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Wahlen

Zum Mitgliederentscheid – Die Resignation wird zunehmen

Das Ergebnis der Mitgliederbefragung ist so, wie es die Parteiführung der SPD erwartet und sich ausgerechnet hat. Knapp 76 Prozent der 370.000 abstimmenden Mitglieder haben dem Koalitionsvertrag zugestimmt, rd. 24 Prozent haben ihn abgelehnt. Mit diesem Ergebnis können die Parteispitze und die SPD-Mitglieder im Kabinett jegliche Kritik an der Regierungspolitik in den kommenden Jahren abwehren, schließlich hat ja eine große Mehrheit der Parteimitglieder dem Koalitionsvertrag zugestimmt. Die SPD wird stolz auf ihre Regierungsbeteiligung sein und sie wird – wie schon in der rot-grünen Regierung und danach in der Großen Koalition – die Politik der Kanzlerin Merkel diszipliniert mittragen.
Der Mitgliederentscheid ist kein Aufbruch zu mehr Demokratie, sondern er wird vor allem in der Arbeitnehmerschaft die politischen Ohnmachtsgefühle noch steigern und zu noch mehr Resignation führen. Von Wolfgang Lieb

Quo vadis Bildung?

Seit Jahr und Tag werden uns die „Bildungsrepublik Deutschland“ und „Vorrang für Bildung“ versprochen. Geschehen ist in all der Zeit nicht wirklich viel. Wird sich dies nun ändern – mit und dank der Großen Koalition? Jens Wernicke sprach mit Ulrich Thöne, ehemaliger Vorsitzender der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW).

Mein Rat an SPD-Mitglieder: Sagt Nein zum Koalitionsvertrag.

Der Grafiker Klaus Staeck hat gestern in der Frankfurter Rundschau für die Zustimmung zum Koalitionsvertrag geworben, unter anderem mit dem Hinweis, „dass sogar die stets kritischen Gewerkschaften dem Ergebnis zustimmen“. Bei aller Liebe, das ist dann doch zu viel irreführende Propaganda für diesen Koalitionsvertrag. Wie Klaus Staeck auch sah ich keine wirklich vorhandene Möglichkeit, den Eintritt in Verhandlungen zur Bildung einer großen Koalition zu vermeiden. Aber das Ergebnis der Verhandlungen ist enttäuschend für Sozialdemokraten. Hier haben jene in der SPD die Feder geführt, die uns auch die Agenda 2010 eingebrockt haben. Die Verhandlungen hätten die Chance geboten, wenigstens ein bisschen von diesem Pfahl im Fleisch der Sozialdemokraten abzurücken. Das ist nicht geschehen. Es ist deshalb wichtig, dass möglichst viele Sozialdemokraten bei der Mitgliederbefragung ein Zeichen setzen und sagen: „So nicht, Nein“. Von Albrecht Müller

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Nachtrag zur Steinmeier-Rede vor dem Arbeitgeberverband BDA: hier für NDS-Leser die wichtigen Redeteile in schriftlicher Form

Am 27.11. hatten die NachDenkSeiten auf ein Video mit der Rede Steinmeiers hingewiesen. Damit Sie und die angesprochenen Gewerkschafter und Sozialdemokraten im Vorfeld der Abstimmung über den Koalitionsvertrag besser mit diesem empörenden Text arbeiten können, ist er jetzt in Schriftform gebracht. Siehe unten. – So wie Steinmeier kann man nur reden, wenn man fremdbestimmt ist. Wenn man auch nur noch ein bisschen sozialdemokratische Würde empfindet, dann geht das nicht. „Fremdbestimmt“ kann erstens meinen, dass die Gruppe Steinmeier, Müntefering, Steinbrück und einige mehr so sehr von der Weisheit neoliberalen Denkens überzeugt sind oder überzeugt worden sind, dass sie jede Sensibilität für das Empfinden von Menschen, die die Opfer dieser Ideologie sind, verloren haben. „Fremdbestimmt“ kann aber zweitens auch heißen, dass die Personalentscheidungen deutscher Parteien und deren inhaltliche Positionen von außerhalb mitbestimmt werden. Albrecht Müller.

Koalitionsvertrag – Gedankensplitter zum Kleingedruckten

Wenn man die Fernsehinterviews mit Merkel, Gabriel und Seehofer sieht, dann könnte man den Eindruck gewinnen, als hänge das Schicksal der Republik an einem Mindestlohn, an der abschlagsfreien Rente mit 63, am Doppelpass oder vielleicht noch daran wie in den nächsten vier Jahren jenseits der derzeitigen Haushaltsplanung noch zusätzlich 23 Milliarden für „Wohltaten“ (wie es immer so schön heißt) aufgebracht werden könnten. Über die politische Grundrichtung des Koalitionsvertrags, nämlich der Fortsetzung des Merkel-Kurses oder über das Kleingedruckte wird nur noch von einzelnen Gruppen Kritik geäußert. In der allgemeinen Berichterstattung geht solche Kritik aber völlig unter. Wenn man wissen will, was eigentlich das Regierungshandeln in den kommenden Jahren bestimmen soll, dann lohnt sich der Blick gerade auch auf die verdeckten Kleinigkeiten oder auf solche Dinge, die im Vertrag gar nicht mehr angesprochen werden. Von Wolfgang Lieb

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Merkel in ihrem Lauf – die Großkoalitionäre wollen an Merkels Krisenpolitik festhalten

Wer im Koalitionsvertrag [PDF – 1 MB] von CDU/CSU und SPD nach den dringend nötigen Impulsen sucht, mit denen Deutschland die ökonomische, soziale und politische Dauerkrise in Europa bekämpfen könnte, sucht vergebens. Die Formulierungen der Themenfelder „Finanzen“ und „Europa“ lesen sich vielmehr wie ein Bekenntnis zur Krisenpolitik Angela Merkels. Kürzungspolitik (also Austeritätspolitik), neoliberale Reformen und die klare Bekenntnis zu einem durch den Fiskalpakt geknebelten und damit handlungsunfähigen Staat ziehen sich wie ein roter Faden durch das 185-seitige Papier. Man kann der SPD hier jedoch noch nicht einmal vorwerfen, dass ihre Handschrift nicht zu erkennen ist – im Gegenteil, die SPD steht vielmehr bereits seit Beginn der Eurokrise treu Seit´ an Seit´ mit der Kanzlerin. Realistisch betrachtet, erfüllt der Koalitionsvertrag bei den genannten zwei Themenfeldern somit die schlimmsten Befürchtungen. Von Jens Berger.

Koalitionsvertrag: Viel Gegacker, wenig Eier

Weit über 70 Politiker [PDF – 119 KB] haben sich diese Nacht um die Ohren geschlagen um den Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD zu beschließen. Wenn es bei dem Deckel von 16 Milliarden an zusätzlichen Leistungen bliebe, wäre die Große Koalition exakt diesen Preis wert und das auch nur wenn die Steuereinnahmen weiter steigen. Wie man beim neuesten Stand des Koalitionspapiers [PDF – 823 KB] ablesen kann (gelb unterlegte Passagen) haben sich die Streitthemen auf wenige öffentlich hochgespielte Themen, wie etwa Mindestlohn, Mautgebühren, Mütterrente , abschlagsfreie Rente nach 45 Versicherungsjahren, Geringverdienerrente, Regeln für die Leiharbeit, Ausbau der Erneuerbaren Energien oder doppelte Staatsangehörigkeit reduziert.
Wenn heute Morgen die Parteispitzen vor die Mikrofone getreten sein werden, dann sollen damit eher theatralische Effekte bei der Bevölkerung hervorgerufen werden, als dass wirkliche „Durchbrüche“ erzielt wurden. Die in der Nacht behandelten Papiere und die verbliebenen Streitpunkte machen deutlich, dass es in der kommenden Legislaturperiode bestenfalls ein „Weiter so“ geben wird. Der bisherige politische Kurs wird seitenlang im Kleingedruckten fortgeschrieben und bei den hochgespielten Streitthemen hat es windelweiche Kompromisse gegeben. Es ist die Fortsetzung der Großen Koalition von 2005 bis 2009 auf der Basis der danach erfolgten Fortschreibung durch die schwarz-gelbe Koalition. Von Wolfgang Lieb.

Hallo Sozialdemokraten/innen und Gewerkschafter/innen unter unseren Lesern!

Schaut Euch das an:
Da rühmt sich der Fraktionsvorsitzende Steinmeier auf dem Deutschen Arbeitgebertag 2013 –

– ab Minute 15:45, und extrem ab Minute 17:00, der Agenda 2010, der Steuersenkungen für die Wirtschaft, auch der Halbierung der Besteuerung der Zinseinkommen – Halbierung im Vergleich zur Steuer auf Eure sauer verdienten Löhne. Wenn Ihr Euch das ohne Widerstand gefallen lasst und wenn Ihr nicht sofort massiven Druck bei Euren Abgeordneten auf Abwahl dieses Fraktionsvorsitzenden macht, dann ist Euch nicht mehr zu helfen. Und wenn die Gewerkschaften die vorliegende Koalitionsvereinbarung auch noch absegnen, dann diesen auch nicht. Albrecht Müller.

Wider die Große Koalition. So lautet ein Aufruf von prominenten Künstlern und Wissenschaftlern.

Antje Vollmer, Oskar Negt, Roger Willemsen, Konstantin Wecker, Friedrich Schorlemmer und weitere angesehene Personen unterzeichneten einen Aufruf des Schriftstellers Ingo Schulze. Hier ist die Internetseite. Ich habe auf Anfrage nicht unterschrieben, will aber die Leserinnen und Leser der NachDenkSeiten ausdrücklich ermuntern, sich mit dem Text wohlwollend zu beschäftigen und auch zu unterzeichnen, wenn sie das für richtig halten. Albrecht Müller.

Nachtrag zu “Frust von 14 Jahren …”, SPD und Großer Koalition. Weiterdenken sollte man auf der Basis dessen, was jetzt ist.

Mein Beitrag von gestern „Der Frust von 14 Jahren entlädt sich in der Ablehnung der Großen Koalition“ hat kontroverse Reaktionen ausgelöst. Von harter Beschimpfung bis zur Zustimmung. Das veranlasst mich, noch einmal darauf einzugehen. Zunächst noch eine Ergänzung. Gestern Früh wurde ich von SWR 2 für das Journal am Morgen interviewt. Und nun noch zu einigen mir wichtig erscheinenden Punkten. Von Albrecht Müller

Der Frust von 14 Jahren entlädt sich in der Ablehnung der Großen Koalition

Verkehrte Welten: Seit Beginn der Koalitionsverhandlungen begegne ich immer wieder alten sozialdemokratischen Freunden, die vehement dagegen argumentieren, dass die SPD in eine Große Koalition eintritt, während ich dafür werbe, die Sache gelassener zu sehen, vor allem zu prüfen, welche Alternative die SPD-Führung hat und auch zu bedenken, welche Chance in einer solchen Koalition liegen, wenn man diese erkennen und nutzen will. Ich weise in diesen Gesprächen auch immer wieder darauf hin, dass meine Gesprächspartner mit ihrer Kritik hätten früher beginnen müssen. Die Agenda 2010, die Steuerbefreiung für Spekulanten, die Privatisierung und die Erosion der gesetzlichen Rente, usw. und so fort. Das waren die Sündenfälle. Albrecht Müller.

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Manager-Gehälter – SPD und Union wollen FDP-Vorschlag umsetzen

Wie die Süddeutsche gestern meldete, sind sich SPD und Union bei ihren Koalitionsverhandlungen offenbar darüber einig, eine gesetzliche Änderung bei der Festlegung der Managergehälter durchzuführen. Man wolle umsetzen, dass „künftig die Aktionäre über die Managergehälter entscheiden und nicht mehr der Aufsichtsrat“. Was sich auf den ersten Blick wie eine sinnvolle Änderung anhören mag, ist bei genauerer Betrachtung jedoch bereits heute möglich. Unter dem Strich würde eine solche Regelung jedoch die der Rechte der Gewerkschaften beschneiden. Kein Wunder, schließlich greift dieser Entschluss 1:1 auf ein Positionspapier der FDP zurück. Von Jens Berger.

SPD: Wozu eigentlich einen Parteitag?

Vom kommenden Donnerstag bis zum Samstag findet in Leipzig der ordentliche Bundesparteitag der SPD statt. Das ist eine Nachricht! Kaum jemals hat ein Parteitag so wenig Aufmerksamkeit in den Medien gefunden. Der Grund ist ausnahmsweise nicht eine bösartige Medienblockade. Nein, die täglichen „Wasserstandsmeldungen“ über die Koalitionsverhandlungen zwischen CDU/CSU und SPD sind tatsächlich für die zukünftige Politik im Lande viel wichtiger als irgendwelche Anträge, mit denen ein Parteitag selbst einer höchst wahrscheinlich in die Regierung eintretenden Partei die „Weichen für die Zukunft“ stellen will. Was interessiert schon die Weichenstellung der SPD für eine ferne Zukunft, wenn in der Gegenwart die führenden Sozialdemokraten in Koalitionsverhandlungen über die praktische Politik der nächsten vier Jahre entscheiden. Da ist selbst die Ankündigung im Wahlkampf 2017 die „Ausschließeritis“ gegenüber der Linkspartei aufgeben zu wollen nur Wokenkuckucksheim. Von Wolfgang Lieb.

„Weimarer Verhältnisse“ in Griechenland? Teil 2

Nach dem Überfall auf die Wachen vor dem Parteibüro der Neonazis ist die Unsicherheit, wie es in Griechenland weitergehen soll, noch größer geworden. Wer immer die Täter sind, sie haben den Neonazis eher einen Dienst erwiesen. Erinnerungen an den griechischen Bürgerkrieg kommen hoch. Was ist dran an den Berichten, dass die Neonazis über gute Verbindungen zur Polizei verfügen? Ob das entschlossenere Vorgehen und die Anklage gegen die Parteiführung der Chrysi Avgie („Goldene Morgenröte“) einen Teil ihrer Anhänger verunsichert oder abschreckt, ist eine offene Frage. Würden bei Neuwahlen die Neonazis zurückgedrängt und wo würden deren Anhänger bei Wahlen hinwandern? Wie sieht die politische Strategie der Linken gegenüber der Chrysi Avgi aus? Stehen die eingeleiteten strafrechtlichen Verfahren gegen die ChA-Führung überhaupt auf sicherem juristischem Grund oder steht am Ende sogar ein Propagandaerfolg der Neonazis. Es fehlt eine Aufarbeitung mit dem ganz „alltäglichen“ griechischen Nationalismus. Mit diesen Fragen beschäftigt sich der zweite Teil des Beitrags über „Weimarer Verhältnisse“ in Griechenland von Niels Kadritzke.