Kategorie:
Ideologiekritik

Arbeits-Unrecht – ein Aufruf von Werner Rügemer

Rechtsbrüche, Unrechts-Gesetze, rechtliche Grauzonen, öffentliche Diskriminierung, Erpressung: Beschäftigte wie Arbeitslose werden ausgequetscht und erniedrigt. Bestandsaufnahme und Widerstand sind nötig. Werner Rügemer beschreibt die Brisanz der Entwicklung und weist auf eine Konferenz zum Thema hin: www.businesscrime.de. Albrecht Müller

Ohne eine Art Kulturrevolution werden wir die Plage der herrschenden Ökonomen nicht los

Thomas Fricke hat verdienstvoller Weise in der Financial Times Deutschland die Diskussion über die herrschende Wirtschaftswissenschaft fortgeführt. Mit Hinweis Nr. 7 haben wir darauf aufmerksam gemacht, Orlando Pascheit hat leicht kritisch kommentiert. Ich finde, dass Thomas Fricke das anstehende Problem auf die leichte Schulter nimmt, wenn er zum Beispiel von der „gerade abtretenden Altökonomie“ schreibt. – Diese Damen und Herren treten nicht einfach ab. Sie werden die eingenommenen Machtpositionen, ihre Pfründen und ihre Meinungsführerschaft mit Zähnen und Klauen verteidigen. Albrecht Müller

Teach First Deutschland und die Privatisierung (zuerst) der Lehrerausbildung

„Ich freue mich, dass die Initiative Teach First Deutschland Kinder und Jugendliche an Schulen in besonders benachteiligten Gebieten aktiv unterstützen will. Das ist eine interessante Möglichkeit, den Bildungserfolg von der sozialen Herkunft zu entkoppeln. Besonders bemerkenswert finde ich, dass eine praxisorientierte Qualifizierung der zukünftigen Pädagoginnen und Pädagogen mit einer Veränderung der Schulkultur sowie einer aktiven Karriereunterstützung verbunden werden soll. Das Projekt hat meine volle Unterstützung“, meintPriska Hinz Bildungs- und forschungspolitische Sprecherin Bundestagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

„Ich unterstütze Teach First Deutschland, da diese Initiative gesellschaftliche Kräfte dort bündelt, wo sie am dringendsten gebraucht werden – an unseren Schulen“ sagt Prof. Dr. Erich Thies, Generalsekretär der Kultusministerkonferenz. Was steckt in Wirklichkeit hinter Teach First. Von Jens Wernicke.

Studiengebühren schrecken ab – für manchen überraschend?

Wer auch immer die Ergebnisse der HIS-Studie kurz vor dem ›Bildungsgipfel‹ lancierte – das Timing war perfekt. Das zentrale Diskussionsthema – die Nachdenkseiten berichteten – war die Aussage, dass Studiengebühren im Jahr 2006 bis zu 18.000 Menschen vom Studium abgehalten hätten. Wohlgemerkt: Zu diesem Zeitpunkt hatten erst zwei Länder (NRW und Niedersachsen) Studiengebühren eingeführt. Hierbei seien Frauen und Kinder aus sogenannten ›bildungsfernen Schichten‹ besonders betroffen. Nichts davon ist überraschend, dennoch schreien einige in bewährter Manier: ›Haltet den Dieb‹. Ein Rückblick von Klemens Himpele.

Absturz vom Bildungsgipfel – Die „Bildungsrepublik“ eine Lachnummer

Das Ergebnis, des mit hohem PR-Aufwand vorbereiteten Bildungsgipfels von Bund und Ländern lässt sich so zusammenfassen: „Und wenn man nicht mehr weiter weiß, dann gründet man nen Arbeitskreis.“
„Gemeinsame Bekenntnissen“ zu altbekannten hehren Zielen, eine Auflistung von sinnvollen Projekten, aber keiner weiß, wer sie bezahlen soll und kann. Den Rest soll eine Strategiegruppe im nächsten Jahr nach den Wahlen klären. Und danach sind die Karten wieder neu gemischt.
Der Gipfel war ein schwarzer Tag für die Kanzlerin und, was noch viel schlimmer ist, für die „Bildungsrepublik“ Deutschland. Wolfgang Lieb

Studiengebühren schrecken ab

Sie wollen es ja selbst nicht wahr haben, die Vertreter des Marktliberalismus. Aber sie haben mal wieder recht: Die Nachfrage nach einem Gut ist abhängig von seinem Preis. Verteuert man den Preis einer Ware, so sinkt die Nachfrage danach. Wen wundert es daher, dass junge Leute sich durch Gebühren vom Studium abschrecken lassen? Von Karl-Heinz Heinemann

Ein neuer „Bock als Gärtner“ – der GoldmanSachs-Berater Issing als Kommissionsvorsitzender. Mein Fazit: Dieser Bundesregierung ist nicht zu trauen.

Bei SpiegelOnline lese ich (siehe unten), dass Otmar Issing als Ersatz für den gescheiterten Tietmeyer die Kommission zur Reform der internationalen Finanzmärkte leiten soll. Issing war und ist einer der führenden Köpfe der Monetaristen in Deutschland, er war als Chefökonom der EZB wie auch schon als Vertreter der Deutschen Bundesbank mitverantwortlich für deren neoliberalen Kurs in der Geldpolitik. Er unterscheidet sich in seinen wirtschaftspolitischen Dogmen keinen Deut von Tietmeyer und ist wie dieser Mitglied im Kuratorium der neoliberalen Friedrich-August von Hayek-Stiftung. Issing war und ist ein Propagandist der freien Finanzmärkte und ein fundamentalistischer Monetarist. Im Jahre 2003 erhielt Issing für seine theoretischen Arbeiten ebenso wie für sein Wirken als Zentralbankdirektor gemeinsam mit Margaret Thatcher den Preis der Hayek-Stiftung.
Begründung: “He is very Hayekian.” Siehe Anlage B. Albrecht Müller.

Buchrezension: „Die Ausgeschlossenen. Das Ende vom Traum einer gerechten Gesellschaft“ von Heinz Bude

„Unsere Gesellschaft steht vor einer tiefen Spaltung. Dieses Buch macht deutlich, warum wir uns vom Traum einer gerechten Gesellschaft verabschieden müssen. Immer mehr Menschen sind von den Segnungen des Wohlstands ausgeschlossen und haben keine Hoffnung, dass sich daran etwas ändert. Lebensläufe, die man für solide hielt, geraten ins Schlingern, weil Arbeitsplätze, die man sicher glaubte, wegbrechen. Ungelernte Aushilfskräfte kann es genauso treffen wie hochqualifizierte Wissenschaftler. Heinz Bude, einer der besten Kenner der deutschen Gesellschaft, entwirft zum ersten Mal ein umfassendes Bild jener zerklüfteten Verhältnisse, die in Zukunft immer stärker unsere Gesellschaft prägen werden. Jetzt ist es Zeit, darüber zu diskutieren, wie wir künftig leben wollen.“
So preist der Klappentext das neue Buch des Professors für „Makrosoziologie“ an der Universität Kassel an.
Der Sozialwissenschaftler Christian Girschner hat für uns das Buch rezensiert.
Sein Fazit: Das Buch „Die Ausgeschlossenen“ ist eine ideologische Rechtfertigungsgrundlage für eine Politik der „neuen Mitte“, die nicht mehr über die ungleiche Verteilung des Reichtums sprechen will, weil man sich von jeden politischen Ansatz der Umverteilung des gesellschaftlichen Reichtums (einschließlich einer keynesianisch orientierten Wirtschafts- und Sozialpolitik) längst verabschiedet und diese durch eine sozial-politische Metaphorik der noch zu realisierenden „Chancen- und Leistungsgerechtigkeit“ ersetzt hat.

Das Versagen der herrschenden neoliberalen Lehre – Anmerkungen zum Umgang mit dieser Irrlehre

Die Auseinandersetzung mit der herrschenden Lehre in Wirtschaft und Gesellschaft wird von vielen Kritikern bei der Frage nach der sozialen Gerechtigkeit, also nach der Verteilung der Einkommen und Vermögen gesucht. Es ist richtig, die immer weiter auseinanderdriftende Verteilung und die offensichtlichen Ungerechtigkeiten zu beklagen und hier einzugreifen. Aber wenn die Auseinandersetzung allein darauf konzentriert wird, dann vergeben sich die Kritiker die Chance, zu einem wesentlich breiteren Bündnis zu kommen. Die herrschende neoliberale Ideologie, wie sie in Deutschland in der so genannten Reformpolitik konkreten Ausdruck gefunden hat, ist nicht nur ungerecht, sie ist ineffizient und zerstörerisch. Wir haben es bei den herrschenden Kreisen mit Versagern zu tun. Das sollte in gleicher Weise wie die soziale Gerechtigkeit ein öffentliches Thema werden. In einer Serie von Beiträgen werde ich in den nächsten Wochen auf dieses Versagen und diese zerstörerische Wirkung eingehen. Albrecht Müller

Nochmals: 10. Studierendensurvey20

Horrormeldungen aus dem Studentenalltag, etwa in Köln: man kommt nicht in die Veranstaltungen, die man laut Studienplan belegen müsste, denn die sind überfüllt. In Seminaren mit hunderten von Teilnehmern bekommt man seine Kreditpunkte, die die Studienleistung quantifizieren sollen, ohne sich je zu Wort gemeldet und mit dem Professor ein Wort gewechselt zu haben. Wie auch, bei 120 Teilnehmerinnen und Teilnehmern?! Alles falsch. „Die Zeit“ berichtet über Glücksgefühle der Studierenden im Hörsaal. Noch nie waren die Studierenden mit der Qualität des Studiums so zufrieden wie heute, lässt Bundesbildungsministerin Annette Schavan mitteilen. Sie stützt sich auf den 10. Studierendensurvey, also einer empirischen Erhebung. Man glaubt es nicht, und so sieht man mal genauer hin. Von Karl-Heinz Heinemann

Korrektur zu „An den Hochschulen bleibt die „Elite“ unter sich“

In meinem Beitrag vom 15.08.08 ist mir ein Irrtum unterlaufen. Ich habe aus dem „9. Studierendensurvey“ zitiert und nicht aus dem neuen, gerade veröffentlichten „10. Studierendensurvey“ [PDF – 1.5 MB]. Das bedaure ich sehr.
Ich muss meine Kritik jedoch nur insoweit korrigieren, dass in der Presseerklärung, die das BMBF anlässlich der aktuellen Veröffentlichung herausgegeben hat, darauf hingewiesen wird, dass sich die “Schere” der sozialen Herkunft beim Hochschulzugang vergrößert hat. Allerdings sieht Ministerin Schavan die Schuld für die „akademische Selbstreproduktion“ ausschließlich bei den Schulen. Die Tatsache, dass auch die Übergangsquoten von Abiturienten an die Hochschulen von der sozialen Herkunft bestimmt werden, wird von der Bundesbildungsministerin nach wie vor ignoriert. Wolfgang Lieb

An den Hochschulen bleibt die „Elite“ unter sich

Bei der Vorstellung des „9. Studierendensurveys“ lenkt das Bundesbildungsministerium das Augenmerk vor allem die vermeintlichen Erfolge. Die zentralen Aussagen seien, dass die Studierenden mit der Qualität der Lehrveranstaltungen zunehmend zufrieden seien. Viele wünschten sich allerdings noch eine bessere Betreuung während des Studiums und beim Übergang in den Arbeitsmarkt sowie einen höheren Praxisbezug.
Unerwähnt bleibt, dass die soziale Selektion im Studium eher zugenommen hat und dass dien neuen Studienabschlüsse mit Bachelor und Master vor allem an den Universitäten an Zustimmung verloren haben. Wolfgang Lieb

Buchbesprechung: „Das Wissen vom Geld – Auf dem Weg zum Finanzbildungsbürgertum“ von Martin Schürz und Beat Weber

„Das Bildungsbürgertum kehrt als Leitbild zurück. Doch das Wissen um den Kanon literarischer Klassiker, gepaart mit kultiviertem Auftreten, rückt zugunsten von Finanzwissen und souveränem Finanzverhalten beim Portfoliomanagement in den Hintergrund. Finanzwissen wird zum gesellschaftspolitischen Credo, Distinktionsmerkmal und zur Überlebenshilfe. Das Finanzbürgertum will sich vom unwissenden Pöbel unterscheiden, und sich im Gegenzug weniger an der Abfederung von dessen Unglück finanziell beteiligen“, so lautet das Fazit des Buches „Das Wissen vom Geld“ der beiden österreichischen Autoren Martin Schürz und Beat Weber. Eine Rezension von Klemens Himpele, Wien.

Warum die Europäer immer wieder NEIN zu Europa sagen

Jedes Mal, wenn man die Europäer fragt, ob sie Europa zusätzliche Kompetenzen geben wollen, ist die Antwort dieselbe: nein! Und jedes Mal erklären unsere Eliten dies mit einem Mangel an inhaltlicher Auseinandersetzung, an Pädagogik. Anders gesagt, sie glauben zu wissen, dass dieses „Nein“ daraus resultiert, dass die Bürger nicht verstanden hätten. Jenseits von Partikularinteressen und lokalen Eigenheiten kann man einen anderen Erklärungsvorschlag wagen. Von Arnaud Parienty, aus dem Französischen übertragen von Florian Baum.