Kategorie:
Lobbyismus und politische Korruption

Deutsches Institut für Altersvorsorge: “Verloren im Dschungel der Möglichkeiten”

Informationsdefizite, Überforderungen durch Produkt- und Fördervielfalt sowie Geldmangel sind die größten Hemmnisse für eine effektive und passgenaue Altersvorsorge. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Untersuchung des Deutschen Instituts für Altersvorsorge (DIA). Für die Studie wurden 26 Bundesbürger im Alter von Ende 20 bis Mitte 40 vom Forschungsinstitut empirica (Berlin) im Auftrag des DIA jeweils bis zu zwei Stunden befragt. Das Ergebnis: Die Komplexität der Materie und die verwirrende Vielfalt der Förderwege sowie die Furcht vor einer falschen Anlageentscheidung und einer langfristigen Festlegung schrecken vom Abschluss eines Altersvorsorgevertrags ab.
Wieder einmal ein typisches PR-Machwerk als “Studie” getarnt. Wolfgang Lieb

„Wie bekämpft man den „Reformwiderstand“? – Das ZEW-Mannheim als Psychodoktor“

Das ist der Titel eines interessanten Beitrags von Friedhelm Grützner. „Er ist länger geworden als ursprünglich geplant“, so Grützner, „aber die methodologische Unbedarftheit dieser sich selbst aufblasenden “Experten” (und deren teilweise richtig drollige Argumentation) hat bei mir das unwiderstehliche Bedürfnis hervorgerufen, hier mal in medias res zu gehen – und zwar weniger von der fachlichen wirtschaftswissenschaftlichen Seite her, sondern mehr unter sozialwissenschaftlichen und erkenntnistheoretischen Gesichtspunkten.“ Schwerer Stoff, aber sehr lesenswert. Ein großes Dankeschön geht an den Autor. Albrecht Müller.

Nachtrag zu Altersvorsorge: Interessante Nachrichten aus der Slowakei.

In der Slowakei, die ich wegen ihrer früheren radikal-neoliberalen Ausrichtung eher skeptisch beobachtete, tut sich etwas. Der linke Ministerpräsident Robert Fico offenbart die Machenschaften von Pensionsfonds. So berichtet das Wiener Blatt “Die Presse” vom 10.8. 2007. Interessant dabei auch die Informationen über die Korruption von Journalisten. 11 Journalisten der prominentesten Medien hatten sich vom Pensionsfonds der Allianz Versicherung auf einen Ski-Urlaub einschließlich Schulung nach Österreich einladen lassen. Und Ähnliches soll es bei uns nicht geben? Die Performance prominenter Journalisten beim Thema Demographie und Altersvorsorge lässt auf anderes schließen. Albrecht Müller.

Lernen im Gleichschritt – die schöne neue Hochschulwelt

„Der Bolognaprozess mit seinen 45 Mitgliederstaaten setzt Standards, die auf der Ebene des jeweiligen Landes umgesetzt werden müssen“. Dies ist eine grotesk falsche Sachaussage, und man kann fast nicht annehmen, dass die Landesregierungsministerialen, die ja in der Regel Juristen sind, so blind gewesen sind, dies zu übersehen. Viel näher liegt da schon die Vermutung, dass die wahren Motive, die die Bundesländer zur zwingenden Durchsetzung der Bologna-Beschlüsse treiben, verdeckt werden sollen. Es ist also die Frage zu stellen: Welchen Vorteil haben die Bundesländer von der neuen Studienstruktur – einmal abgesehen von den hehren Phrasen zu Propagandazwecken? Die Antwort ist vor dem Hintergrund, dass fast alle Hochschulen seit zwei Jahrzehnten systematisch kaputt gespart worden sind, leicht zu finden: Es geht darum, Reformaktivität zu zeigen, ohne dass es etwas kostet, besser noch: dass die Reformaktivität sogar Argumente für weitere Einsparungen liefert.
Ein Beitrag von Dietrich Lemke, er ist als apl. Professor Schulpädagoge an der Universität Bielefeld.

Nachtrag IKB : Die Honoratioren der Wirtschaft sitzen im Aufsichtsrat und Beraterkreis. Was haben sie da getan?

Es ist schon irgendwie toll und auch typisch. Eine Bank hat einen staatlichen Mehrheitsaktionär (KfW: 38%), aber die Aufsichts- und Beratungsgremien werden von der Privatwirtschaft und den Verbänden beherrscht. Und noch etwas: eine Bank, die sich auch Mittelstandsbank nennt, wird von den Großen der Wirtschaft kontrolliert. Unten ist die Liste der Aufsichtsräte und Berater angehängt. Albrecht Müller.

Versicherungslobbyist Raffelhüschen ist wieder auf Werbetour, jetzt für die Privatisierung der Pflegeversicherung

Nachdem nun bei der Rente der Durchbruch in die private Vorsorge geschafft ist, soll als nächstes die gesetzliche Pflegeversicherung sturmreif geschossen werden. Vorneweg als Sturmstaffel mal wieder die „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“ und die ach so seriöse „FAZ“. Im Auftrag der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung stellte der als wissenschaftliches Sturmgeschütz der Versicherungswirtschaft (ver)dienende Professor Raffelhüschen „wissenschaftliche Berechnungen“ an. Diese beweisen – natürlich streng wissenschaftlich: „Spätestens im Jahr 2045 (!) müssen Arbeitnehmer rund sieben Prozent ihres Einkommens für die Pflegeversicherung abführen. Das ist eine Steigerung um mehr als 400 Prozent im Vergleich zum heutigen Satz.“ Für den „Wissenschaftler“ sind die Konsequenzen aus dem „erschreckenden Befund“ offenkundig: Das umlagefinanzierte System müsse schnellstens reformiert werden. Am einfachsten ginge das bei der Pflege. „Noch können wir aus der umlagefinanzierten Pflegeversicherung aussteigen“, alarmiert Raffelhüschen. Wolfgang Lieb

Young Leaders Akademie – auch ein Teil des reaktionären Netzes

Mich erreichte eine interessante Mail eines aufgeweckten jungen Menschen, der an einem Treffen der genannten Akademie teilnahm. Den doktrinären Charakter dieser Einrichtung kennen sicher viele Schüler/innen und Lehrer/innen nicht. Machen Sie in Ihrem Bekanntenkreis bitte darauf aufmerksam, damit sich die eingeladenen jungen Leute vorbereiten können. Es folgt die Mail an die Redaktion der NachDenkSeiten.

Die Freie Universität vor dem Börsengang? – Bemerkungen zur Ökonomisierung der Wissenschaft

Eine Universität, die sich als Gemeinwesen versteht, wird sich einem öffentlichen Auftrag verpflichtet fühlen und sich über den Inhalt des öffentlichen Auftrags intern streiten. Eine Universität nach dem Modell des Privatunternehmens wird sich umdefinieren zur Unterordnung all ihrer Tätigkeiten unter das oberste Prinzip, auf dem Markt erfolgreich zu sein. Dieses Modell der unternehmerischen Universität nimmt vollständig Abschied von der Idee und der Tradition der Universität nicht nur als Gruppenuniversität sondern überhaupt als Gemeinwesen.
Gibt es Hoffnung, dass die „unternehmerische Universität“ nicht das Ende der Universitätsgeschichte ist?
Bodo Zeuner, Emeritus am Otto-Suhr-Institut an der FU Berlin hat uns seine Abschiedsvorlesung vom 11. Juli 2007 zur Verfügung gestellt.
Der folgende Text erscheint auch im September in der Nr. 148 der Zeitschrift PROKLA. In dieser Ausgabe werden die Konsequenzen der “Verbetriebswirtschaftlichung” von immer mehr gesellschaftlichen Bereichen untersucht. Bestellungen über www.prokla.de.

„Arbeit ist lebensnotwendig“

Notker Wolf, Abtprimas des Benediktinerordens, fungiert als Botschafter der INSM.
Damit eine Lobbyinitiative als überparteilich und unabhängig erscheinen kann, benötigt sie ja bekanntlich Unterstützung aus dem gesamten gesellschaftlichen Spektrum. So komplettierte die INSM jetzt ihren Unterstützerkreis mit einem Geistlichen, dem Abtprimas des Benediktinerordens, Notker Wolf. In einer einseitigen Anzeige [PDF – 488 KB] unter dem Titel „Arbeit ist lebensnotwendig“ im SPIEGEL Nr. 29/16.07.07 auf Seite 27 kommt der Geistliche in einem Interview mit den Fragestellern der INSM zu Wort. Ein Kommentar von Matthias Burghardt.

Zur Reform des dualen Bildungssystems

Nahezu alle internationale Untersuchungen, zuletzt der UN-Sonderberichterstatter Vernor Muñoz stellen fest, dass das deutsche Schulsystem zu den sozial ungerechtesten vergleichbarer Staaten gehöre, weil es viel zu früh selektiere und Kinder aus sozial schwachen Familien benachteilige. Da die Abschaffung des dreigegliederten Schulsystems zugunsten einer integrierten Schule als ein Tabuthema gilt, wird nunmehr vermehrt über die Zukunft der Hauptschulen und ihrer Reform debattiert. Der bayerische Städtetag befasste sich aktuell mit einer Zusammenlegung von Real- und Hauptschule als zehnjähriges Schulmodell, wie das etwa auch von Wolf-Michael Catenhusen, Staatssekretär a.D. vorgeschlagen wird. Eine erfolgreich abgeschlossene Berufsausbildung in Kombination mit einer Zugangsberechtigung zu Hochschulen ist ein weiterer Vorschlag. Von Christine Wicht.

Wer schützt unser Volk vor „ehrenwerten“ Plünderern? Beispiel Bahnprivatisierung.

Die scheidende Vorsitzende der Verbraucherverbände Edda Müller ist eine besonnene Person. Wenn sie von „Verschleuderung von Volksvermögen“ spricht und meint “Die Pläne von Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee sind wirklich unglaublich und in keiner Weise hinnehmbar” – siehe Hinweis Nr. 5 vom 10.7. in der FR, dann brennt es unterm Dach.
Auch in der SPD wächst die Kritik am ausgehandelten Gesetzentwurf [PDF – 20 KB]. Aber es sieht so aus, als würde diese Kritik mit einer schnellen Entscheidung im Kabinett überspielt werden. Eine wenn auch kleine Möglichkeit zur Verhinderung wäre gewesen (und könnte vielleicht noch sein), wenn die Gegner in der SPD-Fraktion eine namentliche Abstimmung verlangen würden. Auf diese, in der Geschäftsordnung der SPD-Bundestagsfraktion vorgesehene Möglichkeit habe ich in einer Tagebuchnotiz schon am 12.3. 2007 hingewiesen. Dann müssten die Abgeordneten wenigstens in ihren Wahlkreisen Rede und Antwort stehen und eine Entscheidung rechtfertigen, bei der viele Milliarden von uns Steuerzahlern bezahltes öffentliches Vermögen zu Gunsten von großen privaten Interessenten geplündert werden. Auch hier ist wie im Falle Riester und im Falle Kohl bei der Kommerzialisierung des Fernsehens zu vermuten, dass die Plünderer erst hinterher den Lohn für die Hilfe zur Plünderung von Volksvermögen an die Entscheider zahlen. Albrecht Müller.

Sozialstaatsfeindlich

„GELD-SCHOCK! Arbeiten wir bald NUR noch für den Staat“ fragt BILD auf Seite eins, „Nur 47% des Einkommens bleiben im Portemonnaie“ „berichtet“ die Tagesschau, „Von jedem Euro bleiben nur noch 47 Cent“ das ZDF, erst ab dem 13. Juli, 11.40 Uhr arbeiteten wir in diesem Jahr in die eigene Tasche, so die FR und fast alle anderen Medien ebenso plapperten die dummdreiste Milchmädchenrechnung des selbsternannten „Bundes der Steuerzahler“ nach, der vorrechnete, dass nach Abzug von Steuern und Sozialabgaben von einem Euro nur noch 47 Cent netto in der Tasche der Beschäftigten blieben. In einer üblen Stimmungsmache werden die 20 Cent, die an die gesetzliche Renten-, Kranken-, Pflege und Arbeitslosenversicherung abgeführt werden, dem „gefräßigen Monster“ Staat zugeschlagen. Würden die Bürgerinnen und Bürger etwa weniger bezahlen, wenn sie privat versichert wären? Wolfgang Lieb.

Wg. Riester: Die mit 22 mal mindestens 7000 € erkaufte Zerstörung der sozialen Rentenversicherung.

Hatten Sie Zweifel an unserer oft geäußerten Behauptung, die Riester-Rente sei ein Geschenk an die Finanzindustrie? Oder dachten Sie, wir seien Verschwörungstheoretiker? Dann bitte werfen Sie einen Blick auf die vom Deutschen Bundestag veröffentlichte Nebentätigkeitsliste: „Riester, Walter , SPD Bundesminister a. D.“ zum Beispiel. Das ist selbst für mich ein Schock. 22 mal mind. 7000 €, 7 mal mindestens 3500 € und 3 mal mindestens 1000 €, macht zusammen mindestens (!) 181.500 Euro – in einem Jahr.