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Hochschulen und Wissenschaft

Dramatischer Rückgang der Studierenden nach Einführung von Studiengebühren in NRW

Zum Start des Sommersemesters – dem zweiten Semester mit Studiengebühren – ist die Zahl der Studierenden an der größten nordrhein-westfälischen Universität zu Köln erneut um 5.000 Studierende gesunken Nachdem schon bei Einführung der Studiengebühren in NRW ein Rückgang der Erstsemesterzahlen um 5,3 Prozent zu verzeichnen war. An der benachbarten Uni Bonn ging die Zahl der Studierenden seit Einführung von Studiengebühren um 7.000 zurück. Das entspricht einem Rückgang von ca. 25 Prozent. Was jeder vorhersehen konnte, scheint einzutreten: Der höhere Preis senkt die Nachfrage nach Studienplätze – und das in einem Land, in dem ständig gefordert wird, dass wir mehr Studierende brauchen.

Stuttgart Institute of Management and Technology: Schon wieder eine private Elitehochschule pleite

Die private Universität Witten-Herdecke wurde jüngst vom Gesundheitskonzern SRH vor der Pleite bewahrt, die “International University Bremen” (IUB) musste jüngst von der Kaffeeröster- Stiftung Jacobs gerettet werden, der Größenwahn der „European School of Management and Technology“ (ESMT) im ehemaligen DDR-Staatsratsgebäude Berlin ist längst an der Realität zerplatzt. Und nun wird auch die „Eliteeinrichtung“ des Stuttgart Institute of Management and Technology (SIMT) verramscht: Für einen symbolischen Euro übernahm die Steinbeis-Gruppe des akademischen Multi-Unternehmers Professor Johann Löhn aus Stuttgart die Führung. Über 20 Millionen Euro staatlicher und privater Mittel flossen – viel Geld für eine private Universität, die nach neun Jahren lediglich 281 Absolventen vorzeigen kann.

Stiftungsprofessuren die Kopflanger des großen Geldes

Die Universität Frankfurt am Main, hat insgesamt 500 Professoren. Sie hat 23 Stiftungsprofessoren und 14 Stiftungsgastprofessoren. Von diesen 37 Stiftungsprofessuren wurden 13 von Banken oder Stiftungen der Finanzwirtschaft gestiftet, mindestens 6 von Stiftungen der Pharma- und Gesundheitsindustrie, etliche durch Quandt-, Herthie oder sonstigen Stiftungen von Großindustriellen oder durch Konzerne wie T-Mobil und einige wenige von ungenannten Spendern. Die Gastprofessuren werden semesterweise, die Stiftungsprofessuren dauerhaft besetzt.
Nun könnte man ja das Hohe Lied auf das Mäzenatentum singen. Doch daraus wird schnell ein Trauerspiel: denn die Stiftungsprofessuren werden nur zwischen drei bis fünf Jahren privat finanziert, anschließend werden sie aus Landes- oder Hochschulmitteln weiterfinanziert. D.h. hier kauft sich großes Geld die von ihr gewünschte Wissenschaft und von ihm (mit) ausgewählte Wissenschaftler ein, um sie dann auf Dauer dem Steuerzahler aufzuhalsen.

Die „neue Freiheit“ der NRW-Hochschulen – Freiheit für wen und wozu?

Unter dem Titel „Hochschulen auf neuen Wegen“ hat NRW-Innovationsministerium eine Jubel-Broschüre [PDF – 1.5 MB] zum neuen „Hochschulfreiheitsgesetz“ herausgegeben. Kein anderes Land mache „Freiheit mit dieser Konsequenz zur Grundlage seiner Hochschulpolitik“, rühmt Innovationsminister Pinkwart sein vom Bertelsmann Centrum für Hochschulentwicklung abgekupfertes Gesetz. Fragt man jedoch einmal danach für wen und wozu die „neue“ Freiheit dienlich ist, so wird man feststellen, dass die weit überwiegende Mehrheit der Forschenden und Studierenden gemessen an ihren früheren Forschungs- und Lernfreiheiten und verglichen mit ihren bisherigen Beteiligungs- und Mitwirkungsrechten wesentlich „unfreier“ sein werden als mit der – durchaus nicht optimalen – früheren akademischen Selbstverwaltung. Wolfgang Lieb.

Eine neue Blüte: PPP-Stiftungsprofessur.

Wir hatten schon mehrmals berichtet: überall wird privatisiert und meist kräftig daran verdient. Jetzt macht uns einer unserer Leser darauf aufmerksam, dass in Bremerhaven einer der Profiteure großzügig einen PPP-Lehrstuhl stiftet. Seine Mail folgt. Unser Rat: Gehen Sie auch in Ihrer Region PPP/ÖPP-Projekten nach und auf den Grund. Unten folgt noch ein Hinweis auf PPP bei einem A 8-Tunnel. Und noch mal der Hinweis, sich das Vergnügen eines Besuches bei der Website von Rudolf Scharpings PPP-Beratungsgesellschaft RSBK zu gönnen. Albrecht Müller.

Rechtsgutachten: Der Akkreditierung von Studiengängen fehlt Rechtsgrundlage

Da nach der gegenwärtig vorherrschenden Meinung der Staat sich aus den Hochschulen möglichst komplett heraushalten soll, wurden auch Rahmenprüfungsordnungen und sonstige rechtlichen Vorgaben zur Qualitätskontrolle von Studiengängen abgeschafft. Akkreditierung hieß das neue Zauberwort zur Kontrolle der Qualität der Studiengänge. Diese Akkreditierung sollte selbstverständlich von privaten Akkreditierungsagenturen verliehen werden, die ihrerseits allenfalls noch von einer öffentlich eingerichteten Stiftung anerkannt werden sollten.
Ein in der Juristenzeitung veröffentlichtes Rechtsgutachten von Prof. Joachim Lege kommt nun zu dem Ergebnis, dass das Akkreditierungswesen „in tiefer rechtlichen Finsternis“ liege. Es sei „Kontrolle ohne Verantwortung“ und sowohl das Verfahren selbst, als auch die Pflicht zur Akkreditierung seien formal- sowie verfassungsrechtlich äußerst bedenklich. War also der bisherige teure Aufwand der Hochschulen ohne rechtliche Relevanz? Wolfgang Lieb.

Verfassungsfeindliche Umtriebe auf deutschen Volkswirtschaftslehrstühlen

Anhänger des Marktradikalismus bekämpfen die in Artikel 38 Grundgesetz verankerte allgemeine, unmittelbare, freie und vor allem die gleiche Wahl: Die „Leistungselite“ müsse vor der Mehrheit geschützt werden.
In einem „ordnungspolitischen Blog ´Wirtschaftliche Freiheit`“ stellt der Inhaber des Lehrstuhls für Volkswirtschaftslehre der Universität Mannheim, Roland Vaubel, das schon 1787 in der amerikanischen und mit der Abschaffung des Dreiklassenwahlrechts seit 1918 in den deutschen Verfassungen verankerte gleiche Wahlrecht zugunsten eines Schutzes der „Leistungselite“ in Frage. Noch mehr Schutz als eine Änderung des Wahlrechts im Grundgesetz biete allerdings der „Standortwettbewerb“ zwischen den Staaten. Deshalb liege in der Globalisierung eine große Chance: sie zwinge die Politiker jenseits aller Wahlergebnisse um die Gunst der „Leistungseliten“ zu konkurrieren.

Besorgniserregende Statistische Daten zum Studium

Auf eine kleine Anfrage der Fraktion der Grünen antwortete die Bundesregierung [PDF – 80 KB] dass die die Zahl der Studienanfänger in 2006 im Vergleich zu 2005 um 3,5 Prozent gesunken. Übergangsquote von Hochschulzugangsberechtigten auf die Hochschulen betrug 2004 81,8 Prozent und 2005 nur noch 71,2 Prozent. Derzeit sind nur 33 Prozent der neu eingeführten Bachelor- und Masterstudiengänge akkreditiert (d.h. von einer Qualitätssicherungsagentur anerkannt). Fast zwei Drittel der neuen BA/MA-Studiengänge sind zulassungsbeschränkt. Im Jahr 2005 gab bei insgesamt 356 076 Studienanfängern 85 412 (24 Prozent) Anfänger in Bachelorstudiengängen (1. Hochschulsemester). Der Anteil der männlichen Studierenden in den Masterstudiengängen ist im Vergleich zu ihrem Anteil in den Bachelorstudiengängen höher (von 53,6 auf 60 Prozent), während er bei den weiblichen Studierenden geringer ist (von 46,6 auf 40 Prozent).
Fazit: Im Gegensatz zu dem Ziel den Anteil der Studierenden pro Altersjahrgang zu erhöhen, sinkt die Zahl der Studienanfänger und die Übergangsquote der Hochschulzugangsberechtigten. Statt einer Öffnung der Hochschulen nehmen die Zulassungsbeschränkungen zu. Mehr männliche Studierende in höherqualifizierenden Studiengänge. Wolfgang Lieb.

Michael Hartmann: Die Exzellenzinitiative – ein Paradigmenwechsel in der deutschen Hochschulpolitik

Als im Januar 2004 die rot-grüne Bundesregierung unter Gerhard Schröder erstmals über ein Programm zur Schaffung von Eliteuniversitäten in Deutschland sprach, löste sie einen enormen Medienwirbel aus. Die Tatsache, dass ausgerechnet die Sozialdemokratie – auf dem Bildungssektor traditionell für das Prinzip der Chancengleichheit zuständig – den Begriff der Elite enttabuisierte, sorgte für größte Verwunderung. Die Reaktionen führten schnell zur offiziellen Umbenennung der geplanten Initiative. Sie hieß fortan „Exzellenzinitiative.“ Damit sollte signalisiert werden, dass es keinesfalls um die Privilegierung einzelner Universitäten, sondern um einen allgemeinen Leistungswettbewerb gehen solle. Alle Hochschulen hätten im Grundsatz die gleichen Chancen; jede Universität, die in der ersten Runde des Wettbewerbs verliere, könne in der zweiten zu den Gewinnern zählen, so die öffentlich immer wieder zu hörenden Äußerungen von den Befürwortern aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft.
Der Eliteforscher Michael Hartmann hat uns diesen Beitrag, der in der Zeitschrift für Sozialwissenschaft „Leviathan“ abgedruckt ist, zur Verfügung gestellt.

Die „AutoUni“, eine selbst ernannte private Elite-Hochschule macht dicht

„Die Wirtschaft will nun ihre ­Elite selbst ausbilden“, denn für „High-Potentials“ zeigten die staatlichen Hochschulen eine „deutlich sichtbare Schwachstelle“ so protzte der Gründungspräsident Walter Zimmerli der von VW inklusive einem Protzbau mit insgesamt 90 Millionen Euro gesponserten AutoUni.
Sie ernannte sich zu einer „global agierenden, international anerkannten wissenschaftlichen Einrichtung…, die durch Forschung und Lehre anwendungsbezogenes Wissen auf höchstem Niveau“ vermittle.
Vier Jahre nach der Präsentation des hochgestochenen Konzepts im Herbst 2002 hat die AutoUni allerdings bis heute noch keinen Hochschulabschluss vergeben und kein nennenswertes Forschungsergebnis veröffentlicht, schreibt das manager-magazin.
Nach dem Hochmut, jetzt also der Fall: Die private Elite-Uni wird von VW weitgehend abgewickelt . Vielleicht brauchen die Unternehmen aber auch nur deshalb keine eigenen Unis mehr, weil die staatlichen Hochschulen ja inzwischen wie Unternehmen geführt werden sollen. Wolfgang Lieb.

Innovationsminister Pinkwart aus NRW macht den Bock zum Gärtner: Das Bertelsmann Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) soll die Umsetzung des „Hochschulfreiheitsgesetzes“ begleiten.

Das nordrhein-westfälische „Hochschulfreiheitsgesetz“ wurde nicht nur am Schreibtisch des CHE formuliert, nach seiner Verabschiedung soll es nun auch noch bei seiner Umsetzung von den gleichen „unabhängigen Experten“ begleitet werden, um damit eine „möglichst hohe Qualität bei der Umsetzung zu sichern“.
Nachdem sich also schon der Staat dem Einfluss dieser privaten Lobbyorganisation preisgegeben hat, sollen sich nun auch noch die Hochschulen selbst dem Regime des CHE unterordnen. Wolfgang Lieb.