Hinweise des Tages

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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (JW/AT)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Keine Notrationen für Arme
  2. Jeder zweite Azubi leidet unter schlechten Arbeitsbedingungen
  3. Arbeitsuchende in den Rechtskreisen SGB III und SGB II (Hartz IV): Ländervergleich August 2016
  4. Hartz IV und das Hamsterrad von Erwerbsarbeitslosen und Beschäftigten
  5. Herausforderung Altersarmut
  6. Thomas Piketty, die Neoklassik und die Realität
  7. Freihandel mit USA und Kanada: Österreich kündigt Widerstand gegen TTIP und Ceta an
  8. Apple: Wie der bayerische Finanzminister inländische Firmen schädigt
  9. Diakonie beklagt Abschiebung kranker Geflüchteter
  10. Mehrheit für eine wirksame Mietpreisbremse steht
  11. Föderalismusreform in der Bildung: “Ein falscher Schritt”
  12. Manöver für alle Fälle
  13. Der kalte Putsch gegen Dilma Rousseff
  14. Die vergessene Whistleblowerin Chelsea Manning
  15. Komplette Rede von Gerhard Schröder bei deutsch-russischen Wirtschaftsgesprächen in Bad Pyrmont
  16. DGB-Aufruf zum Antikriegstag 2016
  17. Ermittlungen gegen Beckenbauer: Des Kaisers neues Schweigen

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Keine Notrationen für Arme
    Für Katastrophen soll sich die Bevölkerung mit Vorräten eindecken, fordert die Bundesregierung. Hartz-IV-Bezieher werden dafür kein Geld erhalten
    Offenbar wird die Sicherstellung von Nahrung und Wasser für die rund 4,3 Millionen Bezieher von Arbeitslosengeld II im Kriegs- oder Katastrophenfall von den Behörden nicht für wichtig erachtet. So jedenfalls lässt sich die Antwort des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) auf die Frage lesen, ob es für Empfänger staatlicher Leistungen eine besondere Unterstützung für die Anschaffung der von der Bundesregierung jüngst empfohlenen Ration für Notzeiten gibt. Dem Hamburger Straßenmagazin Hinz & Kunzt sagte ein Ministeriumssprecher, Leistungsempfänger müssten die Lebensmittelvorräte von den laufenden Leistungen bezahlen. Das berichtete das Magazin am Donnerstag. (…)
    Wovon ALG-II-Empfänger, die für Nahrungsmittel und nicht-alkoholische Getränke gerade einmal 128,46 Euro im Monat erhalten, das bezahlen sollen, interessiert die Bundesregierung nicht. Der BMAS-Sprecher sagte Hinz & Kunzt: »Sofern also leistungsberechtigte Personen auf Grund des vom Kabinett beschlossenen Zivilschutzkonzeptes einen persönlichen, ausreichenden Vorrat an Lebensmitteln anlegen wollen, so müssen sie, ebenso wie Menschen mit geringem Einkommen, die hierfür erforderlichen Ausgaben eigenverantwortlich aus dem ihnen zur Verfügung stehenden Budget finanzieren.«
    Der Paritätische Wohlfahrtsverband Hamburg bezeichnete die Haltung des BMAS als »zynisch und menschenunwürdig«. »Ein Ansparen für Notfälle geht an der Lebensrealität der Menschen vorbei«, sagte eine Sprecherin des Verbandes Hinz & Kunzt. Und weiter: »Wenn die Regierung diese Vorschläge ernst meint und möchte, dass sie von der Bevölkerung ernst genommen wird, dann muss sie dafür Sorge tragen, dass auch jeder Mensch sie umsetzen kann.«
    Quelle: junge Welt
  2. Jeder zweite Azubi leidet unter schlechten Arbeitsbedingungen
    Dem DGB-Ausbildungsreport zufolge klagt etwa die Hälfte der Auszubildenden über psychische Belastungen aufgrund schlechter Arbeitsbedingungen.
    Regelmäßige Überstunden, fachfremde Arbeiten und abwesende Ausbilder scheinen in vielen Betrieben zu Problemen zu führen.
    Zum diesjährigen Ausbildungsstart fordert der Gewerkschaftsbund deshalb eine Verbesserung des Berufsbildungsgesetzes.
    Von der Schule an den Arbeitsplatz: Diese Umstellung fällt vielen Auszubildenden nicht leicht. Sie übernehmen das erste Mal Verantwortung und müssen sich unter älteren und erfahreneren Kollegen behaupten. Obwohl etwa 70 Prozent der Auszubildenden im Ausbildungsreport 2016 des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) angaben, mit ihrer Ausbildung insgesamt zufrieden zu sein, gibt es in vielen Betrieben offenbar erhebliche Probleme.
    Quelle: Süddeutsche Zeitung

    dazu: Ausbildungsreport 2016: Berufsbildungsgesetz endlich novellieren
    Fast 60 Prozent der Auszubildenden kommen krank zur Arbeit, über die Hälfte sind durch schlechte Ausbildungsbedingungen und -anforderungen am Ausbildungsplatz stark belastet und ein Drittel der Azubis leistet Überstunden. Einem Drittel der Auszubildenden (33,6 Prozent) liegt kein betrieblicher Ausbildungsplan vor und eine Überprüfung der Ausbildungsinhalte ist ihnen daher nicht möglich. Jeder Zehnte Auszubildende (10,6 Prozent) übt regelmäßig ausbildungsfremde Tätigkeiten aus. Bei 13,4 Prozent der Auszubildenden findet eine fachliche Anleitung durch den Ausbilder überhaupt nicht oder nur selten statt. Das sind einige Ergebnisse des Ausbildungsreports, den die DGB-Jugend nun zum elften Mal infolge vorstellt.
    Quelle: DGB

    Anmerkung Christian Reimann: Den DGB-Jugend-Ausbildungsreport 2016 finden Sie hier.

  3. Arbeitsuchende in den Rechtskreisen SGB III und SGB II (Hartz IV): Ländervergleich August 2016
    Ein Blick auf die 4,788 Millionen Arbeitsuchenden im August 2016 (27.000 weniger als im August 2015), davon 2,684 Millionen als Arbeitslose registrierte Arbeitsuchende (111.000 weniger als im August 2015) und 2,103 Millionen nichtarbeitslose Arbeitsuchende (84.000 mehr als im August 2015). (Rundungsdifferenz 1.000) Wie verteilen sie sich auf die beiden Rechtskreise (SGB III: 156 Agenturen für Arbeit; SGB II: 408 Jobcenter) und die 16 Bundesländer und wie stellt sich dies im Vergleich zum August 2015 dar. Siehe dazu die drei unkommentierten BIAJ-Tabellen: insgesamt, SGB III und SGB II (Hartz IV).
    Quelle: BIAJ
  4. Hartz IV und das Hamsterrad von Erwerbsarbeitslosen und Beschäftigten
    Für marktliberale ÖkonomInnen ist die Sache klar. Der gründliche Umbau der Arbeitslosen- und Sozialhilfe, wie ihn die deutsche Regierung unter dem Kanzler Schröder zum Beginn der Nullerjahre betrieben hat, sei ein Erfolgsmodell. Die sogenannten „Hartz-Reformen“ haben den „Anspruchslohn“ gesenkt und dadurch Stellen geschaffen. Tatsächlich sinkt die Erwerbslosigkeit seit Jahren kontinuierlich und die Zahl der Erwerbstätigen ist mit über 43 Millionen auf ein Rekordniveau gestiegen. Doch es gibt einen hohen Preis des vermeintlichen „deutschen Jobwunders“. (…)
    Fassen wir zusammen: Die Erwerbstätigkeit ist in Deutschland nicht gestiegen, weil das Absenken des „Anspruchslohns“ zuvor unsichtbare Arbeitsplätze sichtbar gemacht hätte, wie marktliberale ÖkonomInnen behaupten. Das Gegenteil ist der Fall: Die Aufwertung prekärer Beschäftigungsverhältnisse, wie sie mit den Hartz-Reformen verbunden war, schafft auf Seiten der Wirtschaft Anreize, Stellen mit Löhnen anzubieten, die nicht einmal die Existenz der Beschäftigten absichern. Faktisch werden Betriebe qua Aufstockung durch Hartz IV staatlich subventioniert, die Löhne anbieten, welche teilweise nicht einmal die Reproduktionskosten der Arbeitskraft decken. Die Einführung eines allgemeinen gesetzlichen Mindestlohns hat nur die schlimmsten Auswüchse dieser Politik korrigiert. Der Mindestlohn von 8,50 pro Stunde führt nicht aus der Prekarität heraus.
    Langer Verbleib in prekären Verhältnissen und die Stigmatisierung durch „Hartz IV“ haben jedoch Folgen: Die Betreffenden brennen regelrecht aus, sie geraten in einen Ohnmachtszirkel aus erzwungener Anpassung und Stigmatisierung, aus dem es für sie nur sehr schwer ein Entrinnen gibt. Viele LeistungsbezieherInnen fühlen sich deshalb wie in einem Hamsterrad. Sie laufen und laufen, nur um schließlich feststellen zu müssen, dass sie beständig auf der Stelle treten.
    Quelle: blog.arbeit-wirtschaft.at
  5. Herausforderung Altersarmut
    Dass Altersarmut ein dringendes gesellschaftliches Problem in der Berliner Republik ist und bei großen Teile der Bevölkerung zu Zukunftsängsten führt, ist jetzt nicht zuletzt durch den Druck der neuen rechtspopulistischen Herausforderung auch bei den bürgerlichen Parteien und der Sozialdemokratie angekommen. Sie kündigen an, die Frage der Alterssicherung mit ins Zentrum der Wahlkampfauseinandersetzung rücken zu wollen.
    Fakt ist: Immer mehr Menschen können schon heute nicht von ihrer Rente leben. Auch wenn die Zahl der EmpfängerInnen von Grundsicherung im Alter massiv ansteigt, beruhigen viele Experten: Bezogen auf die Gesamtbevölkerung läge die Armutsquote immer noch bei einem niedrigen Wert.
    Die gesamten Rentenreformen der vergangenen Jahre hatten ein großes Ziel: Eine dritte Säule sollte immer stärker ausgebaut werden, damit die Deutschen zusätzlich privat vorsorgen. Das gesetzliche Rentenniveau wurde über die Jahre immer weiter abgesenkt. Immer mehr BürgerInnen ist es allerdings kaum möglich, mit ihrem niedrigen Einkommen privat vorzusorgen. So bringt eine wachsende Anzahl von privat Krankenversicherten über 65 Jahre nicht einmal mehr die Kosten für ihre Gesundheitsvorsorge auf. Sie rutschen in sogenannte Basis- oder sogar Notlagentarife, die nur noch für Akutbehandlungen aufkommen.
    Arm sind mittlerweile immer mehr jene, die nicht in der Lage sind, Geld fürs Alter zurückzulegen. Auch die politisch gewünschte betriebliche Altersvorsorge scheitert für immer mehr Menschen an der Realität auf dem deutschen Arbeitsmarkt. Viele Leute hangeln sich von einer befristeten Beschäftigung zur nächsten und kommen gar nicht erst in den Genuss einer betrieblichen Vorsorge.
    Sozialverbände und Gewerkschaften sehen auch in der wachsenden Erwerbstätigkeit im Alter eine Konsequenz der desaströsen Rentenpolitik: Die aktuellen Zahlen von RentnerInnen mit Minijob sind ein klares Warnsignal, das die Rentenpolitik in die falsche Richtung läuft. Immer mehr Ältere müssen arbeiten, um ihren Lebensstandard zu sichern. Die neoliberalen Vordenker sehen darin bloße Panikmache. Die Leute haben eine deutlich höhere Lebenserwartung und wollten daher aus freien Stücken länger am Erwerbsleben teilhaben.
    Quelle: Sozialismus aktuell
  6. Thomas Piketty, die Neoklassik und die Realität
    Der französische Ökonom Thomas Piketty gilt vielen im linken politischen Spektrum als so etwas wie ein Lebensretter. Hat er doch scheinbar klar und eindeutig nachgewiesen, dass sich die Verteilungsrelationen dauernd zugunsten des Kapitals ändern, weil die Rendite des Kapitals regelmäßig höher ist als das Wachstum. Das hat in der Formel r > g eine gewisse Berühmtheit erlangt. Viele halten das deswegen für besonders wichtig, weil Pikettys Analyse vollständig im Rahmen eines neoklassischen Modells blieb, was immerhin die Suggestion zuließ, ganz gleich wie die Wirtschaft funktioniere, marxistisch oder neoklassisch, das Ergebnis sei immer das gleiche: Das Kapital gewinnt. Dass man es sich nicht so einfach machen darf, haben Friederike Spiecker und ich in den vergangenen Jahren zwei Mal dargelegt (hier und hier).
    Auf der rechten Seite des politischen Spektrums war und ist man ziemlich verwirrt über Herrn Piketty. Hat der Mann doch mit der vollkommen richtigen Theorie die falschen Ergebnisse erzielt. Man konnte ihn nicht so leicht als linken Spinner abtun, der auf der Basis marxistischen oder gar keynesianischen Gedankentums zu wirren Verteilungsergebnissen gekommen wäre. Seine Schlussfolgerungen aber, man könne die Steuern für die Reichen erhöhen, um die Verteilungsergebnisse zu verbessern, wollte man überhaupt nicht hören. Ja, man musste sie natürlich mit allen Mitteln bekämpfen.
    Nun ist allerdings die FAZ bei dem Versuch, Pikettys Verteilungsforderungen zu desavouieren, leicht über das Ziel hinausgeschossen. Patrick Bernau hat sich eine jüngere Studie des IWF zu Piketty angeschaut. Er kommt zu dem Ergebnis:
    „Im Internationalen Währungsfonds hat ein Wissenschaftler trotzdem gerade ein weiteres Mal die Zahlen der vergangenen Jahre analysiert und festgestellt: Es gibt keine Hinweise darauf, dass die moderne Wirtschaft tatsächlich so funktioniert wie von Piketty behauptet.“
    Quelle: Heiner Flassbeck auf Makroskop
  7. Freihandel mit USA und Kanada: Österreich kündigt Widerstand gegen TTIP und Ceta an
    Der österreichische Kanzler Christian Kern hat Widerstand gegen das geplante Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kanada (Ceta) angekündigt. Es gebe darin noch Schwachpunkte, die verbessert werden müssten, sagte der Sozialdemokrat am Mittwochabend im Fernsehsender ORF.
    “Diese Freihandelsabkommen bringen unter dem Deckmantel des Freihandels in Wahrheit eine massive Machtverschiebung zugunsten global agierender Konzerne und zulasten der demokratischen Mitbestimmung, der demokratischen Politik”, sagte Kern der österreichischen Tageszeitung “Standard” zufolge. In diese Kritik bezog der Regierungschef nicht nur Ceta, sondern auch TTIP mit ein, das noch nicht fertig verhandelte geplante Abkommen der EU mit den USA.
    Bei der Gestaltung der Wirtschaft müsse es aber eine demokratische Mitbestimmung geben, argumentiert Kern. Österreichs rot-schwarze Regierung sieht vor allem TTIP kritisch, das auch Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) als “de facto gescheitert” bezeichnet. Kanzler Kern sagte nun, Ceta enthalte aber ähnliche Punkte wie TTIP.
    Quelle: Spiegel Online

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Es ist eigentlich offensichtlich, daß ein Investitionsschutzabkommen, um das es bei Ceta und TTIP vor allem geht, die Demokratie aushebelt, und daß Schiedsgerichte eine “[m]assive Machtverschiebung zugunsten global agierender Konzerne” bedeuten. Kern erkennt bzw. benennt das ein bißchen spät – aber besser spät als nie. Noch besser, wenn den Worten Taten folgten. “Schwachpunkte” zu beseitigen und für “demokratische Mitbestimmung” zu sorgen (die Politik darf bei der Gestaltung der Wirtschaft “mitbestimmen”????), genügt leider nicht. Es muß doch um das eindeutige Primat der Politik, und dafür muß Ceta ggf. vollständig zurückgewiesen werden.

  8. Apple: Wie der bayerische Finanzminister inländische Firmen schädigt
    Heute bezog der bayerische Finanzminister Markus Söder eine bemerkenswerte Stellung zu den 13 Mrd. Euro Nachzahlungen, die Apple nach einem Entscheid der EU-Wettbewerbskommissarin Vestager bezahlen muss. In einem Interview sagte Herr Söder, dass die Nachforderungen „überzogen“ seien.
    Diese Entscheidung erging weil die EU-Kommission minutiös belegen kann, wie die Absprachen zwischen der irischen Steuerbehörde und Apple gegen gängige Steuerregeln verstoßen und Apple große Steuergeschenke beschert und darum als illegale staatliche Beihilfe gewertet werden müssen.
    Somit schlüpft der bayerische Finanzminister in die delikate Rolle, einerseits illegale Steuergeschenke an US-Konzerne zu verteidigen, und im Umkehrschluss andererseits nicht nur Wettbewerbsnachteile für inländische Firmen und Konkurrenten in Kauf zu nehmen, sondern auch allen anderen Steuerzahlern höhere Lasten aufzubürden. Denn natürlich bezahlen inländische Konkurrenten von Apple deutlich mehr Steuern als Apple, das in Deutschland mit weniger als einem Prozent davonkommt.
    Quelle: blog steuergerechtigkeit

    dazu: Apple: Markus Söder rechtfertigt Diebstahl
    “Es gibt viel berechtigte Kritik an der EU-Kommission und der europäischen Integration. Söders Kritik an der Kommission wegen der Rückzahlung von 13 Milliarden Euro durch Apple ist aber dreist. Söder hat offenbar ein Herz für gewöhnliche Diebe und meint Steuern zahlen ist was für kleine Leute. Apple hatte in 2014 einen Steuersatz von 0,005 Prozent auf seine Milliardengewinne während die Wirtschaft und die Bevölkerungsmehrheit in Europa unter Kürzungsdiktaten ächzen. Ein bayerischer Mittelständler würde selbst nach 10 Maß auf dem Oktoberfest nicht von einem solchen Steuersatz träumen. Für Söder und seine Amigos, wie den rechtskräftig verurteilten Steuerbetrüger Uli Hoeneß, gelten offenbar andere Regeln. Denn die Entscheidung gegen Apple beinhaltet nicht einmal eine Strafe, sondern nur die Rückerstattung eines unlauteren Steuervorteils.
    Quelle: Fabio de Masi (MdEP)

    dazu auch: Die unerträgliche Arroganz des Apple-Chefs
    Apple gibt seit Jahren Unsummen für Anwälte aus, um jedes nur erdenkliche Steuerschlupfloch zu nutzen. Multinationale Konzerne erzielen Milliardenprofite in Europa, stehlen sich aber aus ihrer gesellschaftlichen Verantwortung. Nun beschimpft Tim Cook die EU und spricht von “Anti-Amerikanismus” – für den Apple-Chef ist das ein Armutszeugnis.
    Quelle: manager magazin

  9. Diakonie beklagt Abschiebung kranker Geflüchteter
    Die Diakonie in Rheinland-Westfalen-Lippe hat sich mit scharfer Kritik an der rigiden Abschiebung kranker abgelehnter Asylbewerber in Nordrhein-Westfalen zu Wort gemeldet. »Mit Sorge beobachten wir, dass humanitäre Standards, die bisher gegolten haben, angesichts der hohen Zahl an Abschiebungen und der verschärften Gesetzeslage in den Hintergrund rücken«, beklagte die Beauftragte für Sozialpolitik, Helga Siemens-Weibring. Aus Nordrhein-Westfalen seien 2015 knapp 4.400 Flüchtlinge abgeschoben worden, im ersten Halbjahr 2016 waren bereits rund 2.600. Damit sei das Bundesland Spitzenreiter bei der Abschiebung.
    Doch damit nicht genug. Die Abschiebungsbeobachterin am Düsseldorfer Flughafen, Dalia Höhne, berichtete, »dass zunehmend Flüchtlinge abgeschoben werden, die offensichtlich krank, schwer traumatisiert oder suizidgefährdet sind«. Höhne ist laut der Diakonie eine der wenigen unabhängigen Abschiebungsbeobachter in der Bundesrepublik. Die Stelle wurde im Jahr 2001 eingerichtet und war damals die europaweit erste dieser Art. Sie wird aus Mitteln des Landes gefördert und ist bei der Diakonie angesiedelt. […]
    Quelle: Neues Deutschland

    Anmerkung unseres Lesers G.M.H.: Es sind genau solche Meldungen, wie diese, die ich auf Angela Merkels “Wir schaffen das” hin erwartet habe. Die Handlungen der Politik in Deutschland sind weitestgehend von jeglicher Empathie mit Mitmenschen entkoppelt und werden – wie man hier lesen kann – völlig skrupel- und gewissenlos exekutiert. Obendrein werden die Fluchtursachen mitnichten bekämpft, sondern bspw. durch fortgesetzte exzessive Waffenexporte, insbesondere in hochexplosive Krisengebiete sowie eigenes militärisches Engagement, weiterhin geschaffen und befeuert. Die Glaubwürdigkeit und Wahrhaftigkeit dieser Bundeskanzlerin hatte bei mir stets einen schlechten Wert, heute liegt sie bei Null.

  10. Mehrheit für eine wirksame Mietpreisbremse steht
    „Die SPD muss nicht auf die CDU warten, um die Mietpreisbremse nachzubessern. Eine Mehrheit wäre mit LINKEN und Grünen vorhanden, die Anträge der Opposition liegen längst vor. Die SPD muss nur den Mut haben, unseren Vorschlägen zuzustimmen“, erklärt Caren Lay, stellvertretende Vorsitzende und Sprecherin für Mieten-, Bau- und Wohnungspolitik der Fraktion DIE LINKE, anlässlich von Meldungen, wonach die SPD-Bundestagsfraktion bei ihrer Klausur Nachbesserungen an der Mietpreisbremse fordert. Lay weiter:
    „Kurz vor der Wahl entdeckt die SPD ihr Herz für Mieterinnen und Mieter. Nachbesserungen der schwarzroten Mietpreisbremse sind längst überfällig, denn das schwache Gesetz wirkt nicht. Die Auskunftspflicht für Vermieter ist dabei nur das eine. Aber wenn Vermieter nicht endlich schmerzhafte Sanktionen fürchten müssen, wenn sie die Mietpreisbremse unterlaufen, wird auch dies nichts bringen. Das A und O einer wirkungsvollen Nachbesserung ist außerdem die Streichung der zahlreichen Ausnahmen.
    Die SPD muss das Rad dabei nicht neu erfinden und sie muss auch nicht bis zum Nimmerleinstag auf die CDU warten. Denn wenn es der SPD wirklich ernst ist mit dem Schutz der Mieterinnen und Mieter vor steigenden Mieten, kann sie einfach im Bundestag unseren Anträgen zur Mietpreisbremse zustimmen (BT-Drs. 18/9123).
    Es wird sich zeigen, ob die SPD es mit ihren Forderungen ernst meint und sie gemeinsam mit der LINKEN und den Grünen umsetzt, oder ob es hier nur um Wahlkampfgetöse geht.“
    Quelle: Die Linke. im Bundestag

    Anmerkung Christian Reimann: Richtig: Leider wird zu oft vergessen, dass im Deutschen Bundestag eine rot-rot-grüne Mehrheit existiert. Es lag an der SPD, die eine Koalition mit den Unionsparteien vorgezogen hatte. Zumindest bis zur nächsten Bundestagswahl könnten progressive Entscheidungen getroffen werden – nicht lediglich bezüglich der “Mietpreisbremse”.

  11. Föderalismusreform in der Bildung: “Ein falscher Schritt”
    Der bildungspolitische Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag, Özcan Mutlu, spricht sich für eine Abschaffung des Kooperationsverbotes zwischen Bund und Ländern in der Schulpolitik aus. Deutschland stehe in der Bildungspolitik vor riesigen Herausforderungen, sagt er im Deutschlandradio Kultur. Dazu gehörten die Bereiche Inklusion, die digitale Bildung, der Ausbau der Ganztagsschulen und die Integration junger Flüchtlinge:
    “Das sind Herausforderungen, die nicht so ohne weiteres zu lösen sind. Und wir wissen durch zahlreiche Studien, dass Bildungsungerechtigkeit die Achillesferse des deutschen Bildungssystems ist.”
    Der Bund müsse den Ländern bei der Lösung dieser Probleme helfen, fordert Mutlu vor dem Hintergrund der am 1. September 2006 in Kraft getretenen Föderalismusreform, wonach für den Bereich Schule allein die 16 Bundesländer zuständig sind. Das bestehende Kooperationsverbot sei “weltweit einmalig”, kritisiert er:
    “Und deshalb müssen wir nach zehn Jahren evaluieren und sagen: ‘Das war ein falscher Schritt. Und Fehler muss man auch korrigieren dürfen.'”
    Quelle: Deutschlandradio Kultur
  12. Manöver für alle Fälle
    Polizei und Bundeswehr sollen im Februar gemeinsam für Großeinsätze im Inneren üben. Offiziell gegen Terroristen, vielleicht auch bei sozialen Unruhen
    Polizei und Bundeswehr sollen im Februar erstmals gemeinsame Einsätze für den Fall eines größeren Terrorangriffs im Inland üben. Das teilte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) am Mittwoch nach einem Treffen mit Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) und den Innenministern des Saarlands, Nordrhein-Westfalens und Mecklenburg-Vorpommerns in Berlin mit. Nordrhein-Westfalens Ressortchef mit SPD-Parteibuch, Ralf Jäger, soll damit einverstanden sein, obwohl es in seiner Partei bisher Vorbehalte gegen Bundeswehr-Einsätze im Innern gab. (…)
    Kritik an der für Februar geplanten Großübung kam sowohl von der Linksfraktion im Bundestag als auch von der Gewerkschaft der Polizei (GdP), während der Deutsche Bundeswehrverband das Vorhaben begrüßte. »Die Stoßrichtung ist klar: Das verfassungsmäßige Verbot von Inlandseinsätzen der Bundeswehr wird in der Praxis systematisch immer weiter unterlaufen«, so die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Ulla Jelpke, am Mittwoch im Gespräch mit junge Welt. »Dabei sind Soldaten von ihrer Ausbildung her völlig ungeeignet für Polizeieinsätze«. Im SWR warnte auch GdP-Chef Oliver Malchow vor dem Versuch, rein polizeiliche Aufgaben in militärische Hand zu geben. Für das, was bei der Übung Bundeswehr-Feldjägern zugedacht sei, hätten ausschließlich Polizistinnen und Polizisten die nötige »hochqualifizierte« Ausbildung. Jelpke äußerte gegenüber jW die Vermutung, »dass nicht die Abwehr von Terroranschlägen, sondern die Niederschlagung sozialer Protestbewegungen in der Zukunft die wahre Intention hinter den immer neuen Vorstößen zum Einsatz des Militärs im Inland ist«.
    Quelle: junge Welt

    Anmerkung Christian Reimann: Auf den Umstand, dass der gemeinsame Einsatz von Bundeswehr und Polizei auch der Abwehr von sozialen Unruhen dienen könnte, hatten die NachDenkSeiten mehrfach hingwiesen – u.a. hier.

    dazu: Diskussion um Militär-Hilfspolizisten Offenbarungseid für Innenminister
    “Weder Verteidigungsministerin von der Leyen noch ihr Kabinettskollege de Maizière oder die für das heutige Treffen auserwählten Innenminister der Länder dürfen sich über das Grundgesetz hinwegsetzen. Die Bundesregierung erweckt den Eindruck, unsere Verfassung zur Not passend machen zu wollen. Das ist nicht nur geschichtsvergessen, sondern auch verantwortungslos. In einer freiheitlichen, demokratischen Gesellschaft haben bewaffnete Soldaten keinem Zivilisten etwas zu sagen, und das ist gut so”, erklärt Jan Korte, stellvertretender Vorsitzender der Fraktion DIE LINKE. Korte weiter:
    “Die Polizeigewerkschaften und der Bundeswehrverband haben recht, wenn sie kritisieren, dass die Bundeswehr die Lücke stopfen soll, welche von den Innenministern des Bundes und der Länder aufgerissen wurde. Es müsste den – zumindest auf dem Papier – für den Schutz der Verfassung zuständigen Innenministern hochpeinlich sein, dass ihre verfehlte Spar- und Personalpolitik in so einer Diskussion mündet. Wer als Innenminister für eine Polizei verantwortlich zeichnet, die nicht dazu in der Lage ist, auf Terrorlagen zu reagieren, hat seinen Job nicht gemacht.
    Wenn selbst grüne Ministerpräsidenten das Militär im Inland begrüßen und die SPD dem skandalösen Vorstoß der erfolglosesten CDU-Minister der Bundesregierung nichts Vernehmbares entgegensetzen will, brauchen Demokratie und Freiheit mehr Unterstützerinnen und Unterstützer in der Gesellschaft.
    Quelle: Linksfraktion

  13. Der kalte Putsch gegen Dilma Rousseff
    In keiner anderen Region der Welt ist die Kluft zwischen den wenigen Superreichen und den vielen Armen so tief wie in Lateinamerika. Und die wenigen wussten schon immer ihre Herrschaft zu verteidigen: Wenn sie von den vielen infrage gestellt wurden, schickten sie die Armee auf die Strasse. Zuletzt war das 2009 in Honduras der Fall, als der linke Präsident Manuel Zelaya vom Militär und einer korrupten Elite gestürzt wurde. Die USA und die europäischen Länder hoben zwar kurz den So-etwas-tut-man-nicht-Zeigefinger, akzeptierten dann aber schnell die aus dem Putsch hervorgegangene Regierung.
    Drei Jahre später wurde in Paraguay eine elegantere Art des Putschs erfunden. Der linke Präsident Fernando Lugo wurde von der rechten Senatsmehrheit per Amtsenthebungsverfahren geschasst. (…) Der kalte Putsch von Paraguay war die Blaupause für die nun erfolgte Absetzung der brasilianischen Präsidentin Dilma Rousseff.
    Quelle: WOZ
  14. Die vergessene Whistleblowerin Chelsea Manning
    Ihr Selbstmordversuch und ihre verschärften Haftbedingungen wurden in Deutschland kaum wahrgenommen
    In der letzten Woche wurde in manchen Medien kurz vermeldet, dass die Fraktionen der Linken und der Grünen einen neuen Anlauf nehmen, um den US-Whistleblower Snowden doch noch die Möglichkeit zu geben, in Deutschland vor dem NSA-Untersuchungsausschuss aussagen zu können.
    In einem Brief an den Bundesgerichtshof fordern beide Fraktionen, dass die Blockade der Bundesregierung gegen eine Vernehmung von Snowden in Deutschland beendet werden soll. Allerdings dürfte das Ansinnen, Snowden nach Deutschland zu bringen, genau so wenig Chancen auf Verwirklichung haben wie bisher. Die mit antiamerikanischem Furor geführte Debatte über die NSA hat in Deutschland merklich an Bedeutung verloren. Im Zuge der internationalen Terrorgefahr betonen Politiker und Geheimdienstexperten wieder die Gemeinsamkeit der unterschiedlichen Dienste. (…)
    Das harte Vorgehen der US-Behörden gegen die Whistleblowerin demonstriert, dass Menschen, die es wagen, Kriegsverbrechen bekannt zu machen, mit den Folgen bis zur Vernichtung rechnen müssen- Dass sich die deutschen Repressionsorgane nicht anders verhalten würden, ist klar. In Zeiten, in denen der Krieg wieder häufiger als Möglichkeit der Politik ins Spiel gebracht wird, gehören harte Sanktionen gegen Menschen, die die Folgen des Krieges nicht einfach als Kollateralschaden hinnehmen wollen, zum Politikgeschäft.
    Eine internationale Plattform für die Freiheit von Manning wäre dringend notwendig. Das Desinteresse in weiten Teilen der deutschen Öffentlichkeit zeigt einmal mehr, der Hype um Snowden galt und gilt weniger der Informationsfreiheit und der Solidarität mit den Whistleblowern, er war vielmehr darauf ausgerichtet, moralisch Punkte im Kampf zwischen Deutschland und den USA zu machen.
    Quelle: Telepolis
  15. Komplette Rede von Gerhard Schröder bei deutsch-russischen Wirtschaftsgesprächen in Bad Pyrmont
    Bei den deutsch-russischen Wirtschaftsgespräche in Bad Pyrmont, Niedersachsen hielt Bundeskanzler a.D. Gerhard Schröder eine aufsehenerregende Dinner-Rede zum deutsch-russischen Verhältnis. RT Deutsch zeigt eine ungekürzte Fassung des Vortrags.
    Quelle: RT Deutsch
  16. DGB-Aufruf zum Antikriegstag 2016
    “Viele Millionen Menschen sind heute weltweit Opfer von Kriegen und Bürgerkriegen, von politischer, ethnischer und religiöser Verfolgung und suchen Schutz in anderen Regionen ihres Heimatlandes, in Nachbarländern oder auch in Industrieländern”, heißt es im diesjährigen Aufruf des DGB zum Antikriegstag. “Ihre Würde zu schützen ist uns Verpflichtung.”
    Quelle: DGB
  17. Ermittlungen gegen Beckenbauer: Des Kaisers neues Schweigen
    Früher hatte Franz Beckenbauer immer was zu sagen. Jetzt ermittelt die Schweizer Justiz gegen ihn, wegen Geldwäsche und Untreue. Und der 70-Jährige schweigt. Theo Zwanziger war der erste, dann folgte Horst Schmidt. Beide äußerten sich unisono zu den neuen Entwicklungen in der Affäre um die Vergabe der WM 2006: “Wir wissen von nichts.” Keine Stunde hatten der ehemalige Präsident und der ehemalige Generalsekretär und Schatzmeister des DFB gebraucht, um ein Statement abzugeben, warum in der Schweiz gegen sie Ermittlungen unter anderem wegen des Verdachts auf Untreue und Geldwäsche eingeleitet worden sind. Ein Satz nur, aber immerhin: ein Satz.
    Franz Beckenbauers Anwälte Werner Leitner und Michael Nesselhauf ließen wissen, dass Beckenbauer “die Ermittlungen der Schweizer Bundesanwaltschaft unterstützt, seit er davon Kenntnis hatte”. Von Beckenbauer selbst? Kein Wort.
    Quelle: Spiegel Online

    Anmerkung Jens Berger: Mia san halt mia. Vorbestrafte Uhrenschmuggler (Rummenigge), eben aus der Haft entlassene Steuerhinterzieher (Hoeneß), Verantwortliche für einen der größten Betrugsskandale der deutschen Industriegeschichte (Winterkorn) und der dubiose “Kaiser”, Herr Beckenbauer, gegen den nun wegen des Verdachts auf Untreue und Geldwäsche ermittelt wird. Früher nannte man den FC Bayern München spaßeshalber FC Hollywood. Heute passt wohl eher FC Stadelheim.

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