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Kampagnen/Tarnworte/Neusprech

Die Treibjagd auf Willy Brandt geht weiter. Die Jagdgesellen lassen ihm auch zum 100. keine Ruhe.

Jetzt erschien in der Reihe ZEIT Geschichte ein Sonderheft zu Willy Brandt. Im Editorial hat der Chefredakteur Christian Staas in einem halben Absatz gleich mehrere der üblich gewordenen üblen Nachreden aneinandergereiht. Siehe hier und unten. Diese Kernsätze des Editorial wie auch einige Gemeinheiten im Inneren des Heftes sind eingepackt in durchaus interessante und freundliche Artikel zum Geburtstag Willy Brandts. Dieses Umfeld erhöht die Glaubwürdigkeit der Behauptungen, Willy Brandt habe „keine Antwort“ gewusst „auf die Krise nach der Wirtschaftswunderzeit“ und er habe sich „in düstere Stimmungen verloren – in Depressionen, sagen manche“. Von Albrecht Müller

Hat sich etwas bewegt in zehn Jahre NachDenkSeiten? Wenig. Oder doch? Auch darüber mehr bei der Fachschaft Kommunikationswissenschaft in München am 27.11.2013

Die Manipulation geht jedenfalls im großen Stil weiter. Kampagnenjournalismus ist immer noch nicht geächtet. Darüber werde ich, wie schon berichtet am kommenden Mittwoch sprechen und einen Anstoß zur Diskussion geben. Wissenswertes zur Veranstaltung finden Sie hier und hier. Mit dabei sein wird freundlicherweise Prof. Dr. Carsten Reinemann und damit ein Fachmann für politische Kommunikation. – Auch nicht der Universität Angehörige sind eingeladen. Albrecht Müller.

Der Meister des Kasinos

Jens Weidmann, Präsident der Deutschen Bundesbank, hat eine Reise ins Spielkasino nach Baden-Baden unternommen für ein Foto-Shooting des FAZ-Verlags.

Das Ergebnis ist Teil der seit Jahren laufenden FAZ-Werbekampagne “Dahinter steckt immer ein kluger Kopf”. Aber hat Jens Weidmann bei der Wahl dieser “Location” klug gehandelt? Einmal ganz abgesehen von der Frage, ob der nicht gewählte, ranghöchste deutsche Geldpolitiker überhaupt gut daran tut, sich vor den Werbekarren eines in Sachen Wirtschaftspolitik extrem einseitigen Blattes spannen zu lassen. Von Stefan Dudey[*].

Hysterische Propaganda gegen Steuererhöhungen

Als erste Gerüchte durchdrangen, dass die CDU sich in den kommenden Koalitionsverhandlungen beim Thema Spitzensteuersatz kompromissbereit zeigen wolle, verfiel die Medienlandschaft in kollektive Hysterie. Hyperventilierende Leitartikler überschlugen sich mit immer den gleichen und stets falschen Scheinargumenten gegen Steuererhöhungen. Die konzertierte Kampagne entfaltete schnell ihre Wirkung. Seit gestern bemüht sich die CDU redlich, das Offensichtliche zu dementieren. Die Halbwertzeit dieser Dementis ist jedoch überschaubar. Fragt sich nur, warum die Medien immer wieder derart unredlich werden, wenn es um das Thema „Steuererhöhungen“ geht. Von Jens Berger

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WAHL-BILD und Co. – Endspurt der Pro-Merkel-PR

Morgen verteil die Bild-Zeitung gratis an 41 Millionen Haushalte eine „WAHL-BILD“: „Damit GANZ Deutschland wieder Lust auf Demokratie und Politik bekommt.“ Gesponsert offenbar auch von der Deutschen Bank soll unter der Balkenüberschrift „Prost Wahlzeit!“ und mit mehr oder weniger platten Spaßparolen („Ab ins (Wahl)Lokal“, „Ran an die Urne“, „Je mehr Prozent, desto besser!“) und dazu noch mit einem Gewinnspiel vordergründig parteipolitisch neutral Lust aufs Wählengehen gemacht werden. Exklusiv sollen dann aber die Altkanzler Helmut Kohl & Gerhard Schröder erklären „Warum diese Wahl so wichtig ist…“ Doch Kohl und Schröder sind eine eindeutige Botschaft für das Weiter-so in der deutschen Politik. Auch die tägliche Bild-Zeitung erklärt sich selbst als „unabhängig“ und „überparteilich“ und täglich kann man nachlesen, für welche Interessen dieses Kampagnenblatt Meinung macht und wie offen parteiisch dort für Merkel und die FDP geworben wird. Von Jens Berger und Wolfgang Lieb

Wahlkampf: Faule Zahlenspiele mit atypischen Jobs

Lauter gute Nachrichten gehen derzeit durch die Mainstream-Medien. Zuletzt jubelte SPIEGEL Online darüber, dass die Zahl der atypischen Beschäftigungsverhältnisse seit Jahren erstmals zurückgehe. Sind wir also endlich am Ende der Krise angekommen? Hat die Bundesregierung womöglich doch einen guten Job gemacht? Wohl kaum, auch wenn es sich so anhört. Von Jörg Wellbrock.

Chronik der Steuererleichterungen für Reiche und Unternehmer

Der Manipulationsapparat gegen Steuererhöhungen läuft auf Hochtouren. Die Wirtschaftsverbände, die wirtschaftsnahen Medien und die CDU sowie die FDP sowieso laufen gegen die Steuererhöhungspläne von SPD und Grünen und schon gar der Linkspartei Sturm. Selbst der wirtschaftsliberale neue Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) reiht sich in die Reihe der Kritiker ein. Der Ansturm gegen Steuererhöhungen bei den obersten 5 Prozent der Einkommensbezieher und bei den Besitzern riesiger Vermögen ist so heftig, dass Ministerpräsident Kretschmann von den Grünen und der SPD-Vorsitzende Gabriel von den in den Wahlprogrammen beschlossenen Steuererhöhungsplänen abrücken.

Bundesfinanzminister Schäuble warnte dieser Tage einmal mehr vor Steuererhöhungen, weil sie das Investitionsklima schädigten. Dabei belegen alle Daten [PDF – 2.4 MB], dass Deutschland (auch im EU-Vergleich) trotz aller Steuersenkungen der letzten Jahre unter einer Investitionsschwäche leidet und sich Deutschland „kaputt spart“ und das Geld ins Ausland fließt. Um die Hysterie vor Steuererhöhungen auf eine reale Basis zurückzuführen und aufzuzeigen welche Steuern für Reiche und Unternehmer in den letzten Jahren gesenkt wurden haben Gerd Bosbach und Jens Jürgen Korff, die Autoren des Buches „Lügen mit Zahlen“, dankenswerterweise eine kleine Chronik der Steuererleichterungen zusammengestellt.

Arabischer Winter – Wenn „Demokratie“ zum Kampfbegriff wird

Demokratie ist für die westliche Politik nur dann erstrebenswert, wenn bei Wahlen die „Richtigen“ gewinnen. Der Muslimbruder Mohammed Mursi gehörte nicht dazu. Daher haben die Regierungen der westlichen Welt offenbar auch kein großes Problem damit, dass der demokratisch gewählte Präsident Ägyptens durch eine Junta aus dem Amt geputscht wurde. Erst als die neuen Machthaber in zahlreichen Massakern tausende Demonstranten abschlachteten, machte sich in Berlin, London und Washington leises Unbehagen breit. Ägypten steuert mit voller Fahrt zurück zur Militärdiktatur. Aus dem arabischen Frühling ist ein arabischer Winter geworden – währenddessen lügt man sich im Westen in die eigene Tasche und phantasiert immer noch von einem „Transformationsprozess“. Der Westen wünscht sich keine Demokratie, sondern Stabilität. Und wenn man dafür die Demokraten niederschießen muss, dann sei dem so. Von Jens Berger

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Pofalla rettet sich über die Zeit – Die Taktik des nichts dementierenden Dementis

Letzte Woche behauptete der Geheimdienstkoordinator Ronald Pofalla der Ausspähungsskandal sei „vom Tisch“. Er dementierte dabei Vorwürfe, die gar nicht gemacht wurden. Bei seiner neuerlichen Anhörung vor der Parlamentarischen Kontrollkommission greift er Zweifel an seinen früheren Aussagen auf, die gar nicht mehr in Zweifel standen.

Wie undurchdringlich der Dschungel der ausländischen und deutschen Geheimdienstaktivitäten ist, belegen die über einhundert Fragen die der Grünen-Abgeordnete und parlamentarische Geheimdienstkontrolleur Hans-Christian Ströbele an die Bundesregierung gestellt hat.

So wichtig und richtig das Verlangen nach Aufklärung und nach einem besseren Schutz der Grundrechte durch die Bundesregierung ist, so wenig ist zu erwarten, dass die Regierung die Enthüllungen über den Überwachungsskandal vor der bevorstehenden Wahl noch aufklären wird und will. Merkels „Schattenmann“ versucht sich wie ein angeschlagener Boxer über die Zeit retten. Wenn es die politischen Kräfteverhältnisse nach der Wahl nicht erlauben sollten, wenigsten danach einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss einzurichten, dann dürfte auch dieser Überwachungsskandal politisch wieder „vom Tisch“ sein. Und die Geheimdienste werden unter dem Tisch weitermachen wie bisher. Denn die Regierenden in aller Welt werden angesichts der sich zuspitzenden Krise den Teufel tun, von der Überwachung ihrer Bürgerinnen und Bürger abzulassen. Von Wolfgang Lieb.

Günter Grass lässt sich leider wieder einmal in eine Kampagne einspannen – wie schon des Öfteren seit 40 Jahren. Und diesmal besonders komisch: zugunsten des Machterhalts von Merkel.

Günter Grass meint in einem von der Süddeutschen Zeitung veröffentlichten Gespräch mit Manfred Bissinger, Lafontaine sei ein „Hemmnis“ auf dem Weg zu einem möglichen Bündnis zwischen SPD und Linkspartei. Lafontaine halte die Linkspartei mit seiner „Verweigerungsstrategie“ davon ab, Verantwortung zu übernehmen. Diese Attacke ist aus vielerlei Gründen absurd. Zum einen gab es diese Verweigerungsstrategie nie, sie war immer nur behauptet, von außen und von innerparteilichen Gegnern des früheren Vorsitzenden der Linkspartei; zum anderen kann Oskar Lafontaine schon deshalb kein Hemmnis mehr sein, weil er bundespolitisch – leider – keine entscheidende Rolle mehr spielt. Die abstruse Fehleinschätzung des Günter Grass passt gut ins Bild eines Intellektuellen, der gar keiner mehr ist. Er analysiert nicht eigenständig und macht sich zum Opfer clever angelegter Kampagnen. Das kam in den letzten 40 Jahren des Öfteren vor. Albrecht Müller.

Pofallas Erklärungen: Mehr Fragen als Antworten

Mit vollmundigen Erklärungen trat gestern Ronald Pofalla nach der Sondersitzung der Parlamentarischen Kontrollkommission vor die Mikrofone. „Er las eine vorbereitete Erklärung[*] von seinem Sprechzettel ab, dass es „in Deutschland keine millionenfache Ausspähung“ gebe und dass der „Vorwurf der vermeintlichen Totalausspähung in Deutschland nach Angaben der NSA, des britischen Dienste und unserer Nachrichtendienste vom Tisch sei“.
Der Abhörskandal also nur heiße Luft?
Wer sich so weit nach vorne wagt, muss sich fragen lassen, ob er den Mund nicht zu voll genommen hat. Und da stellen sich bei genauerer Betrachtung mehr Fragen, als dass Pofalla Antworten gegeben hat. Steht die Kanzlerin hinter den Erklärungen ihres Kanzleramtsministers? Von Wolfgang Lieb.

„Mutter Camouflage“ – Wie Merkel mit der Opposition Hase und Igel spielt

Camouflage bedeutet laut Wörterbuch Irreführung, Täuschung, Tarnung oder Schminke.
Schon seit längerer Zeit verfolgt die Kanzlerin die Machterhaltungsstrategie durch Camouflage. Sie neutralisiert politische Angriffe oder Alternativen zu ihrem Kurs, indem sie die Themen der anderen Parteien einfach klaut. So stellt die CDU etwa einem „gesetzlichen Mindestlohn“ eine „verbindliche Lohnuntergrenze“ entgegen. Die „Vorratsdatenspeicherung“ wird von der Union in „Mindestspeicherfristen“ umbenannt. Die „Solidarrente“ der SPD heißt bei Sozialministerin von der Leyen „Lebensleistungsrente“. Die Absage an eine „Frauenquote“ wird begrifflich zur „Flexiquote“ aufgehübscht. Und so weiter.
Eine Partei wie die SPD, die Deutschland laut ihrem Regierungsprogramm nur „besser“ und eben nicht „anders“ regieren will, oder – wie es im letzten Mitgliederbrief heißt – den anderen nur „einen Schritt voraus“ sein will, braucht sich nicht zu wundern, wenn Merkel mit ihr Hase und Igel spielt. Von Wolfgang Lieb.

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Innenminister Friedrichs „klare Ansage“

In einem Interview von Ines Arland mit Hans-Peter Friedrich zur NSA-Abhöraffäre auf dem Sender Phoenix am 17.07.2013 schwurbelt der Innenminister wortreich und verweigert jede Aussage. Das Interview erinnert an Stoibers Gestammel über die Transrapid-Anbindung zum Münchner Hauptbahnhof und ist eher eine Lachnummer, als ein Beitrag zur Aufklärung des Datenabschöpfungsskandals. Unser Leser J.Sch. hat dankenswerterweise die entscheidenden Passagen transkribiert.
Wolfgang Lieb

Die FAZ auf Bild-Niveau – vier Artikel vom 5. Juli 2013

Eine auffällige Massierung von plumper Meinungsmache hat sich die Frankfurter Allgemeine am 5. Juli 2013 in mehreren Artikeln zum Thema NSA-Skandal und Edward Snowden geleistet. Es sind eigentlich nur kleine Artikel – ein Nachrichtenartikel und drei Kommentare – aber wenn man sie gründlich liest, merkt man, wie hier durch Formulierung und Wortwahl gerade auch im Kleinen manipuliert wird. Von Dietrich Klose

Sind die linken lateinamerikanischen Präsidenten Maulhelden? Ich kann mich diesem Urteil nicht anschließen.

Manchmal gibt es Meinungsunterschiede zwischen den Machern der NachDenkSeiten. So kann ich dem Beitrag von Jens Berger vom 6. Juli in seinen wesentlichen Aussagen nicht folgen. Wir sind uns einig in der Sorge um Snowden. Siehe meinen Artikel vom 25.6. über den Hass auf den Boten des Unheils. Aber mein Urteil über das Verhalten der lateinamerikanischen linken Führer ist zunächst einmal geprägt von der unmittelbaren Erfahrung mit dem Putsch und der Ermordung Allendes durch die Mordbuben des chilenischen Generals und Diktators Pinochet und seiner Hintermänner in den USA. Auch die heutigen lateinamerikanischen linken Präsidenten müssen damit rechnen, verfolgt und eines Tages ermordet zu werden. Sie erleben, wie gegen sie mit orangenen Revolutionen mobil gemacht wird. Sie stehen unter wirtschaftlichem Druck der USA und wahrscheinlich auch der US-Gefolgsleute in Europa. Wenn sie ängstlich sind im Umgang mit den USA und damit auch mit Hilfen für Snowden, dann kann ich das verstehen. Von Albrecht Müller