“Große Investitionsprogramme können nicht gefahren werden.”

Meint der DGB-Vorsitzende in einem Interview mit dem Deutschlandfunk. Wenn das so wäre, dann bliebe nur der moralische, aber weitgehend hilflose Appell an die Unternehmen, Arbeitsplätze zu schaffen. Das ist jedenfalls das Fazit aus dem Interview mit Michael Sommer. – Mein Fazit ist: Deutschland leidet unter Inkompetenz. Sie hat nicht nur die Opposition und die Regierung erfasst, sondern inzwischen auch die DGB-Spitze. Der DGB veranstaltete im letzten November eine große „Makrokonferenz“ in Berlin, er stattet den Keynesianer Horn mit einem Wirtschaftsforschungsinstitut aus. Aber was soll das Ganze, wenn dann der Vorsitzende bei weit über 5 Millionen registrierten Arbeitslosen erklärt, wir könnten keine Investitionsprogramme fahren, weil das Geld fehle? Dass das Geld Hans Eichel heute auch deshalb fehlt, weil wir die Konjunktur immer tiefer in den Keller reiten, diesen Zusammenhang will offenbar niemand zur Kenntnis nehmen.
Was von der Unfähigkeit der in Deutschland Verantwortlichen zu einer pragmatischen Politik der Konjunktursteuerung zu halten ist, dazu im folgenden mehrere Beiträge kompetenter Ökonomen.

Familienministerin Schmidt: Armut hängt nicht nur vom Geld ab. Haushaltskurse gegen Armut. Eintopf statt Fast Food.

Am Mittwoch den 2. März wird der 2. Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung im Kabinett behandelt. Die wichtigsten Ergebnisse sind: Die Kluft zwischen Arm und Reich wird tiefer; nahezu jeder siebte Haushalt lebt in Armut. Der Anteil der von Armut betroffenen Haushalten ist seit 1998 von 12,1 auf 13,5% gestiegen. Dagegen verfügt ein Zehntel der reichen Haushalte über 47% (1998 waren es noch 45%) des Nettovermögens von 5 Billionen Euro.
Die Bundesfamilienministerin Renate Schmidt kommentiert die zunehmende Armut in „Bild am Sonntag“ vom 27.2.05 vorab so: „Armut hängt nicht nur vom Geld ab“. Sie fordert von den „klugen Müttern“ Eintopf mit Saisongemüse statt Fast Food und plädiert für „Haushaltskurse“ damit Eltern und auch Kinder „mit ihrem Geld wirtschaften lernen“.

Christian Wulff der wichtigste Politiker – eine dümmliche Irreführung

Gestern das ZDF und heute die Zeitungen kommen an prominenten Plätzen mit Meldungen wie „Wulff ist der beliebteste Politiker – Niedersächsischer Regierungschef verdrängt Außenminister Fischer von Platz eins.“ (Die Welt) oder „Joschka Fischer enttrohnt“ (FR). Die Quelle dieser Meldungen selbst, die Forschungsgruppe Wahlen e.V., notiert in einer Tabelle die „zehn wichtigsten Politiker.“ Christian Wulff steht danach erstmals auf Platz 1. Wir sind beeindruckt. Wenn man dann das „Kleingedruckte“ weiter liest, dann …

Schöne Demokraten

Man muss kein Fan von Heide Simonis sein, um sich über die Drohungen der Unionsspitzen gegenüber dem SSW in Schleswig-Holstein zu wundern. Parlamentarische Regeln sind Regeln, auch wenn sie einem gerade mal nicht passen.

Wo bleibt die Reichtumsuhr?

T. S., ein Leser der NachDenkSeiten aus Erfurt, schickt mir einen Leserbrief, den die Thüringer Landeszeitung am 25.2.05 veröffentlichte. Er knüpft an der sogenannten „Schuldenuhr“ an und hinterfragt die gängige Argumentationslinie. Ein Stück Aufklärung. Danke.

Mythos “Lohnnebenkosten”

Dazu veröffentlichte der Bereich Wirtschaftspolitik von ver.di gerade ein interessantes Papier, das wir Ihnen zugänglich machen wollen. Es geht u.a. um das wiederkehrende Problem, dass in der herrschenden Debatte einzelwirtschaftlich richtige Erfahrungen irrtümlich auf die Gesamtwirtschaft übertragen werden.

Quelle: Mythos “Lohnnebenkosten” [PDF – 616 KB] »

Dementiert der DGB das SPIEGEL-Interview mit DGB-Chef Michael Sommer?

Die Homepage des DGB liefert nachträglich eine Kurzfassung des Interviews des DGB-Vorsitzenden mit dem SPIEGEL. Dieser Text mutet wie eine glättende Interpretationshilfe an, um die Proteste gegen die “Kapitulation“ Michael Sommers vor der Agenda 2010 und den Hartz-„Reformen“ abzufangen. Man hat in der DGB-Zentrale wohl einen Schreck bekommen und versucht jetzt zu retten, was kaum noch zu retten ist.

Chefvolkswirt der Deutschen Bank, Norbert Walter: „Manche von uns werden nicht so viel verdienen, wie sie in Deutschland zum überleben brauchen“

Auszug aus einem Interview der Magdeburger Volksstimme vom 17.2.05:

Walter:

… und wir müssen dringend erkennen, dass mit der Globalisierung auch Wettbewerb um Arbeitskosten entsteht. Deshalb müssen wir bei leicht vergleichbaren und ersetzbaren Arbeiten die Alternativangebote ernst nehmen.
Volksstimme: Das bedeutet (…) dass manche von uns – wegen des intensiven Wettbewerbs mit Mittel- und Osteuropa – nicht so viel verdienen werden, wie sie in Deutschland zum Überleben brauchen. Dann kann es sein, dass zwei oder drei Mitglieder einer Familie arbeiten müssen, damit es zum Leben reicht. Wir haben in Deutschland die Vorstellung entwickelt, es sei Pflicht eines Unternehmers, einem Beschäftigten einen Familienlohn zu zahlen. Das geht wirtschaftlich aber nicht.


Quelle: www.volksstimme.de

Anmerkung: Wirtschaftlich geht aber schon, dass die Deutsche Bank einen Gewinn von 2,5 Milliarden einfährt, 6000 Leute entlässt und der Bankchef Ackermann 11 Millionen Euro verdient. Hoffentlich reicht ihm das zum Leben.

Über 600.000 arbeitslose Jugendliche – Clement: „Jeder soll ein Beschäftigungsangebot bekommen“ – Da bleibt noch viel zu tun

Im letzten Sommer hat Wolfgang Clement bei Sabine Christiansen für Hartz IV geworben und wieder einmal eines seiner vollmundigen Versprechen abgegeben: „Jeder dieser (arbeitslosen) Jugendlichen wird ab 1. Januar einen Arbeitsplatz oder einen Ausbildungsplatz oder eine Qualifizierung oder sonstiges angeboten bekommen.“
Von Januar 2004 bis Januar 2005 ist die Zahl der arbeitslosen Jugendlichen im Alter von unter 25 Jahren um 26,5% von einer halben Million auf 635.000 gestiegen. Nicht nur Clement hat mal wieder den Mund zu voll genommen.

Unter der Überschrift „Tarifpolitik unter Druck“ veröffentlicht das WSI seinen tarifpolitischen Jahresbericht

Der Tarifexperte des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts in der Hans-Böckler-Stiftung, Reinhard Bispinck, stellt das Tarifjahr 2004 vor. Die Lohnanhebungen lagen durchschnittlich bei 1,5%. Es gab erhebliche Differenzierungen. Die Arbeitgeber konnten zufrieden sein. Auch der Sachverständigenrat meinte, dass die Abschlüsse „beschäftigungsfreundlich“ ausgefallen seien. Die Beschäftigungslage hat sich aber nicht verbessert, im Gegenteil. Geringe Löhne bedeuten eben geringe Kaufkraft und damit wenig Binnennachfrage, als Hauptursache der Wachstumsschwäche.