Leserbriefe zu „Die totalitären Neigungen der „anständigen“ Mitte“

Ein Artikel von:

In diesem Beitrag vertritt Udo Brandes die These, nach der „unsere demokratische Republik“ nicht lediglich von Rechtsextremisten und keinesfalls nur von links oder rechts bedroht sei. Auch in der liberalen Mitte der Gesellschaft, die jetzt gegen Rechtsextremismus und die AfD demonstriere, gebe es „gefährliche totalitäre Tendenzen“. Aufgrund von Vorkommnissen wie z.B. dem „Digital Service Act der EU”, einem Zensurgesetz, halte sich sein „Vertrauen in die ‘anständige’ Mitte in Grenzen“. Wir danken für die interessanten Zuschriften. Es folgt nun eine Auswahl der Leserbriefe, für Sie zusammengestellt von Christian Reimann.


1. Leserbrief

Super Artikel !

Hans-Ulrich Bünger


2. Leserbrief

Sehr geehrte Nachdenseiten Redaktion, sehr geehrter Herr Brandes,

das trifft es genau.

Nicht nur rechts-extremen oder links-extremen, jetzt neu: mitte-extremen.

Oder anders gesagt, es ist der Mob der herrschen will und die Chance bekommt dank “Gesetze” wie Frau Faeser diese konzipiert hat.

In der Vergangenheit hat es immer, nachdem Deutschland seine Waffenindustrie auf Hochtouren gebracht hat, ein Weltkrieg gegeben.

Ich erwarte wieder dasselbe, welche Bevölkerungsgruppe wird dieses mal massakriert?

Mit freundlichen Grüßen,
Jan van Leeuwen


3. Leserbrief

Sehr geehrter Herr Brandes,

zunächst einmal Dank und Hochachtung für Ihren wichtigen, aber unaufgeregten Artikel über die Totalitäre Mitte, die sich für “anständig” hält. Nein, das ist sie nicht. Das sind narzisstische Ideologen, die ihr krankes Ich aufpeppen mit dem was gerade Mode, was angesagt ist. Die einen wachsen sich zu bösartigen Blockwarten und Denunzianten aus, die anderen fühlen sich sicher als brave Mitläufer. Hans-Joachim Maaz hat in seinem Buch “Die narzisstische Gesellschaft” ein präzises Psychogramm davon erstellt.

Woher kommt diese angepasste Mehrheit in Deutschland? Ging es los mit der bleiernen Zeit der Kohl-, dann Merkel-Ära? Oder schon unter Adenauer, mit der Anpassung an den (vermeintlichen) Sieger von WK-II (USA), mit der eine schmerzliche Auseinandersetzung mit der Vergangenheit (die “1000” Jahre zwischen 1933 und 1945) vermieden werden konnte? Die Hitlerei haben Millionen begrüßt. Oder bei der Gründung des Deutschen Kaiserreichs, als Deutschland preussisch wurde, anstatt, wie es heilsam gewesen wäre, Preussen deutsch? Oder 1848, als die Revolutionäre der Paulskirche nichts Besseres zu tun wussten, als dem Preussischen König die Kaiserkrone anzubieten?

Ich weiß es nicht. Heinrich Heyne auch nicht: “Denk ich an Deutschland in der Nacht, dann bin ich um den Schlaf gebracht”. Was mir den Mut gibt, Deutschland noch ab und zu besuchen, sind die vielen aufrechten Menschen, die es trotzdem und auch noch gibt. Z.B. ein alter Bekannter, Mitgründer der Ortsgruppe der Grünen. Als sie ihn zur “Corona”-Zeit zur mRNA-Impfung zwingen wollten, ist er ausgetreten aus dem Verein. Ich war ja nie drin. Habe mich aber mental schon verabschiedet, als der Jockel Fischer Belgrad bombardieren ließ.

Noch zu Nancy Faeser, die ja mit Macht ihre “Demokratie” in Deutschland einführen will: Dann muss man aber auch, konsequent, das Land in “Deutsche Demokratische Republik” umbenennen. Ein versöhnliches Schlusswort: “Die spinnen, die Ostgothen!” (Obelix).

Viele Grüße,
Rolf Henze


4. Leserbrief

Sehr geehrter Herr Brandes,

Sie schreiben in Ihrem Beitrag: “Ich habe früher als Jugendlicher nie verstanden, wie es möglich war, dass die Nazis so ein einfaches Spiel hatten. Seit der Coronazeit kann ich mir lebhaft vorstellen, wie schnell eine Gesellschaft in eine Diktatur abdriften kann und wie schnell brave Bürger zu Unterstützern eines demokratiefeindlichen Systems werden.”
Ja, so ging es mir auch. Hinzu kam meine Lektüre von Tageszeitungen der 1920er Jahre, in denen der ständig wiederholte Aufruf zur Einigkeit auffällt. Aus gegebenem Anlass habe ich dazu einen Leserbrief an ein hiesiges Lokalblatt geschickt, der aber nicht veröffentlicht wurde. Er passt jetzt gut zu Ihrem Beitrag:

Wer in historischen Lokalzeitungen liest, weiß, dass die Realität der 1920er-Jahre alles andere als golden war. Da war ständig die Rede von der allgemeinen Not, und man beklagte wie heute all überall Uneinigkeit und “Spaltung der Gesellschaft”. Damals standen sich „Linke“ und „Rechte“ erbittert gegenüber, die Mehrheit der Bevölkerung sehnte sich nach Gemeinschaft und Konsens; die Festredner ermahnten ständig zur „Einigkeit“. Wie das endete, wissen wir: Die in weiten Kreisen zunächst freudig begrüßte allumfassende – totalitäre – „Einigkeit“ kam 1933 mit der Naziherrschaft, verbunden mit schrecklichen Folgen für die Minderheiten. Daraus folgere ich nicht nur, dass rechtsextreme Tendenzen mit sachlichen Mitteln bekämpft werden müssen, sondern auch, dass wir Heutigen toleranter mit der sogenannten „Spaltung der Gesellschaft“ und abweichenden Meinungen umgehen sollten, auch wenn es schwerfällt. Wenn andere ausgegrenzt und wie unartige Kinder vor die Tür gestellt werden, ist das in der Regel so nutzlos wie grundsätzlich undemokratisch – egal, ob sie als links, rechts, schädlich, extrem oder böse gelten. Wir haben Meinungsfreiheit, Artikel 5 GG!
____________________

Dr. Susanne Eckstein


5. Leserbrief

Liebe NDS, Herr Brandes,

Danke, ein sehr guter Artikel zur Diskussion!  In Ihrem letzten Absatz schreiben Sie:

Aber in einem bin ich mir mit den Demonstranten einig: Unsere Demokratie ist ernsthaft bedroht – nur eben keinesfalls nur von links oder rechts, sondern ebenfalls aus der „anständigen“ Mitte der Gesellschaft.

Das trifft vollständig zu. Ich würde ein Stück weiter gehen. Die Gefahren für eine Demokratie drohen immer aus der Mitte, nie von den “Rändern”, weil sich die meisten Menschen – besonders im opportunistischen, oder besser “woken” Deutschland – immer mehrheitlich in der Mitte verorten. Ich behaupte sogar, dass die “politische Mitte Deutschland’s nach wie vor mehrheitlich strikt faschistoid eingestellt ist. Woher kommt sonst diese steife Kriegstüchtigkeit und -treiberei des “jungen Bildungsbürgertums”? Warum kokettieren Jene, die sich in der Mitte verorten, mit Ukre-Nazis?

Wenn die Mitte sich als ausgewogenes Sammelsurium politischer Meinungen versteht, dann bildet sie die größte Gefahr für eine Demokratie, weil diese Gruppe einfach die latent größte ist. Kippt sie in ihrer demokratischen Wahrnehmung, kippt die Demokratie. Bestes Beispiel: Die Corona-Krise war eine schwere Demokratiekrise und sie ist noch nicht vorbei. Hitler’ s Macht kam aus der Mitte, nicht vom politischen Rand!

Schauen wir uns die “Mitte” genauer an…!

Grüße
von unserem Leser R.O.


6. Leserbrief

Sehr geehrtes Team der NDS, 

Die totalitären Neigungen – sind es wirklich Neigungen, oder ist es Gedankenlosigkeit? Letzteres ist meinem Empfinden nach das größte Übel. Selber denken, wenn möglich auch noch logisch/analytisch/rational, scheint auch in unserer angeblich so aufgeklärten Gesellschaft eher eine Seltenheit zu sein. Zu differenzieren und zu hinterfragen ebenso. 

Vielleicht würde es helfen, ehrlich folgende, beliebig abwandel- und erweiterbare Fragen zu beantworten. Vielleicht würden wir feststellen, dass wir in großen Teilen doch das Gleiche wollen und meinen. Oder eben tatsächlich gespalten sind…

Was ist rechts? Was ist rechtsradikal? Ist rechtsradikal gleichzusetzen mit nationalsozialistisch? Können Sozialisten rechts sein? Spielt es überhaupt eine Rolle, aus welchem politischen/religiösen/ideologischen Loch Radikale und Extremisten gekrochen kommen? Wo liegt der  Unterschied zwischen Herrenrasse und Gottes auserwähltem Volk? Sind AFD’ler Nazis im Sinne der Idee einer Herrenrasse und dem Wunsch nach Weltherrschaft? Wenn ich jeden als Nazi beschimpfen darf, liegt dann nicht eine Verharmlosung der Nazi-Zeit vor? Was ist antisemitisch? Ist es nicht antisemitisch, wenn ich die Politik der israelischen Regierung und die Taten ihres Militärs mit der Religion des Judentums in Verbindung bringe? Sind israelische Staatsbürger und Menschen jüdischen Glaubens weltweit eigentlich auch antisemitisch, wenn sie Kritik am politischen Geschehen der derzeitigen israelischen Regierung üben? Wo sind die Grenzen von Toleranz? Sollte es welche geben? Wer legt sie fest? Im GG ist von Meinungs-, nicht von Redefreiheit die Rede; ist Meinungsfreiheit lediglich Gedankenfreiheit? Wollen wir überhaupt “freedom of speech”? Wenn nicht, wer legt fest was gesagt und was bestenfalls gedacht werden darf? Was ist Demokratie? Reicht es aus, in regelmäßigen Abständen Repräsentanten des Volkes zu wählen? Muss eigentlich in einer Demokratie immer die Mehrheitsmeinung umgesetzt werden? Reicht dann eine relative Mehrheit? Braucht es eine absolute? Oder sollte bei wichtigen Fragen eine 3/4 Mehrheit nötig sein (um z.B. einen Brexit in all seiner Tragweite nicht mit 51 zu 49% beschließen zu können)? Kann es eine Demokratie ohne Rechtsstaatlichkeit geben? Kann es eine Monarchie/Autokratie etc. geben, in der Rechtsstaatlichkeit herrscht? Was ist Rechtsstaatlichkeit? Ist es ein Angriff auf selbige, wenn ich die Grundsätze von der Unschuldsvermutung (ich denke u.a.an den armen Hotelmitarbeiter, der Opfer von Hr. Ofarims Lügengeschichte wurde) über Bord werfe, Vorschläge zur Sippenhaft sowie einer Umkehr der Beweislast unterbreite? Kann ich gleichzeitig die Demokratie fördern wollen? Daher nochmal die wichtige Frage: Was genau verstehen wir alle unter Demokratie? Und ist das, was ich darunter verstehe wirklich das, was ich für die beste Staatsform halte? Oder bin ich am Ende des Tages gar nicht so ein “lupenreiner Demokrat” wie ich dachte, sondern doch ein Mensch mit totalitären Neigungen?

Stellen wir mehr Fragen, uns selbst und anderen Menschen, anstatt immer gleich eine Antwort und eine Haltung und eine Meinung kundzutun.

Mit freundlichen Grüßen, 
Sonja Reise 


7. Leserbrief

Lieber Herr Brandes,

würden Sie bitte davon absehen, den aktuellen Mainstream, genannt „die Mitte“, die öffentlich finanzierten Mainstreammedien, die gegenwärtige Regierung der BRD oder Menschen, die sich deren Positionen anschließen, als „linksliberal“ zu kategorisieren? Tobias Riegel hat auf den NDS ja schon mehrfach darauf aufmerksam gemacht, dass diese weder links noch liberal sind (vor allem für die Mitglieder und Anhänger der Grünen, gilt aber m.E. für den gesamten in der Regierung repräsentierten Mainstream), wenn man sie an ihren Taten misst. Denn: Wenn die Mitte zu autoritär-repressiven Verhalten neigt, wie Sie selbst schreiben, so ist sie NICHT liberal. Und auch NICHT links. Es ist für die weiterführende Beschreibung und Analyse des gesellschaftlichen Zustands nicht hilfreich, Selbstetikettierungen oder historische Verortungen von Gruppierungen zu übernehmen.

In meinem Umfeld gibt es eine Reihe von latein- und südamerikanischen Aktivisten, die linken Gruppen im Sinne der Selbstbestimmung und-organisation der Völker angehören, die sich permanent die Augen reiben anlässlich der schon fast extrem rechten Politik, die die Regierung der BRD mit konstanter Bestätigung durch “die Qualitätsmedien” gegenwärtig macht: Von der zunehmenden Einschränkung der Meinungsfreiheit und der Erschwerung politischer Aktivitäten im Inland, über die Unterstützung extrem rechter Regierungen im Ausland (Ukraine, Israel) oder Kooperation mit solchen Regierungen (Argentinien, Kenia, Uruguay), Neokolonialismus in Bezug auf Rohstoffausbeutung und Fachkräfteabwerbung, Militarisierung auf Kosten des Gemeinwohls, Polizei- und Migrationsgesetze usw. um nur einige der von meinen Mitmenschen angesprochenen Punkte zu nennen. Nur nebenbei: Menschen mit Wurzeln in Südamerika können die AfD als „extrem rechts“ nicht wirklich ernst nehmen: wer mit Regierenden wie Bolsonaro, Boluarte/ Otarola, Cartes klarkommen musste, hat wohl andere Maßstäbe und erkennt, dass das, was gegenwärtig hier passiert schon sehr weit rechts anzusiedeln ist.

Ich persönlich kann übrigens in vielem, was die AfD so fordert, nichts großartig Anderes erkennen, als das, was die angeblich linksliberale Regierung eh schon macht, nur, dass „Rückführungsbeschleunigungsgesetz“ eben nicht ganz so eklig klingt wie „Ausländer raus!“. An der Praxis, schlafende Familien nachts zu überfallen um sie dann „zurückzuführen“ oder dem potenziell tödlichen Einsatz von Brechmitteln (für die ersten Toten in Hamburg war übrigens der Typ, der Kanzler ist, damals als Innensenator verantwortlich), wird sich auch mit AfD Politikern in Ämtern nicht viel verschlimmern können. Neoliberal sind sie auch, vielleicht noch etwas plumper. Insofern erübrigt sich für mich die Teilnahme an Demos “gegen rechts”. Wieso sollte ich mit Funktionsträgern, die rechte Politik machen, ein rechtes und antidemokratisches Gesellschaftsmodell vertreten, gegen eine Partei demonstrieren die rechte Politik machen möchte und ein rechtes und antidemokratisches Gesellschaftsmodell vertritt?

Auch mit „unserer“ Demokratie ist das so eine Sache. Da wäre die Frage der Inhaberschaft schon vorab zu klären und auch, ob eine staatliche Organisationsform in diesem Sinne von einem kollektiven „wir“ als Besitz betrachtet werden kann. Dieser wäre ja statisch. Demokratie als Prozess wäre aber fluide und hätte mehr mit einer pluralistischen Tätigkeit als mit einem Zustand zu tun und Dissens wäre der Antrieb.

Falls es sich hierbei nicht nur um einen Wichtigtuer handeln sollte, sondern auch nur ein unterhälftiger Anteil den Realitäten entspricht, würde dieses Interview einige Erklärungskraft für die gegenwärtigen Spins zum Schutz der Demokratie besitzen (auch wenn ich keinerlei Sympathien für den Interviewer hege).

Meine abschließende Meinung zu den fleißigen Demonstranten: Selbstmord aus Angst vor dem Tod.

mit freundlichem Gruß
Sabine Forschner


8. Leserbrief

Liebe NDS-Redaktion, sehr geehrter Herr Brandes,

habe heute folgendes bei RT gelesen:

Aus der Rubrik „Der tägliche Wahnsinn“

“Querdenker raus!”: Demonstranten “gegen rechts” bringen kritischen Redner zum Schweigen

Auf einer Demonstration unter dem Titel “Für Demokratie – gegen Hass und Ausgrenzung” im nordrhein-westfälischen Viersen kam es am Sonnabend zu einem Zwischenfall. Ein Redner, der das Beschneiden und Aushebeln von Grundrechten während der Coronakrise beklagte, wurde lautstark als “Querdenker” angefeindet – und musste das Mikrofon abgeben … Vor dem Auftritt des dann angepöbelten und zum Schweigen gebrachten Redners skandierten die Demonstranten “gegen Hass und Ausgrenzung” lautstark: “Ganz Viersen hasst die AfD!”

Und jetzt schreibt Herr Brandes Vernünftiges über eben diesen antidemokratischen Geist, den man in dem Viersener Ereignis bewundern kann.

Dann aber kommt dieser Satz:

„Mir graut vor der AfD mit ihrer politischen Mischung aus rechtsextremistischer und neoliberaler Ideologie. Und deshalb wünsche ich mir, dass diese grässliche Partei bald von der Bühne verschwindet.“

Es bleibt Herrn Brandes unbenommen, so über die AfD zu schreiben. Ich möchte ihm jedoch entgegnen, dass ich mir damals, während Corona, von meiner Partei, den Linken, vollkommen verraten und verkauft vorkam. Die haben mich zusammen mit den Omas gegen Rechts und der Antifa niedergebrüllt, als Faschist beschimpft, verdammt und bei unserer Demo behindert. Im Parlament war es allein die AfD, die trotz schlimmster Anfeindungen standhaft geblieben ist und über unser Problem vernünftige, rationale Aufklärung gab und die Regierung mit den richtigen Fragen konfrontiert hat (n.b. auch zu den Fragen des Genderns, LGBTQ, Klima). Dieser Teil der AfD-Parteiarbeit verdient Respekt. Aber die andere Seite, die man ihr möglicherweise zu Recht vorwirft und als gefährlich betrachtet, wird nicht ausreichend belegt. Ich habe den Eindruck, dass da mehr behauptet als belegt wird.

Für mich stellt sich die Kampagne gegen die AfD als orchestrierte Propaganda-Aktion dar zur Rettung vor dem vielseitigen Versagen der Ampel. Sie ist zutiefst anti-demokratisch, aber leider recht erfolgreich.

Mit freundlichem Gruß
Bernhard Meyer


9. Leserbrief

Sehr geehrtes Team der NachDenkSeiten,

anbei eine Anmerkung zum Artikel »Die totalitären Neigungen der „anständigen“ Mitte« von Udo Brandes am 03. März 2024.

Es wäre interessant zu erfahren ob Herr Brandes sich als androgynes sphärisch über den Dingen schwebendes a-Politikum wähnt? Politisch apathisch ist? Oder ob das nur sprachliche Demagogie ist, wie sie derzeit zuhauf kursiert?

Eingangs des Textes:

»Unsere demokratische Republik ist nicht nur von Rechtsextremisten bedroht.« 

Die ersten drei Worte des Satzes sind, wenn man politisch historisch einigermaßen bewandert ist, bereits auf groteske Weise falsch gesetzt. »Unser« ist eine verallgemeinernde, ebenso wie unzulässige Vereinnahmung wie es das allseits beliebte »wir« von interessiert demagogischer Seite ist, um eine Allgemeingültigkeit und Mehrheit herbei zu fabulieren. Ein semantischer Kniff um seiner unzutreffenden Privatsicht mehr Hebelwirkung zu verleihen, nämlich daß die bundesrepublikanische gesellschaftliche Organisationsform eine »Republik«, gar eine »demokratische« sei.

Dazu:

»Der Einsicht, dass liberale kapitalistische Demokratien mit der zivilisatorischen Leitidee von Demokratie nicht in Einklang zu bringen sind, begleitet die liberale kapitalistische Demokratie bereits seit ihren Anfängen: Demokratie und Kapitalismus als Gesellschaftsform sind fundamental miteinander unverträglich, weil sie auf geradezu entgegengesetzten Funktionsprinzipien beruhen (sieh Kapitel 5.2). Die Demokratie beruht auf dem Gleichheitsprinzip bei der Vergesellschaftung von Macht. Der Kapitalismus hingegen beruht in seinen Funktionsprinzipien gerade auf der Ungleichheit des Eigentums an Produktionsmitteln. Die kapitalistische Eigentumsordnung verpflichtet alle, die über kein eigenes Kapital verfügen, für fremdes Eigentum zu arbeiten, und überführt damit Arbeit in Lohnarbeit. Der Kapitalismus verlangt also eine Unterwerfung unter die Machtverhältnisse, in denen eine Minderheit von Besitzenden Macht über eine Mehrheit von Nichtbesitzenden ausübt. Insofern ist die Bezeichnung »kapitalistische Demokratie« bereits ein Widerspruch in sich. Diesem Einwand hat man in der politischen Ideengeschichte des vergangenen Jahrhunderts dadurch Rechnung zu tragen versucht, dass man schleichend die Bedeutung des Begriffs der Demokratie verschoben hat und de facto unter »kapitalistischer Demokratie« eine durch Wahlen legitimierte Form der Elitenherrschaft meint. Kapitalistische Demokratien werden daher auch als »Elitendemokratien« bezeichnet – auch dies ist schon begrifflich ein Widerspruch in sich. Diese Einsichten sind wohlbekannt, auch wenn sie im öffentlichen Meinungsraum und in den Medien kaum präsent sind.« (Rainer Mausfeld, Hybris und Nemesis – Wie uns die Entzivilisierung von Macht in den Abgrund führt – Einsichten aus 5000 Jahren, S. 429/430)

Gehen »wir« (sehen sie, das kann ich auch) gleich zum letzten Satz:

»Unsere Demokratie ist ernsthaft bedroht – nur eben keinesfalls nur von links oder rechts, sondern ebenfalls aus der „anständigen“ Mitte der Gesellschaft.«

Dazu, kurz und knapp, da »wir« gerade bei Herrn Mausfeld waren:

»Rechts ist, wer die jeweiligen Zentren der Macht (zum Beispiel die Monarchie oder ökonomische Eliten) und die Strukturen, auf denen diese Macht basiert (wie Kirche, Kolonialismus, Sklaverei oder Konzernkapitalismus) zu stabilisieren oder zu erhalten sucht.

Links ist, wer sich für die Anerkennung der Gleichwertigkeit aller Menschen (»universeller Humanismus«) und für eine demokratische Einhegung von Macht einsetzt.«

Also wo verortet sich nun Herrn Brandes? Wenn nicht rechts, links, noch in der »Phantommitte«. Da doch damit das gesamte politische Spektrum abgedeckt ist.

Ich denke die NachDenkSeiten selbst geben darauf Antwort:

»Wenn, wie Sie sagen, viele der Probleme, mit denen wir gegenwärtig konfrontiert sind, so komplex sind, dass es keine klaren oder einfachen Lösungen gibt und geben kann, hat dann nicht auch die historische Unterscheidung von linken und rechten Haltungen ihre Bedeutung verloren? Geht es dann nicht in erster Linie darum, pragmatisch konkrete Lösungen für konkrete Probleme zu finden? Einige Akteure im politischen Spektrum deuten derlei aktuell ja gern einmal an…

Das ist genau die Ideologie, mit der – ziemlich erfolgreich – versucht wird, demokratische Strukturen durch eine Herrschaft technokratischer Eliten zu ersetzen. Daniel Bell hatte ja schon 1960 das „Ende der Ideologie“ verkündet und Francis Fukuyama 1992 gar das „Ende der Geschichte“ durch den Siegeszug des Kapitalismus. Beide Thesen sind rasch in sich zusammengefallen und haben sich als das erwiesen, was sie sind: als Versuche, eine Ideologie zu schaffen, mit der sich der Status der herrschenden Eliten stabilisieren und ihre Macht vergrößern läßt.«

(Die Links-Rechts-Demagogie. Ein Interview mit Rainer Mausfeld. 05. August 2016)

In diesem Sinne und mit freundlichen Grüßen
Mike Holstein


10. Leserbrief

Liebe Redaktion,
 
der absolute Volltreffer von Herrn Brandes in die goldene Mitte !
 
“Die totalitären Neigungen der „anständigen“ Mitte

Man stelle sich mal vor, was passieren würde, wenn ein AfD-Politiker in ähnlicher Weise zu einer Diskriminierung und Ausgrenzung einer gesellschaftlichen Gruppe aufgerufen hätte. Aber damals hatte ganz offensichtlich weder die heilige Spiegel-Redaktion noch das linksliberale Milieu ein Problem mit so einer Volksverhetzung.

Es waren die Akademiker an den Universitäten, die zu den Ersten gehörten, die braun grüßten und Juden denunzierten.

nachdenkseiten.de/?p=111885
 
Anmerkung
Das was die “goldene Mitte” in der sich die linksliberalen verstecken geht in Richtung Volksverhetzung wie der Autor es treffend beim Namen nennt.
 
Ja, und es sind wieder die Akademiker an der Universitäten !
 
“News | 04.03.2022
 
LMU Klinikum München behandelt Patienten jeglicher Herkunft und Nationalität
 
Die Entscheidung für eine Behandlung wird auf Basis medizinischer Kriterien getroffen
Der Vorstand des LMU Klinikums betont, dass Herkunft, Nationalität, Hautfarbe, Alter, politische, kulturelle oder geschlechtliche Identität keine Rolle dabei spielen, ob jemand behandelt wird oder nicht. Entscheidend ist die medizinische Notwendigkeit und Dringlichkeit
 
Aufgrund einer persönlichen Nachricht einer einzelnen Ärztin des LMU Klinikums an eine Patientenvermittlungsagentur kursiert das Gerücht, dass eine Behandlung russischer Patienten abgelehnt wird. „Diese Darstellung ist schlicht falsch“, betont der Ärztliche Direktor, Prof. Dr. Markus M. Lerch. „Das LMU Klinikum wird weiterhin alle Patientinnen und Patienten, die unsere Hilfe benötigen, behandeln. Unsere Solidarität und unser Mitgefühl gilt insbesondere allen Menschen, die unter Kriegshandlungen leiden und Schaden nehmen.“
In einer E-Mail hatte eine einzelne Ärztin kurz nach Beginn der Invasion russischer Streitkräfte in die Ukraine gegenüber einer Patientenvermittlungsagentur die planbare, ambulante Beratung russischer Patienten in ihrem Institut abgelehnt.

lmu-klinikum.de/aktuelles/newsmeldungen/lmu-klinikum-munchen-behandelt-patienten-jeglicher-herkunft-und-nationalitat/0242a40774f29d81
 
Keine Ahnung was sich die Ärzte dabei gedacht haben ?
Es gibt Millionen Mischehen zwischen Russen und Ukrainern, natürlich auch zwischen Russen und Deutschen sowie Kinder deren Eltern folglich beides sind !4
 
Die AfD ist eine asoziale neoliberale Partei, deren Parteiführung wie Alice Weidel in der Hayek Gesellschaft zur Umsetzung marktradikaler Ideen ist.
Andererseits sagt Christian Linder ( FDP ), die AfD ist wie Schimmel, wenn er einmal da ist wird man ihn so schnell nicht los.
Schimmel ist meistens ein Symptom dauerhaft eklatanter Mängel an der Bausubstanz.
Wenn der Schimmel nur übertüncht wird, kommt er immer wieder und immer heftiger.
Also muss die Bausubstanz in Ordnung gebracht werden.
 
Also müssen die Demonstrationen gegen den Nährboden der AfD erfolgen.
Das heißt gegen die asoziale neoliberale Politik der SPD, “Bündnis 90/ Grüne”, FDP und CDU.
Und “Die Linke” sollte sich überlegen, was ihre Zielgruppe ist und dann für diese Zielgruppe, die Ziele definieren.
 
Was das Rechte betrifft, da sehe ich die etablierten Parteien inziwschen weiter rechts als die AfD. Und das muss man erst einmal schaffen.
Stellen wir uns mal vor 1934 im Reichstag wäre jemand aufgetreten und hätte vor dem Krieg mit Russland gewarnt.
Der hätte massive Probleme bekommen !
 
Und stellen wir uns vor dort wäre Annalena Baerbock aufgetreten und hätte “robuste Kriegseinsätze” gefordert, Boris Pistorius hätte gefordert wir müssen wieder kriegstauglich werden oder Panzitoni hätte Waffenlieferungen für Gegner Russlands gefordert. Ich bin sicher die NSDAP Führung wäre von diesen 3 Politikern begeistert gewesen !
 
Fazit
Die “goldene Mitte” ist rechtsextrem oder Mitläufer rechtsextremer Hetzer !
 
Grüße
Dieter Gabriel


11. Leserbrief

Hallo Herr Brandes, 
Liebe NDS-Redaktion,

“Gegen Rechts!” Wer Karriere machen will hierzulande, stellt die beiden Wörter am besten an den Anfang eines jeden Satzes. Aus der Selbstverständlichkeit sich weder Adolf Hitler noch einen Holocaust zurück zu wünschen, macht eine Art Juste Milieu (als NGO´s, bzw. Zivilgesellschaften getarnte Vorfeldorganisationen von Parteien) einen solchen Lärm, dass alle anderen Probleme im Land übertönt werden. Und ob Corona oder Klima, sowohl Befürworter als auch Gegner kämpfen verbissen um die Anerkennung und die richtige Interpretation von Fakten, Daten, Modellen usw. Übersehen wird, dass Politik und Wissenschaft zwei unterschiedliche Sphären sind: So wenig sich “wissenschaftliche Wahrheit” (die es im übrigen nicht gibt, nicht gegeben hat und nicht geben wird) nach einer demokratischen Mehrheitsmeinung richtet, so wenig ist es Aufgabe der Politik, die Wahrheit zu vollstrecken. In der Politik geht es darum, eine große Bandbreite von Meinungen und Betroffenheiten zu berücksichtigen.

Viele Grüße
Michael Wrazidlo


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