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Hartz-Gesetze/Bürgergeld

Datenschutzbeauftragter: 20% Alg II-Missbrauch, behauptet Clement. Mit der Wirklichkeit hatte diese Zahl nichts gemein.

Die oft behauptete Missbrauchsquote von 20% „ist aus einer datenschutzrechtlich ohnehin sehr zweifelhaften Telefonaktion der Bundesagentur für Arbeit hochgerechnet worden: Betroffene, die telefonisch nicht erreicht werden konnten oder eine Teilnahme an der Aktion ablehnten, wurden dem Generalverdacht des Leistungsmissbrauchs ausgesetzt. Mit der Wirklichkeit hatte diese Zahl jedoch nichts gemein“, schreibt der Landesbeauftragte für den Datenschutz Mecklenburg-Vorpommern in seinem 7. Tätigkeitsbericht 2004/2005.

Eine immanente Kritik des Schlussberichts des Ombudsrats zu Hartz IV von Ursula Engelen-Kefer

Der Schlussbericht des vom ehemaligen Superminister Clement eingesetzten Omudsrates zu Hartz IV hat keine breite öffentliche Debatte über das größte „Reform“-Projekt in der Geschichte der Bundesrepublik“ ausgelöst, sondern er wurde von verschiedenen Politikern nur zum Anlass genommen, weitere Einschränkungen für die Langzeitarbeitslosen zu fordern. Die ehemalige DGB-Vorsitzende und Vorsitzende des Verwaltungsrats der Bundesagentur für Arbeit, Ursula Engelen-Kefer war mit der Umkrempelung der Bundesagentur als Verwaltungsratsvorsitzende in verantwortlicher Funktion befasst. Sie hat sich im folgenden Beitrag mit dem Schlussbericht im Ombudsrat im Detail auseinander gesetzt.
Die NachDenkSeiten haben ihre grundsätzliche Kritik an den Hartz-Reformen in einer Vielzahl von Beiträgen dargelegt, daran haben wir auch nichts zurückzunehmen. Weil wir aber kaum irgendwo eine systematische Auseinandersetzung mit den Empfehlungen des Ombudsrats gelesen haben, wollen wir unseren Leserinnen und Lesern die Stellungnahme von Ursula Engelen-Kefer zur Kenntnis bringen. Wir erlauben uns einen Kommentar am Ende des Beitrags.

Analyse des WSI zu Hartz IV: Debatte um angebliche Kostenexplosion verstellt den Blick auf tatsächliche Probleme der Arbeitsmarktreform

Debatten um eine vermeintliche Kostenexplosion und angebliche Missbräuche beim Arbeitslosengeld II lenken ab von den tatsächlichen Problemen der Arbeitsmarktreform, etwa dem gestiegenen Armutsrisiko für viele Langzeitarbeitslose. Zu diesem Ergebnis kommt eine Analyse des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) in der Hans-Böckler-Stiftung.

Beschwerde gegen Chefredakteur der WAZ

Der Chefredakteur der WAZ Reitz hat in einem Kommentar zu Hartz IV „eine schmarotzerhafte Mitnahme-Mentalität“ beklagt. Jürgen Voss hat deshalb Beschwerde beim Deutschen Presserat gegen Reitz erhoben. Diese Beschwerde ist in mehrfacher Hinsicht interessant. Deshalb übernehmen wir sie in unsere Rubrik „Andere interessante Beiträge“. Ich finde zusätzlich bemerkenswert, dass Personen wie der Chefredakteur der WAZ, die Reformen wie die Hartz-Reformen immer wieder gefordert haben, jetzt nachträglich in schrillen Tönen die Folgen und Nebenwirkungen beklagen. Hartz I, II, III und IV ist ja nun wahrlich nicht von den Betroffenen erfunden worden, denen Reitz Schmarotzertum vorwirft. Der Kommentar von Reitz ist ein weiterer Beleg dafür, dass die neoliberalen Kreise das Scheitern ihrer Ideologie damit zu kaschieren versuchen, dass sie den Missbrauch übertreiben und ihn für das Scheitern verantwortlich machen. Grotesk.

Eine sehr informative Stellungnahme von Erika Biehn, Vorsitzende der BAG-SHI, zum Entwurf eines Gesetzes zur „Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende“.

Erika Biehn ist Vorsitzende der Bundesarbeitsgemeinschaft der Erwerbslosen- Sozialhilfeinitiativen e.V. Sie kommt in ihrer schriftlichen Stellungnahme [PDF – 200 KB] zur öffentlichen Anhörung von Sachverständigen in Berlin am 29. Mai 2006 zu folgendem Fazit: Die BAG-SHI sieht im Gesetzesentwurf der Fraktionen CDU/CSU und SPD zur Fortentwicklung des SGB II in der Summe Neuregelungen, die zu einer weiteren drastischen Verschlechterung der materiellen und rechtlichen Lage von erwerbslosen und mittellosen Menschen führen werden. Der Entwurf enthält zahlreiche Vorschläge, die den Zugang zum Arbeitslosengeld II weiter erschweren und Selbstbestimmungsrechte von erwerbsfähigen und hilfebedürftigen Menschen stark einschränken. Zudem wird das von den Betroffenen als entwürdigend empfundene Kontroll- und Sanktionsinstrumentarium weiter in unzulässiger Weise ausgebaut.

Hartz IV einmal nicht aus dem weichen Sessel eines „Stern“-Chefredakteurs betrachtet.

„Der Kommunismus siegt“, „Arbeit wird verhöhnt, Nichtstun belohnt.“ So titelte Ulrich Jörges, stellvertretender Chefredakteur des „Stern“ im Heft 22 seinen wöchentlichen „Zwischenruf aus Berlin“ über den nach seiner Ansicht „komfortabelsten Ausbau“ des Sozialstaats durch Hartz IV. Jörges beweist mit seinen Kolumnen schon seit langem, dass er zu den eitelsten Journalisten gehört, dem es weniger um Aufklärung, sondern darum geht mit seinen pseudointellektuellen Zuspitzungen sich selbst darzustellen.

Auf welcher „Wolke der Unwissenheit“ ein „Star“-Journalist schweben darf, ohne dass er nur noch Hohn und Spott erntet, zeigt die Sicht eines Hartz IV-Betroffenen [PDF – 352 KB].

Suchanzeige hatte Erfolg!

Wir danken allen unseren aufmerksamen Leserinnen und Lesern, die uns geholfen haben, die Unterrichtung durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu finden.
Bei der Gegenüberstellung der Ausgaben für erwerbsfähige Hilfebedürftige nach dem neuen Recht (Grundsicherung für Arbeitsuchende) und dem alten Recht (Arbeitslosenhilfe und erwerbsfähige Sozialhilfe) handelt sich zwar um eine Ausschussdrucksache, die formal nicht öffentlich ist, aber da Sie offenbar öffentlich kursiert und auch auszugsweise in einzelnen Medien zitiert ist, halten wir uns für legitimiert, unsere Nutzerinnen und Nutzer darüber in Kenntnis zu setzen. Wolfgang Lieb.

Quelle 1: Unterrichchtung I [PDF – 177 KB]
Quelle 2: Unterrichchtung Andres [PDF – 97 KB]

Ein Staat, der zu Lasten der Anspruchsberechtigten “spart”, hat ein sozialpolitisches Problem.

Der Sozialpolitiker Professor Richard Hauser macht mich auf eine interessante Zusammenstellung von Dr. Irene Becker aufmerksam.
Die öffentliche Diskussion über eine Reform der Hartz IV Reform, die vor allem mit Kostenargumenten und Mißbrauchsvorwürfen geführt wird, ist allzu ärgerlich. Irene Becker hat eine Zusammenstellung der Empfängerzahlen und der Kosten angefertigt, die bei richtiger Berechnung und unter Berücksichtigung der verdeckten Armut (d.h. jener Personen, die einen Sozialhilfeanspruch hatten, ihn aber nicht geltend machten) zu erwarten gewesen wären. Lediglich die falschen Erwartungen der Regierung wurden widerlegt.

Suchanzeige!

Wir suchen den Bericht des Parlamentarischen Staatssekretärs im Bundesarbeitsministerium, Gerd Andres, an den Bundestagsausschuss für Arbeit und Soziales von Anfang Mai 2006, wonach Hartz IV gegenüber den alten sozialen Sicherungssystemen keine Kostenexplosion ausgelöst hat.

Die Lügen über den Missbrauch von Hartz IV

Der Missbrauch von Hartz IV beherrscht die Schlagzeilen. Regierungsoffiziell wird von „Schmarotzern“ und „Parasiten“ geredet, bei Christiansen behauptete Ex-Superminister Clement dreist eine Missbrauchsquote von 25%. In dieser Stimmungslage wird mit Schnellgesetzen ein Reformgesetz nach dem anderen zur Verhinderung des Hartz IV- Missbrauchs durchs Parlament gejagt. 4 bis 5 Milliarden sollen durch das jüngst verabschiedete „Optimierungsgesetz“ eingespart werden.
Ganz versprengt, in der Thüringer Allgemeinen findet man eine knappe Meldung der Bundesagentur für Arbeit: Nach belastbaren Zahlen seien lediglich 26 Millionen Euro an Leistungen zu Unrecht ausgezahlt worden. Allenfalls 5 % der Langzeitarbeitslosen hätten Alg II zu Unrecht neben weiteren, nicht angegebenen Einkünften erhalten.
Wetten, dass auf diese Zahlen kaum jemand reagieren wird, sie passen schlicht nicht in die Lügenkampagne, mit der die Bevölkerung gegen die Langzeitarbeitslosen aufgehetzt werden soll.

„Mehrheit der Deutschen befürwortet Reform der Reform“ – ein Lehrstück an Irreführung

Diese Meldung von SPIEGEL ONLINE vom 1.6. ist ein Klasse-Kandidat für unserer Rubrik “Manipulation des Monats”. Wer schon einmal mit Umfragen umgegangen ist und erfahren hat, wie man als Partei oder Ideologie Umfragen zur Meinungsbildung einsetzen kann, weiß: Wenn du eine Mehrheit von Befragten erreichen willst, dann formuliere die Frage so, dass sich Gruppen aus gegensätzlichen Lagern addieren.

Die neue Hartz Debatte – ein paar Fragen und Anmerkungen zur Einordnung.

Die neue Debatte um Mehrkosten und Missbräuche wird immer unverständlicher. Entweder die Meinungsführer wissen nicht mehr, was sie tun, oder sie betreiben ein gigantisches Ablenkungsmanöver. Wenn wir jetzt über die Missbräuche, über die Kürzung der Zahlungen nach Hartz IV und andere Revisonen der gerade 1 ½ Jahren geltenden Gesetze diskutieren, dann vergessen wir allzu schnell, was die Hartz-Reformen eigentlich sollten und was sie schon angerichtet haben und wie eine Politik und Wissenschaft zu beurteilen ist, die eine solche Malaise zu verantworten hat.
Ich mache im folgenden in Stichworten den Versuch, diese Debatte etwas einzuordnen.

Stellungnahme nunmehr aller Wohlfahrtsverbände

Als Antwort auf unsere kritische Berichterstattung zum Vorstoß einiger Wohlfahrtsverbände erreicht uns eine Mail aus den Wohlfahrtsverbänden mit einem wichtigen Dokument: „Beiliegend übersende ich Ihnen die differenziertere Stellungnahme nunmehr aller Wohlfahrtsverbände zum Entwurf eines Gesetzes zur “Fortentwicklung” der Grundsicherung für Arbeitssuchende. Ich bedanke mich für die kritische Begleitung dieses sehr ärgerlichen Alleingangs von AWO, BRK und DW.“

Quelle: Stellungnahme der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege [PDF – 210 KB]