Kategorie:
Meinungsmache

Wahlen: Das Volk verabschiedet sich von der Politik

Der Ausgang der Landtagswahlen brachte, wenn man ausschließlich auf die Stimmanteile der Parteien schaut, keine Überraschungen. Da in der Bundespolitik zwischen den großen Parteien bisher ein Waffenstillstand herrscht und die kleinen Parteien in der öffentlichen Debatte nicht mehr vorkommen, bestätigten diejenigen Wählerinnen und Wähler, die sich noch zu den Wahlurnen aufmachten, die amtierenden Regierungschefs. In Sachsen-Anhalt gingen über 55%, in Baden-Württemberg über 46% und in Rheinland-Pfalz rd. 42% der Wahlberechtigten nicht mehr zur Wahl und auch bei den Kommunalwahlen in Hessen waren die Wähler in der Minderheit. Bei allen diesen Wahlen gab es nicht nur dramatisch zurückgehende sondern historisch einmalig niedrige Wahlbeteiligungen. Ein Alarmzeichen für Politik und Demokratie.

Christoph Butterwegge: Migrationsberichterstattung – Massenmedien als Motoren der Ethnisierung

Über die Ausländer/innen in der Bundesrepublik berichten Massenmedien ganz ähnlich wie über das Ausland, nämlich praktisch nur im Ausnahmefall, der möglichst spektakulär sein und katastrophische Züge tragen sollte, wodurch Zuwanderer mit Unordnung, Chaos und Gewalt in Verbindung gebracht werden. Der medial konstruierte und auf diese Weise deformierte „Fremde“ ist überflüssig oder gefährlich, zu bedauern oder zu fürchten – meistens allerdings beides zugleich. Das gilt vor allem im Hinblick auf Musliminnen und Muslime aus der Türkei, die mit Abstand größte Zuwanderergruppe Deutschlands. Die aktuelle Migrationsberichterstattung reproduziert, forciert und zementiert jenen Trend zur sozialen Polarisierung, den die Globalisierung bzw. neoliberale Modernisierung erzeugt.

SWR führt maßlos in die Irre – auf der Basis von dpa und der „Studie“ des Berlin-Instituts

Am 16.3. lief bei SWR 1 eine 2-Stündige (!) Sendung zum Dauerthema: Der Abend: Die Deutschen und die Angst vorm Kind. Das ist ein eindeutiger Fall für die „Rubrik Manipulation des Monats“. Zur „Ehre“ von SWR, meinem Haussender, kann man nur sagen: der Sender ist nicht allein, in nahezu allen Medien wird diese Manipulation betrieben, und nahezu nirgends eine kritische Stimme. Das ist schon erstaunlich, denn so schwer wäre es ja nicht gewesen, die Recherchen zu machen, deren Ergebnisse ich im folgenden präsentiere.

Gerd Bosbach: Achtung: Falschmeldungen unterwegs!!!

„Deutschland hat weltweit mit der niedrigsten Geburtenrate zu kämpfen.“ „Statistisch gesehen bringt jede Frau nur noch 1,36 Kinder zur Welt. Damit hat die Geburtenrate den Tiefstand des letzten Kriegsjahres 1945 erreicht.“So berichtete dpa über eine Pressekonferenz und Veröffentlichung des Berlin-Institutes für Bevölkerung und Entwicklung. Und fast alle Medien teilten uns diese alarmierenden „Forschungsergebnisse“ mit, oft als großer Aufreißer auf Seite 1 oder zu Beginn der Sendung.
Beide „Fakten“ sind falsch.

Raffelhüschen bei Monitor als ertappter Lobbyist der Versicherungswirtschaft.

Manchmal spielt der Zufall so, dass man seine wahre Freude hat. Am 16.3. kurz vor und nach 22:00 Uhr zum Beispiel: Bei Monitor kam Raffelhüschen ins Stottern, als Monitor-Reporter Kim Otto nach seiner Tätigkeit für die Versicherungswirtschaft fragte. Protokoll der Monitor-Sendung siehe unten. In Berlin Mitte beginnend um 22:15 Uhr wurde Professor Raffelhüschen noch freundlich auf der Website von Berlin Mitte als „Rentenfachmann“ und „Rentenexperte“ eingeführt, sagte dann aber nichts zur Anmerkung der Moderatorin zu seinen Beziehungen zur privaten Versicherungswirtschaft.

BILD und die Rentenangst – harte Interessen, weiche Zahlen

Bericht: Kim Otto, Markus Zeidler
ARD, 21:45 – 22:15 Uhr:
Seit Monaten läuft in der BILD-Zeitung eine Kampagne um die gesetzliche Rente. Die Botschaft: Wer nicht privat vorsorge, dem drohe Altersarmut.
MONITOR zeigt, wie mit unseriösen Zahlen die Angst in der Bevölkerung geschürt wird. Diese vermeintlich objektiven Fakten stammen von einem Wirtschaftsinstitut, hinter dem die Finanzwirtschaft steht. Gleichzeitig kommen Wissenschaftler zu Wort, die in Aufsichtsräten von großen Versicherungskonzernen sitzen. Die Recherchen zeigen, wie der Versicherungskonzern Allianz gemeinsam mit der Gruppe Bild.T-online.de eine “strategische Kooperation” eingegangen ist. Das Ziel ist offenbar, möglichst viele Bild-Leser zum Abschluss einer privaten Altersvorsorge zu bewegen. Dafür wurde auch mit großen Anzeigen in der BILD-Zeitung geworben. Experten beobachten seit Jahren, wie ein Netzwerk aus Journalisten, Wissenschaftlern und Versicherungskonzernen die gesetzliche Rente verunglimpft und mit dubiosen Zahlen für die private Versicherungswirtschaft wirbt.

Quelle: WDR

Zum Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung und zu Kaufmann in der SZ

Eine neue Volksverblödungswelle überschwemmt das Land. Ausgelöst wurde sie vom Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung. Von FAZ bis Handelsblatt, von der Stuttgarter Zeitung bis zum heute-journal wird ein neuer Demographie-Tsunamie beschworen. Siehe auch Tagebucheintrag vom 15.3.. Die Studie ist und enthält Wertungen jenseits jeder Wissenschaftlichkeit. – Ähnliches gilt für ein Interview der Süddeutschen Zeitung mit dem Soziologen Franz-Xaver Kaufmann. Nach Lektüre dieses Interviews habe ich den Eindruck, wir sind am Ende des Zeitalters der Aufklärung angekommen.

Vom unsauberen Umgang mit Fakten bei Schirrmacher, Spiegel, ZDF-heute, Bild u.a.m.

Prof. Gerd Bosbach hat sich freundlicherweise den Spiegel letzter Woche („Jeder für sich. Wie der Kindermangel eine Gesellschaft von Egoisten schafft“) angesehen. Seine Antwort ist auch zugleich eine Antwort auf höchst irreführende Einlassungen in ZDF-heute vom 14.3. und in Bild vom 15.3. (siehe unten).
Mein Eindruck: die Manipulation zum Thema Demographie legt noch einen Zahn zu. In vielen Medien wird brutal manipuliert. Das hat schon Züge der Propaganda von Goebbels. Wir können deshalb nicht umhin, Sie in den NachDenkSeiten auch weiterhin mit Fakten und Anmerkungen zu diesem Thema zu belästigen. Wir regen zugleich an, in die Debatte einzugreifen und zumindest in Ihrem Freundes-, Kollegen- und Familienkreis aufklärend zu wirken. Wir dürfen unseren Eliten diese massive und erkennbar interessenbestimmte Irreführung nicht durchgehen lassen.

100 Tage Große Koalition: „Immer nur lächeln, lächeln trotz Weh und tausend Schmerzen, doch wie´s da drin aussieht, geht niemand was an.“

Auf diesen Refrain eines Evergreens aus Franz Lehárs Operette „Das Land des Lächelns“ spielt diese Woche die Titelgeschichte des SPIEGELs an. In ganz Deutschland scheint diese seit langem aus der Mode gekommene Operette auf allen Spielplänen zu stehen: Bei Konjunkturforschern, bei Ministern, bei Händlern, bei Konsumenten, bei Managern, bei Börsianern, bei Arbeitsvermittlerinnen, sogar bei Ex-Ministern, Talkmastern oder bei Spaßmachern, so fabuliert der SPIEGEL in gewohnter Oberflächlichkeit. Die Operette gilt als eine leicht bekömmliche Musikgattung, die vor allem der Unterhaltung und der Ablenkung von den Sorgen des Alltags dienen soll. Doch wie´s da drin aussieht, geht eben niemand was an!

Gespensterjagden

Ein psychologisch-diskurskritischer Essay von Brigitta Huhnke, angestoßen durch die Rede von Kanzlerin Merkel auf dem Weltwirtschaftsforums (World Economic Forum, WEF) am 25. Januar 2006 in Davos.
Die Autorin lockt die Leserinnen und Leser in eine fiktive Geisterbahn. Dort werden Sie als erstes mit Gespenstern sozialreformerischer und emanzipatorischer Bewegungen konfrontiert, als nostalgischer Albtraum für die heutige Führungselite der Sozialdemokratie sozusagen. Ausgehend von Walter Benjamins Figur des „destruktiven Charakters“ können Sie dann in der zweiten Etappe, in der Innovationsabteilung für ‚verantwortete Freiheit’, dem sprachanalytischen Sezieren der Grundschablonen neoliberaler Wort- und Phrasenschöpfungen beiwohnen, die sich der Meinungsmainstream um das Jahrhundertwerk „Agenda 2010 geschaffen hat, um die Destruktion des Sozialstaates zu rechtfertigen. Dann erreichen Sie das Land der Ideen, von dem Angela Merkel so viel in Davos erzählt hat. Die Kanzlerin gibt mit ihrer Rede zum Motto „Kreativer Imperativ“ ihr Debüt als Fahnenträgerin in die neoliberalen Wahnwelten. Viel Spaß bei der Fahrt in die Abgründe politischer Kultur und Vernunft.

Quelle: Gespensterjagden [PDF – 184 KB] »

Imageberater für Steinbrück

Für 160.000 Euro pro Jahr sucht der Finanzminister laut SPIEGEL einen externen Imageberater. Er soll dafür sorgen, dass Steinbrück „mit den richtigen Themen und der richtigen Sprache am Markt ist.“ Dem Finanzminister geht es offenbar nicht mehr darum, ob sein Sparkurs richtig oder falsch ist, es geht nur noch darum diesen Kurs zu „verkaufen“.

„EWS-Award 2005“ an Roland Koch – die ganz alltägliche Meinungsmache neoliberaler Lobbyorganisationen

„Roland Koch gewinnt mit Bürokratieabbau“ titelt der Tagesspiegel einen Beitrag über die Verleihung eines sog. „Award 2005“ durch einen hochrespektabel klingenden „Europäischen Wirtschaftssenat“ (EWS). Was nicht berichtet wird, das ist, wer und was sich hinter der den hessischen Ministerpräsidenten auszeichnenden Organisation verbirgt. Der EWS hat – entgegen seinem Namen – nichts mit irgendwelchen europäischen Gremien zu tun, sondern rühmt sich selbst als „Gremium besonders erfolgreicher Unternehmerpersönlichkeiten“. Sieht man noch genauer hin, so entpuppt sich der EWS als eine der gemeinen Wirtschaftslobbyorganisationen. Da überrascht es nicht mehr, dass der CDU-Vorsitzende Koch gerade sechs Wochen vor der hessischen Kommunalwahl „geehrt“ wird.

„Ökotest“ auf neoliberalem Kurs – Weitersagen!!!

Die Durchdringung unserer Medienlandschaft mit neoliberalen Parolen wird immer schlimmer. Ein gelegentlicher Autor der NachDenkSeiten, Gerhard Kilper, macht uns auf Tendenzen bei Ökotest aufmerksam. Wir dokumentieren einen Teil seines Briefwechsels mit der Redaktion von Ökotest. Ein Teil deshalb nur, weil die Redaktion mit der Veröffentlichung ihrer Antwort auf den Brief von Gerhard Kilper nicht einverstanden war. So schwach ist die Argumentation dieser Vertreter des neoliberalen Netzwerkes. Umso wichtiger ist, dass Sie als Leser der NachDenkSeiten auf solche Vorgänge aufmerksam machen, also weiter sagen! Selbst ich lebte bisher in dem treuherzigen Glauben, in „Ökotest“ stehe drin, was drauf steht.