Winfried Schmähl in den VDI-nachrichten: Wirtschaftliche Interessen beherrschen die Rentendebatte

Die Sozialversicherungsbeiträge könnten von derzeit 42 % auf 35 % eines Monatslohns sinken, wenn die Fehlfinanzierung in den Sozialversicherungen beendet würde, erklärt der Bremer Ökonom Winfried Schmähl. Er hält die Förderung der privaten Altersvorsorge aus Steuermitteln für problematisch. Dieses Geld sollte besser für Qualifizierung eingesetzt werden. Sagt Schmähl in einem Interview mit den VDI-Nachrichten.
Professor Schmähl, Mitglied der von der früheren Bundesregierung eingesetzten Kommission für den 5. Altenbericht, widerlegt einmal mehr die Argumente der Propagandisten für die private Altersvorsorge und deren Angstkampagne gegen die gesetzliche Rente. Anders als die Raffelhüschens und die Rürups wird er allerdings von der Versicherungswirtschaft zu sog. „Informationsveranstaltungen“ nicht eingeladen. Warum wohl?

„EWS-Award 2005“ an Roland Koch – die ganz alltägliche Meinungsmache neoliberaler Lobbyorganisationen

„Roland Koch gewinnt mit Bürokratieabbau“ titelt der Tagesspiegel einen Beitrag über die Verleihung eines sog. „Award 2005“ durch einen hochrespektabel klingenden „Europäischen Wirtschaftssenat“ (EWS). Was nicht berichtet wird, das ist, wer und was sich hinter der den hessischen Ministerpräsidenten auszeichnenden Organisation verbirgt. Der EWS hat – entgegen seinem Namen – nichts mit irgendwelchen europäischen Gremien zu tun, sondern rühmt sich selbst als „Gremium besonders erfolgreicher Unternehmerpersönlichkeiten“. Sieht man noch genauer hin, so entpuppt sich der EWS als eine der gemeinen Wirtschaftslobbyorganisationen. Da überrascht es nicht mehr, dass der CDU-Vorsitzende Koch gerade sechs Wochen vor der hessischen Kommunalwahl „geehrt“ wird.

Auch die Tagesschau macht Werbung für die privaten Lebensversicherer

Wir haben auf den NachDenkSeiten immer wieder [1] [2] [3] [4] darauf aufmerksam gemacht, wie sich unsere Medien vor den Karren der Versicherungslobby spannen lassen.
Als Quelle für die Horrordarstellungen über die gesetzliche Rente wird dabei regelmäßig das „Deutsche Institut für Altersvorsorge“ (DIA) genannt. Dabei wird – bis auf ein paar löbliche Ausnahmen – von den meisten Medien, vor allem von Bild, Welt, SpiegelOnline oder Berliner Zeitung verschwiegen, dass das DIA kein neutrales wissenschaftliches Institut, sondern ein von der Deutschen Bank und Investmenttöchtern dieser Bank getragener „Think-Tank“ ist, der als „wissenschaftlicher“ Schreibtisch für die Versicherungswirtschaft dient.
LobbyControl berichtet nun darüber, dass sich selbst die von den öffentlich-rechtlichen Rundfunksendern verantwortete Tageschau als unkritischer Werbeträger in die Propagandakampagne für die private Altersvorsorge einspannen lässt.
Ein weiterer Akt im Trauerspiel über den kritischen und unabhängigen Journalismus in Deutschland.

Durch die Einführung von Gebühren sollen Klagen von Versicherten und Leistungsempfängern vor den Sozialgerichten eingedämmt werden.

In einem Gesetzentwurf vom 10.02.06 (BR-Drucks. 54/06) schlägt der Bundesrat – wie schon einmal vor zwei Jahren – vor, in Klageverfahren vor dem Sozialgericht für den Fall, dass der Prozess verloren geht, eine Gebühr von 70 Euro zu erheben. Für Berufungsverfahren vor dem Landessozialgericht soll diese Gebühr 150 Euro betragen und sich in Revisionsverfahren vor dem Bundessozialgericht auf 225 Euro belaufen. Durch die Gebühren sollen die durch die „Sozialreformen“ fortlaufend anwachsende Flut von Gerichtsverfahren eingedämmt werden.
So folgt eines aufs andere: Erst kürzt man die Sozialleistungen und baut mit schludrigen Gesetzen neue Barrieren für die Leistungsempfänger auf. Wenn sich die Betroffenen dann vor Gericht dagegen wehren wollen, erschwert man den Rechtsweg. Wie soll ein Hartz-IV- Empfänger diese Gerichtsgebühren aufbringen?

Buch-Tipp: Steffen Lehndorff (Hg.), Das Politische in der Arbeitspolitik. Ansatzpunkte für eine nachhaltige Arbeits- und Arbeitszeitgestaltung

Arbeitspolitik wie Arbeitsforschung befinden sich gleichermaßen in der Defensive. Wenn heute in Zeiten andauernder Massenarbeitslosigkeit „Vorrang für Arbeit“ gefordert wird, ist damit auch gemeint: „Hauptsache irgendwelche Arbeit“. Die veränderten, auf „indirekte“ Steuerung setzenden Arbeits- und Organisationsformen entziehen der Arbeitspolitik herkömmlichen Zuschnitts zusätzlich den Boden.

Dieses Buch basiert auf einem Verständnis von Arbeitsforschung, deren Analysen der Arbeitswelt darauf zielen, offensiv Ansatzpunkte für Politik freizulegen.

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