Wer sich bei seiner Urteilsbildung auf eines unserer Leitmedien verlässt, sollte stattdessen besser Achterbahnfahren.

Albrecht Müller
Ein Artikel von:

Die Propaganda und Meinungsbildung zum Thema Verlagerung von Arbeitsplätzen ist ein Musterbeispiel dafür, wie sehr die Meinungsbildung bei uns von modischen Trends geprägt ist und im übrigen von manchen Journalisten als eine Art von Sport betrieben wird. Allerdings mit einem erkennbaren Ziel: Druck auf Löhne und Lohnnebenkosten auszuüben.

Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass viele Bürgerinnen und Bürger gar nicht anders können, als die Achterbahnfahrt der Meinungsbildung in manchen Medien mitzumachen. Das geht soweit, dass man vor ungefähr zwei Jahren auch in gut ausgebildeten Kreisen wirklich meinte, jetzt würden alle Arbeitsplätze nach draußen verlagert. Weil dort die Löhne niedriger sind. Diese Vorstellung, die Löhne seien allein entscheidend, hatte sich damals in den Köpfen festgesetzt. Deshalb die Panik.

Jetzt hat der „Spiegel“ mal wieder entdeckt, dass es mit der Job-Verlagerung doch nicht so schlimm ist und dass auch andere Standort-Faktoren eine Rolle spielen: Albrecht Müller.

„Deutsche Firmen bremsen Job-Verlagerung ins Ausland“

Ähnliches, nämlich dass es hierzulande noch industrielle Tätigkeit gibt, hatte der Spiegel schon im Februar entdeckt. Wir hatten am 13.2.2008 daraufhingewiesen: Nicht nur das. Schon am 18.1.2007 überraschte das Schwesterblatt Managermagazin uns mit der Schlagzeile: „STANDORT D – Die Rückkehr der Reumütigen“ und der Anmoderation: „Die Welle der Jobverlagerungen ins billige Ausland scheint eingedämmt. Einige Unternehmen kehren sogar wieder zurück oder verlegen Arbeitsplätze gezielt nach Deutschland. Das liegt zum Teil an der neuen Attraktivität des hiesigen Standorts – aber auch an den Risiken der Abwanderung.“

Das ist fast das gleiche wie jetzt bei Spiegel Online. Und immer wird so getan, als werde eine Bewegung gerade neu entdeckt.
Früher stand es nämlich immer ganz schlimm um den Standort Deutschland. Auch darauf sind wir eingegangen. Ein Beispiel dafür vom 25. September 2006: „Steingart – Mittelmaß in der Sache aber Meister in der Kunst der Verführung“.

Am 20.4.2007 haben wir das Hin und Her beschrieben. Hier die Überschrift und die Anmoderation:

„Beliebige Manipulation mit dem Thema Abwanderung – An einem unserer heute eingestellten Hinweise können Sie schön beobachten, wie wir manipuliert werden. Gemeint ist der Artikel im ManagerMagazin über „Die Rückkehr der Reumütigen“. Wenn Sie dann diese Abwanderungsdebatte konfrontieren mit dem Beitrag in der taz „Globalisierung in Franken“, dann können Sie erkennen, wie sehr die Debatte an dem vorbeigeht, was wirklich politisch entschieden und geregelt werden müsste: Das Gebaren der Finanzinvestoren zum Beispiel. Zunächst zum ManagerMagazin. Was dieses Magazin über Verlagerung und Rückkehr jetzt im April 2007 schreibt, konnten Sie in der „Reformlüge“ 2004 schon lesen. Das erwähne ich nicht, um die Richtigkeit meiner Analysen zu bestätigen, sondern um auf die Willkür hinzuweisen, mit der bei uns Meinung gemacht wird und mit einem so ernsten Thema wie der Abwanderung umgegangen wird.“

Die entsprechende Passage aus „Der Reformlüge“ „Panik wegen der Abwanderung von Arbeitsplätzen?“ nehmen wir in die Rubrik Veröffentlichungen der Herausgeber auf. Wenn ich einen eigenen Text empfehlen darf: lesenswert

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