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Banken, Börse, Spekulation

Wie die Führung der Deutschen Post AG auf unsere Kosten dem Josef Ackermann entgegenkommt, wäre wieder einmal ein Fall für die Justiz.

Heute kreuzten sich zwei Nachrichten, die wie so oft in letzter Zeit die Absurdität der öffentlichen Debatte schlaglichtartig aufzeigen: Im Bundestag pochten MdB Solms (FDP) und MdB Ramsauer (CSU) einvernehmlich darauf, dass (sinngemäß) der Staat in der Wirtschaft nichts zu suchen hätte, weil die Wirtschaftsführer kompetenter seien. Gleichzeitig wurde ein 4,8 Milliarden Loch bei der Deutschen Bank bekannt (siehe Anlage B) – einer der vielen Belege für die „besondere Kompetenz“ unserer „Wirtschaftsführer“. Die Debatte ist deshalb besonders absurd, weil das interessante an der heutigen Situation gerade die Verfilzung von Wirtschaft und Staat ist. Man kann Staat und Privatwirtschaft nicht mehr auseinanderhalten. Albrecht Müller

Die herrschende Politik und die Finanzwirtschaft stecken unter einer Decke – auch deshalb zahlen wir als Steuerzahler für die Zocker. (Teil II)

Die Medien helfen meist mit, den Skandal unter der Decke zu halten. Von gelegentlichen Ausnahmen abgesehen. Eine aktuelle Ausnahme: Selbst der Vorstandsvorsitzende der Springer AG, Mathias Döpfner, wundert sich und kritisiert, dass wir Steuerzahler mit den Milliarden für die Commerzbank-Rettung die „Zockerschulden der Bank begleichen“. Die Linkspartei prangere diese Enteignung der Bürger zu Recht an. Es ist eben leider nur die Linkspartei. Die anderen spielen das Spiel mit. Die Politik ist gerade auch jetzt in der Finanzkrise maßgeblich von den Interessen der Finanzwirtschaft bestimmt. Die Medien decken dies, von wenigen Ausnahmen abgesehen, nicht auf. Das wird zum Problem, weil unter diesen Umständen die Sanktionen gegen die herrschende Politik auch bei den kommenden wichtigen Wahlen unterbleiben könnten. Die Umfragen, nach denen eine Mehrheit der Bundesbürger die „Leistung“ von Merkel, Steinbrück etc. würdigt, zeigen dies. Albrecht Müller

McKinsey macht die Politik

Jürgen Rüttgers ist in seiner politischen Karriere dafür berüchtigt, dass er knallharte konservative Politik betreibt und sich durch populistische Vorstöße ein dynamisches, meist noch soziales Image gibt.
Vor einer Woche machte er mal wieder mit der tollen Idee eines „Deutschlandfonds“, einem100-Milliarden-Euro-Schutzschirm für krisengeschüttelte Unternehmen einen publizistischen Vorstoß. Wer nun denkt, Rüttgers hätte einen so riesig dimensionierten Fonds intensiv mit Fachleuten diskutiert oder Gutachten eingeholt, um ein durchdachtes wirtschaftspolitisches Konzept vorzulegen, der irrt gewaltig. Nichts dergleichen ist geschehen.
Jetzt erfahren wir, dass ihm die Unternehmensberatungsfirma McKinsey in Person von Jürgen Kluge diesen Floh ins Ohr gesetzt hat. Wolfgang Lieb

Die Deregulierung und die Förderung des Finanzmarktes durch die Bundesregierung

Ein Leser hat uns gebeten, doch einmal alle Gesetze der letzten Jahre, die zur Deregulierung des Finanzmarktes in Deutschland beigetragen haben, zusammenzustellen. Ich habe mich auf die Suche gemacht. Dabei habe ich eine wunderbare Zusammenstellung des Bundesfinanzministeriums gefunden.
Wir stellen diese (bevor man sie löscht) einfach mal mit wenigen Anmerkungen ins Netz. Die Zusammenstellung und vor allem der euphorische Ton sprechen für sich. Ich empfinde das als ein Zeitdokument, das nicht verloren gehen sollte.
Ganz sicher haben einige der aufgeführten gesetzlichen und sonstigen Maßnahmen nicht unmittelbar zur Finanzkrise beigetragen, aber ein großer Teil muss als durchaus ursächlich angesehen werden, so etwa die Erleichterung von Unternehmensübernahmen, die Einführung von Hedge-Fonds, die Erleichterungen bei der Verbriefung von Kreditforderungen etc..
Wann setzt der Finanzausschuss des Bundestags eine Arbeitsgruppe ein oder wann holt die Bundesregierung Gutachten ein, die überprüfen, warum diese unzähligen Gesetze die Finanzkrise nicht verhindern oder wenigstens abfedern konnten? Oder welche Gesetze einer Änderung oder Abschaffung bedürfen, um künftig Finanzkrisen zu verhindern? Wolfgang Lieb

Den Kapitalmarkt effizienter organisieren – Konversion ist angesagt (Teil I)

Am 25. November konnten Sie in den NachDenkSeiten lesen: „Ist die Geldschwemme Ursache der Finanzmarktkrise? Ein Anstoß zu ein paar Zweifeln an einer gängig werdenden These.“ Dieser Beitrag führte zu einer teilweise heftigen Diskussion. Insbesondere meine Zweifel an der häufig wiederholten Annahme, die ungerechte Einkommensverteilung habe eine Geldschwemme verursacht, die wiederum verantwortlich sei für die Aufblähung der Finanzmärkte und die jetzige Krise, stießen auf Widerstand und Kritik. – Meine Zweifel sind nicht beseitigt. Die so oft wiederholte Vorstellung, die miserable Einkommensverteilung habe zu einer Art Geldschwemme und damit zur Finanzkrise geführt, lenkt eher von der Diagnose der wichtigeren Ursachen und damit von der richtigen Therapie ab. – Es ist jetzt notwendig, den Kapitalmarkt auf notwendige Funktionen zu beschränken und ihn von dem Element der Spekulation, den dafür forcierten Vermögenstransaktionen und überhöhten Renditevorstellungen zu befreien. Diese Beschränkung auf die notwendigen Aufgaben stellt die Volkswirtschaften vor ein ähnliches Problem wie bei der Rüstungskonversion. Albrecht Müller.

Nachtrag zum Redebeitrag: Es geht dabei nicht nur um Rente, sondern um Methoden der Manipulation, um Steinbrück, Blüm, Lafontaine, Schreiner, usw.

Beim am 5. Januar eingestellten Redebeitrag „Rentenreform als Teil der Reformlüge“ geht es nicht nur um die Rente, sondern um die Methoden und den Umfang der Meinungsmache, um die Finanzkrise und andere Sachfragen. Dies finden Sie vor allem in den Teilen 2 und 3. – Einer unserer Leser hat eine MP3-Audiodatei hergestellt. Das ist für viele eine brauchbarere Form. – Die Rede hat einen anderen Leser, Joachim Lang, zu einer Ergänzung zur Rolle Steinbrücks animiert. Siehe Anlage. Albrecht Müller

Private Pensionssysteme in den OECD-Ländern erlitten Werteinbußen von 5 Billionen US Dollar

Die Finanzkrise hat nach Angaben der OECD bei den privaten Pensionssystemen zu riesigen Verlusten geführt. Dies geht aus dem „Pension markets in Focus“–Brief vom Dezember [PDF – 740 KB] hervor. Danach beliefen sich die Werteinbussen der in den OECD-Ländern bestehenden  privaten Pensionspläne im Zeitraum Dezember 2007 und Oktober 2008 auf rund 5 Billionen US Dollar. Das entsprach etwa 20 Prozent ihres Ausgangswertes von 28 Billionen US Dollar im Dezember 2007. 
Zwei Drittel dieser Verluste, oder rund 3,3 Billionen US Dollar, entfielen auf die Vereinigten Staaten. Die OECD setzt die Verluste der privaten Pensionspläne in Großbritannien, Australien, Kanada, Niederlande und Japan  im gleichen Zeitraum mit 1, 2 Billionen US Dollar an. Am stärksten sind private Pensionspläne durch den Verfall der Aktienwerte in jenen OECD-Ländern in Mitleidenschaft gezogen worden, in denen die Aktienanlage im Schnitt ein Drittel der zur Alterssicherung investierter Mittel ausmacht. Deshalb seien irische Pensionsfonds mit einem Verlust eines Drittels des Wertes ihrer Gesamtanlagen besonders stark getroffen worden. Nach Ansicht der OECD zeigen hohe Verluste sowohl bei Leistungszusagesystemen (defined benefit systems) als auch Beitragszusagesystemen (defined contribution systems) die Dringlichkeit für weitere Reformen der privaten Pensionssysteme auf.

Können die „Schwarzen“ besser mit Geld umgehen? Sie können es nicht!

Einer der Standardsprüche des konservativen und wirtschaftsliberalen Lagers in Wahlauseinandersetzungen war bisher immer die Behauptung, die Roten könnten nicht mit Geld umgehen, sie selbst selbstverständlich schon. Dieser Glaube bestimmte viele Debatten und beeinflusste Wahlentscheidungen. Er war nie richtig. Richtig ist hingegen: Die „Schwarzen“ konnten vom Staat immer schon gut Subventionen und Steuervergünstigungen einstreichen. – Aber mit diesen Fakten war nicht leicht zu argumentieren. Jetzt jedoch liegt offen auf der Hand, wie verantwortungslos die konservative Seite unserer Gesellschaft mit öffentlichem Geld umgeht: Konservative Politiker und Banker haben die Sachsen LB, die Bayern LB, die Baden-Württemberg LB, HSH-Nordbank beherrscht und haben sie einschließlich der WestLB zu Banken machen wollen, die sich wie Privatbanken verhalten und entsprechend spekulieren. Auch die hohen Verluste der Industriekreditbank (IKB) sind unter der Aufsicht meist konservativer Wirtschaftsführer entstanden. Wir Steuerzahler haben den Größenwahn der konservativen Führungsfiguren auszubaden. Albrecht Müller

Ist die Geldschwemme Ursache der Finanzmarktkrise? Ein Anstoß zu ein paar Zweifeln an einer gängig werdenden These.

Man bekommt in der öffentlichen Debatte, in Talkshows und Interviews des Öfteren zu hören, weltweit strömten Billionen um den Globus und suchten nach Anlagemöglichkeiten. Die Geldschwemme stehe in keinem Verhältnis zu der Realwirtschaft. Jetzt bin ich einer ähnlichen Argumentation in Werken zweier Personen begegnet, die ich bisher als verlässlich analysierende Volkswirte kennen und schätzen gelernt habe: Michael Schlecht und Axel Troost. Ihre These kurz zusammengefasst: Die ungerechte Einkommensverteilung habe eine Geldschwemme verursacht, die wiederum verantwortlich sei für die Aufblähung der Finanzmärkte und die jetzige Krise. Ich fürchte, dass diese These auf einigen Denkfehlern beruht. Sicher bin ich mir nicht. Deshalb stelle ich meine Beobachtungen und Zweifel zur Diskussion. Albrecht Müller

Die Verflechtung der Politik mit dem Casino-Betrieb der Finanzwirtschaft ist enger und älter als wir denken – wir zahlen schon seit 2000 für die Wettschulden

Professor Schmelz, engagiert im Aufspüren der Machenschaften um „innovative Finanzprodukte“, schickte gestern einen neuen und, wie ich finde, aufregenden Fund: einen Artikel aus dem Handelsblatt vom 24.2.2003 (siehe Anhang). Dort wird von einem Treffen Schröders, Eichels und Clements mit Spitzenvertretern der Banken- und Versicherungsbranche berichtet. Bei diesem Treffen war der Vorschlag gemacht worden, für notleidende Kredite deutscher Institute eine Auffanggesellschaft zu gründen, für deren Risiken letztlich der Staat, also wir Steuerzahler, einstehen soll. Dieses Dokument zeigt, dass die hohen Risiken der Politik spätestens seit dem Jahr 2000 bekannt sind, dass also Steinbrück die Unwahrheit sagt, wenn er von einem Spring-ins-Feld-Teufel erzählt, einer Überraschung durch die Finanzkrise. Es zeigt zweitens weiter, dass die Bundesregierung in die kriminellen Machenschaften des Verpackens und Weiterverkaufens notleidender Kredite in Wertpapiere schon früh involviert war. Albrecht Müller.

Die gefährlichen Vorurteile unseres Führungspersonals – Steinbrück ist voll davon und tut deshalb nicht das Richtige.

Die Bundesregierung zwang uns Steuerzahler, fast 10 Milliarden für die Rettung der Industriekreditbank (IKB) zu zahlen, und dann 27, vielleicht sogar 50 Milliarden für die Münchner HRE-Bank, mehrere Milliarden für die Commerzbank, für die Bayerische Landesbank, usw. In der Summe mehrere 10 Milliarden, wenn nicht über 100 Milliarden, die uns alle in Zukunft belasten werden. Das mutet Peer Steinbrück uns und dem Bundeshaushalt zu. Zu Gunsten der Gesinnungsgenossen in der Finanzwirtschaft. Wenn es aber darum geht, zu Gunsten der Mehrheit der Beschäftigten und Arbeitslosen unser Land vor einer schlimmen Rezession zu bewahren, dann präsentiert uns Steinbrück seinen bekannten Wust von Vorurteilen gegen Konjunkturprogramme und gegen angeblich weitere Verschuldung. Auf den NachDenkSeiten konnten Sie schon viel dazu lesen. Deshalb beschränke ich mich auf Hinweise auf einen früheren Eintrag und einige andere einschlägige Artikel. Dies soll Ihnen zur Orientierung dienen. Albrecht Müller.

Die Täuschungsmaschinerie der Finanzindustrie ist hoch aktiv – dazu ein interessanter Beitrag von Hauke Fürstenwerth

Fürstenwerth zeigt gleich zu Anfang, mit welcher Chuzpe die neoliberalen Vertreter in unserem Land die Verantwortung für die Finanzkrise wegschieben und dem Staat anhängen. Die herrschenden Kreise versuchen, die Verantwortung für ihr Tun mit aller Macht auf ihre politischen Gegner abzulenken. Wir erleben das in der Praxis der deutschen Politik täglich. – Sie finden den Beitrag von Hauke Fürstenwerth in der Rubrik Andere interessante Beiträge. Vorher noch einige Anmerkungen. Albrecht Müller.

Das „Casino schließen“ – Die Bundesregierung will davon nichts wissen.

„Das Casino schließen“ ist der Titel einer Aktion von attac Deutschland. Diese Forderung ist richtig und sie steht voll im Gegensatz zu dem, was die Bundesregierung und die hinter ihr stehenden Kräfte aus der Finanzindustrie anstreben. Dazu gleich mehr.

Attac demonstriert zum morgigen Weltspartag, in Berlin, Stuttgart und anderswo. Siehe hier. Sie sind sehr eingeladen, sich zu beteiligen. Albrecht Müller.

“Let’s Make Money” – Autor Wagenhofer im Interview

“Getriebene in einem unmenschlichen System” – so die Headline über dem Interview in der Tagesschau und der Einstieg: „Mit “Let’s Make Money” kommt Ende des Monats der Film zur Finanzkrise in die Kinos. Dokumentarfilmer Erwin Wagenhofer begleitete Investmentbanker und Fondsmanager über mehrere Jahre – auch durch die Grauzonen der Finanzwelt. Sein ernüchterndes Fazit: Die Krise hatte man bereits vor Jahren vorhergesehen – nur hat es niemanden interessiert, solange die Rendite stimmte.“ Albrecht Müller.

Ist der „Kasinokapitalismus“ am Ende?- Neoliberalismus in der Legitimationskrise

Es wäre verfrüht zu glauben, der Neoliberalismus hätte seine Macht über das Bewusstsein von Millionen Menschen verloren, nur weil sie um ihr Erspartes fürchten und mit ihren Steuergroschen einmal mehr die Zeche für Spekulanten und Finanzjongleure zahlen müssen. Gleichwohl bleibt zu hoffen, dass die globale Finanzmarktkrise zur Überwindung der neoliberalen Hegemonie – hier verstanden als öffentliche Meinungsführerschaft des Marktradikalismus – und zur allgemeinen Rehabilitation der Staatsintervention beiträgt. Stellt man die Frage, was nach dem Neoliberalismus kommt, sollte man die beiden Perspektiven eines sich radikalisierenden und eines seriöser auftretenden, noch subtiler agierenden Marktfetischismus nicht übersehen. Von Christoph Butterwegge.