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Lobbyorganisationen und interessengebundene Wissenschaft

Zum Frühjahrsgutachten der Konjunkturforschungsinstitute: Dogmatischer Wunderglaube

Man muss die Messlatte für das Wachstum nur tief genug legen, dann gilt der Aufschwung der letzten beiden Jahre als „kräftig“, und dann zeugen auch ein Wachstum von 1,8% in diesem Jahr und von 1,4% im kommenden Jahr von einer „robusten Wirtschaft“. Und auch mit einem Wachstum von durchschnittlich 1,5% bis 2012 kann man sich dann zufrieden geben. 3,2 Millionen Arbeitslose gelten bei solchen Maßstäben schon als Erfolg. Wenn die weltwirtschaftlichen Risiken nicht durchschlagen, bleibt alles gut. Auch gegen die Finanzkrise helfen die Arbeitsmarktreformen. Und wenn die Weltkonjunktur auch einbricht, dann brauchen wir in Deutschland kein Konjunkturprogramm wie etwa die USA. Bei uns fangen die „binnenwirtschaftlichen Auftriebskräfte“ negative Schocks aus dem Ausland auf. Dabei bringen die Konjunkturforscher das auberkunststück fertigt, in einem Atemzug auf die Steigerung der Binnennachfrage zu setzen und gleichzeitig vor höheren Lohnabschlüssen zu warnen. „Weiter so“: auf diese banale Empfehlung lässt sich das Frühjahrsgutachten der Konjunkturforschungsinstitute zusammenfassen. Wolfgang Lieb

Die Logik des Herrn Prof. Raffelhüschen

In der „Mitteldeutschen Zeitung“ vom 8.4.08 versucht Prof. Raffelhüschen, der dort als „einer der renommierten deutschen Rentenexperten“ vorgestellt wird, den wahrheitsuchenden Lesern klarzumachen: „Es werden Rentengeschenke verteilt“. Negative Rentengeschenke gibt es freilich seit Jahren durch die Preisinflation für die Lebenshaltung der Rentner, die inzwischen doppelt so hoch ist wie die offiziell im Durchschnitt statistisch ausgewiesene.
Aber das kümmert den zitierten Rentenexperten wenig, denn er hat seine eigene Logik: Da die Beschäftigten dieses Jahr „nochmals 0,5 Prozent mehr für die private Altersvorsorge aufwenden“, „hätten die Renten in diesem Jahr nur um 0,5 Prozent steigen dürfen und nicht um 1,1 Prozent.“
Übersetzt heißt das: der Anstieg der freiwilligen privaten Rentenbeiträge von Beschäftigten begrenzt den zulässigen Rentenanstieg sämtlicher Bestandsrentner aller Altersstufen. Von Karl Mai

Eliten-Marketing

Auf den NachDenkSeiten beschäftigen wir uns regelmäßig mit der Frage, dass und wie es unseren sog. „Eliten“ gelingt, Netzwerke zu knüpfen und über sog. „Meinungsführer“ und PR-Strategien (Kommunikation) die öffentliche Meinung und die Politik nach ihren Interessen zu beeinflussen und zu prägen. Wenn wir hinter interessensbezogenen Entscheidungen, wie z.B. die Privatisierung der Altersvorsorge oder der Bahn den undemokratischen Einfluss mächtiger Interessengruppen und ihrer PR- und Marketing-Strategien erkennen, wird uns von den von uns Kritisierten vorgehalten, wir seien „Verschwörungstheoretiker“.
Wir sind deshalb äußerst dankbar, dass jetzt von Torsten Oltmanns »Principal und Global Marketing Director«, Christiane Diekmann, „Brand Strategist“ und Vera Böhm, Spezialistin für strategisches Marketing- und Medienmanagement, alle beschäftigt bei Roland Berger Strategy Consultants das Buch „Eliten-Marketing – Wie Sie Entscheider erreichen“ [PDF – 1.6 MB] herausgebracht wurde. Dort finden Sie Vieles bestätigt, was wir durch mühselige Analysen täglich herausarbeiten müssen. Was wir als „politische Korruption“ bezeichnen, nennt sich dort allerdings „Eliten-Marketing“. Wolfgang Lieb

Weitere harte Belege für die Mitwirkung des Bundesfinanzministeriums am Casinobetrieb zu unseren Lasten. Betr.: TSI

Im Anschluss an mehrere Beiträge („Ramschhypotheken, etc. …“ vom 7.4., „Die Verantwortung des Steinbrück-Ministeriums…“ vom 6.4. und die „Verstaatlichung …“ vom 7.4.) schickt uns einer unserer Leser einen „weiteren Beleg für die Verantwortung des BMF für die Finanzkrise in Deutschland. Im Mittelpunkt steht dabei wieder mal Ministerialdirektor Jörg Asmussen.“ Albrecht Müller

Am Geld der Roland Berger Stiftung kleben der Schweiß und das Leid von Millionen Menschen – und amnesty international bildet die Staffage

Gestern wurde in München eine neue Stiftung, die Roland Berger Stiftung des Unternehmensberaters Roland Berger, vorgestellt. Pressemitteilung siehe im Anhang.
Die Stiftung verpflichtet sich dem weltweiten Schutz der Menschenwürde. Viel zynischer geht es eigentlich nicht: Roland Bergers Firma hat mit ihren Beratungs-„Leistungen“ viel Geld verdient, indem sie half, Arbeitsplätze wegzurationalisieren und den Abbau des Sozialstaats und der sozialen Sicherungssysteme voranzutreiben; nun soll mit diesem Geld zum Schutz der Menschenwürde beigetragen werden. Und Amnesty International gibt dazu noch einen guten Namen her. Albrecht Müller

Der “Frankfurter ZukunftsRat” fordert politische Sonderrechte für Eliten

Es ist eine erklärte Strategie unternehmensnaher Stiftungen und Vereine, politische Entscheidungen der öffentlichen Debatte zu entziehen. Was in einer parlamentarischen Demokratie als Stoff gegensätzlicher Positionierungen der Parteien vorgesehen ist, wird von einer Beraterlobby zum Fachdiskurs erklärt, der auch nur von Fachleuten verhandelt werden könne. Im Falle des “Frankfurter ZukunftsRat” wurde ein neuartiges, populistisches Organ geschaffen, das ethische und moralische Überlegenheit für sich behauptet. Unter dem Deckmantel fachlicher Kompetenz wurden bereits jetzt Ziele festgelegt, die kaum über das Gedankengut der finanzierenden Wirtschaftslobbyisten hinausgehen.
Beitrag eines Lesers, der aus persönlichen Gründen nicht genannt werden möchte.

Pinkelnde Bäume und dicke Hunde

Ein Bericht von Günter Frech über eine Veranstaltung zur Politikberatung, Lobhudelei der Bertelsmann-Stiftung und Seltsames zum „netzwerk recherche“ – vervollständigt mit einem Blick zurück in eine Bertelsmann-Recherche von vor acht Jahren. Albrecht Müller.

Norbert Blüm: „Feuerwehr als Brandstifter – Die Privatisierung frisst ihre Kinder“

Die Privatisierung des Staates frisst geräuschlos und gemächlich die öffentliche Sicherheit auf. Sicherheit vor Verbrechen und Sicherheit vor Not werden Opfer der Privatisierung. Freiheit von Gewalt und Willkür und Freiheit von Not ist jedoch die elementare Basis staatsbürgerlicher Freiheit. Diese Langfassung eines Beitrags in der Frankfurter Neuen Presse hat uns Norbert Blüm zur Verfügung gestellt.

Bertelsmann: „Unser Gesundheitswesen braucht Qualitätstransparenz“

Der Bertelsmann Konzern ist heute ein globales Medienimperium mit geschätzten 19 Milliarden Euro Umsatz weltweit und ca. 1,7 Milliarden Gewinn. Aus dem operativen Geschäft flossen steuerbefreit 2004 64 Millionen Euros an die Stiftung, welche 76,8% der Anteile an dem Konzern hält. Aus diesen „Stiftungsgeldern“ werden 300 Mitarbeiter bezahlt und ca. 60 -100 Projekte jährlich finanziert. Ein wichtiger Bereich (außer Bildung, e-government, Umstrukturierung der öffentlichen Verwaltungen etc.) ist das Gesundheitswesen, hier unter der Leitung der Tochter des Firmengründers Reinhard Mohn, Dr. Brigitte Mohn. Von Silke Lüder.

netzwerk recherche ohne Berührungsängste zur Bertelsmann Stiftung. Nicht mehr zu verstehen.

Wir halten die Bertelsmann Stiftung für eine undemokratisch und anti-parlamentarisch agierende Einrichtung. Wir haben das vielfältig beschrieben. Klicken Sie auf unsere Rubrik Sachfragen/Krake Bertelsmann. Bertelsmann übt eine unkontrollierte und durch nichts als Geld legitimierte Macht in unserer Gesellschaft aus. Diese Meinung teilen wir mit vielen anderen Beobachtern des Geschehens. Mit vielen unserer Leser sind wir uns auch einig, dass die Bertelsmann Stiftung das Privileg der Gemeinnützigkeit nicht verdient und wirklich parlamentarisch-demokratische und soziale Verhältnisse in unserem Land nur wieder erreichbar sind, wenn der politische Einfluss dieses Konzerns gebrochen ist. Wenn das überhaupt noch irgendwann zu schaffen sein sollte, dann nur in einem breiten Bündnis aller Demokraten. Aus diesem Bündnis scheint eine Organisation, deren Anliegen ich prinzipiell von tiefstem Herzen teile, auszuscheren: das Bündnis von Journalisten mit dem guten Namen netzwerk recherche. Albrecht Müller.

Gesundheitspolitik: Was derzeit wirklich passiert

Ich bin 38 Jahre alt und Allgemeinarzt mit einer gut gehenden Hausarztpraxis in Neuötting, Oberbayern, geistig gesund und ein völlig normaler Bürger mit einer Lebensgefährtin und einem 15 Monate altem Sohn, bin seit 12 Jahren Gemeinderat und seit sechs Jahren Kreisrat der CSU, einer Partei, die sicherlich weit entfernt ist vom Ruf, linkspolitische und revolutionäre Gedanken zu pflegen. Es ist nicht meine Aufgabe, solche Texte zu schreiben und es gibt in Deutschland Tausende, die dies besser, packender und erheblich vollständiger schaffen und wenigstens einer von denen sollte das auch tun.
Ich bin von tiefstem Herzen Demokrat und, wie mir in den letzten Tagen bewusst geworden ist, ein hoffnungsloser Idealist. Ich habe nicht mehr gemacht, als mir selbst die Frage zu beantworten, warum wir niedergelassenen Ärzte, Hausärzte und Fachärzte aussterben sollen, obwohl sich an der Charakteristik unseres Berufes und der Faszination für die nachfolgende Generation nichts geändert hat; der Wunsch dazu kam mit Sicherheit nicht aus der Bevölkerung, nicht von unseren Patienten. Von Jan Erik Döllein.

Handelsblatt: „Manager erobern Kontrolle an den Unis“

So titelt am Freitag, den 12. Oktober 2007 das Wirtschaftsblatt: „Die deutsche Wirtschaft gewinnt an Hochschulen mehr und mehr Einfluss: In den neu entstehenden Hochschulräten stellen Manager bereits ein Drittel aller Mitglieder. Von den Vorsitzenden dieser Kontrollgremien kommt sogar fast jeder zweite aus der Wirtschaft. Für die Hochschulen ein Engagement mit Zukunft.“
Am (nicht am selben Tag, sondern) 16. Januar 2008 berichtet die Frankfurter Rundschau: „Mitarbeiter fühlen sich verschaukelt, weil ihr Kandidat nicht in den Hochschulrat darf.“ Ein Gewerkschafter, den die zahlenmäßig größte Gruppe an der Frankfurter Stiftungsuni, die nichtwissenschaftlichen Mitarbeiter, als hochschulinternes Mitglied des Hochschulrates vorgeschlagen hatten, erhielt von der Professorenschaft keine Stimme und fiel durch. Offenbar hätten die Professoren Bedenken gehabt, dass ein Gewerkschafter „nicht genügend Renommee“ für ein Gremium wie den Hochschulrat mitbringt, meint die GEW-Hochschulgruppe.
An der „unternehmerischen“, von Unternehmern gesteuerten Hochschule haben Gewerkschafter nichts verloren. Wolfgang Lieb

Wenn den Neoliberalen die Argumente ausgehen, dann rufen sie: Sie sind ein Verschwörungstheoretiker!

Weil wir beschreiben und analysieren, dass und wie die Zerstörung des Vertrauens in die gesetzliche Rente und sowohl die Propaganda als auch die politischen Entscheidungen zur Förderung der Privatvorsorge strategisch geplant sind und mit viel Geld gefüttert werden, bekommen wir immer wieder zu hören, wir seien Verschwörungstheoretiker. Das ist die Notbremse und Notwehr jener, die aus Arglosigkeit oder aus gemeinem, pekuniärem Interesse diese für so viele Menschen wichtige solidarische Altersvorsorge kaputtmachen.
Jetzt macht mich ein junger Freund der NachDenkSeiten auf ein interessantes Dokument aus dem Hause Deutsche Bank aufmerksam. Es ist ein weiterer Beleg dafür, dass die Privatisierung der Altersvorsorge von langer Hand geplant war.

Buchbesprechung: Jochen Krautz: Ware Bildung

Krautz beschreibt treffend und faszinierend die Transformation von Bildung zur Ware. Doch wenn er daraus folgert, dass jede Veränderung des Althergebrachten von Übel ist, dann muss er die Vergangenheit idealisieren und verurteilt sich zum Immobilismus.
Von Karl-Heinz Heinemann.