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Wichtige Debatten

So stellt sich Klein-Ulla das Funktionieren der Marktwirtschaft vor

„Bundessozialministerin Ulla Schmidt (SPD) hat die deutsche Wirtschaft aufgefordert, mehr Arbeitsplätze zur Verfügung zu stellen,“ meldet die Netzeitung. «Nun sind die Arbeitgeber in der Pflicht», sagte Schmidt am Mittwoch in Berlin mit Blick auf die gesunkenen Lohnnebenkosten. Die Ministerin wandte sich dabei an Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt und forderte ihn auf, sich dafür stark zu machen und keine neuen politischen Forderungen zu stellen.“

Die Steuerfinanzierung der sozialen Sicherungssysteme – ein unsicherer und höchst gefährlicher Rettungsanker

Vor allem von CDU/CSU und von der Wirtschaftslobby, aber auch von sich eher „links“ verstehenden Anhängern eines allgemeinen „Grundeinkommens“ wird eine teilweise oder gar überwiegende Finanzierung von sozialer Risikoabsicherung aus Steuermitteln statt aus nach Einkommen gestaffelten Beiträgen der Versicherten propagiert. Vorgebliches Hauptmotiv ist der Glaube, dass so die Lohnnebenkosten gesenkt werden könnten und dadurch die Wirtschaft wieder angekurbelt werden könnte. Eine trügerische Hoffnung!

Die Reformen beginnen zu greifen? Die Krankenkassenbeiträge sind nicht gesunken, sie drohen zu steigen.

Man kann sich nicht rückwärts auf den Sattel setzen und das Pferd vom Schwanz her aufzäumen und sich dann wundern, dass sich das Pferd in die falsche Richtung bewegt. Mit diesem Bild lässt sich zusammenfassen, was wir auf den „NachDenkSeiten“ an der „Reformpolitik“ der Agenda 2010 kritisiert haben.
Dass es statt vorwärts eher rückwärts geht, zeigt sich einmal mehr bei der Gesundheitsreform: Statt der versprochenen Senkung der Beiträge wollen Krankenkassen wegen steigender Arzneimittelausgaben die Sätze erhöhen.

Medien ohne kritischen Verstand – ein Hauptproblem für unsere Demokratie

Medien sind auch dafür da, durch kritische und aufklärende Begleitung des politischen Geschehens die Qualität der öffentlichen Debatte zu verbessern und so auch dazu beizutragen, dass die Qualität der politischen Entscheidungen einigermaßen stimmt. Gestern Abend wurden wir wieder einmal Zeugen, dass unsere Spitzenmedien diesem Anspruch auch nicht annähernd gerecht werden. Gabi Bauer (NDR) und ARD-Chefredakteur Hartmann von der Tann (SWR) befragten den WASG-Spitzenkandidaten Lafontaine. In ihren Fragen plapperten sie fast ausnahmslos die gängigen Parolen nach. Für mich ein erschreckendes Phänomen, zumal ich zumindest Gabi Bauer ganz sympathisch finde und Herr von der Tann immerhin ARD-Chefredakteur ist.

Die Koalitionsvereinbarung in NRW: Eine konservative Fortschreibung der Modernisierungspolitik

Die Koalitionsvereinbarung von CDU und FDP wurde auf den jeweiligen Parteitagen ohne weitere Debatten nahezu einstimmig angenommen. Kein Wunder: Was da auf 65 Seiten aufgeschrieben wurde, ist das Papier nicht wert, auf dem der Text gedruckt wurde, denn alle Maßnahmen des Koalitionsvertrages stehen unter einem Haushaltsvorbehalt. Ansonsten finden wir nahezu alle Tarnwörter, die im Augenblick im konservativen Falschwörterbuch aufgeführt sind.

Propaganda-Maschine der Neoliberalen – Hat das ZDF diese Gleichschaltung nötig?

Der SPIEGEL- und SPIEGEL-TV Chef und Förderer des neoliberalen Mainstream, Stefan Aust, darf jetzt die Glaubwürdigkeit des öffentlich-rechtlichen ZDF für die im SPIEGEL rigoros betriebene Agitation nutzen. Zusammen mit Claus Richter (ZDF-Frontal) produzierte er einen Dreiteiler mit dem Titel „Fall Deutschland“. Die Ankündigung lässt ahnen, was auf uns zukommt: Drei Stücke nach dem Strickmuster des weisen Wortes von George Orwell („1984“) und roten Fadens der „Reformlüge“: »Und wenn alle anderen die von der Partei verbreitete Lüge glaubten – wenn alle Aufzeichnungen gleich lauteten –, dann ging die Lüge in die Geschichte ein und wurde Wahrheit.«
Wegen der Finanzierung des Stücks wäre das „Netzwerk Recherche“ gefragt.

Mythos: Zu hohe Lohnnebenkosten

Ver.di hat einmal nachgerechnet was eine Verringerung der Sozialversicherungsbeiträge um 10 (!) Prozent brächte: Bei Kosten für eine Handwerkerstunde von 43 Euro spart der Arbeitgeber gerade mal 60 Cent.

„Perspektive Deutschland 2004“, eine Umfrage, die exemplarisch ist für die Umdeutung von Kritik an der „Reform“-Politik in die Forderung nach weiter gehenden Reformen

Großes Tamtam dürfte eine Online-Umfrage unter mehr als einer halben Million Teilnehmern entwickelt vom Unternehmensberater McKinsey und wohl finanziert von ZDF und Stern die nächsten Tage erregen. „Deutschland in der Krise“, „Deutsche bekennen sich klar zu Reformen“, „Wir müssen konsequent den Weg weiter gehen“ sollen die Botschaften sein. Dass sich die Deutschen in ihrem Heimatland überwiegend wohl fühlen, dass sie sich aber sehr wohl Sorgen über den eingeschlagenen politischen Kurs machen oder dass sie mehr soziale Gerechtigkeit wollen, das wird bei der Interpretation dieser aufwändigen Umfrage ausgeblendet, umgedeutet oder kommt allenfalls zwischen den Zeilen vor.

Buchtipp: Gustav A. Horn sieht Deutschland vor allem in einer Krise des ökonomischen Denkens

Der Konjunkturforscher Gustav A. Horn widerspricht in seinem neuen Buch den gängigen Begründungen der angebotstheoretischen Ökonomie für unsere Wachstumsschwäche. Er stellt der „erschreckend“ einseitigen Wahrnehmung unserer Probleme verengt auf die Angebotsseite des Güter- und des Arbeitsmarktes eine gesamtwirtschaftliche Sichtweise gegenüber. Er sieht die Wurzel des schwachen Wachstums und der hohen Arbeitslosigkeit im Kern in einem Nachfragemangel und entwickelt ein Gegenprogramm gegen Sparen und Sozialabbau. Er fordert eine Neuausrichtung der Geld-, Finanz- und Lohnpolitik, die mehr Expansion möglich macht als bisher. Horn hat den NachDenkSeiten eine Zusammenfassung seines Buches zur Verfügung gestellt.

Frühjahrsgutachten: Prognosen immer falsch. Empfehlungen immer dieselben: Erhöhung der Dosis

Müssen sich die Chefs der Wirtschaftsforschungsinstitute nicht allmählich lächerlich vorkommen? Alle halbe Jahr ein Gutachten, alle halbe Jahr müssen Sie ihre hochwissenschaftlich erarbeiteten Prognosen korrigieren, alle halbe Jahr raten sie zu noch weniger Sozialstaat, zu weniger Arbeitnehmerrechte, zu noch weniger Unternehmenssteuern, zu noch mehr Markt und noch weniger Staat. Die wirtschaftliche Nachfrage spielt in „ihrer“ Wirtschaft keine Rolle. Mit der Kehrtwende des DIW ist die neoliberale Gleichschaltung vollends gelungen. Wo sich der Staat zuerst zurückziehen müsste, das wäre der Rückzug von der Finanzierung solcher Gutachten und solcher „Forschungs“- Institute, die nur noch durch ihre selbstrechtfertigenden Scheuklappen die Wirklichkeit wahrnehmen. Dass „wir ein Wachstumsproblem“ haben (so Döhrn, RWI), das merken die Menschen schon seit Jahren – auch ohne solche Forschungsinstitute.