Hinweise des Tages

Ein Artikel von:

(KR/WL)

Heute unter anderem zu folgenden Themen:

  • Lufthansa-Streik
  • Clements Rauswurf
  • Schädliche Renditeerwartungen
  • Einfuhrzölle von Entwicklungsländern
  • IKB – Deutsche Ignoranzbank
  • Hartz IV für jeden elften

Vorbemerkung: Dieser Service der NachDenkSeiten soll Ihnen einen schnellen Überblick über interessante Artikel und Sendungen verschiedener Medien verschaffen.

Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Solidarität macht mächtig
    Um einen Streik darzustellen, braucht das Fernsehen Bilder von genervten Passagieren, die auf Bänken in Flughäfen übernachten. Diese Bilder gab es am ersten Streiktag nicht, weil die Lufthansa alles daransetzte, um den Schein der Normalität aufrechtzuerhalten. Mit dieser gigantischen PR-Aktion wollte der Vorstand die Streikenden offenbar demoralisieren und so zur Aufgabe bewegen. Es ist gut, dass diese Strategie nicht funktioniert hat. Denn sonst wäre die Durchsetzungskraft nicht nur der Beschäftigten von Lufthansa, sondern der Arbeitnehmer allgemein geschwächt worden.

    So aber könnte der Streik eine Demonstration dafür werden, dass Solidarität auch heute noch funktioniert. Wenn die für die Wartung zuständigen Techniker zusammen mit leicht zu ersetzenden Servicekräften streiken, können auch Letztere von höheren Lohnabschlüssen profitieren. Der Lufthansa-Streik könnte so zum Gegenmodell zu den Streiks der Lokführer, Piloten oder Ärzte werden, die sich Privilegien nur für sich erstritten. Ver.di hat jetzt die Chance, an Legitimität und damit an Schlagkraft zurückgewinnen.
    Quelle: taz

  2. Der Rauswurf macht uns nicht glücklich
    Wolfgang Clements Ausschluss aus der SPD sorgt bei Initiatoren nicht für Genugtuung. Ein Gespräch mit Klaus Amoneit, stellvertretender Vorsitzender des SPD-Ortsvereins Bochum-Hamme, der im Verbund mit 13 anderen Unterbezirken und Ortsvereinen aus Berlin, Hessen, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen das erfolgreiche Parteiausschlußverfahren gegen Wolfgang Clement initiiert hat.
    Quelle: Junge Welt

    Anmerkung Orlando Pascheit: Wie abgewogen und nüchtern wirken die Antworten von Klaus Amoneit gegenüber dem Schwadronieren alter Weggefährten Clements und dem unsicheren Taktieren der Funktionselite der Partei, die es immer noch nicht wagt, sich vom Schröderklüngel loszusagen.

  3. Kreditwirtschaft: Graf Krockow packt aus
    Matthias Graf von Krockow, Sprecher der persönlich haftenden Gesellschafter von Sal. Oppenheim, über unrealistische Renditeforderungen:

    …wenn die Manager weiter an 15 Prozent plus für das Eigenkapital festhalten, werden ganz viele Fabriken erst gar nicht gebaut, ganz viele Menschen erst gar nicht eingestellt. Und das, obwohl die Investitionen Werte schaffen würden, rechneten die Finanzchefs mit realistischen Renditen von acht Prozent. Dieselbe Logik ist es auch, die Wettbewerb verhindert. Wenn alle Firmen gierig sind, bringt es nichts in Märkte einzudringen, in denen sich gerade drei globale Firmen den Markt teilen und 15 Prozent erwirtschaften. So führt die falsche Rendite-Anforderung dazu, dass die Preise zu hoch sind.

    Quelle: FR

  4. Hundert Prozent Einfuhrzoll auf Luxusautos
    Das Bild eines übermächtigen Westens, der seine Pfründen sichert und versucht, die wirtschaftlichen Ambitionen der aufstrebenden Länder gering zu halten, ist nur ein Teil der Wahrheit. Denn sowohl Indien als auch China sperrten sich vehement dagegen, ihre Märkte etwa für Automobilimporte aus den Industrienationen weiter zu öffnen. Beide Länder bauen gerade ihren Automobilsektor massiv aus – und möchten dabei die etablierte Konkurrenz aus dem Westen möglichst lange auf Abstand halten. So verlangt Indien für den Import von Luxusautos weiterhin einen Einfuhrzoll in Höhe von 100 Prozent.
    Quelle: taz

    Kommentar Orlando Pascheit: Für jeden, der sich jenseits der Mainstreamökonomie mit Entwicklungstheorie beschäftigt, ist das Verhalten der aufstrebenden Schwellenländer nichts Neues. Kennzeichen aller Aufholprozesse weniger entwickelter Volkswirtschaften gegenüber fortgeschritteneren Ländern ist die Nichtbeachtung der Regeln des Freihandels. Sowohl der Aufholprozess Kontinentaleuropas und der USA gegenüber England als auch Japans und. Südkoreas sowie in jüngster Zeit Chinas und Indiens gründet auf derselben Strategie: Selektive Protektion und Förderung des einheimischen Produktionspotentials in Verbindung mit Exportoffensiven. Von Alexander Hamilton (1757-1804) und Friedrich List (1789-1846) bis zur Analyse des „East Asian Miracle“ durch die Weltbank in den frühen 90ern lautet die Rezeptur erfolgreicher Aufstiegsökonomien, dass nur eine sorgfältig abgestimmte Abfolge interventionistischer Politiken bis hin zu verschiedenen Liberalisierungsschritten einen erfolgreichen Entwicklungsprozess garantieren kann. Die Schwellenländer betreiben keineswegs einen simplen Protektionismus, sondern handeln durchaus rational. Offensichtlich kann das reine Freihandelsregime der WTO den unterschiedlichen Interessen seiner Mitglieder nicht mehr gerecht werden.

  5. Parteien im Umbruch: »Nächster Halt Linkspartei«
    In Saarbrücken treten drei Viertel aller Busfahrer in die Linkspartei ein, weil sie Angst vor Privatisierungen haben. In der Lafontaine-Hochburg hat die SPD ihre frühere Stammwählerschaft längst verloren.
    Quelle: FTD
  6. Hanseatisches Oberlandesgericht gibt Gysi Recht
    Das Hanseatische Oberlandesgericht hat durch Beschluss vom 31. 7. 2008 den Beschluss des Landgerichts Hamburg vom 30. 6. 2008 aufgehoben und verboten, die Äußerung von Frau Birthler “in diesem Fall ist willentlich und wissentlich an die Stasi berichtet worden, und zwar von Gregor Gysi über Robert Havemann” zu verbreiten oder verbreiten zu lassen. Die Entscheidung erging gegen das ZDF. Damit hat sich bestätigt, was Gregor Gysi von Anfang an erklärte, dass die Behauptung von Frau Birthler falsch und eine üble Nachrede ist. Interessant wird nun sein, ob die Medien über den Beschluss des Hanseatischen Oberlandesgerichts ebenso ausführlich berichten wie über den aufgehobenen Beschluss des Landgerichts Hamburg.
    Quelle: Linkspartei
  7. Wolfgang Münchau: Goodbye, Wall Street
    Der moderne Finanzkapitalismus angelsächsischer Prägung gehört der Vergangenheit an. Nach der Krise steht den Finanzmärkten eine lange Phase äußerst harter Regulierung bevor.
    Quelle: FTD

    Anmerkung Orlando Pascheit: Das ist nicht mehr der Wolfgang Münchau, der in seinem Buch, “Das Ende der Sozialen Marktwirtschaft”, mit dem “Rheinischen Kapitalismus” abrechnet und sich für Deutschland das angelsächsische Modell herbeiwünscht. Zumindest, aber immerhin, in Teilbereichen musste Münchau umdenken:”

    Ich stelle mir schon lange die Frage, ob die modernen angelsächsischen Finanzmärkte die Blasen vielleicht sogar benötigen, um überhaupt am Leben zu bleiben. In Zeiten der Blasenbildung wird viel Geld verdient. In den zwischenzeitlichen Korrekturphasen kommt großzügige Hilfe vom Staat wie auch jetzt wieder in den USA. … Ich kann mir nicht vorstellen, dass die USA und andere angelsächsische Gesellschaften eine solche Entwicklung auf ewig tolerieren. Meine Erwartung ist deshalb, dass wir nach der aktuellen Finanzkrise eine lange Periode äußerst restriktiver Regulierung vor uns haben. …Der moderne Finanzkapitalismus angelsächsischer Prägung hingegen gehört der Vergangenheit an.” Also mehr Staat und weniger Markt. Das ist bitter für jemanden, der vor zwei Jahren noch schrieb: “Deutsche und französische Intellektuelle … haben den Markt, seine wesentlichen Komponenten wie die Finanzmärkte und seine Institutionen wie die Börse nie richtig begriffen. Vor allem aber haben sie sie unterschätzt. Sie haben insbesondere unterschätzt, dass diese Marktwirtschaft sich auch in Europa durchsetzen wird.

  8. IKB – Deutsche Ignoranzbank
    Was wäre gewesen, wenn? Vermutlich hätte die Düsseldorfer IKB-Bank dann keine Unsummen am amerikanischen Hypothekenmarkt verzockt. Der Staat und die deutsche Kreditwirtschaft hätten keine milliardenschweren Rettungspakete zu schnüren brauchen. “The clock is ticking”, die Uhr läuft, ist die Subprime-Analyse überschrieben, die die IKB-Research-Abteilung im Oktober 2005 vorlegte – mehr als 20 Monate bevor die Bank ihr Debakel am US-Hypothekenmarkt im Sommer 2007 eingestand. Auf fast 50 Seiten analysiert der IKB-Experte die Lage – und kommt zu dem Schluss: “Eine Korrektur am Hausmarkt ist unvermeidlich, und ihre Folgen werden wahrscheinlich Schockwellen durch die Wirtschaft rollen lassen.” Dabei war “The clock is ticking” nicht einmal die erste interne Untersuchung, die ein vorsichtigeres Investment nahelegte: Schon im Juni 2005 schrieb ein IKB-Analyst, es sei unwahrscheinlich, dass die Preise für Eigenheime in den USA weiter stiegen.
    Quelle: FTD

    Anmerkung Orlando Pascheit: Die eigentlich interessante Frage lautet, warum niemand in den Führungsetagen die Analyse gelesen hat oder warum man sie bewusst ignoriert hat. Letzteres läuft auf eine Betrugsklage hinaus. Im Falle der UBS hat vor einer Woche der Generalstaatsanwalt des Staates New York eine weitere Betrugsklage erhoben. Ihr wird vorgeworfen, Papiere (sogenannte Auction-Rate Securities) noch als sicher angepriesen zu haben, als man intern die durch die Finanzkrise ausgelösten Risiken bereits erkannt hatte.

  9. Hartz IV für jeden elften
    Von »Entspannung am Arbeitsmarkt« ist die Rede, von »Wirtschaftsaufschwung« oder »guter Konjunktur« – Arbeitslose und Hartz-IV-Empfänger haben aber so gut wie nichts davon. Seit Ende 2005 seien durchgehend mehr als sieben Millionen Menschen von staatlichen Hilfen abhängig, warnte der Deutsche Landkreistag am Donnerstag in Berlin. Das seien neun Prozent der Bevölkerung oder jeder elfte in Deutschland.
    Quelle: Junge Welt

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