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Meinungsmache

IAB: Kurzarbeit kostet Betriebe rund 5 Milliarden Euro – Wie viel kostet sie die Arbeitnehmer?

„Der millionenfache Einsatz von Kurzarbeit belastet die Betriebe nach Erkenntnissen von Arbeitsmarktforschern in diesem Jahr voraussichtlich mit rund fünf Milliarden Euro“ . Diese Schagzeile über eine Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung [PDF – 1.3 MB] ging gestern den ganzen Tag durch die Nachrichten.
Wunderbar, so großmütig und so arbeitnehmerfreundlich sind unsere Betriebe, sollte uns damit wohl verkündet werden.
Leider schaffte es die Tatsache, dass die über 1,1 Millionen Kurzarbeiter rd. 3 Milliarden Euro von ihrem Lohn opfern müssen, nicht in die Schlagzeilen. Und nur ganz nebenbei wird vermerkt, dass die Bundesagentur in diesem Jahr mit Kosten für die Kurzarbeit samt „Lohnnebenkosten“-Erstattung gleichfalls in Höhe von rund 6 Milliarden Euro rechnet. An diesen Kosten zahlen die Arbeitnehmer durch ihren Anteil an den Arbeitsversicherungsbeiträgen gleichfalls die Hälfte mit.
Was aber die Schlagzeile noch mehr relativiert, ist die Aussage in der Studie, dass die „Remanenzkosten“ der Betriebe für die Kurzarbeit bezogen auf die gesamtwirtschaftliche
Bruttolohn- und Gehaltssumme 0,4 bis 0,6 Prozent ausmachen. Wolfgang Lieb

Schon 2003 und in Kenntnis der heraufziehenden Finanzkrise hat eine große CDU/CSU/SPD/FDP/Grüne-Koalition mit der Förderung des Finanzkasinos weitergemacht (Finanzkrise XXV)

Die Bundeskanzlerin, der Bundesfinanzminister und andere wichtige Personen in Politik und Finanzwirtschaft erwecken immer wieder den Eindruck, sie seien 2008 von der Finanzkrise überrascht worden und Deutschland habe mit den Ursachen wenig zu tun, sie sei aus den USA über uns gekommen. Wir haben diese Behauptungen in den NachDenkSeiten (die Serie zur Finanzkrise siehe hier) und in den Jahrbüchern hier und hier vielfach und mit Fakten widerlegt. Jetzt sind wir von einem Nachdenkseiten-Leser auf drei weitere einschlägige Dokumente aus dem Jahr 2003 aufmerksam gemacht worden. Albrecht Müller

Wer als Gewerkschaftsvorsitzender die Agendareformen unterstützt hat, sollte eigentlich verschämt sein Haupt verhüllen.

Der Vorsitzende der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie Hubertus Schmoldt sieht das offensichtlich anders. Er wendet sich in einem Interview mit der Bild-Zeitung mit guten Argumenten gegen Leiharbeit, erwähnt aber leider nicht, dass vor allem der ihm politisch nahe stehende Wolfgang Clement und die Regierungen Schröder bis Merkel die Leiharbeit beträchtlich erleichtert und ausgebaut haben. Er polemisiert in diesem Interview gegen die Linkspartei. Quelle und Kommentar siehe hier.
Weil die Wahlversprechen der Linkspartei nicht finanzierbar seien, dürfte sie keine Verantwortung im Bund übernehmen, meint Schmoldt. Diese Polemik ist jedoch schlicht unglaubwürdig. Albrecht Müller

Die Ausbildung zum Spekulanten geht weiter.

Unbeeindruckt von den schlimmen Folgen der Spekulation als wesentlicher Ursache der Finanzkrise treibt die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft die geistige Infiltration der Schulen weiter. Hier ein Überblick über Neues von „Wirtschaft und Schule“, den dankenswerterweise MB recherchiert hat. Machen Sie sich selbst ein Bild. Albrecht Müller
 

Asymmetrie zu Lasten der SPD – und sie wehrt sich nicht

„Nahles für Neuregelung der Dienstwagen-Verordnung“, meldete dpa am 2.8.09. Das mag ja sinnvoll sein. Aber es ist eine defensive Reaktion auf die Dienstwagengeschichte der Gesundheitsministerin. Mal abgesehen davon, dass die Sozis nicht wissen, wie man mit den Medien umgeht, ist dieses Einknicken auch die Folge der hoffnungslosen Einseitigkeit der mächtigen Medien. Haben die Medien zum Beispiel beim Ski-Unfall von MP Althaus gefragt, wie der hinter Althaus fahrende Sicherheitsbeamte auf die Piste kam? Zu Fuß von Erfurt nach Österreich? Oder mit dem Dienstwagen? Haben sie gefragt, ob Althaus zurecht sicherheitsgefährdeter ist als Schmidt? Ein bisschen Recherche würde Erkenntnisse und viele Fragen hinterlassen. Albrecht Müller

Interessenskollisionen und Eigeninteressen als „systemisches Risiko“

Wie das Handelsblatt berichtet, befanden sich sowohl die Bundesbank als auch die Finanzaufsichtsbehörde BaFin bei den Entscheidungen über die Rettung der Hypo Real Estate in einem „schweren Interessenkonflikt“ . Die Bundesbank selbst hatte nämlich noch im September 2008 (!) rund 2,3 Milliarden bei der HRE angelegt. Neben Bundesbankpräsident Weber und BaFin-Präsident Sanio hatten auch andere an den Gesprächen vom 26.09 bis 28.09.2009 zur Rettung der HRE Beteiligten [PDF – 1.9 MB], so etwa Martin Blessing von der Commerzbank, Josef Ackermann von der Deutschen Bank oder die Vertreter der HypoVereinsbank erhebliche Eigeninteressen. Wenn also die Vertreter dieser Institutionen nun vor dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss auftreten und wie Sanio das „Weltfinanzsystem am Abgrund“ sahen oder wie Commerz-Chef Blessing die Entscheidungen der Bundesregierung unterstützen, dann dürften sie vor allem die Eigeninteressen ihrer Häuser vertreten haben. Dass für sie die Pleite der HRE ein „systemisches Risiko“ darstellte, ist nur nahe liegend. Ihre Aussagen vor dem Untersuchungsausschuss, sind deshalb nichts anderes als parteilich. Eine objektive Aufklärung ist von solchen Zeugen nicht zu erwarten. Wolfgang Lieb

Ohne Thematisierung der Medienbarriere ist die Mehrheit das Freiwild jener mit viel Geld und publizistischer Macht

Wer darüber verfügt, kann die öffentliche Meinung in weitem Maße prägen und damit auch bei Wahlen die politische Macht erobern. Wir erleben das in Italien, in Frankreich, bei uns. Es macht jedoch keinen Sinn, wie das Kaninchen auf die Schlange zu starren. Man muss die Manipulation zulasten der Mehrheit zum Thema machen. Man muss die Medienbarriere, mit der als politische Partei oder als Bürgerbewegung zu kämpfen hat, wer gegen die großen Interessen angeht, zur Sprache bringen. Wenn das nicht gelingt, dann wird die so genannte bürgerliche Koalition, besser würde man sagen: die rechtskonservative Koalition aus Schwarz und Gelb einen großen Wahlsieg erringen. Albrecht Müller

Der einzige Schutz gegen Kampagnenjournalismus: ihn sichtbar machen und beim Namen nennen.

Sprachlos steht man am Rande des Geschehens. Maßgebliche Medien, nicht nur die Bild-Zeitung, auch der Spiegel, die Zeit, das ZDF, die ARD und die kommerziellen Rundfunksender lassen sich in Kampagnen der Indoktrination einspannen. Es kommen immer die gleichen Argumente, die Opfer sind in der Regel die Gegner der neoliberalen Bewegung. Siehe die Hinweise auf die Asymmetrie hier und hier. Heute dokumentieren wir die Kommentare einer Leserin der NachDenkSeiten zu einem Interview des Spiegel mit Gysi zum Sommer Interview mit Lafontaine im ZDF. Sie haben die Wahl zwischen einer Langfassung [PDF – 224 KB] und einer Kurzfassung [PDF – 148 KB]. Albrecht Müller

Steinbrücks biedere Flucht aus der Verantwortung (Finanzkrise XXIII)

Wir kennen die Ausflüchte Angela Merkels und Peer Steinbrücks schon: die Finanzkrise kam aus den USA, die Verantwortlichen bei uns sind davon überrascht worden. Steinbrück gibt in einem Gastbeitrag in der Süddeutschen Zeitung „selbstkritisch“ zu, „dass auch meine Partei jahrelang im Deregulierungszug saß, wenn auch nie in der Lokomotive.“ Zugleich aber versucht er mit einem moralisch aufgeladenen Angriff auf die Wirtschaft und speziell auf den HSH-Nordbankchef, von der eigenen Verantwortung abzulenken. „Die 2,9 Millionen für Nonnenmacher zeigen, was die Wirtschaft von Sitte und Moral hält – wenig.“ Albrecht Müller

Doppelte Asymmetrie – Warum wehren sich die Linken nicht?

Der frühere Chefredakteur des ZDF, Klaus Bresser hat einmal davon berichtet, dass er vom CDU-Generalsekretär Dr. Geißler regelmäßig beschwerdeführend angerufen worden sei, wenn der CDU ein Sendebeitrag nicht in den Kram passte. Die SPD sei sehr viel zurückhaltender gewesen. Heute ist das nicht viel anders. Davon können die wenigen Journalisten, die bei Monitor, ZAPP, beim Saarländischen Rundfunk und wenigen anderen gelegentlich die Union beziehungsweise den Einfluss wirtschaftlicher Interessen kritisieren, ein Lied singen. Nicht nur die Union, auch die Verbände der Wirtschaft reagieren prompt mit Beschwerden bei den Intendanten und in den Fernsehräten.
Wie früher schon die SPD hält sich heute auch die Linkspartei offensichtlich vornehm zurück. Albrecht Müller

Steinbrück plant den Ausstieg aus der Politik und den Umstieg in die Finanzwirtschaft

Am 10. Juli hat die sog. „Rentengarantie“ den Bundesrat passiert, eine Schutzklausel, mit der Rentenkürzungen in konjunkturell schwachen Zeiten ausgeschlossen werden sollen. Am gleichen Tag meldete Finanzminister Steinbrück, nicht etwa im Bundesrat, wo er noch hätte in die Beschlussfassung eingreifen können, sondern im ARD-Morgenmagazin und in der Frankfurter Rundschau erhebliche Bedenken dagegen an.
Dass Steinbrück diese emotionsgeladene Debatte zu Beginn der heißen Wahlkampfphase anheizt, lässt sich nur noch mit einer Lust am Untergang seiner SPD erklären. Rational lässt dieser wahlstrategische Nackenschlag nur noch den Schluss zu, dass Steinbrück die Wahl verloren gibt und nicht einmal mehr den Erhalt seines Ministeramtes in einer Großen Koalition erwartet. Wahrscheinlich ist ihm nach all dem finanzpolitischen Schlamassel, den er mit angerichtet und zu verantworten hat, die Flucht aus dem politischen Amt in die Privatwirtschaft der willkommene Ausweg. Steinbrück bedient mit seiner Forderung nach mehr „Generationengerechtigkeit“ massiv die Interessen der Finanzwirtschaft an einer weiteren Privatisierung der Altersvorsorge. Ein kleines Dankeschön der Finanzdienstleister in Form eines attraktiven Pöstchens als Altersversorgung für Steinbrück wird da schon herausspringen. Wetten, dass… Wolfgang Lieb

Ist der Ruf erst ruiniert, dann lebt sich’s völlig ungeniert

„IKB bekommt neue Milliardenhilfen“ (Tagesschau v. 4.7.), „Finanzkonzerne dürfen Bilanzen bereinigen“ (SPON vom 3.7. zur Verabschiedung des Gesetzes über die Auslagerung fauler Wertpapiere). Solche unglaublichen Meldungen werden uns täglich präsentiert. Alleine der Vorgang IKB wäre eine Revolution wert. Die Garantiesumme liegt angeblich jetzt bei 12 Milliarden. (Siehe Anlage 1.) Vorher ist das Unternehmen aber für einen Betrag von ungefähr 8 Milliarden vom Staat gerettet und übernommen worden und für 150 Millionen (!) an den amerikanischen so genannten Investor Lonestar verkauft worden. Das war schon unglaublich. Und jetzt geht es weiter. Kaum ein Journalist regt sich auf. Die Verantwortlichen überstehen die Milliarden Geschenke ohne Ansehensverlust. Die Sanktionen bleiben aus. Wie ist das möglich? Albrecht Müller

Horst Köhler im Sommerinterview mit dem ZDF: Wahlwerbung für Schwarz-gelb

Steuersenkungen seien möglich: “Die Grundvoraussetzung ist, dass wir wieder eine wirtschaftliche Dynamik bekommen, die auch die Steuereinnahmen verstärkt.“ Es sei wichtig und richtig, „dass diejenigen, die dafür sorgen, dass in diesem Land etwas produziert wird, dass Ideen, Innovationen und damit Arbeitsplätze entstehen, das Gefühl haben, ihre Anstrengungen werden belohnt und sie können weitermachen.“ Wir brauchten ein „einfacheres Steuersystem“ und wir brauchten „ein besseres System“, „damit die Mittelschicht, die sich anstrengt und ihre Kinder ernährt, weiß, sie arbeitet nicht umsonst.“ Genauso liest es sich das auch in den Wahlprogrammen von CDU und FDP. Dass seine Wiederwahl von Union und Liberalen als Signal für Schwarz-gelb benutzt wird, verwundert Köhler nicht: „Sie haben ja vorher gesagt, dass sie mich unterstützen und darüber haben sie sich jetzt gefreut”. Zum Dank unterstützt jetzt Köhler eben bei der kommenden Bundestagswahl Schwarz-gelb. Wolfgang Lieb