Hinweise des Tages

Ein Artikel von:

(KR/WL)
Vorbemerkung: Dieser Service der NachDenkSeiten soll Ihnen einen schnellen Überblick über interessante Artikel und Sendungen verschiedener Medien verschaffen.

Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Elterngeld: Mehr als die Hälfte aller Eltern hätten mit dem Erziehungsgeld mehr
    Zu den Verteilungswirkungen des Elterngeldes: Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Jörn Wunderlich, Klaus Ernst,Karin Binder, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE.
    Quelle: Drucksache 16/9034 der Linksfraktion [PDF – 65 KB]

    Kurzzusammenfassung von Manfred Bartl:

    • Bei 32 Prozent aller Eltern wurde das Elterngeld gegenüber dem Erziehungsgeldmodell um sagenhafte 50 Prozent gekürzt!
    • Mindestens (!) 56 Prozent aller Eltern hätten mit dem Erziehungsgeld mehr Fördermittel erhalten! Nur 3 Prozent erhalten eine Maximalförderung.
    • Insgesamt erhalten nur 16,2 Prozent Fördermittel in den vier (!) höchsten Kohorten von 1.000 bis unter 1.250, 1.250 bis unter 1.500, 1.500 bis unter 1.800 und 3 Prozent erhalten 1.800 und mehr, sodass sich der Maximalförderbetrag von 1.800 Euro ohnehin als Werbemasche und Luftnummer entpuppt.

    Vgl. auch Blog so-zi-al

  2. DGB-Chefökonom über Armut: “Der Sozialstaat wird rückgebaut”
    Mehr Armut, weniger Arbeitslose – der Chefvolkswirt des DGB Dierk Hirschel warnt vor Weimarer Verhältnissen: „Neueste Studien belegen, dass die Spreizung zwischen hohen und niedrigen Einkommen zwischen 1998 und 2005 um 10 Prozent zugenommen hat. Richtig interessant wird es aber, wenn man die Situation nach staatlicher Umverteilung betrachtet. Nach Steuern, Abgaben und Transfers ist die Ungleichverteilung im gleichen Zeitraum um 17 Prozent gestiegen. … Die Wirkung des staatlichen Steuer- Abgaben- und Transfersystems hat sich eindeutig verschlechtert. Wer soll anderes dafür verantwortlich sein, wenn nicht die Steuer-, Sozial- Arbeitsmarkt- und Einkommenspolitik? …Dafür die Globalisierung verantwortlich zu machen ist absurd. Dass der Kapitalismus aus sich selbst heraus Ungleichheit produziert, wissen wir seit über 200 Jahren. Die westeuropäische Antwort darauf waren der Sozialstaat und starke Gewerkschaften. Diese Erkenntnis ist offensichtlich verloren gegangen. Minilöhne, 1-Euro-Jobs, Leiharbeit und andere Formen prekärer Beschäftigung fallen doch nicht einfach vom Himmel. Der massive Lohndruck ist vor allem durch die Hartz-Reformen entstanden. Das hat die Gewerkschaften empfindlich geschwächt.“
    Quelle: TAZ
  3. Friedhelm Hengsbach: Die Folgen der Armut
    Ein Gespräch im Deutschlandfunk über den Armutsbericht
    Quelle: DLF unter Audio on demand Kulturfragen abrufbar
  4. Workfare: Von den Ein-Euro-Jobs zum „Dritten Arbeitsmarkt“
    Die Dienstpflicht zu gemeinnütziger Arbeit als Allheilmittel für den Arbeitsmarkt und für die fiskalische Krise der Kommunen?
    Bericht über einen Kongress am 8. September 2007 in Dortmund
    Quelle: Arbeitnehmerkammer [PDF – 428 KB]

    Anmerkung: Der Bericht enthält einige interessante Beiträge zu den sog. Workfare-Modellen, die durch den jüngsten Vorschlag des Bundeswirtschaftsministers und der IZA-Studie [PDF – 924 KB] neue Aktualität gewonnen haben.

  5. Mitarbeit in Ministerien weiter möglich: Bund hält Lobbyisten Türchen offen
    Die Regierung will Lobbyisten den Zugang zu Ministerien nicht erschweren. Während die EU deren Einflussnahme abzustellen will, verspricht das Innenministerium mehr Transparenz.
    Quelle: taz
  6. Zwielichtige Post-Gewerkschaft GNBZ: Der Mindestlohn-Trick
    Ver.di verklagt die Post-Gewerkschaft GNBZ. Der Vorwurf: Sie ließ sich von Firmenchefs kaufen. Das belegen jetzt neue Akten.
    Quelle: taz
  7. Der vorbestrafte Multimilliardär
    Das Ermittlungsverfahren wegen Steuerhinterziehung gegen Reinhold Würth ist eingestellt worden. Der Multimilliardär akzeptierte einen Strafbefehl – und zahlte eine hohe Geldstrafe. Würths Anwälte wollten von Anfang an verhindern, dass es zu einer öffentlichen Hauptverhandlung kommt. Sie strebten einen Strafbefehl an, der maximal eine Strafe von einem Jahr auf Bewährung sowie eine Geldstrafe zulässt, sofern ein Richter sowie der Beschuldigte ihm zustimmen.
    Quelle: SZ

    Anmerkung: „Wir befinden uns auf einem geradlinigen Weg in eine DDR-ähnliche Zeit, in eine Edel-DDR“, meint Würth. Das ist typisch für die politische Einstellung dieser neofeudalen Eliten gegenüber dem demokratischen Staat. Das Verhalten der „Leistungsträger“ ist nicht nur ein moralisches Versagen, sondern eine Begleiterscheinung ihrer Ideologie, für die sie auch politisch eintreten. Nach dem herrschenden, angebotsorientierten Wirtschaftsdogma muss der Staat alles für die Unternehmen tun, die Unternehmen erledigen den Rest. Vgl. Steuerhinterziehung – ein Spiegelbild gesellschaftlicher Verhältnisse

    Übrigens, haben Sie eigentlich von hunderten von Namen, die auf der CD der Liechtensteiner Bank vermerkt waren und die in den Verdacht der Steuerhinterziehung gerieten, noch irgendetwas gehört und gelesen? Haben Sie nach dem Zumwinkel-Skandal noch irgendetwas darüber erfahren, welche Maßnahmen zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung oder der Steuerflucht in Steueroasen ergriffen wurden? Sie erinnern sich, wegen „Florida-Rolf“, einem Menschen, der seine Sozialhilfe nach Florida überweisen ließ, wurde innerhalb von Tagen ein Gesetz geändert, um dies auszuschließen. Wenn es aber um die Millionen der „Leistungsträger“ geht, die Steuerbetrug begehen, dann gibt es zwar ein bisschen Aufregung – doch dann herrscht Stille im Walde. Das Äußerste ist ein Strafbefehl, der Diskretion sichert und den man aus der Westentasche finanzieren kann.

  8. Das Ende eines Skandal-Prozesses: Drei Freisprüche in Halberstadt
    Einmal zwei Jahre Haft und dreimal Freispruch – so lautet das Urteil zum rechtsextrem motivierten Überfall auf eine Schauspielergruppe in Halberstadt. Die Staatsanwaltschaft hatte unter dem öffentlichen Druck außerdem offenbar vorschnell eine unsolide Anklage erhoben. Die Mobile Opferberatung warf ihr deshalb vor, diese Anklage im Verfahren gar nicht mehr vertreten zu haben. Theaterintendant André Bücker sprach von einer “Katastrophe” und einer “äußerst deprimierenden Geschichte”. Einige Ensemblemitglieder haben das Theater und Sachsen-Anhalt bereits verlassen.

    Der Prozess krankte von Anfang an daran, dass durch die auffällige Nachlässigkeit der diensthabenden Polizeibeamten Beweise nicht sichergestellt werden konnten. So wurden nur vier der mindestens zehn beteiligten Neonazis namentlich ermittelt und angeklagt. Ein interner Prüfbericht hatte den Polizisten deshalb “Gesamtversagen” vorgeworfen. Vor Gericht machten die Beamten von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch.
    Quelle: taz

  9. Kapitalismus-Kritik: Lauter unsinnige Produkte
    10 Fragen an Benjamin Barber: Warum der Kapitalismus die Weltprobleme nicht lösen kann
    (Benjamin R. Barber, 68, war Präsidentenberater während der Amtszeit von Bill Clinton): „Unser ganzes Wirtschaftssystem basiert auf falschen Grundannahmen: nämlich darauf, dass man Menschen Dinge verkaufen kann, die sie nicht benötigen, und dass Markt und Konsum schon alle Probleme lösen werden. Aber Markt und Konsum sind dafür verantwortlich, dass es diese Probleme überhaupt gibt. Deshalb muss unser gegenwärtiges Wirtschaftssystem überwunden werden. … In den 80er Jahren hieß es, der Kommunismus werde ewig bestehen – ein paar Jahre später fiel er auseinander. Der heutige Konsumkapitalismus wird nicht siegen, weil er einfach zu viele Widersprüche hervorbringt – wie etwa Massenarbeitslosigkeit und Massenverschuldung. Deswegen muss er bezwungen werden, wobei wir den Kapitalismus an sich retten müssen. … Er muss gerettet werden, weil wir keine Alternativen dazu haben, oder besser gesagt, die Alternativen, etwa die staatliche Planwirtschaft, trotz all ihrer guten Absichten versagt haben.“
    Quelle: FR
  10. Schuld braucht Beweise
    Dass Gregor Gysi Stasi-Mitarbeiter war, ist nicht bewiesen. So lange muss er als unschuldig gelten. Zumindest darf sich niemand wundern, wenn Oskar Lafontaine nun trommelt, damit sich die Linkspartei einig hinter Gysi schart.
    Quelle: Tagesspiegel

    Anmerkung WL: Es geht uns nicht darum, Gregor Gysi zu verteidigen, dazu haben wir keine Sachkenntnis. Das kann Gysi als Betroffener und Anwalt selber. Für uns ist jedoch bemerkenswert, dass Akten der Stasi, einer Überwachungs- und Unterdrückungsbehörde, als Beweismittel für eine öffentliche Verurteilung gelten. Der Behörde also, die Instrument eines unmenschlichen Unterdrückungsapparates war, wird also die Rolle einer Urteilsinstanz zuerkannt. „Gregor Gysi war „nach Aktenlage“ Stasi-IM“ schreibt Bild.de am 28. Mai. Wer jemals Gelegenheit hatte, Unterlagen der Stasi einzusehen und die Eintragungen mit der Realität zu vergleichen, der wird erfahren haben, wie dilettantisch dort gearbeitet wurde, wie Sachverhalte verzerrt oder unsinnige Schlüsse gezogen wurden. Auf der Basis solcher „Aktenlagen“ Urteile zu fällen ist nicht nur rechtsstaatswidrig, sondern man macht sich mit der Stasi und deren Arbeitsweisen gemein. Warum fragt man eigentlich nicht die Familie des betroffenen Robert Havemann über die Rolle Gysis als dessen Anwalt.

    Dazu schrieb uns unser Unterstützer T.K. aus Berlin-Moabit:

    „Schon bezeichnend, wie dieselben, die sich über die angeblichen(!) Bespitzelungen Gysis eines Systemkritikers in der DDR echauffieren, hier und heute

    • den totalen Überwachungsstaat
    • den Bundestrojaner
    • Online-Durchsuchungen
    • den großen Lauschangriff
    • Vorratsdatenspeicherung
    • gespeicherte Fingerabdrücke, Maut- und Fluggastdaten
    • u.s.w.

    einfach durchwinken.“
    Und machte uns auf eine den Sachverhalt treffende Zeichnung von Klaus Stuttmann www.stuttmann.de aufmerksam:
    Quelle: Stuttmann

  11. Vom Einfluss der Reformierer auf die Bildungspolitik – Warum die Schulministerin in NRW spitze sein soll
    NRW-Schulministerin ist entzückt – wenn Beobachter der Bildungspolitik in dem CDU-regierten Bundesland das hören, sind sie gewarnt: Barbara Sommers (CDU) Schulpolitik ist angeblich spitze. Das dicke Lob kommt vom Institut der deutschen Wirtschaft in Köln, das im Auftrag der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft einen Vergleich der Schulpolitik der Bundesländer durchführte.
    Quelle: Linkszeitung

    Anmerkung WL: Ministerin Sommer hat auch noch die Grundschulbezirke aufgelöst und damit der sozialen Desintegration schon in der Grundschule Tür und Tor geöffnet. Außerdem werden in NRW inzwischen sogar schon bei Grundschulen private Schulen zugelassen.

    Siehe auch:

    Noten für die Schulpolitik
    Quelle: heise online

  12. Vorläufige Bilanz des Hochschulpaktes 2020
    Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Cornelia Hiersch et al. und der Fraktion Die Linke
    Quelle: Deutscher Bundestat [PDF – 195 KB]

    Anmerkung: Die Antwort der Bundesregierung liefert eine Menge gut nutzbarer Zahlen über die Hochschulzulassungen, die Nachfrage nach Hochschultypen und Fächern. Sie gibt auch einen Überblick über die Abrufung der Mittel durch die einzelnen Länder.

  13. Missbrauchsvorwürfe: Schreckliche Helfer
    Die Vorwürfe gegen UN- Blauhelme sind nach Ansicht von Experten nur ein kleiner Teil der Wahrheit. Auch Bundeswehrsoldaten sollen sich an sexueller Ausbeutung von Frauen beteiligt haben.
    Quelle: FR
  14. Tipp: Teurer Irak-Konflikt
    Joseph E. Stiglitz und Linda Bilmes berechnen “Die wahren Kosten des Krieges”
    Joseph Stiglitz, Wirtschaftsnobelpreisträger und ehemaliger Chefökonom der Weltbank, hat zusammen mit der Harvard-Professorin Linda Bilmes die Kosten des Irak-Kriegs errechnet: “Der Drei-Billionen-Dollar-Krieg” lautet der Originaltitel ihres Buches, das in diesen Tagen auf Deutsch erscheinen wird. In der Übersetzung “Die wahren Kosten des Krieges” klingt politischer Streit an. Warum die Rechnung der Autoren soviel höher ausfällt als die offiziellen Schätzungen, hat unser Washington-Korrespondent Klaus Remme gelesen.
    Quelle: DLF

    Das Letzte:

    “Arme” Manager: Kreuzschmerzen von den Siemens-Millionen
    So schleppte man immense Bargeldsummen von der Deutschen Bank nach Österreich, um die dort (natürlich nicht unter dem Namen Siemens) an die Empfänger weiterzuleiten. Der Zeuge: „Fünf bis zehn Millionen hatten wir oft in großen Pilotenkoffern.“ Die Koffer seien furchtbar schwer gewesen, so Heinz von J.: „Ein Kollege hat sich deshalb am Rücken was zugezogen.“
    Quelle: tz

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