Zerstören, um daran zu verdienen – Rürup in der Drehtür

Albrecht Müller
Ein Artikel von:

Man spricht von „Drehtüreffekt“, wenn ein Politiker, Manager oder ein Wissenschaftler als späterer Berater oder Mitarbeiter eines Unternehmens die Früchte erntet, die er oder sie in der aktiven Zeit gesät hat. Professor Rürup hat – mit seiner vom Staat verliehenen Funktion als Vorsitzender des Sachverständigenrats im Rücken – die Bundesregierung in vielfältiger Weise beraten, herausragend als Vorsitzender der so genannten Rürup-Kommission. In dieser Kommission wurden die Weichen gestellt für die Privatisierung der Altersvorsorge. Rürup hat die ganze Zeit nebenher davon profitiert – durch Beratung der Profiteure der Privatisierung, durch Vorträge und Gutachten. Siehe Anlage 1. Jetzt wechselt er auch offiziell das Lager und wird zum Chefökonomen eines Unternehmens, das von der Privatisierung der Altersvorsorge unermesslich profitiert hat. Auf Kosten von uns allen, auf Kosten von uns Steuerzahlern, die für die Zulagen und Steuervergünstigungen von Riester-Rente und Rürup-Rente aufkommen müssen. Mit Anstand hat dies alles nichts mehr zu tun. Die vielen inzwischen gängigen Drehtüreffekte sind Zeichen des Verrottens unserer Demokratie. Albrecht Müller

Hier zunächst einige Meldungen zum neu-alten Engagement von Rürup, teilweise versehen mit Kommentaren unserer Leser:

…da wächst zusammen, was zusammengehört…
Rürup macht das “Hobby” nun endgültig zum Beruf, und gibt die Politikberatung auf…

oder war es nicht sowieso schon immer umgekehrt?
Quelle: Tagesschau

Nun ist Herr Rürup auch offiziell im Lager der Finanzwirtschaft gelandet, inoffiziell besorgt er deren Geschäfte ja schon seit langem.
Quelle: WELT

Rürup wird Chef-Ökonom von AWD
19. November 2008: Der Wirtschaftsweise Bert Rürup geht zum Finanzmakler AWD. Am Donnerstag findet eine Pressekonferenz mit Herrn Rürup in Frankfurt statt, erklärte ein AWD-Sprecher. Weitere Informationen wollte er nicht preisgeben.
Rürup beendet im Februar 2009 seine Tätigkeit als Wirtschaftsweiser und tritt zwei Monate später seine neue Stelle als Chef-Ökonom bei AWD an. Entsprechende Medienberichte bestätigte ein AWD-Sprecher gegenüber FAZ.NET.
Rürup ist Erfinder der staatlich geförderten Rürup-Rente. AWD wiederum ist unter anderem auf die Vermittlung von Altersvorsorgeprodukten spezialisiert.
Quelle: FAZ

Soviel zu den Berichten.

Über die bisherige Dienstleistung der Herren Rürup und Riester hat sich der Chef von AWD, Carsten Maschmeyer, schon einschlägig ausgelassen. Es sprach nach Einführung der Riester- und Rürup-Rente davon, dass seine Branche wie auf einer Ölquelle sitze.

Die Finanzdienstleister, die Versicherungen und Banken haben jene bisher schon nicht darben lassen, die ihnen durch politische Entscheidungen halfen, auf einer „Ölquelle“ zu sitzen. Es gab üppige Honorare und prachtvolle Dankeschöns; AWD veranstaltete ein großes Fest, an dem Rürup und Riester, Schröder und Ministerpräsident Wulf mitfeiern durften. Wir haben darüber am 5. August 2008 berichtet: „Material für Ihre Aufklärungsarbeit zur Riester- und Rürup-Rente – vor allem die Bunte vom 10.7.2008“

Die Vorleistung der Professoren bei der Beratung der Bundesregierung hat Rürups Kollege Raffelhüschen in einem Vortrag für Versicherungsvertreter treffend beschrieben. Ich zitiere aus dem Film „Rentenangst“ des Saarländischen Rundfunks:

Mission erfüllt. Raffelhüschen ist mit sich zufrieden. Zitat aus dem Vortrag von Prof. Bernd Raffelhüschen: „Wir sind runtergegangen durch den Nachhaltigkeitsfaktor und durch die modifizierte Bruttolohnanpassung. Diese beiden Dinge sind schon längst gelaufen. Ja. Waren im Grunde genommen nichts anderes als die größte Rentenkürzung, die es in Deutschland jemals gegeben hat. Beides Vorschläge der Rürup-Kommission. (ARD SR „Rentenangst!“ 9.3.2008)

AWD macht weiter eine groß angelegte Öffentlichkeitsarbeit. Der Kölner Stadtanzeiger berichtete über eine gerade abgelaufene Aktion, bei der neben Rürup auch Clinton gefeiert wurde. An Geld mangelt es ja nicht:

Zum Schluss: Rürup ist bei weitem nicht der einzige, der vom Drehtüreffekt profitiert. Scharenweise sind ehemalige Politiker und Manager zum Beispiel für internationale Hedgefonds und Private Equity Gruppen tätig. Ron Sommer, Jürgen Schrempp, Otmar Issing, Hans Martin Bury, Lutz Claasen, Friedrich Merz, Wolfgang Clement und so weiter.
Auch Helmut Kohl und sein Entourage nutzte die Drehtür. Sie profitierten von der Kommerzialisierung des Fernsehens. Leo Kirch zahlte siebenstellig. Dazu ausführlich in „Machtwahn“, in den NachDenkSeiten und im neuen kritischen Jahrbuch 2008/2009, wie auch im kritischen Jahrbuch 2007.

Anlage:

Schon bisher war Rürup für Finanzdienstleister tätig. Dazu zwei Beispiele von vielen:

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