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Lobbyismus und politische Korruption

Die Förderung der privaten Altersvorsorge war schon immer eine von politischer Korruption bewirkte Fehlentscheidung. Jetzt alle Mittel auf gesetzliche Rente konzentrieren.

„Betriebsrente in Gefahr“ meldete die FAZ am 21.7. hier und hier. Die versprochenen Renditen sind nicht zu halten, weder bei der betrieblichen Altersvorsorge noch bei den anderen Produkten der Privatvorsorge. Diese Meldung hat die Lobbyisten der Privatvorsorge in helle Aufregung versetzt und ihre PR-Maschinerie in Bewegung gesetzt. Die richtige Konsequenz aber, nämlich alle Mittel auf die Gesetzliche Rente zu konzentrieren, ziehen sie selbstverständlich nicht. Albrecht Müller.

Hoch im Kurs – Marketing an Schulen – natürlich kostenlos

Als Forschungs- und Bildungseinrichtung, die einst die Broschüre „Frieden und Sicherheit“ zu Analysezwecken beim FDP-nahen Verein „Jugend und Bildung“ bestellte, erhalten wir nun regelmäßig das jeweils neue Lehrmaterial frei Haus. Nun erreichte uns die Broschüre „Hoch im Kurs“ in zwei Ausgaben, eine für Schüler und eine für Lehrkräfte, deren Herausgeber neben der „Stiftung für Jugend und Bildung“ auch der Bundesverband Investment und Asset Management e.V. (BVI) ist.[1] Unter der Rubrizierung „Geld, Markt, Wirtschaft“ für die Sekundarstufe II soll Jugendlichen die Themenfelder „Ausgaben planen“, „Märkte verstehen“ und „Vermögen aufbauen“ nahe gebracht werden. Obwohl Fondsberatung nicht lehrplanrelevant ist, wird Lehrkräften viel Arbeitserleichterung rund um dieses Themenfeld angeboten, die von vorgefertigten Arbeitseinheiten über Medientipps bis hin zu kostenlosen Beratern für den Schulunterricht reicht. Letztere sind über die gleichnamige Website mit stets aktualisierten Angeboten zu buchen.[2] Die Prämierung des Angebots durch das Comenius Edu Siegel und das UNESCO Nachhaltigkeitssiegel bzw. deren Abdruck auf der Rückseite des Schülermagazins verspricht geprüfte Qualität. Von Sabine Schiffer[*]

Wie korrupt geht es bei uns zu? Viel mehr, als viele ahnen.

Gemeinhin denken wir beim Stichwort Korruption an Griechenland oder an Italien. Und wir denken an den Bauunternehmer, der einen Kommunalenbeamten besticht, oder an große Unternehmen, die sich Aufträge in Entwicklungs- und Schwellenländern durch Bestechung der dortigen Eliten besorgen. Diese Verengung der Sichtweise hat etwas mit einer Verengung des Begriffs Korruption und mit einem immer noch erstaunlich freundlichen Blick auf die meisten Politiker zu tun. Wir tun gut daran zu fragen, welche politischen Entscheidungen mit weit reichenden wirtschaftlichen und finanziellen Folgen absichtlich zu Gunsten einzelner Interessen oder sogar einzelner Personen getroffen worden sind – beispielsweise die Privatisierung der Altersvorsorge, der Ausbau der Leiharbeit oder der Rückkauf des EnBW-Anteils durch Mappus. Dann begreifen wir, wie weit verbreitet und wie salonfähig die politische Korruption ist und dass wir wahrlich nicht allzu viele Gründe dafür haben, auf andere Völker herabzusehen. Albrecht Müller.

Clement übernimmt Vorsitz des INSM-Kuratoriums – das soziale Trugbild wird enttarnt

Der frühere Bundeswirtschaftsminister und Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen, Dr. h.c. Wolfgang Clement, hat in dieser Woche den Vorsitz des Kuratoriums der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) übernommen. Er tritt die Nachfolge von Hans Tietmeyer an, der seit Gründung der INSM im Jahr 2000 diesen Vorsitz innehatte.
Dass Clement nun auch noch den Kuratoriumsvorsitz dieser sich selbst als „neoliberal“ bekennenden, von den Metall- und Elektroarbeitgeberverbänden millionenschwer finanzierten Propagandaagentur übernimmt, ist, wenn man dessen politisches Zerstörungswerk betrachtet, nur konsequent. Es ist der definitive Beweis dafür, für welche Politik der ehemalige Sozialdemokrat in seinen früheren politischen Ämtern schon immer eingetreten ist und warum er einer der Hauptverantwortlichen dafür ist, dass die SPD ihre soziale Kompetenz verloren hat. Von Wolfgang Lieb.

Notheisens „Mutti“ wird geschont – wieder einmal die typische Asymmetrie beim Umgang der Medien mit den politischen Akteuren

Dirk Notheis, seit heute „Auszeit“-Chef von Morgan Stanley Deutschland, war 2005 Wahlkampfhelfer und Spendensammler der CDU-Vorsitzenden Merkel und ihres Gehilfen Kauder. Das hat sich für ihn und seine Firma Morgan Stanley gelohnt. Sie waren beteiligt am Börsengang der Postbank, bei der Verstaatlichung der HRE und einer Reihe anderer Geschäfte mit der öffentlichen Hand, auch beim Versuch der Privatisierung der Deutschen Bahn AG. Jetzt wird am Beispiel des Rückkaufs der EnBW-Anteile durch den damaligen Ministerpräsidenten des Landes Baden-Württemberg Mappus sichtbar, wie selbstherrlich Investmentbanker und CDU-Politiker miteinander und mit öffentlichem Geld umgehen – siehe angehängte Kurzdokumentation. Auch die Verfügbarkeit der Bundeskanzlerin wird im SMS-Verkehr zwischen Notheis und Mappus sichtbar. Aber die enge Verflechtung von Merkel und Kauder mit dem Zirkel um Mappus und Notheis und die dabei sichtbare politische Korruption ist jetzt kein großes Thema. Gegenstand von Recherchen der Medien ist die Vernetzung offensichtlich nicht. Von Albrecht Müller

Ein Typus unserer Zeit – Carsten Maschmeyer in BILD, F.A.Z. und Wikipedia

Während Christian Wulff von BILD über Wochen hinweg verfolgt wurde, bis er endlich zur Strecke gebracht worden war, erfährt einer seiner Freunde, Carsten Maschmeyer, dort die beste Behandlung. Tagelang wurden die belanglosen Spruchweisheiten aus seinem brandneuen Buch „Selfmade – erfolg reich leben“ in BILD vorabgedruckt. Da verriet er noch einmal, wie er es anstellte, die Kanzlerkandidatur Lafontaines zugunsten seines Freundes Gerhard Schröder (SPD) zu verhindern, und was er dazu beitrug, dass sein Freund Christian Wulff (CDU) niedersächsischer Ministerpräsident wurde. Ein Maschmeyer kennt nämlich keine Parteien mehr – nur Freunde, die ihm irgendwann einmal nützlich werden können. Von Reiner Diederich

Die großen Versager und ihre Ablenkungsmanöver

In der letzten Zeit häufen sich öffentlich vorgetragene Warnungen und Klagen über die Lage in Europa, die von Personen vorgetragen werden, die für die in der Tat gefährliche Situation maßgeblich verantwortlich sind. Auf vier dieser großen Versager und ihre meist scheinheiligen und ablenkenden Verlautbarungen will ich hinweisen: auf Otmar Issing, Joschka Fischer, Jörg Asmussen und Jens Weidmann. Alle vier haben geleitet von Unwissenheit oder von Zynismus oder von Interessen wesentlich zur schwierigen Situation im Euroraum und in Europa beigetragen. Albrecht Müller.

Mails um den EnBW-Deal belegen wieder einmal die enge Verflechtung der „Staatspartei“ CDU mit der Finanzwirtschaft

Mails zum „umstrittenen EnBW-Deal entlarven Mappus“ schrieb Spiegel Online. Nicht nur das, die öffentlich gewordenen Mails belegen auch das Zusammenspiel von CDU-Funktionären in staatlichen Ämtern wie im Falle des (ehemaligen) Ministerpräsidenten Mappus mit solchen in der Wirtschaft, im konkreten Fall mit dem Chef von Morgan Stanley, Dr. Dirk Notheis. Auf dessen Macht- und Finanzspielchen tippten wir in den NachDenkSeiten auch schon beim Versuch zu erklären, warum gegen alle Vernunft 2006 und 2008 versucht worden ist, die Bahn zu privatisieren. Zunächst einige Auszüge aus dem lesenswerten Artikel und dann fünf Anmerkungen. Albrecht Müller.

Die Wachhunde der Machtelite: Noam Chomskys Kritik der Intellektuellen

Für Noam Chomsky haben die Intellektuellen die Verantwortung, die Wahrheit zu sagen und Lügen aufzudecken. Diese Verantwortung der Intellektuellen leitet sich aus der politischen Freiheit, dem Zugang zu Informationen und der Redefreiheit her. Aber nach Chomsky zeigt die historische Erfahrung, dass Intellektuelle diesen privilegierten Status nicht für das Sagen der Wahrheit nutzen, sondern vielmehr ihre Fähigkeiten in den Dienst für die Interessen und Privilegien der Machtelite stellen. Diese Machtelite entscheidet darüber, was in der Gesellschaft passiert, weil sie über den dafür notwendigen Reichtum besitzt.
Intellektuelle bilden für Chomsky eine „Art säkulare Priesterschaft“ für die Machtelite, weil sie Ideen, Pläne, Strategien, Werte, Theorien, Rechtfertigungen und Doktrinen für die ökonomischen und politischen Entscheidungsträger des Herrschaftssystems entwickeln und dem Rest der Bevölkerung „verkünden, was sie glauben sollen“. Christian Girschner zeichnet Chomskys Kritik der Intellektuellen nach.

Die FIFA-Mafia – schmutzige Geschäfte mit dem Weltfußball

Fußball bewegt Millionen. Allerdings nicht nur Fans auf den Rängen der Stadien. Bei der FIFA werden auch viele Millionen Dollar, Franken und Euro hin- und hergeschoben. Ein wirtschaftlicher und politischer Skandal ungeheuren Ausmaßes. Ein Buch verschafft Einblick in das „größte Schwarze Loch“ unserer Zeit.

Sommertheater statt Sommermärchen

Politiker der vier etablierten Parteien und Kommentatoren der etablierten Medien übertreffen sich an diesem Wochenende gegenseitig darin, dem EM-Ko-Gastgeber Ukraine mit „ernsthaften Konsequenzen“ zu drohen, wenn dieser die beliebte Politikerin Juliya Tymoschenko nicht nach Deutschland ausreisen lässt. Wir befinden uns nun einmal im Wahlkampf und da scheint es hierzulande zur Normalität zu gehören, lautstark gegen andere Länder zu poltern und diplomatische Gepflogenheiten zu ignorieren. Doch die Empörung ist bei näherer Betrachtung nur Theaterdonner. Das Stück vom ukrainischen Schurken, seinem schönen Opfer und dem edlen Ritter aus Deutschland, ist einfach zu „schön“ um es unerzählt zu lassen. Und da die Medien die schönsten politischen Theaterstücke ohnehin nicht hinterfragen, wird uns die absurde Tragödie vom bösen Ukrainer wohl noch mehrere Wochen begleiten – so lange bis die EM vorbei ist und die nächste Sau durchs Dorf getrieben wird. Von Jens Berger

Frank Überall: Wie Deutschland durch Korruption heruntergewirtschaftet wird

„Korruption geht uns alle an. Wir können jeden Tag Opfer solcher kriminellen Machenschaften werden. Bestechung ist nicht nur die abstrakte Bedrohung, die uns bei spektakulären Fällen in den Schlagzeilen begegnet. Dass Schmiergelder erwartet oder gezahlt werden, schadet uns allen: ob nun unser Kaffee teurer wird, ob der Ticketpreis für die Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln in die Höhe getrieben wird oder ob wir über höhere Steuern überteuerte Bauprojekte mitfinanzieren müssen. Korruption wird in der Öffentlichkeit dennoch nur als vereinzelte Straftat wahrgenommen, ohne die Strukturen zu hinterfragen, die dazu führen.
Man gewinnt den Eindruck, öffentliche Kassen und anonyme Großunternehmen sind hierzulande zum Selbstbedienungsladen einer abgehobenen Klasse verkommen. Die Republik der Raffkes, so scheint es, stößt sich dabei den geschmierten Staat so zurecht, wie sie ihn braucht.“ Das schreibt Frank Überall in seinem neuen Buch mit dem Titel „Abgeschmiert“.
Auf den NachDenkSeiten beschäftigen wir uns regelmäßig mit „politischer Korruption“, Grund genug also, ein Gespräch mit dem Autor zu führen. Von Wolfgang Lieb.

Die Griechen befragen sich selbst

Im Folgenden wird eine Debatte dokumentiert, die einen wichtigen Aspekt der griechischen Wirklichkeit widerspiegelt. Diese Debatte setzt sich aus den Auszügen von Leserbriefen zusammen, die auf einen Artikel in der Athener Zeitung „To Vima“ (Die Tribüne) vom 15. März reagieren. Der Text des Journalisten Sifis Polymilis nimmt Bezug auf zwei Ereignisse, die man kennen muss, um die Argumente und Anspielungen der Leserbriefschreiber zu verstehen. Da ist zunächst ein aktueller Skandal von Korruption bei einer Verwaltungsstelle der allgemeinen staatlichen Krankenkasse (IKA) und zum anderen eine provokative Äußerung des Pasok-Politikers Theodoros Pangalos, der behauptete „Gemeinsam haben wir das (Geld) aufgegessen“.
In den Reaktionen der Leser spiegelt sich das ganze Spektrum der innergriechischen Debatten wider, die in unseren Medien fast keinen Widerhall findet. Insgesamt bietet diese Debatte ein authentisches – und meines Erachtens ziemlich repräsentatives – Abbild einer intensiven Selbstbefragung, die für die Zukunft der griechischen Gesellschaft von entscheidender Bedeutung ist. Von Niels Kadritzke.