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GroKo

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100 Tage Große Koalition – gestörte Beziehung

Rundum zufrieden zeigt sich auch die Große Koalition. Die Bundesregierung hat anlässlich ihres hunderttägigen Bestehens eigens ein Papier herausgegeben: “Deutschlands Zukunft gestalten – 100 Tage Große Koalition“. Das Koalitionspapier enthält nun einen ganzen Strauß an Themen, mit denen die Bundesregierung versucht, sich und die ersten 100 Tage ihrer Amtszeit ins rechte Licht zu setzen. Alle genannten Themen haben dabei ihre Berechtigung. Weil aber einige, noch dazu zentrale Themen, wie die Rente und der Mindestlohn, bereits in aller Breite rauf und runter diskutiert worden sind und weil mir drei Themen – Arbeitslosigkeit, Energiewende und Außenpolitik – besonders akut erscheinen, soll das Koalitionspapier im Folgenden auf diese drei Themen geprüft und diskutiert werden. Von Thorsten Hild[*].

Zum Mitgliederentscheid – Die Resignation wird zunehmen

Das Ergebnis der Mitgliederbefragung ist so, wie es die Parteiführung der SPD erwartet und sich ausgerechnet hat. Knapp 76 Prozent der 370.000 abstimmenden Mitglieder haben dem Koalitionsvertrag zugestimmt, rd. 24 Prozent haben ihn abgelehnt. Mit diesem Ergebnis können die Parteispitze und die SPD-Mitglieder im Kabinett jegliche Kritik an der Regierungspolitik in den kommenden Jahren abwehren, schließlich hat ja eine große Mehrheit der Parteimitglieder dem Koalitionsvertrag zugestimmt. Die SPD wird stolz auf ihre Regierungsbeteiligung sein und sie wird – wie schon in der rot-grünen Regierung und danach in der Großen Koalition – die Politik der Kanzlerin Merkel diszipliniert mittragen.
Der Mitgliederentscheid ist kein Aufbruch zu mehr Demokratie, sondern er wird vor allem in der Arbeitnehmerschaft die politischen Ohnmachtsgefühle noch steigern und zu noch mehr Resignation führen. Von Wolfgang Lieb

Nachtrag zu “Frust von 14 Jahren …”, SPD und Großer Koalition. Weiterdenken sollte man auf der Basis dessen, was jetzt ist.

Mein Beitrag von gestern „Der Frust von 14 Jahren entlädt sich in der Ablehnung der Großen Koalition“ hat kontroverse Reaktionen ausgelöst. Von harter Beschimpfung bis zur Zustimmung. Das veranlasst mich, noch einmal darauf einzugehen. Zunächst noch eine Ergänzung. Gestern Früh wurde ich von SWR 2 für das Journal am Morgen interviewt. Und nun noch zu einigen mir wichtig erscheinenden Punkten. Von Albrecht Müller

Der Frust von 14 Jahren entlädt sich in der Ablehnung der Großen Koalition

Verkehrte Welten: Seit Beginn der Koalitionsverhandlungen begegne ich immer wieder alten sozialdemokratischen Freunden, die vehement dagegen argumentieren, dass die SPD in eine Große Koalition eintritt, während ich dafür werbe, die Sache gelassener zu sehen, vor allem zu prüfen, welche Alternative die SPD-Führung hat und auch zu bedenken, welche Chance in einer solchen Koalition liegen, wenn man diese erkennen und nutzen will. Ich weise in diesen Gesprächen auch immer wieder darauf hin, dass meine Gesprächspartner mit ihrer Kritik hätten früher beginnen müssen. Die Agenda 2010, die Steuerbefreiung für Spekulanten, die Privatisierung und die Erosion der gesetzlichen Rente, usw. und so fort. Das waren die Sündenfälle. Albrecht Müller.

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SPD: Wozu eigentlich einen Parteitag?

Vom kommenden Donnerstag bis zum Samstag findet in Leipzig der ordentliche Bundesparteitag der SPD statt. Das ist eine Nachricht! Kaum jemals hat ein Parteitag so wenig Aufmerksamkeit in den Medien gefunden. Der Grund ist ausnahmsweise nicht eine bösartige Medienblockade. Nein, die täglichen „Wasserstandsmeldungen“ über die Koalitionsverhandlungen zwischen CDU/CSU und SPD sind tatsächlich für die zukünftige Politik im Lande viel wichtiger als irgendwelche Anträge, mit denen ein Parteitag selbst einer höchst wahrscheinlich in die Regierung eintretenden Partei die „Weichen für die Zukunft“ stellen will. Was interessiert schon die Weichenstellung der SPD für eine ferne Zukunft, wenn in der Gegenwart die führenden Sozialdemokraten in Koalitionsverhandlungen über die praktische Politik der nächsten vier Jahre entscheiden. Da ist selbst die Ankündigung im Wahlkampf 2017 die „Ausschließeritis“ gegenüber der Linkspartei aufgeben zu wollen nur Wokenkuckucksheim. Von Wolfgang Lieb.

Die SPD degradiert sich zum Mehrheitsbeschaffer für die CDU und CSU

Gabriels Taktik ging auf. Es kam so, wie vorhergesagt und wie zu erwarten war: Mit nur 31 Gegenstimmen stimmten die Delegierten des SPD-Parteikonvents „der Aufnahme formeller Koalitionsverhandlungen mit dem Ziel einer gemeinsamen Regierungsbildung“ mit CDU/CSU zu.
Gabriel hat einen weiteren persönlichen Erfolg erzielt, den anfänglichen Widerstand der Parteibasis gegen eine Große Koalition zu überspielen. Auf dem Konvent gab es kein Nachdenken mehr darüber, warum die Partei bei der Wahl so schlecht abgeschnitten hat, es ging nur noch darum, wie die SPD wieder in die Regierung kommen kann. Es wird also wohl auch mit Hilfe der Medien zu einer Großen Koalition kommen, denn es ist kaum zu erwarten, dass ein Votum der Mitglieder – und das womöglich noch nach einem schon für Mitte November terminierten SPD-Bundesparteitag (auf dem wahrscheinlich noch nicht über einen Koalitionsvertrag diskutiert und abgestimmt werden kann) – sich nicht nur gegen die Parteispitze sondern sämtliche Führungsebenen der Partei wenden wird. Von Wolfgang Lieb.

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Wird die SPD aus Fehlern lernen? – Ein Rückblick auf die Große Koalition von 2005 – 2009

Nach der dritten Sondierungsrunde zwischen CDU/CSU und SPD hat sich die Verhandlungsgruppe der Sozialdemokraten einstimmig entschlossen, dem SPD-Parteikonvent am Sonntag die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen vorzuschlagen. Es müsste schon ein Wunder geschehen, wenn der „kleine Parteitag“ diesem Vorschlag nicht folgen würde.
Albrecht Müller hat darauf hingewiesen, dass man mit der Feststellung, dass eine linke Koalition keine Chance habe, das Denken nicht einstellen dürfe und eine Große Koalition, wie etwa auch die von 1966 bis 1969, daran gemessen werden müsse, welche wichtigen Programmpunkte die SPD zusätzlich zum Mindestlohn vor allem auf dem Gebiet der Sozial- und Steuerpolitik in einem Koalitionsvertrag verankern kann.
Der Parteikonvent am Wochenende und danach die Mitglieder der SPD bei ihrem Votum über den ausgehandelten Koalitionsvertrag müssten eigentlich aus den ausgesprochen negativen Erfahrungen in der letzten Großen Koalition von 2005 bis 2009 gelernt haben. Sie sollten sich deshalb die Fehler, die die Sozialdemokraten damals in der Regierung gemacht und die zum Niedergang der SPD geführt haben, vor ihrer Abstimmung noch einmal in Erinnerung rufen. Der Parteikonvent müsste der SPD-Verhandlungsgruppe für die Koalitionsgespräche einen klaren Auftrag auf den Weg geben, den damaligen sozial- und steuerpolitischen Schaden wieder gut zu machen, der bis zur Bundestagswahl im September nachwirkte und wesentliche Ursache für das abermals schlechte Abschneiden der SPD war. Als Anstoß, aus gemachten Fehlern die Lehren zu ziehen, bieten wir den Delegierten und den Mitgliedern der SPD einen Rückblick auf die Regierungspolitik der letzten Großen Koalition von Christoph Butterwegge an.

SPD: Inszenierte Mitgliederbeteiligung statt einer Aufarbeitung der Wahlniederlage

Bei den Grünen haben das Scheitern des Wahlziels einer rot-grünen Koalition und der Verlust von 2,3 Prozentpunkten zu einem Umbruch der Partei- und Fraktionsführung geführt. Im Gegensatz dazu haben die verfehlte Kanzlerschaft, das deutliche Verfehlen einer rot-grünen Mehrheit, das zweitschlechteste Wahlergebnis in der Nachkriegsgeschichte und die Tatsache, dass der Abstand zur CDU/CSU noch größer geworden ist, als vor vier Jahren, in der SPD keinerlei Debatte um die Parteiführung und deren Kurs ausgelöst.
So paradox das auch erscheinen mag, die inszenierte „innerparteiliche Demokratie“ und die angebliche „Mitgliederbeteiligung“ ist nichts anderes, als ein taktisches Manöver der Parteiführung eine Analyse der Wahlniederlage und eine daraus abzuleitende personelle Erneuerung der Parteispitze und damit des politischen Kurses der SPD zu verhindern. Von Wolfgang Lieb.

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Wochenrückblick zu einer möglichen Gesetzgebungsinitiative vor der Regierungsbildung, zur Großen Koalition, zum Risiko mit Gysi allein, etc.

Ein früherer Kollege, treuer Leser der NachDenkSeiten und Sozialdemokrat bemängelte in einem Telefongespräch, wir seien zu Unrecht gegen die Große Koalition. Das gilt für mich jedenfalls nicht. – Einen Redakteur des Tagesspiegel störte unsere aktuelle Kritik an Gysi, er machte daraus eine quasi grundsätzliche Gegnerschaft. Auch diese Einschätzung ist falsch. – Rot und Grün sollten die Chance nutzen, mit Gesetzesinitiativen schon vor dem Abschluss einer neuen Regierungsbildung Pflöcke einzuschlagen. Nacheinander. Albrecht Müller.

Kein Durchblick und krampfhafte Erklärungsversuche – das folgt aus der Missachtung der Tatsache, dass die Meinungsbildung nahezu gleichgerichtet ist

Der Wochenrückblick ist heute ein Zwei-Wochen-Rückblick auf die Zeit nach der Wahl. Das Geschehen ist durchzogen von Manipulationsversuchen und -erfolgen und dann von Analysen, die das Phänomen Manipulation missachten und deshalb nicht aufklären können. Dies ist ein Versuch, Sie mithilfe von ein paar Beispielen auf diese immer wiederkehrenden Abläufe und Fehler aufmerksam zu machen. Die Beispiele: Heribert Prantls Nachwahlkommentar „Die Triumphantin“, die Warnungen vor der Großen Koalition, die Linksruck-Agitation bei den Grünen, das Staunen über die Infrastruktur-Defizite, die angeblich so großen Differenzen zwischen der Linkspartei und dem großen Rest. Von Albrecht Müller

Minderheitsregierung – eine Perspektive für die Zukunft

Noch ziert sich die SPD, als künftiger Juniorpartner in eine Große Koalition einzutreten. Das ist verständlich, wollen die Sozialdemokraten doch umworben werden und dadurch ihren Preis für die kommende Vernunftehe in die Höhe treiben. Doch spätestens wenn CDU und Medien an die „historische Verantwortung für Europa“ appellieren, die dann angeblich einzig und allein auf den Schultern der kleinen SPD lasten soll, werden die Sozialdemokraten auch ihre Inhalte über Bord werfen und staatstragend so manche Kröte aus dem Unionslager schlucken. Die Alternative Rot-Rot-Grün wurde schließlich von der SPD und den Grünen bereits im Vorfeld ausgeschlossen und wer sich selbst seiner Optionen beraubt, muss auch mit den daraus erwachsenden Nachteilen leben. Dabei wäre es – vor allem für die Zukunft – dringend nötig, einen Ausweg aus dem Koalitionsdilemma zu finden. Von Jens Berger.

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Es gibt führende Sozialdemokraten, die wollen die Kanzlermacht im Staat nicht, wenn sie fürchten, ein bisschen fortschrittliche Politik machen zu müssen

Dieses blöde Spielchen haben wir zumindest schon zweimal – 1969 und 2005 – erlebt und Sozialdemokraten müssen es jetzt neu erleben. Steinmeier, Steinbrück, Müntefering, Scholz & Hannelore Kraft bekunden ihre Ablehnung der vermutlich einzigen Chance, den Kanzler zu stellen: in einem Bündnis mit Grünen und der Linken, oder möglicherweise mit einer Minderheitsregierung mit Duldung der Linkspartei. Sie haben offensichtlich Angst, dann eine wenigstens in Nuancen fortschrittlichere und sozialere Politik machen zu müssen, und akzeptieren deshalb, dass Angela Merkel im Amt bleibt. Von Albrecht Müller

Nachtrag vom 12.9. ist unten angefügt

Franz Walters Tipps für die Große Koalition in der FR sind fragwürdig

Von Franz Walter konnten wir in letzter Zeit immer mal wieder weiterführende Essays lesen. Von dem heute in der Frankfurter Rundschau abgedruckten Beitrag lässt sich das nicht sagen. Ich muss vielem widersprechen und habe dazu Texteile von Franz Walter kommentiert, jeweils mit „AM:“ gekennzeichnet und kursiv geschrieben.

Nochmals zum Koalitionsvertrag: Was zu beweisen war!

Gestern habe ich in meinem Beitrag die Vermutung geäußert: „Ich trete aber wohl keinem der Verhandlerinnen oder Verhandler zu nahe, wenn ich behaupte, dass keine oder keiner von ihnen den Vertrag ganz oder auch nur in weiten Teilen durchgelesen hat.“ RTL hat auf den Parteitagen die Probe aufs Exempel gemacht. Keine(r) der vor der Kamera befragten Delegierten konnte auch nur eine der Fragen zu durchaus zentralen Themen richtig beantworten. Zum Schmunzeln (denn wir wollen ja nicht nur immer kritisieren) hat uns dazu ein aufmerksamer Leser der NachDenkSeiten aus Italien folgenden Brief geschrieben.