Buchtipp: Über den Flick-Konzern in der NS-Zeit

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Flick ist ab Anfang 1933 massiv ins Rüstungsgeschäft gegangen – das war vorher in seinem Konzern nicht unbedingt der Fall – und hat hier im Grunde neue Betriebe, neue Kapazitäten aufgebaut, hat neue Beziehungen zum Heereswaffenamt geknüpft, wurde innerhalb von fünf bis sechs Jahren einer der führenden Rüstungsproduzenten im Land. 1937 trat Friedrich Flick der NSDAP bei. Die engen Kontakte zu den Nationalsozialisten nutzte er, um sich in großem Stil jüdische Unternehmen anzueignen. Flick war einer der größten Ariseure des Dritten Reichs. Ein Auszug aus der Rezension von Otto Langels im Deutschlandfunk.

Es gab im gesamten Bereich der Montanindustrie keinen anderen Konzern, der in ähnlicher Weise durch Arisierung von Unternehmen expandiert hätte wie Flick. Hier ist eindeutig festzustellen, dass Flick im besonderen Maße von nationalsozialistischem Unrecht profitierte, sehr viel mehr als andere vergleichbare Konzerne.

Je stärker Flick im Dritten Reich expandierte, umso mehr war der Konzern auf den Einsatz von Zwangsarbeitern angewiesen. Während des Krieges mussten über 60.000 Menschen unter erbärmlichen Bedingungen in den Flick-Betrieben arbeiten, in einzelnen Werken waren bis zu 85 Prozent der Belegschaft Zwangsarbeiter. Im Buch wird unter anderem das barbarische Arbeitsregime in den Rombacher Hüttenwerken in Lothringen beschrieben.

Da waren auch außerordentlich schlimme Zustände und sind zahlreiche Misshandlungen der Zwangsarbeiter überliefert. Die fanden dort in unmittelbarer Nähe des Verwaltungsgebäudes vor den Augen der Betriebsleitung statt. Und der Direktor dieses Werks war Otto Ernst Flick, der älteste Sohn von Friedrich Flick.

Nach dem Krieg musste sich Friedrich Flick vor dem Nürnberger Kriegsverbrecher-Tribunal verantworten. Er erklärte, von den Zuständen in seinen Fabriken nichts gewusst zu haben, da er sich in den letzten Jahren aus gesundheitlichen Gründen weitgehend aus dem Geschäft zurückgezogen hätte. Ohnehin sah er sich nicht als Angeklagter, sondern als unschuldig verfolgtes Opfer der alliierten Siegerjustiz.

Flick verwahrte sich dagegen, dass in seiner Person die deutschen Industriellen zu Sklavenhaltern und Plünderern gestempelt werden sollten. Doch das Selbstbild des anständigen und sozial eingestellten Unternehmers war nur eine der vielen Legenden von und über Friedrich Flick, wie die Autoren anhand zahlreicher Dokumente nachweisen können. Das alliierte Militärtribunal in Nürnberg verurteilte den Konzernchef zu sieben Jahren Haft. 1950 kam er vorzeitig frei. Nicht ein Zwangsarbeiter des Unternehmens erhielt eine Entschädigung.

Friedrich Flick äußerte nie ein Wort der Entschuldigung oder des Bedauerns.

Bereits frühzeitig betrieb Friedrich Flick die sogenannte Pflege der politischen Landschaft. Sein Sohn Friedrich Karl setzte diese Form der Einflussnahme später fort und bescherte damit der Bonner Republik einen der größten Skandale.

Johannes Bähr, Axel Drecoll, Bernhard Gotto, Kim Christian Priemel, Harald Wixforth: Der Flick-Konzern im Dritten Reich, Oldenbourg Verlag, 1000 Seiten, Euro 64,80.

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