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Finanzen und Währung

Mitarbeiter der HSH Nordbank und der Deutschen Börse AG formulieren im Bankenreferat des Finanzministeriums die einschlägigen Gesetze

Bei Bundesfinanzminister Steinbrück sind im Bankenreferat zwei hochrangige „Finanzexperten“ tätig, die auf der Payroll einer Bank und der Deutschen Börse AG stehen. Das Ministerium zahlt Ihnen zusätzlich noch eine Ministerialzulage. Der frühere Finanzminister und heutige Chef der Linksfraktion Oskar Lafontaine nennt den Vorgang “schamlosen Lobbyismus”. Dem haben wir nichts hinzuzufügen.

Wiederholt sich die Geschichte? Das könnte man glauben, wenn man die Anpassung der SPD nach rechts beobachtet.

„Steuerreform gegen die SPD-Linke
Parteirat der Sozialdemokraten akzeptiert grundsätzlich die Senkung der Gewinnsteuer für Firmen und hohe private Kapitalerträge. Bundesfinanzminister Peer Steinbrück spielt die Union und die Kritiker in der eigenen Partei gegeneinander aus.“
So beginnt ein Beitrag in der taz. Mich erinnert das an den Beginn der Weimarer Republik, Sebastian Haffner, an meine Erfahrungen mit den Seeheimern. Zu allem einige Hinweise.

Jeder Haushalt hat im Durchschnitt 70.000 Euro Nettogeldvermögen. Oder: Für wie dumm hält uns der Bundesbankpräsident eigentlich?

Er muss es ernst gemeint haben, denn es steht schwarz auf weiß in einer offiziellen Pressenotiz der Deutschen Bundesbank [PDF – 244 KB] vom 19.06.06:
„Ende 2005 kamen die deutschen Haushalte auf ein Nettogeldvermögen von 2,69 Billionen €. Das sind pro Haushalt im Durchschnitt knapp 70.000 €, in etwa doppelt so viel wie Anfang der neunziger Jahre.“
Die ökonomische Logik unseres obersten Bankers lautet also etwa so: Wenn ich 20.000 Euro auf dem Sparkonto habe und mein Nachbar hat 10.000 Euro Schulden, dann haben wir beide im Durchschnitt 5.000 Euro. Darüber kann sich mein Nachbar aber richtig freuen!
Eigentlich müsste ein homerisches Gelächter über Axel Weber durch den Blätterwald schallen. Aber fast alle drucken diese Durchschnittszahl ohne jeden realen Aussagewert über die tatsächliche Verteilung des Nettogeldvermögens nach.

Mit der Unternehmenssteuerreform heizt Deutschland den europäischen Steuerwettlauf nach unten weiter an. Die Steuerpolitik wird immer unsozialer.

Die offensichtlich geplante drastische Absenkung der Unternehmenssteuern soll angeblich einen „international konkurrenzfähigen Steuersatz“ bringen. Tatsächlich würde sich Deutschland beim Steuerwettlauf nach unten weit nach vorne schieben. In Zusammenwirken mit der Mehrwertsteueranhebung wird das deutsche Steueraufkommen noch unsozialer als bisher verteilt sein, ohne dass davon positive Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt zu erwarten sind. Anbei eine kritische Auseinandersetzung mit der deutschen Steuerpolitik unter Benutzung internationalen Datenmaterials von Joachim Jahnke.

Quelle: http://www.jjahnke.net/unsozsteuern.html

Casino-Kapitalismus: Oder wie beim Poker zwischen Bayer und Merck um die Übernahme von Schering 400 Millionen Euro verzockt wurden, ohne dass auch nur ein Euro an Wert geschaffen wurde.

Wie zwei Zocker saßen sich die Pharmabosse von Merck, Michael Römer, und von Bayer, Werner Wenning, wochenlang gegenüber und pokerten um den im „Jackpott“ liegenden Pharmakonzern Schering. Am Ende gewannen alle, Merck, Bayer, Schering und natürlich die Berater. Die Zeche zahlen die Arbeitnehmer und der Fiskus.

Inkompetente EZB

Gestern hat die europäische Zentralbank den Leitzins auf 2,75% erhöht, zum dritten Mal innerhalb eines halben Jahres, und weitere Zielschritte angedeutet. „EZB reagiert auf Inflationsrisiken“, meldet die „Welt“ von heute. Wir stehen so in der Gefahr, dass der minimale europäische und noch geringere deutsche Aufschwung wieder einmal im Keim erstickt wird – mit dem Ziel Inflationsrisiken zu bekämpfen, die im wesentlichen aus Ölpreiserhöhungen folgen. Das ist ein Zeichen von Ignoranz.

Bundesbank bereitet die Öffentlichkeit darauf vor, das bisschen Konjunktur schon wieder abzuwürgen.

Ein aufmerksamer Nutzer der NachDenkSeiten macht mich auf den jüngsten Monatsbericht aufmerksam. Siehe unten Anhang. Dort werden die im April kräftig gestiegenen Verbraucherpreise notiert und daraufhingewiesen, dass dafür höhere Kraftstoff- und Heizölpreise und die durch den langen Winter verteuerten Nahrungsmittel mitverantwortlich sind, und dass die geplante Mehrwertsteuererhöhung Anlass für Verteuerungen sein wird. Dies – zusammen mit der angeblich fortschreitenden Belebung der Inlandsnachfrage – spreche „für ein hohes Maß an stabilitätspolitischer Wachsamkeit“. Hier werden geldpolitische Gegenmaßnahmen vorbereitet. Das ist der helle Wahnsinn.

Unfähig zu einer guten Konjunkturpolitik – oder der Wahnsinn der Mehrwertsteuererhöhung

Zur Zeit erleben wir eine heftige Diskussion um die am 19.5. beschlossene Mehrwertsteuererhöhung (Siehe dazu unten die beiden Links I und II). Wenn Sie in den letzten Wochen NachDenkSeiten gelesen haben, dann waren Sie auf diese Debatte vorbereitet (Siehe zum Beispiel III und IV). Die Mehrwertsteuererhöhung ist schlimm, erstens weil sie ungerecht ist, zweitens weil sie dringend gebrauchte Kaufkraft entzieht und drittens weil sie tendenziell die Exportwirtschaft begünstigt und die für den Binnenmarkt arbeitende Wirtschaft (Einzelhandel, Handwerk, Binnenmarkt-Gewerbe) überproportional belastet. (Siehe auch III, kritisches Tagebuch vom 8.5.2005.) Unsere Eliten in Wirtschaft, Politik und Publizistik haben zum großen Teil diese Sachverhalte nicht begriffen, sie haben schon gar nicht begriffen, dass man die richtige Konjunkturpolitik nicht erst machen kann, wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist. Die Weichen hätten spätestens im letzten Jahr bei der Erarbeitung der Koalitionsvereinbarung richtig gestellt werden müssen. Siehe dazu auch den einschlägigen Auszug aus „Machtwahn“ unter V.

Zweistellige Milliardenverluste für den Fiskus durch Steuerhinterziehungen

Unterrichtung des Deutschen Bundestages durch den Präsidenten des Bundesrechnungshofes über die Steuerausfälle bei der Umsatzsteuer durch Steuerbetrug und Steuervermeidung. Diese Bundestagsdrucksache [PDF – 268 KB] ist zwar schon vom 3.9.2003, angesichts der aktuellen steuerpolitischen Entscheidungen vor allem zu Lasten der Lohnabhängigen lohnt es sich aber, sich diese Ergebnisse in Erinnerung zu rufen. Man kann an der nachlässigen Verfolgung von Steuerhinterziehern feststellen, dass auch der Staat selbst, darin immer noch ein Kavaliersdelikt sieht. Zumal wenn man dagegen stellt, mit welchem personellem und Überwachungsaufwand man die Alg-II – Empfänger verfolgt.

“Kein Wachstum ohne Sozialstaat”

„In Skandinavien gelingt scheinbar die Quadratur des Kreises: Wachstum und soziale Sicherheit, hohe Steuern und konkurrenzfähige Ökonomie. Das glückt, weil viel in Bildung investiert wird”, so beginnt ein Interview der taz mit Joakim Palme, Sozialwissenschaftler und Sohn von Olof Palme (vom 4.5.2006 Interview ROBERT MISIK).
Wir werden darauf aufmerksam gemacht, weil die Antworten von Palme über weite Strecken dem entsprechen, was Sie bei uns in den NachDenkSeiten und auch in unseren anderen Publikationen finden. Genauso interessant wie die Antworten von Palme, ist die Tatsache, wie weit selbst Journalisten der taz, die man zu den eher Kritischen zählen könnte, vom herrschenden Geist geprägt sind.

Späte Einsichten. Der ehemalige Chef der Deutschen Börse AG schreibt ein Buch über die „Invasion der Heuschrecken“.

Vielleicht muss man als Top-Manager wirklich erst mit einer 10 Millionen-Euro-Abfindung in den Ruhestand an die irische Küste geschickt werden, um zu besseren Einsichten zu gelangen. Jedenfalls beim geschassten früheren Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Börse AG Werner G. Seifert scheint das zu einer für Finanzmanager ziemlich ungewöhnlichen kritischen Einschätzung der der Hedge-Fonds geführt zu haben.