Hinweise des Tages (2)

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(KR)
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  1. Zugunsten von RWE
    Freiwillig sollen die Städte Essen, Mülheim, Gladbeck, Bottrop und Gelsenkirchen bis Ende 2014 jährlich ca. 21 Millionen Euro mehr als vertraglich vereinbart für den laufenden „Karnap-Vertrag“ zur Müllverbrennung an RWE zahlen, weil danach sonst eine Gebührenexplosion drohe. Ein seltsamer Vorschlag angesichts der regionalen Überkapazitäten. Der Fraktionsvorsitzende der Mülheimer Bürgerinitiativen (MBI), Lothar Reinhard: „Wir wissen nicht, welche Interessen der Kämmerer aus der RWE-Stadt Essen insgesamt bzgl. RWE vertritt – die Interessen der Mülheimer Bürger und Gebührenzahler jedenfalls nicht.“ Konzerne wie RWE, EON, EnBeWe und Vattenfall hätten bekanntlich „unzählige Politiker aller Ebenen auf ihren Tickets.“
    Quelle: Neue Rheinische Zeitung
  2. Unternehmer mit Schulranzen
    Eine Privatschule spricht Eltern an, die in die Ausbildung ihres Nachwuchses investieren wollen und können. Die letzten derer, die es noch besser haben sollten als ihre Eltern, wollen, dass ihre Kinder zu denen gehören, die den heutigen Lebensstandard halten können. Deshalb wollen sie sofort zweisprachigen Unterricht, kleine Klassen und Ganztagsbetreuung. Denn das bedeutet »Chancen« und »Zukunft« für die Kleinen. Der Markt, auf dem es die Ware Bildung zu kaufen gibt, ist seit kurzem um einen neuen Anbieter reicher – eine Aktiengesellschaft, also ein Unternehmen mit klarer Gewinnabsicht, als Betreiber von Schulen. Die Aktiengesellschaft Phorms will »Bildung zur Marke« machen. Sie betreibt vier Grundschulen in Deutschland und erwartet schon bald Rendite. Tatsächlich existieren Privatschulen keineswegs unabhängig von staatlichem Geld. Nach einer Frist von wenigen Jahren bekommen die Schulen Zuschüsse – oft mehr als drei Viertel der Kosten, die pro Schüler an öffentlichen Schulen anfallen. Ohne staatliche Subvention würde auch das System der Phorms AG nicht funktionieren.
    Quelle: JungleWorld
  3. »Die Flexible Kirche«: Kritische Analysen zur Ökonomisierung der Kirche
    Wer dem Wandel in den Köpfen nachspüren will, der muss auf die ›Plastikwörter‹ achten, die sich im Verlauf der letzten Jahre in unseren Diskursen eingenistet haben. Schleichend wie ein minimal dosiertes Gift haben sie unsere Hemmschwelle herab- und die Empörungsschwelle
    heraufgesetzt. Wenn die ›Ich-AG‹ zur regierungsamtlichen Sprachregelung wird und das ›Humankapital‹ aus der ökonomischen in die Alltagssprache wechselt, dann deutet sich
    hier ein folgenreicher Wechsel an: das Ökonomische wird zur Leitsemantik gesellschaftlicher Selbstverständigung. Wenn selbst die Kirchenstrategen nichts dabei finden, ihre Mitglieder als ›Kunden‹ anzusprechen und aus der Verkündigung ein ›Angebot‹ zu machen, dann deutet das nicht einfach auf eine sprachliche Schludrigkeit hin, sondern dass sich hier der Geist verwirren ließ. Ein verwirrter Geist zeigt sich nicht nur ignorant gegen solche weitreichenden sprachlichen Differenzen, sondern ist schließlich auch unempfindlich gegen die realen Verhältnisse, die mit solchen Sprachregelungen verschleiert werden.
    Von Arne Manzeschke, Akademischer Oberrat und Leiter der Arbeitsstelle für Theologische Ethik und Anthropologie Kulturwissenschaftliche Fakultät, Universität Bayreuth.
    Quelle: Bayreuther Beiträge zur Religionsforschung

    Anmerkung: Überaus lesenswert und lehrreich, auch für Atheisten und Agnostiker.
    Der einzige, böse Ausrutscher fällt vor dem Hintergrund das ansonsten sehr guten Textes umso stärker auf: „Auf der Ausgabenseite gilt für die Kirchen als Arbeitgeber wie für alle anderen Arbeitgeber auch, dass sie mit sehr hohen Lohnnebenkosten bei einem sehr hohen Sozialniveau ihrer Beschäftigten konfrontiert sind.“ (S. 143). Lohnnebenkosten sind Bestandteil des Lohns, und dessen Niveau sowie das der sozialen Absicherung nach der Entwicklung der letzten Jahre in Deutschland noch als „sehr hoch“ zu bezeichnen, ist absurd. Die etwas merkwürdige, weil weder Marx noch Max Weber gerecht werdende Behauptung, Letzterer habe „die marxistische Perspektive um die Dimension des Geistes ergänzt“ (S. 117), sei einem Theologen hingegen verziehen.

  4. Die „dritte Säule” der deutschen Außenpolitik
    Die auswärtige Kultur- und Bildungspolitik gerät immerstärker in den Sog außenwirtschaftlicher Interessen. Dabei erreicht die Einflussnahme der Wirtschaft die unmittelbar zuständigen Abteilungen der Bundesministerien inzwischen sogar in organisierter Form. Erst kürzlich kamen erstmals Wirtschafts-, Wissenschafts- und Hochschulvertreter sowie Fachleute der zuständigen Ministerien zu einem „informellen Gespräch” in Berlin zusammen. Auf Initiative des früheren Außenministers und Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Telekom Stiftung, Klaus Kinkel, waren auch der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, Jürgen Thumann, sowie Außenminister Steinmeier präsent. Die illustre Runde erörterte nichts Geringeres als eine Neujustierung der „dritten Säule” der deutschen Außenpolitik.
    Quelle: Neue Rheinische Zeitung
  5. Internationaler Waffenbericht: Die Abrüstung der anderen
    Im aktuellen Abrüstungsbericht der Bundesregierung wird viel über die weite Welt und ihre Waffen erzählt – über das hiesige Entwaffnungspotenzial aber so gut wie nichts.
    Quelle: TAZ

  6. Im Harz frisiert Germania
    Im ländlichen Südniedersachsen versuchen Neonazis, die Hegemonie zu erlangen. Insbesondere der Südharz um die Stadt Bad Lauterberg wird zum Betätigungsfeld für die NPD. Das bürgerliche Lager macht es ihr nicht sonderlich schwer.
    Quelle: JungleWorld

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