Archiv: Monat: September 2007

Die Aushebelung von Grundrechten durch die Übertragung staatlicher Leistungen auf Private im Rahmen der PPP

In zwei Rechtsgutachten im Auftrag des Innenministeriums, welche die Bundesregierung den Verwaltungen als Orientierungshilfe für Vorhaben der Public Private Partnership anbietet, wird begründet, wie sich der nach dem Grundgesetz zum Schutz der Grundrechte verpflichtete Staat dadurch, dass er die bisher von ihm erbrachte Leistung an private Leistungserbringer überträgt, dieser „Grundrechtswirkung“ (weitgehend) entledigen kann. Die Rechtsposition des jeweiligen Leistungsempfängers richte sich bei einer Privatisierung bisher staatlicher Leistungen nicht mehr auf die Abwehr von (staatlichen) Eingriffen (die nur im Rahmen des grundrechtlichen Gesetzesvorbehalts statthaft sind) oder auf Gewährung von (staatlichen) Leistungen, sie wirke also nicht mehr absolut, sondern nur noch wie bei privatrechtlichen Schuldverhältnissen „relativ“ zwischen den (privaten) Vertragspartnern. Im Rahmen dieser privaten Vertragsfreiheit herrscht dann die Freiheit des Fuchses im freien Hühnerstall.
Ein Beitrag von unserem Leser Ulrich Fischbach.

„Altersarmut ist vermeidbar“

Das ist eine Botschaft des Sozialverbandes Deutschland – kürzlich verbreitet. Damit wird aber nicht etwa erneut auf Riesters und Rürups „Angebote“ oder die von BILD für die zusätzliche individuelle Altersvorsorge empfohlenen Versicherungskonzerne verwiesen. Der SoVD stellt konkret zehn rentenpolitische Forderungen auf, um die Diskussion „am Laufen zu halten“. Die Volkssolidarität fordert: „Die Höhe einer Rente nach einem langen Arbeitsleben muss deutlich über dem Niveau einer Grundsicherung liegen!“ Von Kurt Pittelkau, Arbeitskreis Alterssicherung, ver.di-Berlin.

25 Jahre Lambsdorff-Papier – ein Konzept des Scheiterns und des Niedergangs

Am 9. September 1982 hat der damalige Bundeswirtschaftsminister Graf Lambsdorff sein „Konzept für eine Politik zur Überwindung der Wachstumsschwäche und zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit“ – den „Scheidebrief“ für die damalige sozialliberale Koalition – veröffentlicht. Die in diesem „Konzept“ beschriebene Analyse und die dort gemachten Lösungsvorschläge prägten in den letzten 25 Jahren bis hin zur Agenda 2010 mehr und mehr den politischen Kurs, sie beherrschten die öffentliche Debatte und lenkten den Mainstream der Medien. Ein Vierteljahrhundert lautet die Rezeptur immer nur: mehr „marktwirtschaftliche Politik“, „Konsoldierungskonzepte für die öffentlichen Haushalte“, „Anpassung der sozialen Sicherungssysteme“, „Verbilligung des Faktors Arbeit“.
Die Ergebnisse kennen wir. Jedem Scheitern der zahllosen „Strukturreformen“ folgte eine Erhöhung der „Reform“-Dosis. Seit Jahrzehnten werden immer nur die gleichen alten Rezepte propagiert. Das Lambsdorff-Papier belegt: Unsere „Modernisierer“ sind die eigentlichen „Traditionalisten“. Christoph Butterwegge schreibt in der taz über dieses „Drehbuch für den Sozialabbau“. Er stellt uns die Langfassung seines Aufsatzes zur Verfügung. Lesen Sie auch „Graf Lambsdorff als Stichwortgeber – Das meiste, was heute als modern gilt, ist uralt“.

Bayerischer Umweltminister wechselt in das Amt des Hauptgeschäftsführers des BDI

Bundesweit bekannt geworden ist der bayerische Minister im Sommer 2006 mit dem Abschuss des viel zitierten „Problembären“ Bruno. Nun soll Bayerns Umweltminister Werner Schnappauf (CSU) neuer Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) werden. Die Position ist bereits seit längerem vakant, da Ludolf von Wartenberg, der den BDI 17 Jahre geleitet hat, zum Jahresende 2006 in den Ruhestand getreten ist. Der Wechsel zum Wirtschaftsverband wäre für den Minister eine elegante Lösung um sich geschickt aus dem Gammelfleischskandal zu ziehen.

Ein gutes Beispiel für eine weit gehende Gleichschaltung: Die Medien zur Nominierung der neuen IGMetall-Führung.

Wir hatten als Nr. 4 der gestrigen Hinweise des Tages ein Aufmacher der Frankfurter Rundschau verlinkt und kommentiert. Siehe unten. Es bleibt nachzutragen, dass bei weitem nicht nur die Frankfurter Rundschau die Nominierung von Bertolt Huber und Detlef Wetzel als neue Spitze der IG-Metall undifferenziert und mit langsam nicht mehr erträglichen Stereotypen (Reformer vs. Traditionalisten) kommentierte. Die FR ist in „guter“ Gesellschaft. Auch die Welt, die Süddeutsche Zeitung, der Kölner Stadtanzeiger, der Spiegel, die taz und so weiter gebrauchen die gleichen Worte und Stereotypen. Zum Trost: Es gibt noch einige Medien, die differenzierter berichten und kommentieren. Zum Beispiel das Handelsblatt. Albrecht Müller.

Französisches Energiemonopoly

Die Fusion des staatlichen französischen Konzerns Gaz de France (GdF) und des privaten belgisch-französischen Unternehmens Suez SA scheint nach einer Verhandlungszeit von 18 Monaten besiegelt zu sein, die Transaktion soll im kommenden Jahr erfolgen. Das verschmolzene Unternehmen soll in Zukunft den Namen GdF-Suez tragen und hat einen Marktwert nach Aktien von 90 Milliarden Euro, der Umsatz beträgt 72 Milliarden Euro. Der Gigant wird künftig Weltmarktführer im Flüssiggasbereich sein, darüber hinaus handelt es sich bei dem Gemeinschaftskonzern um den größten Erdgasanbieter der Europäischen Union. Christine Wicht beschreibt die Hintergründe der zunehmenden Monopolisierung bei der Energie- und Wasserversorgung in Frankreich und weltweit.