Archiv: Monat: April 2011

Dresdener Frühjahrsgespräch am 7. Mai

Einführung: Was bedeutet „Gegenöffentlichkeit“?
Volker Bahl, Koordinator für die Gesprächskreise der „NachDenkSeiten“ in Deutschland

Vortrag: Demokratie in Not – Empörung ist nicht genug!
Wie aus einem „systemischen Risiko“ der Banken ein Risiko für das System wurde – Öffentliche Armut bei privatem Reichtum sprengen das Gemeinwohl
Dr. Wolfgang Lieb, Mitherausgeber von www.NachDenkSeiten.de

Podiumsgespräch und Diskussion mit Dr. Wolfgang Lieb
Moderation: Axel Schmidt-Gödelitz, Berlin/Gödelitz

Die Veranstaltung findet im Kulurrathaus Dresden von 10.30 bis 13.00 Uhr statt [PDF – 155 KB].

Glaubt jemand im Ernst, Merkels Wahlkampf von 2009 sei nicht auch vom Kanzleramt aus geführt worden?

Es ist ja prima, dass man sich jetzt der Tatsache zuwenden will, dass Wahlkämpfe auch aus Regierungszentralen heraus geführt bzw. unterstützt werden. (Siehe Hinweis Nr. 1 von Hinweisen II) Und dass sie über Strohmänner finanziert werden. Bei aller Bereitschaft zur Kritik an Maschmeyer und Schröder – zu meinen, die Vorgänge von Hannover seien einzigartig, ist lächerlich. Albrecht Müller.

Hinweise des Tages II

Heute unter anderem zu folgenden Themen: Maschmeyer-Affäre beschäftigt den Bundestag; Aufruf zum Tag der Arbeit; Kartellverdacht: EU ermittelt gegen Deutsche Bank und Commerzbank; 2 Zimmer, 18 Millionen Dollar; Vermögensbesteuerung – Chancen, Risiken und Gestaltungsmöglichkeiten; Lasst die Banken ruhig wegziehen; Globale Ungleichheit 50 : 1 für die Reichen – Die Vermessung der Weltungleichheit; Versuchslabor Pingxiang; Peter Ehrlich – Höhere Steuern sind besser als Sparkurs; Arbeitslosigkeit in Spanien steigt drastisch; Nachtrag Albrecht Müller zu Hinweis Nr. 8. von heute; Hartz-IV-Regelsatz: Was der Mensch braucht; FDP fordert Sanktionen gegen Bildungspaket Verweigerer; Lukrative Nebenjobs; Wir alle haben verrückte Anteile in uns; Die schreckliche Willkür der syrischen Geheimpolize; »Furchtbar durchregierte Apparate«; Zornige Studenten, verhaltene Professoren – Folgen der Universitätsreform in Großbritannien; Gebrochenes Versprechen (JB)

Wir sind von Ignoranten umstellt – oder eben von professionellen PR-Journalisten

Heute um 11:57 Uhr werden wir von Spiegel Online mit der Meldung (Anlage 1) überrascht, wir hätten eine „Hohe Inflation“. 2,4 % Preissteigerung nennt der Spiegelautor Böll eine Inflation, und noch dazu eine „hohe“. Er tut dies, obwohl er gleichzeitig schreibt, dass diese 2,4 % vor allem wegen der „hohen Energiekosten“ erreicht werden. Wer in einem solchen Fall von Inflation spricht, hat nicht mehr alle Tassen im Schrank. Oder er arbeitet im Interesse anderer Interessenten und nicht seiner Leser. Albrecht Müller.

Nachtrag Albrecht Müller zu Hinweis Nr. 8. von heute:

Studie von Stiftung Warentest: Die Bahn kommt – zu spät
Ein Drittel aller Fernzüge ist verspätet. Das ist das niederschmetternde Ergebnis einer Studie von Stiftung Warentest. Die Bahn sucht wie immer nach Ausreden.
(…)
Siehe: Hinweise des Tages, Nr. 8
Quelle: Stern

Kommentar AM: Im letzten Jahr bin ich sehr viel Bahn gefahren und hatte mir eigentlich vorgenommen, in den NachDenkSeiten gelegentlich einen Artikel über die Pünktlichkeit der Bahn und das PR-Geschäft, das gegen sie in Sachen Pünktlichkeit betrieben wird, zu schreiben. Jetzt ist mir die Stiftung Warentest zuvorgekommen, allerdings mit der gegenteiligen Meldung. Ich halte diese Meldung und auch die zu Grunde liegende Studie für eine PR Maßnahme der privaten Betreiber des Schienenverkehrs. Das tue ich so lange, bis die Stiftung Warentest nicht auch eine Studie über die Pünktlichkeit des Flugverkehrs und des PKW-Verkehrs – eine Staustudie sozusagen – vorgelegt hat. An der Bahn kann man nämlich vieles kritisieren. Das haben wir in der NachDenkSeiten auch getan. Aber ihre Pünktlichkeit im Vergleich zu den anderen Verkehrsträgern ist vermutlich eben nicht zu beanstanden.

Hinweise des Tages

Heute unter anderem zu folgenden Themen: Arbeitsmarkt im April 2011; Schröder in verbotene Parteispende verwickelt; Frankreich will Lohnprämien erzwingen; Tabuthema Mindestlohn; Gefahr Insolvenz: Arbeiter müssen Lohn zurückzahlen; Teurer Flop; Ergänzung zum Artikel „Lolek und Bolek ante portas“; Lettlands Wirtschaftsminister – „Kurzfristig bleibt das riesige Gehaltsgefälle“; Studie von Stiftung Warentest: Die Bahn kommt – zu spät; Tom Tom als „Big Brother“ auf niederländischen Straßen; Griechenland – Parlament prüft U-Boot-Kauf; Die Arroganz der Macht; Libyen – US-Botschafter spricht von 10.000 bis 30.000 Toten; Dramatischer Waldverlust bis 2050; Überfälle in Berlin; Gregor Gysi: «Das Bürgertum läuft aus dem Ruder»; Der Abschluss Bachelor stößt bei der deutschen Wirtschaft auf wenig Interesse; Dreiste Hochzeitsplanung von ARD und ZDF; zu guter Letzt: Herr Mountbatten und Fräulein Middelton heiraten! (WL/JB)

TV Tipp: Heute 21.45 Uhr Panorama legt in der Maschmeyer-Affäre nach

Die Magazinmacher haben … herausgefunden, dass Maschmeyer im Landtagswahlkampf 1998 den Ministerpräsidenten und späteren Bundeskanzler Gerhard Schröder offenbar nicht nur mit der zunächst anonymen, bundesweit geschalteten Anzeigenkampagne „Der nächste Kanzler muss ein Niedersachse sein“ unterstützt hat, die 650 000 Mark kostete.
Wer hinter der Aktion stand, wurde erst später bekannt. Es soll noch eine weitere, bislang nicht bekannte Spende Maschmeyers von rund 150 000 Mark für Schröders Kanzler-Wahlkampf gegeben haben. Mit dieser sollen Anzeigen finanziert worden sein, die in „Welt“, „Welt am Sonntag“ und „F.A.Z.“ erschienen.
„Handwerk und Mittelstand für Gerhard Schröder“ war der Titel der Anzeige, mit ihr bekundeten 53 zum Teil namhafte Unterzeichner im September 1998 ihre Unterstützung für den SPD-Politiker, der sich als Kanzlerkandidat gegen den innerparteilichen Konkurrenten Oskar Lafontaine durchgesetzt hatte. Das Geld für die Anzeigen soll über einen Strohmann, Chefredakteur eines Fachverlags, geflossen sein. Eine solche Konstruktion sei eindeutig illegal, erklärte der Verfassungsrechtler Martin Morlok. Die SPD hätte auf ein „Strohmann-Modell“ niemals eingehen dürfen.
Quelle 1: FAZ
Quelle 2: Panorama

Vorsichtiger Wechsel in Baden-Württemberg

Zugegeben, der Koalitionsvertrag zwischen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD Baden-Württemberg [PDF – 900 KB] hebt sich mit seinen inhaltlichen Ankündigungen, in der Wortwahl oder in seinem Verständnis einer demokratischen Kultur, wohltuend von Koalitionsvereinbarungen schwarz-gelber Regierungsbündnisse ab. Die guten Botschaften hört man wohl, doch viele Zweifel bleiben, ob ihnen auch entsprechende Taten folgen werden. Allzu oft heißt es in dem Papier „wir streben an“, „mittelfristig soll“, wir wollen „im Dialog regieren“, „in Zusammenarbeit mit den Akteuren“ oder „wir werden das Gespräch suchen“ und „Brücken bauen“. Das hört sich sympathisch und demokratisch an, lässt aber für viele mit großem Pathos vorgetragene Ankündigungen alle Auswege offen. „Wir werden verändern, wo es notwendig ist, Manches anders und Vieles besser machen.“ Man wolle mit „Maß und Mitte“ vorgehen. Da spürt man die Vorsicht, mit der dieses Bündnis den „Wechsel beginnen“ will.
Bei vielen Entscheidungen, die eine klare politische Festlegung verlangen würden, beinhaltet der Vertrag nur Formelkompromisse. Die Hoffnung der Grünen, dass Stuttgart 21 nicht kommt, hängt an einem dünnen Faden und beim Atomausstieg schiebt man die Verantwortung auf den Bund ab. Wolfgang Lieb

Lolek und Bolek ante portas

Am 1. Mai endet die siebenjährige Übergangsfrist, mit der Deutschland und Österreich ihren Arbeitsmarkt vor potentiellen Migranten aus acht mittel- und osteuropäischen Ländern abgeschottet haben. Ab nächsten Monat können Staatsbürger der Slowakei, Polens, Tschechiens, Ungarns, Sloweniens, Estlands, Lettlands und Litauens ihre Arbeitskraft ohne bürokratische Einschränkungen auf dem deutschen Arbeitsmarkt anbieten. Während die Arbeitgeberverbände sich über den erhofften Zuzug von Fachkräften freuen, befürchten die Gewerkschaften eine Ausweitung des systematischen Lohndumpings zu Lasten der Arbeitnehmer. Schon bald wird sich zeigen, ob es sich Deutschland leisten kann, weiterhin auf einen flächendeckenden Mindestlohn zu verzichten. Jens Berger

Hinweise des Tages

Dieser Service der NachDenkSeiten soll Ihnen einen schnellen Überblick über interessante aktuelle Artikel und Sendungen verschiedener Medien verschaffen. Heute u. a. zu folgenden Themen: Frauen in Teilzeit, Niedriglohn, Rentenbeitrag, Bildungspaket, Strategen gegen Schuldenbremse, Fed-Pressekonferenz, Netzwerk gegen Gewerkschaften in den USA, BigBrotherAward 2011, iPhone-Ortung, Websperren, Netto und Mitarbeiter-E-Mails, Grün-Rot, Sarrazin, Libyen, Syrien, Flüchtlinge, Rechtspopulisten, Gaza. (RS + WL)

Kontenkrieg gegen Libyen

Weitestgehend unbeachtet von den Medien hat in den letzten Wochen eine Hand voll Länder libysche Vermögenswerte im Volumen von rund 50 Milliarden Dollar eingefroren. Obgleich die Eigentumsfrage an diesen Vermögenswerte völkerrechtlich umstritten ist, wachsen dies- und jenseits des Atlantik bereits die Begehrlichkeiten. Während man in den USA und der EU noch taktiert, haben einige afrikanische Staaten kurzerhand die Besitztümer des ehemaligen Vorreiters eines politischen und wirtschaftlichen Panafrikanismus still enteignet. Je länger der Bürgerkrieg in Libyen dauert, desto größer wird auch das völkerrechtliche Dilemma rund um das eingefrorene Vermögen. Jens Berger

Nationale Bologna-Konferenz

Am 6. Mai findet die zweite Nationale Bologna-Konferenz in Berlin statt. Die erste Konferenz („Schavan-Show“) war eine Folge der Bildungsproteste des Jahres 2009 und sollte einen Dialog zwischen Studierenden, Beschäftigten, Hochschulen und Politik eröffnen. Die zweite Konferenz findet in einem deutlich kleineren Rahmen statt und bereits heute lässt sich das Ziel dieser Veranstaltung erahnen: Der Bachelor soll als Erfolgsmodell dargestellt werden. Auf der Tagesordnung stehen daher: Der Übergang vom Bachelor in den Master, die Berufschancen von Bachelorabsolventen auf dem Arbeitsmarkt und Mobilität. Klemens Himpele beleuchtet die Themen im Vorfeld der Konferenz.

Hinweise des Tages

Heute unter anderem zu folgenden Themen: Deutschland wird zur Minijobber-Republik; Massenphänomen Altersarmut; Portugal sinkt tiefer; „Geld abgeben, dass was Gutes passiert“; Tigerstaaten verteilen Wohlstand um; FDP-Mann will schlechten Eltern Hartz IV kürzen; Armut in Deutschland “Kinder brauchen mehr als zehn Euro für den Sportverein”; Zuwanderer gefragt; Forscher geben Sarrazin Mitschuld an Abwanderung; Nachtrag zu Die Lüge mit Hartz IV-Sanktionen-Statistik soll den Flop des „Bildungspakets“ verdecken; Privat statt Staat – Kommunen zahlen drauf; Bayerischer Kuhhandel um einen Chefposten; Guantanamo – Gefangen ohne Beweise; Terror für Bananen; Studieren für Geld; Das Phantom der Bildungsrepublik; Blogs sind noch nicht im Mainstream angekommen; Das Allerletzte: Rangliste entlarvt Europas Klimasünder (MB/WL/JB)

Die Lüge mit Hartz IV-Sanktionen-Statistik soll den Flop des „Bildungspakets“ verdecken

828.708 Sanktionen gegen Hartz IV-Empfänger, eine Steigerung um 14 Prozent, so lauteten die Schlagzeilen. Damit wird der Eindruck erweckt, dass nahezu jeder Sechste der etwa 5 Millionen von Hartz IV Betroffenen sanktioniert würde, weil er die gesetzlichen Auflagen nicht erfüllt. Tatsächlich sind aber nur höchstens 4 Prozent Hartz-IV-Empfänger mit Sanktionen belegt worden. Bezogen auf den Bestand der Hartz IV-Empfänger, die sanktioniert wurden, hat sich die Quote der Betroffenen gerade einmal von 2,5 auf 2,8 Prozent erhöht. Selbst Arbeitsministerin von der Leyen muss einräumen: „96 Prozent verhalten sich korrekt“. Die in diskriminierender Absicht in die Welt gesetzte Horrorzahl von über 800.000 ausgesprochenen Sanktionen („Trauriger Rekord“) erklärt sich, dass nur die im angenommenen Zeitraum Anzahl der Sanktionen im Verlauf, also etwa auch mehrfache Sanktionen, erfasst werden, aber nicht die Zahl der Personen, die von einer Sanktion betroffen wurden. Wolfgang Lieb

Sarrazin, ein weiterer Sargnagel für die SPD

Am Gründonnerstag versuchte die SPD die Causa Sarrazin in der allgemeinen österlichen Ruhe still aus der Welt zu schaffen. Mit einer Erklärung, in der Sarrazin nicht ein Jota seiner sozialdarwinistischen Thesen zurücknimmt, wurde das Ausschlussverfahren gegen ihn eingestellt.
Die Thesen von „Deutschland schafft sich ab“ gelten künftig als von den sozialdemokratischen Grundsätzen gedeckt. Die „gütliche Einigung“ hat nicht nur den Rechtspopulismus in der Gesellschaft gestärkt, sondern er wird sogar noch über die SPD gesellschaftsfähig gemacht. Sozialdemokratische Grundwerte sind damit der Beliebigkeit preisgegeben. Indem sie Sarrazins Thesen, wonach sich Deutschland abschafft, hinnimmt, schafft sich die SPD selbst als integrierende Volkspartei vollends ab. Es lohnt sich den Wortlaut dieser Erklärung einmal genauer zu betrachten. Wolfgang Lieb