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Heute unter anderem zu folgenden Themen: Krugman Kritik an Bundesbankchef Weber; Deutschland lebt seit Jahren unter seinen Verhältnissen; Spar-Pandemie; was uns wirklich krank macht; die Toscanella ist keine normale Tomate; Steuervermeidung weltweit; Merz geht auf Hartz-IV-Empfänger los; Gerecht geht anders; Beschäftigungsdatenschutz; Flüchtlingsschutz Europas ist beschämend; Westerwelle; Gauck wird grundsätzlich; Ohnmacht der Politik; China wertet auf; Genozid in Zentralasien; Buchempfehlungen; zu guter Letzt: Sparanstrengungen gehen weiter. (JK/WL)

  1. Krugman Kritik an Bundesbankchef Weber
  2. Heiner Flassbeck: „Deutschland lebt seit Jahren unter seinen Verhältnissen“
  3. Spar-Pandemie
  4. Die Toscanella ist keine normale Tomate
  5. Steuervermeidung weltweit
  6. Merz geht auf Hartz-IV-Empfänger los
  7. Gerecht geht anders. ver.di mobilisiert Beschäftigte und Bevölkerung
  8. Beschäftigungsdatenschutz
  9. Der Flüchtlingsschutz Europas ist beschämend
  10. Guido Westerwelle: Schleppende Existenz in langen Hosen
  11. Gauck wird grundsätzlich
  12. Ohnmacht
  13. China wertet auf
  14. Genozid in Zentralasien
  15. Buchempfehlungen
  16. Zu guter Letzt: Sparanstrengungen gehen weiter

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Krugman Kritik an Bundesbankchef Weber
    Der Wirtschaftsnobelpreisträger Paul Krugman hat mit seiner harschen Kritik an Bundesbankchef Weber in Deutschland eine Debatte über den richtigen geldpolitischen Kurs ausgelöst. Geht es nach Krugman, darf Weber als Befürworter einer strikten Sparpolitik niemals Nachfolger von EZB-Präsident Trichet werden. Doch das sehen Vertreter aus Politik und Wissenschaft anders.
    Die harsche Kritik von Wirtschaftsnobelpreisträger Paul Krugman an Bundesbank-Präsident Axel Weber haben Vertreter aus Politik und Wissenschaft scharf zurückgewiesen. „Axel Weber hat sich dem Irrsinn der Monetarisierung von Staatschulden durch die EZB immer widersetzt“, sagte der FDP-Finanzexperte Frank Schäffler am Montag Handelsblatt Online. „Er könnte der EZB das Vertrauen an den Märkten zurückgeben, das EZB-Präsident Trichet so unendlich zerstört hat.“ Im Übrigen könne eine Krise, die eine Verschuldungskrise ist, nicht mit immer neuen Schulden bekämpft werden. „Eine Stabilitätskultur ist die Voraussetzung für die Gesundung.“

    Führende Ökonomen in Deutschland haben den Sparkurs der Bundesregierung und die europäische Stabilitätskultur gegen Kritik, die vornehmlich aus den USA kommt, vehement verteidigt. Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Klaus Zimmermann, drehte gar den Spieß um und warnte davor, der Schuldenpolitik der USA auch nur ansatzweise zu folgen. Frankreich und Deutschland seien die Ankervolkswirtschaften des Euros. „Schwächeln sie durch Überschuldung, dann ist der Euro erst recht in Gefahr – Griechenland lässt grüßen“, sagte Zimmermann Handelsblatt Online. „Dagegen bewegen sich die USA in ihrem Ausgabenverhalten auf griechische Verhältnisse zu, das ist kein gutes Referenzmodell.“
    Quelle: Handelsblatt

    Anmerkung J. K.: Offenbar hat Krugmann ins Schwarze getroffen. Weitere, geradezu wunderbare Bestätigungen der völligen Borniertheit der deutschen Ökonomenzunft und der deutschen Politik. Gerade die Aussagen des finanzpolitische Sprecher der Unions-Fraktion im Bundestag, Leo Dautzenberg, sind in ihrer Ignoranz kaum mehr zu übertreffen. Ebenso absurd, das für FDP-Finanzexperte Frank Schäffler die (Finanz)Märkte immer noch oberste Orientierungslinie der europäischen Finanzpolitik sind.

  2. Heiner Flassbeck: „Deutschland lebt seit Jahren unter seinen Verhältnissen“
    Das G20-Treffen in Toronto steht bevor. Dort werden auch mögliche Konsequenzen aus der Finanzkrise für die jeweiligen Staaten diskutiert. Heiner Flassbeck, Chefvolkswirt bei der UNCTAD, der UNO-Organisation für Welthandel und Entwicklung, sagt, Deutschland lebe wirtschaftlich unter seinen Verhältnissen und dürfe deshalb den Gürtel nicht noch enger schnallen.
    Quelle 1: Deutschlandradio (Text)
    Quelle 2: Deutschlandradio (Audio-Podcast)
  3. Spar-Pandemie
    1. Britisches Sparprogramm – Mit der Kettensäge
      Die neue britische Regierung will mit drastischen Einsparungen und Steuererhöhungen das gigantische Haushaltsloch stopfen. Finanzminister George Osborne kündigte am Dienstag in dem mit Spannung erwarteten Nothaushalt unter anderem eine Erhöhung der Mehrwertsteuer, Kürzungen im Sozialbereich sowie eine Bankenabgabe an.
      Die Reduzierung des britischen Rekorddefizits von zuletzt rund elf Prozent der Wirtschaftsleistung – fast so hoch wie in Griechenland – ist eine erste große Bewährungsprobe für die Koalitionsregierung aus Konservativen und
      Auf die Briten kommen damit die härtesten Einschnitte seit Jahrzehnten zu. “Der Finanzminister geht nicht mit der Axt an die Sozialleistungen, sondern mit der Kettensäge”, kommentierte Chefvolkswirt Philip Shaw von Investec. Die staatlichen Ausgaben sollen innerhalb von vier Jahren um rund 25 Prozent sinken. Rating-Agenturen hatten gewarnt, die britische Bestnote für die Bonität könne in Gefahr geraten, falls die Regierung das riesige Etatloch nicht in den Griff bekommt. Viele Volkswirte sowie die USA fürchten jedoch, ein harter Sparkurs könne Großbritannien zurück in die Rezession stürzen.
      Quelle: FR

      Anmerkung WL: Die Griechen sparen, die Spanier sparen, die Franzosen sparen, die Briten sparen, die Deutschen sparen. Der Sparwahn wird zur Pandemie. Wir sparen uns kollektiv in die Deflation.

    2. Trichet will EU-Staaten an die kurze Leine nehmen
      Angesichts der Schuldenkrise in Europa tritt der EZB-Chef für eine massive Verschärfung des Stabilitätspakts ein. Er unterstützt damit den Kurs von Kanzlerin Angela Merkel. Dennoch sieht er auch in Deutschland einen Schuldigen.
      Der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Jean-Claude Trichet, sprach sich am Montag in Brüssel vor Europaparlamentariern für ein breiteres Spektrum von Strafen für Defizitsünder aus.
      “Nach der Erfahrung der schwersten Krise seit dem Zweiten Weltkrieg müssen wir deutlich über den bisherigen Stabilitäts- und Wachstumspakt hinausgehen”, sagte Trichet vor dem Wirtschafts- und Währungsausschuss. Überwachung und Bestrafung von Defizitsündern müssten “direkter und effektiver” werden, Sanktionen automatischer und schneller greifen.
      Währungsstabilität Gewinner und Verlierer der Euro-Krise
      Später Triumph der Sparer Schöne Bescherung für EADS Inflation rauf, Glaubwürdigkeit runter US-Urlaub teurer Dämpfer für die FDP
      “Wir sprechen von einem Quantensprung”, rief Trichet und erhielt dafür viel Beifall von den Abgeordneten. Dazu gehöre der vorübergehende Entzug von Stimmrechten der Mitgliedstaaten als letzte Konsequenz. “Wäre der Stabilitätspakt rigoros in Geist und Buchstaben angewandt worden, wären wir sicher in einer besseren Situation.”
      Die Marke von drei Prozent Defizit sei dabei nicht der einzige Indikator. Im Zuge eines Umbaus der europäischen Währungsunion sollte eine unabhängige Agentur bei der EU-Kommission zur Budgetaufsicht eingerichtet werden.
      Trichet schloss Änderungen des EU-Vertrags nicht aus – und folgte damit ebenfalls dem Kurs der deutschen Kanzlerin. Zunächst müssten aber alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, die EU-Regeln zu ändern, um die die Budgetaufsicht zu verbessern.
      Quelle: FTD
    3. Disziplin für Europa: Westerwelle fordert EU-Schuldenbremse
      Die Schuldenbremse, die in Deutschland allen Regierungen den Abbau des Etatdefizits vorschreibt, habe eine “wohltuend disziplinierende Wirkung”. “So etwas ist auch auf europäischer Ebene notwendig”, betonte der FDP-Chef in einer Rede vor dem Netzwerk Europäische Bewegung Deutschland. Er freue sich darüber, dass mittlerweile einige EU-Regierungen darüber nachdächten. Zugleich will Westerwelle Euro-Ländern, die dauerhaft gegen die Auflagen des EU-Stabilitätspaktes verstoßen, Zuschüsse aus den EU-Kohäsions- und Strukturfonds sperren. Das bisherige Strafverfahren sei zu langsam. “Es wäre viel wirkungsvoller, wenn ein Land … in einem Automatismus damit rechnen muss, dass europäischen Mittel gesperrt werden”.
      Quelle: FR

      Anmerkung Orlando Pascheit: Es ist schon erstaunlich, wie bereitwillig angeblich machtbewußte Politiker politische Gestaltungsmöglichkeiten aus der Hand geben und auf Regeln und Mechanismen setzen, mit denen dann Technokraten in Brüssel wichtig tun. Vielleicht kann man von einem Außenminister nicht erwarten, dass er sieht, wie schädlich die Schuldenbremse in der lange noch nicht ausgestandenen Krise wirkt. Vielleicht können wir von unseren schwäbischen Hausfrauen nicht erwarten, dass sie Volkswirtschaften regieren, aber zumindest sollte unser Chefdiplomat aufhören, der EU unverhohlen zu verkünden, am deutschen Wesen könne sie genesen.
      Was sollen diese Sanktionen? Die Streichung von Fördergeldern ist für in Not geratene Volkswirtschaften genauso kontraproduktiv wie Bußgelder. Vielmehr hätten die EU, die Mitgliedsländer z.B. in der Vergangenheit wie auch heute viel mehr darauf achten müssen, dass die Gelder aus den Strukturfonds nachhaltig investiert würden. So hat Griechenland seit seiner Mitgliedschaft in der EWG 1981 immer Strukturfondsgelder erhalten – in der laufenden Förderperiode ca. 20 Mrd. Euro -, aber im Aufholprozeß zum EU- Kern hat sich kaum etwas getan. Absurder noch der Fall Irland. Hier wurden die Mittel aus den Strukturfonds, also unsere Steuergelder, dazu verwendet eine Steueroase aufzumachen, die natürlich auch unsere Unternehmen nutzten.

  4. Was uns wirklich krank macht
    Der permanente Aufmerksamkeitsdruck verändert die Psyche des Menschen. Doch nicht die Technologie ist das Problem, sondern die Kombination von Informations- und Konkurrenzdruck. Wir müssen wieder Herren unserer Zeit werden.

    Wer überleben will, muss konkurrenzfähig sein, und wer konkurrenzfähig sein will, muss vernetzt sein, eine riesige und ständig wachsende Datenflut aufnehmen und verarbeiten. Das führt zu permanentem Aufmerksamkeitsstress, für Affektivität bleibt immer weniger Zeit.“ Um fit zu bleiben, greifen die Leute zu Prozac, Viagra, Kokain, Ritalin und anderen Drogen. Wenn wir diese Analyse auf das Internet übertragen, sehen wir die beiden Bewegungen – die Erweiterung der Speicherkapazität und die Verdichtung von Zeit –, die Computerarbeit so stressig machen. Daraus resultiert das Chaos unserer Zeit. Chaos ist, wenn sich die Welt so schnell dreht, dass wir nicht mehr hinterherkommen.
    Quelle: FAZ

    Anmerkung J.K.: Lesenswerter Artikel, der vielleicht eine Erklärung dafür liefert weshalb sich kritisches Reflexionsvermögen angesichts der Informationsflut immer mehr verflüchtigt bzw. ein mehr an verfügbarer Information nicht unbedingt zu mehr Erkenntnis führt.

  5. Die Toscanella ist keine normale Tomate
    Bei der Toscanella handelt es sich nicht um eine Sortenbezeichnung (wie z.B. Golden Delicious), sondern um eine Marke im Besitz von Syngenta, dem größten Pestizidhersteller weltweit. Auf den Packungen sucht man den Namen Syngenta jedoch vergeblich. Der Konzern versucht mit dieser Markenstrategie den gesamten Lebenszyklus von der Saatgutproduktion bis zum Verkaufsregal zu kontrollieren. Syngenta ist eine treibende Kraft hinter der unheimlichen Marktkonzentration auf dem Saatgutmarkt. Drei Konzerne – Syngenta, Monsanto und DuPont – kontrollieren mittlerweile 40 bis 50 % des weltweiten Saatgutmarktes. Jede siebte Tomate weltweit stammt von Syngenta. So sind wir je länger, je mehr von wenigen Konzernen abhängig.
    Syngenta verkauft aber nicht nur Saatgut sondern vor allem auch Pestizide. Eines der wichtigsten Produkte des Schweizer Agrokonzerns ist das Unkrautvertilgungsmittel Paraquat. Das Herbizid – in der Schweiz seit über 20 Jahren verboten – führt in Schwellen- und Entwicklungsländern jährlich zu Zehntausenden von Vergiftungsfällen und Tausenden von Todesfällen. Vergiftungssymptome sind Kopfschmerzen, Nasenbluten, Atemprobleme, Lungenschäden, Verletzungen der Haut und der Augen. Zudem mehren sich die Hinweise auf eine Verbindung zwischen Paraquat und der parkinsonschen Krankheit.
    Quelle: Erklärung von Bern
  6. Steuervermeidung weltweit
    Wirtschaftskreise werden nicht müde zu betonen, welchen Beitrag die Unternehmen mit Ihren Steuerzahlungen an die Gemeinschaft leisten.
    Theoretisch ist das so, praktisch jedoch können transnationale Unternehmen die intern verrechneten Preise so manipulieren, dass die Gewinne dort anfallen, wo die Steuern am niedrigsten sind. Durch Scheingeschäfte mit Tochtergesellschaften in Steueroasen, beispielsweise für Versicherungs- oder Beratungsleistungen, werden die bilanzierten Gewinne verkleinert. Steuervermeidung ist heute ein eigenes lukratives Geschäftsfeld, von denen ganze Branchen gut leben.
    Den armen Ländern des Südens werden durch Steuerflucht und -optimierung mehr Gelder entzogen, als ihnen durch Entwicklungshilfe zufließen.
    Buchprüfungsfirmen, die gleichzeitig Steuerberatungsdienste anbieten, sind maßgeblich dafür verantwortlich, dass sich reiche Einzelpersonen und international tätige Unternehmen der Besteuerung entziehen können.
    Heute sprechen alle von Unternehmensverantwortung oder «Corporate Social Responsibility».
    Die Verantwortung der Unternehmen liegt jedoch primär darin, ihre Steuern korrekt und vollständig zu bezahlen – immerhin profitieren sie ja auch von jener nationalen Infrastruktur, die durch Steuergelder finanziert wird. Mit einer Vielzahl von Tricks und Kniffen, unterstützt durch die florierende Branche der oben erwähnten Beratungsfirmen, gelingt es global tätigen Unternehmen, ihre Steuerzahlungen immer weiter zu reduzieren.
    Quelle: Erklärung von Bern
  7. Merz geht auf Hartz-IV-Empfänger los
    Über „Wetterleuchten am deutschen Horizont“ wollte er sprechen – aber dann entfachte Friedrich Merz (54, CDU) ein Donnerwetter der besonderen Art. „Wir sind nicht im Jahr 1 nach der Krise, sondern im zweiten Jahr der schweren Wirtschaftskrise“, sagte der ehemalige CDU-Fraktions-Chef auf dem Wirtschaftsforum Nordrhein-Westfalen.
    Seine Zukunftsvision: Der Sozialstaat ist am Ende, wenn’s in der Politik nicht endlich richtig kracht!

    • Erster Donnerschlag: Arbeitsdienst für Hartz-IV-Empfänger!
      Merz: „Wenn sich jemand in New York arbeitslos meldet, wird er sofort ärztlich untersucht. Wer nicht krank ist, wird gleich in den Einsatz geschickt. Jedes Graffiti, das bis mittags gemeldet wird, soll am Abend entfernt sein. Und wie verkommen sehen unsere Städte aus? Da gibt es ein großes Einsatzfeld.“
    • Zweiter Donnerschlag: Schluss mit der „Vermehrungsprämie“!
      Merz: „Von den ersten 200 000 Anträgen auf Elterngeld kamen 9 Prozent von berufstätigen Frauen, 54 Prozent von Hartz-IV-Empfängern. Die haben damit Einkünfte über denen arbeitender Geringverdiener.“ Folge: „Der Arbeitsmarkt für Minderqualifizierte ist bei uns zusammengebrochen.“
    • Dritter Donnerschlag: Staatliche Hilfe nur auf Zeit!
      Merz: „160 Länder weltweit dürfen sich Sozialstaaten nennen, wir gehören zu den vieren, die lebenslänglich für Arbeitslosigkeit zahlen.“ Hartz IV treibe die Menschen in eine „Abwärtsspirale, bis sie schließlich ganz raus sind“. In Deutschland lebten inzwischen immer mehr Familien schon in der zweiten oder dritten Generation von Transferleistungen. Merz: „Wenn der Bundeshaushalt nicht mehr ausreicht, um Transferleistungen und Kreditzinsen zu zahlen, muss eine grundsätzliche Debatte angestoßen werden.“
    • Vierter Donnerschlag: Kranken- und Pflegeversicherung sind wegen der immer älter werdenden Gesellschaft nicht mehr finanzierbar!
      Merz: „Die Beiträge müssen vom Beschäftigungsverhältnis gelöst werden.“ Sie seien auch ungerecht. „Warum muss ein Besserverdienender nur bis zu einer Beitragshöchstgrenze zahlen?“
    • Fünfter Donnerschlag: Bürger sollen Bildung selber zahlen!
      Das beginne schon in der Kita. Merz: „Kindergärten brauchen wie Schulen und Unis eine eigene Kapitalbasis. Da müssen Eltern und Ehemalige eben entsprechend einzahlen, wenn sie die Qualität sichern und erhalten wollen.“
      „Die Krise“, so das Schlusswort von Merz, „lehrt uns hoffentlich eines: Wir müssen aufhören, den Wohlstand von heute mit dem Geld von morgen zu bezahlen!“

    Bemerkung zur Quelle: Ursprünglich wurde dies hier als Link angegeben. Dieser Link führt jedoch jetzt ins Leere.
    Unter Google-Suche gibt es jedoch zahlreiche Einträge, die auf diesen Vortrag verweisen oder darauf Bezug nehmen

  8. Gerecht geht anders. ver.di mobilisiert Beschäftigte und Bevölkerung
    „Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) wird mit einer umfangreichen und dauerhaft angelegten Aktionsplattform Druck gegen die „Politik der sozialen Schieflage“ aufbauen. „Schwarz-Gelb hat längst damit begonnen, die Ankündigungen aus dem Koalitionsvertrag umzusetzen“, erklärte der ver.di-Vorsitzende Frank Bsirske am Mittwoch in Frankfurt am Main. „Viele Menschen erleben die unsoziale und konjunkturschädliche Rotstiftpolitik, die Entsolidarisierung der Sozialsysteme und die einseitige Lobbypolitik als Bedrohung. Und wir sind überzeugt: Gerecht geht anders!“…“
    Quelle 1: Pressemitteilung ver.di
    Quelle 2: Aktions-Website
  9. Beschäftigungsdatenschutz
    1. Michael Sommer: Deutliche Kritik am Gesetzentwurf zum Beschäftigtendatenschutz
      Vor der morgigen Anhörung im Bundesinnenministerium zum Beschäftigtendatenschutzgesetz hat der DGB-Vorsitzende Michael Sommer Kritik am Entwurf geäußert: „Wir fordern eine deutliche Korrektur des Entwurfs. Anstatt ein Beschäftigtendatenschutzgesetz vorzulegen, das den Namen verdient, hat der Bundesinnenminister ein Gesetz vorgelegt, das die Arbeitgeber klar bevorteilt und dem Missbrauch von Beschäftigtendaten Tür und Tor öffnet.“
      Hauptkritikpunkt der Gewerkschaften ist, dass von dem ursprünglichen Ansatz, den Schutz von Beschäftigten vor Bespitzelung und Überwachung zu verbessern, nichts mehr erkennbar ist. „Wir verstehen die Vorschläge vielmehr so, dass mit den Neuregelungen dem Arbeitgeber ein Instrumentarium an die Hand gegeben werden soll, mit dem er Bespitzelungen und Überwachungen rechtfertigen kann. Wir halten dies für falsch.“, betonte Michael Sommer.
      Quelle: DGB
    2. Beschäftigtendatenschutz: Vorliegender Gesetzentwurf ist untauglich
      Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) hält die geplante Neuregelung des Beschäftigtendatenschutzes für vollkommen untauglich. „Ein Gesetz, das nicht mehr Schutz für die Beschäftigten bietet und sogar noch hinter die geltende Recht-sprechung zurückfällt, wird von den Gewerkschaften abgelehnt“, sagte ver.di-Bundesvorstandsmitglied Gerd Herzberg am Mittwoch. Damit erhielten Arbeitgeber einen Freibrief zur Nutzung der Arbeitnehmerdaten.
      Quelle: ver.di
  10. Der Flüchtlingsschutz Europas ist beschämend!
    „Politik der Angst vor drohenden Flüchtlingsströmen: Auch Deutschland blockiert wichtige Vorhaben und trägt zur zunehmenden Abschottung Europas bei. Immer mehr der über 40 Millionen Flüchtlinge und Vertriebenen auf der Welt verlieren die Perspektive in naher Zukunft in ihre Heimatländer zurückkehren zu können und brauchen neben humanitärer Hilfe immer häufiger auch eine neue Heimat. Die Situation von Flüchtlingen in europäischen Außenstaaten wie Griechenland oder Malta ist katastrophal. Deutschland wird dabei seiner Verantwortung nicht gerecht und verweigert sich einem verbindlichen Lastenausgleich im europäischen Flüchtlingsschutz.
    Stattdessen beharrt die Bundesregierung auf der Idee freiwilliger und sporadischer Unterstützung. Damit blockiert sie alle Chancen für einen verantwortungsvollen und menschlichen Flüchtlingsschutz in Europa…“
    Quelle: Telepolis
  11. Guido Westerwelle: Schleppende Existenz in langen Hosen
    Kaum jemals hat man in der jüngeren Vergangenheit die so erfolgreiche Selbstdemontage eines Spitzenpolitikers erlebt wie im Fall von Außenminister Westerwelle. Der FDP-Chef hat sich ein Amt zu viel zugemutet.
    Für den miserablen Zustand, in dem sich die Bundesregierung befindet, gibt es mehrere Ursachen. Das Grundübel allerdings ist eindeutig: FDP und CSU benehmen sich oft nicht wie Partner, sondern wie politische Gegner.
    Angela Merkels genuine Stärke ist nicht das souveräne Führen, sondern das rationale Moderieren. Dies gelingt ihr immer weniger, weil die innerkoalitionäre Vernunft in der Konstellation Schwarz-Gelb deutlich geringer ausgeprägt ist als bei Schwarz-Rot oder auch Rot-Grün. In diesem Sinne kann es Schwarz-Gelb nicht.
    “Die können es nicht”, war einer der Lieblingssätze des FDP-Matadors Westerwelle in der rot-grünen Zeit. Nun hat man in der jüngeren Vergangenheit kaum jemals eine so erfolgreiche Selbstdemontage eines Spitzenpolitikers erlebt, wie dies derzeit im Falle Westerwelles zu beobachten ist. Der Außenminister Westerwelle findet in der öffentlichen Wahrnehmung kaum statt. Als seine originellste Leistung ist die Forderung nach dem Abzug der in Deutschland verbliebenen US-Atombomben (etwa 20) in Erinnerung. Ansonsten reist er in langen Hosen durch die Welt und fällt als internationaler Minister wenig, als konzeptioneller Außenpolitiker gar nicht auf.
    Quelle: SZ
  12. Gauck wird grundsätzlich
    Der Kandidat beginnt seinen Vortrag mit einer Korrektur. Aber nein, belehrt er sanftmütig die Schriftstellerin Monika Maron, die ihn soeben zehn Minuten lang gepriesen hat, “Wahlkampf wird hier nicht gemacht”. Vorstellen wolle er sich an diesem Tag an diesem Ort. Mehr nicht. Dann schmunzelt er. Er weiß es natürlich besser.

    Diesem Volk aber, das kann man seiner Rede entnehmen, wird auch ein Bundespräsident Gauck so einiges zumuten. Den Afghanistan-Krieg etwa könne er “nicht verurteilen”, den Begriff “Fürsorgestaat” sehr wohl. Und wenn er den Groll über “gewissenlose Finanzakrobaten” teile, so Gauck, dann noch lange nicht die grundsätzliche Kritik am marktwirtschaftlichen System. Auch gegen Arme und Abgehängte wolle er “nicht gnädig sein”, wenn sie sich verweigerten. Ihnen rät Gauck: “Geht hin, nehmt euer Wahlrecht wahr, auch wenn ihr ein klein wenig abgehängt seid.”
    Quelle: FR

  13. Ohnmacht
    Der gemeinsame Aufruf der Europaparlamentarier sollte zu denken geben. Noch nie haben unsere Volksvertreter in dieser Offenheit eingestanden, dass sie bei dem gegenwärtig wichtigstem Thema, der Finanzmarkt- und Bankenregulierung, nahezu ohnmächtig sind. Denn die Lobbys der Banken, die wenig Lust auf Regulierung haben, sind extrem gut organisiert, mit Geld und Experten ausgestattet.
    Auf der anderen Seite, dort wo das öffentliche Gut Finanzstabilität hergestellt werden soll, ist die Expertise mau. Wer kämpft für mehr Stabilität im Finanzsektor, damit die Steuerzahler nicht immer wieder mit Rettungsschirmen über Hunderte von Milliarden Euro zur Kasse gebeten werden? Deshalb hinkt der Vergleich der Initiatoren mit den Umweltlobbys, seien es Greenpeace oder BUND, auch nicht. Letztere kämpfen für das öffentliche Gut saubere Umwelt und karren dafür Gutachten um Gutachten an, positionieren sich gegen die Konzerne, die etwa Atomstrom hoffähig halten wollen.
    Quelle: FR
  14. China wertet auf
    1. Deutscher Export jubelt
      China macht Ernst: Der Ankündigung vom Wochenende, den Yuan behutsam aufzuwerten, folgte am Montag die Umsetzung – und die deutsche Wirtschaft kann frohlocken. Um immerhin 0,42 Prozent gewann die chinesische Währung im Vergleich zum Dollar.
      Am Sonntag war noch unklar gewesen, ob Chinas Notenbank mit der Ankündigung von mehr “Flexibilität” tatsächlich das Ziel verfolgte, einen allmählichen Wertgewinn zuzulassen. Der war in der Vergangenheit stets durch Devisenkäufe unterbunden worden, der Kurs blieb seit 2008 fast auf den Punkt genau stabil.
      Horst Löchel, Chinaexperte der Frankfurt School of Finance and Economics, erwartet in den kommenden Jahren eine stetige Aufwertung: “Es könnten in den kommenden drei Jahren etwa 20 bis 30 Prozent Kursgewinn gegenüber dem Dollar werden”, schätzt der in Schanghai arbeitende Forscher. Sollte sich das Dollar/Euro-Verhältnis nicht ändern, werte der Euro in gleichem Maße ab.
      Für die deutschen Exporteure ist das eine hervorragende Nachricht. “Das verbilligt die deutschen Waren in China und macht sie attraktiver”, sagt Löchel. Auch beim Außenhandelsverband BGA erwartet man eine Stärkung der Exporteure.
      Quelle: FR

      Anmerkung Orlando Pascheit: Da legt der Renminbi zum Dollar mal einen Tag lang um ca. 0,4 Prozent zu, und schon bricht das Exportkapital in Jubel aus. Selbst wenn China tatsächlich jährlich um drei Prozent aufwerten würde, dürfte es etwas länger dauern bis der Renminbi seine Unterbewertung von ca. 30 Prozent, Kritiker in den USA schätzen 40 Prozent, abgebaut hätte. Profitiert hat das europäische Exportkapital vor allem davon, dass der Renminbi durch seine Dollarkoppelung seit Jahresbeginn um 17 Prozent gegenüber dem Euro aufgewertet hat. Geradezu lächerlich ist die Formulierung, China sei nach den USA “für deutsche Unternehmen der zweitwichtigste Absatzmarkt außerhalb Europas.” Dadurch wird die Bedeutung Chinas für den deutschen Export unverhältnismäßig betont. 2009 exportierten wir nach China nur etwas weniger als nach Polen. Die Schweiz liegt fast gleichauf mit China, und Belgien und Österreich importieren jeweils einen ganzen Batzen mehr deutsche Waren als China. Ganz anders sieht es auf unserer Importseite aus. Hier ist hinter den Niederlanden China der wichtigste Importeur.
      Quelle: Statistisches Bundesamt [PDF – 46.1 KB]

    2. Die Aufwertung war ein kluger Schachzug
      China macht sich vom Dollar unabhängiger und stellt die Weichen in Richtung mehr Produktivität.
      Die VR China ist dem Drängen der USA und anderer westlicher Staaten nachgekommen und hat den Yuan aufgewertet – um stolze 0,42 Prozent. Welche Auswirkungen hat das auf die Weltwirtschaft?
      Es wird von den USA als Triumph gefeiert, dass China jetzt ein wenig aufwertet – aber eigentlich hat das Land etwas ganz anderes gemacht: Es hat sich vom US-Dollar gelöst und als Bezugsgröße auf einen allgemeinen Devisenkorb umgestellt, in dem all die Währungen vertreten sind, mit denen China die meisten Geschäfte macht. Und das ist vor allem der Euro. Die jetzt verkündete Aufwertung ist daher in erster Linie auf die Schwäche der europäischen Währung zurückzuführen.
      Die USA behaupten zwar, sie hätten diesen Schritt erzwungen – es wurde aber lediglich ein anderes Berechnungsschema eingeführt, woraus sich erstens diese Aufwertung ergibt. Die führt – zweitens! –in folgende Richtung: Exporte werden für China ein klein wenig teurer, die Importe entsprechend billiger. Eine grundsätzliche Veränderung der Handelsströme ergibt sich daraus nicht.
      Quelle: jungewelt
  15. Genozid in Zentralasien
    Am 10. Juni versank der Süden Kirgisiens im Bürgerkrieg. Die Bilder erinnern an die Balkankriege, die zeitliche und organisatorische Koordination der Ereignisse erinnert jedoch eher an den Völkermord in Ruanda. In den Abendstunden tauchten maskierte Männer in den Strassen der Städte Osh und Dschalalabad auf. Die Killerkommandos, die teils mit schwarzen Bandagen am Unterarm uniformiert waren, kamen mit Pickups, schossen mit automatischen Waffen in die Menge, stürmten Häuser und Wohnungen, brandschatzten, vergewaltigten und verbreiteten mindestens vier Tage lang Angst und Schrecken. Die Opfer dieses Massakers gehörten beinahe ausschließlich zur usbekischen Minderheit, die in Osh und Dschalalabad allerdings rund 60% der Einwohner stellt. Wer die Täter waren, ist bis heute unbekannt. Fest steht lediglich, dass ihr blutiges Handwerk orchestriert wurde und die Drahtzieher sich im Süden Kirgisiens offensichtlich gut auskannten und einen Bürgerkrieg unter den Ethnien auslösen wollten.
    Quelle: Spiegelfechter
  16. Buchempfehlungen
    1. Eliten oder Nieten

      Manfred Holztrattner war nie ein Feind klarer Worte. Schon zu seiner Zeit als Generaldirektor des Raiffeisenverbands Salzburg prangerte er den Größenwahn in der Wirtschaft an und kritisierte „sinnlose Fusionen zu krisenanfälligen Großkonzernen“. Seit Holztrattner im Ruhestand ist, setzt er sich noch sehr viel intensiver mit den Fehlentwicklungen in der Wirtschaft auseinander. Jüngstes Produkt dieser Auseinandersetzung ist das Buch „Eliten oder Nieten?“, das Holztrattner zusammen mit dem Sozialethiker und Philosophen Clemens Sedmak verfasst hat und das eine schonungslose Abrechnung mit dem Versagen von Politikern und Führungskräften ist.
      Holztrattner ärgert sich gewaltig darüber, dass die Finanz- und Wirtschaftskrise als Schicksalsschlag dargestellt wird und man bereits wieder zum Business as Usual zurückgekehrt ist. … In erster Linie verantwortlich sind nach Holztrattners Meinung die Politiker. „Vom konservativen George W. Bush bis hin zum sozialistischen Tony Blair, von der rot-grünen Koalition unter Gerhard Schröder bis zu Silvio Berlusconi und Nicolas Sarkozy haben alle diesen ultra-liberalistischen Spekulationswahn aktiv unterstützt“, sagte Holztrattner. Durch die Deregulierung und Liberalisierung der Finanzmärkte seien die größten Bank-, Versicherungs- und Industriekonzerne entstanden, die Einkommen der Manager seien in ungeahnte Höhen gestiegen. Gleichzeitig seien dadurch aber auch „die größten Pleiten und die größte Geldvernichtung“ verursacht worden, durch die „größten Betrüger, Abzocker und Bilanzfälscher aller Zeiten“.
      Manfred Holztrattner, Clemens Sedmak: Eliten oder Nieten, Kiesel-Verlag, Preis: 19,90 Euro, ISNB 978-3-9502787-1-2
      Quelle: salzburg.com

    2. Im freien Fall

      Joseph Stiglitz legt mal wieder ein besonders kritisches Werk vor. Diesmal geht er den Fehlern der US-amerikanischen Regierung nach dem Platzen der Immobilienblase auf den Grund.
      Er wirft sowohl George Bush als auch dessen Nachfolger Barack Obama vor, die Krise nicht frühzeitig und entschieden genug bekämpft zu haben. Stiglitz plädiert mit viel Verve dafür, die Schwächsten der Gesellschaft zu unterstützen. Statt dem Heer der Arbeitslosen und überschuldeten Hausbesitzer zu helfen, pumpte das Weiße Haus Milliardensummen in die Banken. Das Buch macht Zusammenhänge verständlich, wenngleich sich über die präsentierten Lösungskonzepte trefflich streiten lässt.
      Eine ausgezeichnete Darstellung der Krise, die überdies nicht am Faktischen haften bleibt, sondern Wege in die Zukunft aufzeigt. Eine Empfehlung für alle Wirtschaftsinteressierten, die die Finanzkrise besser verstehen wollen.
      Joseph Stiglitz: Im freien Fall -: Vom Versagen der Märkte zur Neuordnung der Weltwirtschaft, Siedler Verlag;
      ISBN: 978-3886809424
      Quelle: FTD

  17. Zu guter Letzt: Sparanstrengungen gehen weiter
    Die Sparanstrengungen gehen weiter
    Quelle: FAZ

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