FDP 50.0001 Euro gespendet. Sie wird wissen warum. Vielleicht weil die private Risterrente ein so gutes Geschäft ist und vom Staat und mit über 2 Milliarden Euro vom Staat subventioniert wird.
    Quelle 1: Bundestag [PDF – 120 KB]
    Quelle 2: NachDenkseiten: Staat zahlt 2,1 Milliarden Subventionen für die private „Riester-Rente“
  8. Nur ein “dummer Zufall” führte zur Festnahme
    Seit Dezember wurden die Terrorverdächtigen bereits observiert. Am Ende entschied ein aufgeblendeter Scheinwerfer über den Zugriff. Wie die Ermittler den Islamisten auf die Spur kamen: Das Protokoll des größten Anti-Terror-Einsatzes in der deutschen Geschichte.
    Quelle: Die Welt Online

    Anmerkung: Bemerkenswert an dieser Kriminalgeschichte sind die Details die hier geschildert werden, um den Islamisten auf die Spur zu kommen. Üblicherweise werden solche Geschichten aus ermittlungstaktischen Gründen zurückgehalten. Und geradezu komisch ist es, wenn die Geschichte mit den aufgeblendeten Scheinwerfern richtig ist, dass daraus die Forderung nach Online-Durchsuchungen abgeleitet wird. Sollte die Erzählung der Geschichte nur der Durchsetzung dieses Zieles dienen?

  9. Heiner Geißler: “Appelle an die Romantik helfen nicht”
    Die Union müsse konservativer werden, um bei Wahlen besser abzuschneiden, fordern vier junge Politiker von CDU und CSU um den Junge-Unions-Chef Philipp Mißfelder und CSU-Generalsekretär Markus Söder. Sie haben ein Thesenpapier für einen “modernen bürgerlichen Konservatismus” erarbeitet, in dem sie die Bedeutung der deutschen Leitkultur betonen, wie auch die der “deutschen Tugenden” Treue, Disziplin und Anstand. Der frühere CDU-Generalsekretär Heiner Geißler findet, dass seine Partei mit der Debatte Energie verschwendet.
    Quelle: Berliner Zeitung

    Anmerkung: Ein typischer Geißler, er formuliert (teilweise) richtige Prinzipien und schafft es dann, eine zu diesen Prinzipien konträre Politik zu legitimieren. Geißler: „Was will man denn auch an der Politik von Angela Merkel kritisieren?“ Seine Kritik an den nationalkonservativen Jungunionisten ist richtig, aber führt diese Kritik zu einer Rechtfertigung der Politik der Kanzlerin? Das ist genauso relativistisch wie er die Ziele von Attac auf einen Nenner mit der tatsächlichen Politik der CDU-Vorsitzenden zu bringen vermag. Mit dieser Art von Sophistik hat es Geißler schon immer geschafft die tatsächliche Politik auf den Kopf zu stellen und zu legitimieren, wie mit seiner Behauptung in den achtziger Jahren, wonach der Pazifismus der 30er Jahre Auschwitz erst möglich gemacht habe, die Politik der atomaren Abschreckung legitimiert hat.

  10. Afghanistan ist das Absurdistan der deutschen Politik
    Sechs Jahre währt der Einsatz dort mittlerweile. Sechs Jahre lang lassen sich deutsche Abgeordnete ins Krisengebiet fliegen und zeigen dort sorgenvolle Gesichter. Dass jedoch weder die UN-gestützte entwicklungspolitische Isaf-Mission, noch die Operation Enduring Freedom (OEF), noch der Einsatz deutscher Tornados oder die Ausbildung der afghanischen Polizei das Land näher an Demokratie und Frieden herangeführt haben, das sprechen die Afghanistan-Touristen allenfalls leise aus. Dabei ist schlichte Wahrheit: Alles ist viel, viel schlimmer geworden. Dieses Land befindet sich in einem Krieg. Die Polizei ist unverändert unfähig und vielfach korrupt. Es gibt für die Zivilbevölkerung keine Sicherheit. Die Bundesregierung klammert sich augenzwinkernd an die Illusion, ihr beschränkter militärischer Einsatz auf den relativ ruhigen Norden sei eine kluge Strategie – mögen sich doch die Verbündeten anderswo blutige Köpfe holen. Vollends absurd wird es, wenn erklärt wird, der Tornado-Einsatz zur Luftaufklärung bedeute keineswegs Teilnahme am Kampf der Amerikaner gegen die Taliban, sondern diene der Entwicklung des Landes. Gewinner sind allein die Heroin-Fürsten, deren Drogenanbau ungestört bleibt und, unterstützt von lokalen War-Lords, die Welt mit Rauschgift überschwemmen dürfen. Und ganz en passant ist eine offenbar blühende Entführungsindustrie entstanden, die sich fortwährend mit Lösegeldern auch aus der Bundesrepublik füttern lässt.
    Quelle: stern
  11. Grundschulverband gegen „Testeritis“
    Grundschulverband warnt: Vergleichsarbeiten beschädigen Unterrichtskultur. An deutschen Schulen wird so viel getestet, verglichen und evaluiert wie nie zuvor. In sieben Ländern – ab 2008 dann in allen 16 Bundesländern – schwitzen die Drittklässler über VERA-Tests. “Das ständige Messen, Managen und Zollstock ansetzen”, so HORST BARTNITZKY, Vorsitzender des Grundschulverbandes, “läuft den Zielvorstellungen einer ‘guten Schule’ diametral entgegen.
    Allein in Nordrhein-Westfalen füllten rund 180.000 Kinder die Prüfungshefte eines Forscherteams der Universität Landau aus. Die Lehrerkräfte mussten die Deutsch- und Mathetests selbst bewerten und die Ergebnisse per Internet an eine zentrale Datensammelstelle senden. In den letzten Tagen haben sie erfahren, wo ihre Klasse „im Landesschnitt“ steht, sonst passierte nicht viel.
    Quelle: Grundschulverband

    Anmerkung: Statt „No child will be left behind“ müsste man von „No child will be untested“ sprechen. Es ist immer die schlichteste und kostengünstigste Politik einer Qualitätsverbesserung: Man führt von oben Standards ein und man prüft ab.
    Das ist Schulreform auf dem Rücken von Schülern und Lehrern, ohne dass man das Geringste ändern oder investieren muss. Aber wie heißt es doch täglich so schön: Der „vorsorgende Sozialstaat“ investiert präventiv in Bildung. Derzeit investiert er in Tests, und wer die nicht besteht, ist selber schuld. Zum Beleg für die „Testeritis“ eine Literaturliste der Uni Konstanz.

  12. Klimaskeptiker antworten auf den Klimaforscher Rahmstorf
    Der Potsdamer Klimaforscher Stefan Rahmstorf hat in einem Beitrag für die Frankfurter Allgemeine Zeitung (siehe Hinweise Ziff. 5 vom 3.9.07) das Vorgehen und die Motive der sogenannten Klimaskeptiker scharf attackiert und als unmoralisch bezeichnet. Nun antworten ihm die Angegriffenen.
    Quelle: FAZ

    Anmerkung: Einige Unterzeichner der Replik gehören allerdings nicht zu sehr glaubwürdigen Autoritäten in der Klimadiskussion. Wenngleich einige ihrer Fragen durchaus ihre Berechtigung haben.