Schlagwort:
Tarifverträge

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Köhlers Agenda 2020 – Nach der Reform ist vor der Reform

Bundespräsident Horst Köhler hat eine „Agenda 2020“ gefordert, um die Arbeitslosigkeit weiter zu verringern und Vollbeschäftigung in Deutschland zu erreichen. Dieses Ziel sei im Falle einer Fortsetzung der Reformanstrengungen realistisch.
Wie alle „Reformer“ verweigert Köhler eine kritische Bestandsaufnahme der Agenda 2010, und weil deren Ergebnisse alles andere als befriedigend sind, verlangt er eine Erhöhung der Reformdosis. Mit den Agenda-Reformern ist es wie bei Drogensüchtigen, je schlechter es geht, desto höher die Dosis. Wolfgang Lieb

Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes – Dienstleistungsfreiheit steht über nationalen Arbeitnehmerrechten

Am 3. April hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg entschieden, dass ein Bundesland bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen keine Tariflöhne vorschreiben kann. Dieses Urteil ist von elementarer Bedeutung, da den im EGV (Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft) festgelegten wirtschaftlichen Grundfreiheiten eine höhere Priorität eingeräumt wird als den arbeitsrechtlichen Koalitionsfreiheiten gemäß Art. 9 Abs. 3 des Grundgesetzes. Das Urteil zeigt, dass die wirtschaftlichen Grundfreiheiten zugunsten von Unternehmerfreiheiten wirken und die Arbeitnehmer den Bedingungen des Wettbewerbs weitgehend schutzlos ausliefern. Von Christine Wicht

Verteilungsbericht des DGB für das Jahr 2008. Wir zitieren das Wichtigste in Kürze

Trotz des Konjunkturaufschwungs der Jahre 2006 und 2007 sind nicht nur nach den im vergangenen Jahr vorgelegten Zahlen aus amtlicher Statistik und Forschungsarbeiten unabhängiger Institute, sondern auch nach dem Empfinden der breiten Mehrheit der Bundesbürger die Unterschiede zwischen Arm und Reich eher größer geworden. Nur noch 15 Prozent der Bundesbürger sind laut einer repräsentativen Umfrage der Bertelsmann Stiftung davon überzeugt, dass die Einkommensverteilung in Deutschland „im Großen und Ganzen gerecht zugeht“. Weit mehr als 50 Prozent halten die Einkommensverteilung dagegen für ungerecht. Trotz des kräftigen Wirtschaftswachstums der vergangenen zwei Jahre haben sich die Stimmung in der Bevölkerung und die Zufriedenheit mit der Verteilung von Einkommen und Vermögen in Deutschland kontinuierlich verschlechtert. Dies steht in krassem Gegensatz zu Erfahrungen in vorherigen
Aufschwungsphasen, in denen die Mehrheit der Deutschen stets die Einschätzung vertrat, die Boomzeiten würden zu mehr Verteilungsgerechtigkeit beitragen. Wolfgang Lieb

Karlsruhe: Der Dienstherr als Herr der Beamten

Die Verlängerung der Arbeitszeit begegnet keinen verfassungsrechtlichen
Bedenken. Mit diesem lapidaren Beschluss hat die 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts eine Verfassungsbeschwerde eines bayerischen Beamten gegen die seit dem 1. September 2004 geltende Anhebung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit für Beamte von 40 auf 42 Stunden nicht zur Entscheidung angenommen.
Gerade zeitgerecht zu den Tarifauseinandersetzungen im Öffentlichen Dienst, wo die Arbeitgeber eine Verlängerung der Arbeitszeit verlangen, präsentiert das oberste Gericht eine Entscheidung, die auf jegliches Pro und Contra von Arbeitszeitverlängerungen verzichtet und geradezu obrigkeitsstaatliche Züge erkennen lässt. Wolfgang Lieb

Mindestlohn und Maximalgehalt

Zurzeit findet in Deutschland eine äußerst interessante Debatte statt, bei der es offenbar um zwei Seiten der gleichen Medaille geht. Auf der einen Seite wird heftig diskutiert, ob sich Deutschland einen Mindestlohn leisten kann, auf der anderen stehen die nach Meinung der meisten Beobachter weit überzogenen Gehälter vieler Vorstandsmitglieder in der öffentlichen Kritik. Heiner Flassbeck hat uns diesen Beitrag aus WuM, Januar 2008, zur Verfügung gestellt.

Gerhard Bosch: Auflösung des deutschen Tarifsystems

Noch Anfang der 90er Jahre lag die Tarifbindung in Deutschland bei rund 90%. 72% der Beschäftigten arbeiteten damals in Unternehmen, die Mitglied in einem Arbeitgeberverband waren. 2006 fielen nur noch 68% der westdeutschen und 53% der ostdeutschen Beschäftigten unter einen Tarifvertrag. Bei hoher Arbeitslosigkeit und schwächeren Gewerkschaften verschafft sich eine wachsende Zahl von Unternehmen Wettbewerbsvorteile durch Unterbietung der Tariflöhne. Der Niedriglohnsektor expandierte parallel zur Abnahme der Tarifbindung.

Die Zukunft der Hochschulen – Politische Ökonomie der Hochschulpolitik in der Ära des Finanzmarkt-Kapitalismus

Das deutsche Bildungssystem – Hochschulen und Schulen – befindet sich seit Beginn der 90er Jahre des 20. Jahrhunderts in einem von den ökonomischen und politischen Eliten gewollten Transformationsprozess. Das bisher staatliche Hochschulsystem verliert dabei schrittweise seinen Charakter als Öffentliches Gut und entwickelt sich hin zu einem formell halbstaatlichen Teilsystem unter indirekter Kontrolle der privaten Wirtschaft. Für diese Umgestaltung wird es nach dem Vorbild der privaten Wettbewerbswirtschaft reorganisiert, ökonomisch rationalisiert und technokratisch gesteuert. Zugleich wird es einer internen Partizipation wie einer externen parlamentarischen Kontrolle entzogen. Günter Buchholz stellte uns seinen Beitrag zur Verfügung.

Zur Aktualität der Kritik an Axiomen der neoklassischen Theorie

Der neoliberale Umbau der Gesellschaft ist langfristig angelegt, wird mit dem Anspruch objektiver Notwendigkeit durchgesetzt und vor allem ordnungspolitisch begründet. Kritik an der daran ausgerichteten Politik genügt daher nicht. Ebenso wichtig ist es, das marktgläubige, ökonomische Weltbild kritisch zu hinterfragen und als Legitimation zu entwerten. Hans-Peter Büttner hat dazu im Blog „Oeffinger Freidenker“ einen Beitrag geleistet. Mit seinem Text „Die Nutzlosigkeit der neoklassischen Nutzenlehre – eine Kritik der Grundlagen der subjektiven Werttheorie“ stellt er ein zentrales Element neoklassischer Ideologie in Frage. Der Wert dieser Kritik für tagesaktuelle Diskussionen kann anhand von konkreten Beispielen verdeutlicht werden. Kai Ruhsert

Die Kapitalbeteiligungsmodelle von CDU/CSU und SPD ein teurer und wenig zielführender Umweg

So sicher wie das Amen in der Kirche folgt jedem Konjunkturaufschwung seit den 60er Jahren eine Diskussion über einen Investivlohn, also einem Lohnbestandteil, der nicht bar ausgezahlt wird, sondern als Beteiligung am Produktivvermögen an die Arbeitnehmer ausgegeben wird. So auch jetzt wieder.
Wenn bei anspringender Konjunktur die Gewinne steigen oder wie in den letzten Jahren gar explodieren und der Arbeitgeberseite bei Tarifverhandlungen die Argumente für „moderate“ Lohnabschlüsse ausgehen, kann man sicher sein, dass von irgendjemand die Kapitalbeteiligung von Arbeitnehmern in die Debatte geworfen wird. Damit lenkt man die öffentliche Debatte von Lohnerhöhungen ab und liefert den Gewerkschaften einen Nebenkriegsschauplatz, man gewinnt Zeit bis die ersten Krisensignale am Horizont erscheinen, mit denen man „überzogenen“ Lohnforderungen wieder die Zähne ziehen kann. Nach den Tarifrunden verschwanden die Vorschläge jeweils wieder in der Schublade zur Wiedervorlage bei passender Gelegenheit. Das war die Dramaturgie seit über vierzig Jahren. Wolfgang Lieb.

WSI: Beschlüsse des Koalitionsausschusses in Sachen Mindestlohn setzen hohe Hürden

Der Mindestlohn-Kompromiss der Großen Koalition bringt allenfalls eine Teillösung des Niedriglohnproblems. Er baut hohe Hürden für die Ausweitung des Entsendegesetzes auf und sieht ein umständliches branchenbezogenes Verfahren für Lohnuntergrenzen vor. Zu diesem Ergebnis kommt das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut in der Hans-Böckler-Stiftung (WSI) in einer ersten Analyse des Koalitionsbeschlusses. “Bestenfalls werden die geplanten Regelungen zu einem Flickenteppich von unterschiedlichen Lohnuntergrenzen führen”, resümieren die WSI-Forscher Reinhard Bispinck, Thorsten Schulten und Claus Schäfer.

Tarifbindung nimmt weiter ab

Wir geben ihr mit eine auch für unsere Leser interessante Presseinformation des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) vom 14.6.2007 einfach weiter. Die Daten betreffen eine für Arbeitnehmer und Gewerkschaften kritische Entwicklung. Albrecht Müller.

Anmerkungen zum Tarifabschluss Metall

Weil der Tarifabschluss kompliziert ist und wir keine falsche Interpretation liefern wollten, haben wir uns bis zur genauen Prüfung zurück gehalten. Wir werden von Lesern auf andere Quellen hingewiesen, in denen auf der Basis nicht nachvollziehbarer Berechnungen die Rede davon ist, die 4,1% seien „hochgezogen worden, um die Arbeitnehmer ruhig zu halten“.
Berauschend finden wir das Ergebnis angesichts der langen Stagnation der Arbeitnehmereinkommen auch nicht, aber ein Erfolg ist es angesichts des Ungleichgewichts auf dem Arbeitsmarkt und der schwachen Position der Arbeitnehmerschaft schon. Hier die Fakten und einige Interpretationen.

WSI-Tarifhandbuch 2006 – Abschied vom Flächentarifvertrag? Das deutsche Tarifsystem im Umbruch

Die Tarifbindung gehe seit Mitte der 90er Jahre zurück. Die Tariflandschaft und auch die Tarifverträge unterliegen einem starken Wandel. Differenzierung und Dezentralisierung sind die beiden Trends, die das Tarifsystem grundlegend verändern. “Diese Entwicklung stellt die Tarifpolitik der Gewerkschaften vor grundlegende Herausforderungen”, sagt der Leiter des WSI-Tarifarchivs in der Hans-Böckler-Stiftung, Dr. Reinhard Bispinck, bei der Vorstellung des neuen WSI-Tarifhandbuchs 2006 in Berlin. “Gefordert ist eine neue Verknüpfung von Tarif- und Betriebspolitik, um die sich die Gewerkschaften in vielen Bereichen bemühen. Das Tarifsystem kann und muss aber auch gesetzlich stabilisiert werden”.