Hinweise des Tages

Jens Berger
Ein Artikel von:

Heute unter anderem zu folgenden Themen: Kabinettsumbildung; Sparkassen für Zerlegung der Deutschen Bank; Haushaltskonsolidierung und das Europäische Sozialmodell; Weniger Investitionen trotz höherer Unternehmensgewinne; Risiken im Bankensektor weiter hoch; Die Inflationsrisiken sind überbewertet; Großteil der EU-Staaten erhöht Mindestlohn; Die Arbeitswelt driftet auseinander; Nächste Ausfahrt Karlsruhe – Die Hartz-IV-Mogelpackung; Unterstützung für den Mindestlohn – Arbeitgeber sind am Zug; Über 44 Millionen US-Bürger sind auf Lebensmittelmarken angewiesen; Tickende Zeitbombe; Im Rohstoffrausch: Wie die EU-Handelspolitik Entwicklung untergräbt; Mutmaßlichem WikiLeaks-Informanten droht Todesstrafe; Iraker begehren auf; Bereits 100 Strafanzeigen gegen Guttenberg; Bildung schützt vor Armut nicht; Die Wissenschaften nach Guttenberg (JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Kabinettsumbildung
  2. Sparkassen für Zerlegung der Deutschen Bank
  3. Haushaltskonsolidierung und das Europäische Sozialmodell
  4. Weniger Investitionen trotz höherer Unternehmensgewinne
  5. Risiken im Bankensektor weiter hoch
  6. Die Inflationsrisiken sind überbewertet
  7. Großteil der EU-Staaten erhöht Mindestlohn
  8. Die Arbeitswelt driftet auseinander
  9. Nächste Ausfahrt Karlsruhe – Die Hartz-IV-Mogelpackung
  10. Unterstützung für den Mindestlohn – Arbeitgeber sind am Zug
  11. Über 44 Millionen US-Bürger sind auf Lebensmittelmarken angewiesen
  12. Tickende Zeitbombe
  13. Im Rohstoffrausch: Wie die EU-Handelspolitik Entwicklung untergräbt
  14. Mutmaßlichem WikiLeaks-Informanten droht Todesstrafe
  15. Iraker begehren auf
  16. Guttenberg
  17. Bildung schützt vor Armut nicht
  18. Die Wissenschaften nach Guttenberg

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Kabinettsumbildung
    1. Neuer Bundesinnenminister entschieden für mehr Überwachung
      Mit Hans-Peter Friedrich übernimmt ein Überwachungshardliner die Führung im Bundesinnenministerium. Er will nachvollziehen können, wer mit wem und aus welcher Funkzelle telefoniert hat.
      Quelle: Golem.de
    2. Keine Experimente mehr
      Merkel scheint sich bei der Umbesetzung im Kabinett auf einen alten Adenauer-Wahlkampfslogan besonnen zu haben: «Keine Experimente.» Denn auch die Kanzlerin selbst muss sich erst von dem Schlag erholen, den ihr nicht nur der Verlust eines Vorzeige-Ministers versetzt hat. Sie selbst ist durch ihr ungeschicktes Krisenmanagement beschädigt aus der Affäre hervorgegangen. Indem Merkel, da sie Guttenberg unbedingt halten wollte, sein Vergehen quasi zum Kavaliersdelikt herunterredete, hat sie den Wertekanon der Union, die sich ja auch immer als «Bildungspartei» gesehen hat, gefährdet. Mitglieder und Anhänger der Union fürchteten durchaus, dass Guttenbergs dreistes Kopieren zum schlechten Vorbild an Schulen und Unis werden könnte. Aber dann ließ Merkel Guttenberg doch gehen. Und nun droht der CDU bei den Landtagswahlen im März die Bestrafung gleich durch zwei wichtige Wählergruppen: Enttäuschte Bildungsbürger und Guttenberg-Anhänger, die sich über den Rücktritt ärgern.
      Quelle: Frankfurter Neue Presse

      Anmerkung Martin Betzwieser: Was für ein Ärger auch. Hätte Guttenberg noch drei Wochen durchgehalten und sich durchhalten lassen, hätte man zur Not Mappus im Bundeskabinett unterbringen können.

    3. Gegenentwurf zu Guttenberg
      Handlungsfähigkeit beweisen. Sie verzichtet auf Experimente, ernennt ihren langjährigen Weggefährten de Maizière zum neuen Verteidigungsminister. Im Innenressort beginn dafür eine Law-and-Order-Politik. […] De Maizière ist vom Politikertypus der absolute Gegenentwurf zu Guttenberg. Wo der Baron sich ins Rampenlicht drängte, glänzt de Maizière mit Zurückhaltung. Wo Guttenberg in Überschriften denkt, schaut Merkels ehemaliger Kanzleramtsminister ins Kleingedruckte. […]
      Die bayerische Variante der CDU ist dafür berüchtigt, bürgerliche Freiheiten schnell einem vermeintlichen Mehr an Sicherheit zu opfern. Es wäre eine Überraschung, Hans-Peter Friedrich würde als Bundesinnenminister diese schlechte Tradition nicht fortsetzen. Liberale Geister haben deshalb schon jetzt Anlass, den in der Terrorabwehr angenehm unhysterischen und defensiven de Maiziére im Innenressort zu vermissen.
      Quelle: Frankfurter Rundschau

      Anmerkung Jens Berger: Es ist in der Tat sehr unberuhigend, dass ausgerechnet die CSU nun das Innenressort bekommen hat. Einen Vorgeschmack auf das, was wir in den nächsten Monaten zu erwarten haben, lieferte Friedrich bereits heute, als er munter gegen Muslime giftete und die Notwendigkeit der Vorratsdatenspeicherung unterstrich.

  2. Sparkassen für Zerlegung der Deutschen Bank
    Die Sparkassen fordern die Zerschlagung der Deutschen Bank. Die größte deutsche Bank habe eine Bilanzsumme, die nahezu die Höhe des Bruttoinlandsprodukts erreiche, sagte Gerhard Grandke, Geschäftsführender Präsident des Sparkassen- und Giroverbandes Hessen-Thüringen (SGVHT), auf der Bilanzpressekonferenz. Angesichts eines solchen Missverhältnisses, das in anderen Ländern teilweise noch bedeutend größer sei, gehe es nicht mehr um das Problem des “too big to fail”, sondern um ein “too big to save”. Dieses Problem sei aus seiner Sicht nur zu lösen, indem man zu große Banken in vertretbar große Einheiten zerlege, sagte Grandke. Institute wie die Deutsche Bank seien aufgrund ihrer Größe in der Lage, ganze Staaten und Volkswirtschaften zu erpressen.
    Quelle: Börsen-Zeitung
  3. Haushaltskonsolidierung und das Europäische Sozialmodell
    Auswirkungen der europäischen Sparprogramme auf die Sozialsysteme
    Die Finanz- und Wirtschaftskrise verstärkt den Konsolidierungsdruck auf die öffentlichen Haushalte und erhöht die Gefahr des Sozialabbaus in ganz Europa. Eine Regierung nach der anderen legt ein Programm zur Haushaltskonsolidierung auf und spart vor allem am Sozialsystem. Welche Auswirkungen hat dies auf die Sozialstaaten der europäischen Staaten und das Soziale Europa insgesamt? […]
    Der relativ enge Zusammenhang zwischen ökonomischer Entwicklung und dem Niveau der sozialen Sicherung in Europa löst sich weiter auf. Gleichzeitig bleibt Sozialpolitik auf der europäischen Ebene weiterhin die offene Flanke der europäischen Integration. Weder gibt es ein einheitliches Europäisches Sozialmodell noch ist der Versuch, durch die Einbeziehung der sozialen Sicherungssysteme in das EU-Governance-System Legitimationsdefizite der europäischen Integration zu beheben, bisher über Lippenbekenntnisse hinausgekommen. Mit der Sparpolitik der europäischen Staaten steigt nun das Risiko für weitere soziale Dumpingprozesse.
    Quelle: Friedrich-Ebert-Stiftung [PDF – 317KB]
  4. Weniger Investitionen trotz höherer Unternehmensgewinne
    Die deutsche Wirtschaft präsentiert sich „in Bestform”, wie es jüngst Bundeswirtschaftsminister Brüderle formulierte. Auch im Ausland ist von einem neuen deutschen Wirtschaftswunder die Rede. Das war nicht immer so. In den Jahren vor der Krise gehörte Deutschland bei der wirtschaftlichen Entwicklung gar zu den Schlusslichtern unter den Industrienationen. Ein Grund ist die geringe Investitionstätigkeit der deutschen Unternehmen – trotz steigender Unternehmensgewinne. […]
    Nach Abzug aller Ersatzinvestitionen waren die Investitionen in der Privatwirtschaft im II. Quartal 2010 real um mehr als ein Drittel unter dem Niveau nach der Wiedervereinigung. Im Jahr 2009 konnten die Investitionen nicht einmal mehr den Ersatzbedarf decken. Im gleichen Zeitraum stiegen die Unternehmensgewinne um mehr als das Doppelte. Reinvestierten die Unternehmen im Jahr 1991 durchschnittlich netto noch mehr als 40 % ihrer Gewinne, so waren es im vergangenen Jahrzehnt unter zehn Prozent.

    Hohe Gewinne, geringe Investitionen.

    Warum? Bei stagnierender Nachfrage lohnen sich die Investitionen nicht. Woher sollte sie auch kommen? Die staatlich geförderte Leiharbeit und andere prekäre Beschäftigung forcierten die Ausbreitung des Niedriglohnsektors und führten dazu, dass die ArbeitnehmerInnen heute real weniger in der Tasche haben als im Jahr 2000. Folge: Dem Binnenmarkt wurde die Kaufkraft entzogen. Auch der Staat kommt als Nachfrager immer weniger in Betracht. Denn seit langem unterzog sich der Staat einer Abmagerungskur. Die Staatsquote fiel von 49 % im Jahr 2003 auf 43 % im Jahr 2008. Besserung ist „dank” der Schuldenbremse nicht in Sicht.
    Quelle: DGB Klartext [PDF – 90 KB]

  5. Risiken im Bankensektor weiter hoch
    Im deutschen Bankensektor bestehen weiterhin erhebliche Risiken. Die Bedeutung der systemrelevanten Institute ist seit der Finanzkrise eher noch gestiegen. […] Die Zahl der Kreditinstitute in Deutschland nimmt seit Jahren ab, während die Größe der Institute zunimmt. Dieser Prozess geht in der Regel auf Fusionen zurück. Jede Fusion führt zu einer höheren Bilanzsumme. Dadurch steigt die Zahl der systemrelevanten Institute, deren Schieflage eine Signalwirkung auf Anleger ausüben und damit den gesamten Finanzsektor anstecken könnte.
    Quelle: DIW
  6. Die Inflationsrisiken sind überbewertet
    Es gibt keinen Grund, die Zinsen zu erhöhen, sagt der Ökonom Peter Bofinger. Selbst wenn die deutschen Löhne um drei Prozent stiegen: Die Wirtschaft könne es verkraften.
    Quelle: ZEIT
  7. Großteil der EU-Staaten erhöht Mindestlohn
    Viele Beschäftigte in der EU können sich freuen: Mehr als die Hälfte der Mitgliedsländer hat die gesetzliche Lohnuntergrenze angehoben. Die anderen Staaten beließen das alte Niveau – nur einer senkte den Mindestlohn. […]
    Der WSI-Studie zufolge reichen die Lohnuntergrenzen in den größeren westeuropäischen Euro-Ländern von 7,65 Euro brutto in Irland über 8,58 Euro in Belgien und 8,74 Euro in den Niederlanden bis zu neun Euro in Frankreich. Luxemburg hat mit 10,16 Euro den höchsten Mindestlohn in Europa. Der britische Mindestlohn beträgt umgerechnet 6,91 Euro. In den südeuropäischen EU-Staaten liegt das Niveau zwischen 2,92 Euro in Portugal und 4,28 Euro in Griechenland.
    Quelle: SPIEGEL Online
  8. Die Arbeitswelt driftet auseinander
    Auf den ersten Blick ist die Lage akzeptabel: Die Deutschen arbeiten im Schnitt rund zehn Jahre bei einem Unternehmen, 60 Prozent haben eine unbefristete Stelle. Doch die Arbeitswelt wandelt sich drastisch – darunter leiden vor allem Berufseinsteiger und Frauen.
    Jeder zweite deutsche Arbeitnehmer bekommt mittlerweile zunächst einen befristeten Vertrag. Das bedeutet vor allem für Berufseinsteiger: Sie können ihr Leben kaum planen, müssen ständig flexibel sein. Denn schon nach einem Jahr kann die Stelle wieder weg sein – und die Jobsuche beginnt von neuem. Die massiv gestiegene Zahl befristeter Verträge ist ein zentrales Ergebnis der Langzeitstudie, die das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) am Mittwoch vorgestellt hat. Während 1996 nur 1,3 Millionen Stellen befristet waren, verdoppelte sich die Zahl bis 2010 fast – auf nun mehr als 2,5 Millionen Stellen. Die Forscher konstatieren zudem eine drastische Zunahme bei der Leiharbeit: Vor 15 Jahren habe es 180.000 Leiharbeiter gegeben, im vergangenen Jahr mit mehr als 800.000 schon fast fünfmal so viele.
    Quelle 1: SPIEGEL Online
    Quelle 2: Die IAB-Studie [PDF – 395 KB]
  9. Nächste Ausfahrt Karlsruhe – Die Hartz-IV-Mogelpackung
    Am Schluss wurde gefeilscht wie bei zünftigen Tarifverhandlungen. Und das Ergebnis ist auch entsprechend: 5 Euro gleich und 3 Euro später. Allerdings ging es bei der Neuberechnung der Hartz-IV-Sätze nicht darum, dass sich zwei Interessengruppen mehr oder weniger gütlich einigen, sondern darum, eine Vorgabe des Bundesverfassungsgerichtes zu erfüllen. Und genau dort wird der soeben gefundene Kompromiss wahrscheinlich bald wieder landen, denn neue Klagen sind vorherzusehen. Es wäre nicht das erste Mal, dass das Gericht in Karlsruhe die Nachlässigkeiten der Politik ausbügeln muss. Aber kann und soll es das überhaupt?
    Quelle: hr2 / Kultur „Der Tag“ [Audio-Podcast – mp3]
  10. Unterstützung für den Mindestlohn – Arbeitgeber sind am Zug
    Endlich ist ein Mindestlohn für Menschen in Sicht, die im Auftrag der Bundesagentur für Arbeit Arbeitslose qualifizieren. Im Zusammenhang mit dem Hartz-IV Kompromiss beschlossen Bundestag und Bundesrat auch den Mindestlohn in der Weiterbildung auf der Grundlage des Arbeitnehmerentsendegesetzes (AEntG). ver.di als federführende Gewerkschaft hatte sich beharrlich für eine solche Regelung eingesetzt und intensiv dafür gekämpft, dass der Branchentarifvertrag für allgemeinverbindlich erklärt wird. Die Bundesregierung erlässt eine entsprechende Verordnung aber erst dann, wenn die Repräsentativität des Branchentarifvertrages erhöht wird. Die Zweckgemeinschaft des Bildungsverbandes, also der Arbeitgeberverband, muss nun die Tarifbindung deutlich erhöhen und die Bandbreite der Mitgliedsunternehmen erweitern. Damit werden hoffentlich endlich auch bald Lohnuntergrenzen für solche Firmen zwingend, die nicht im Arbeitgeberverband organisiert sind.
    Quelle: Netzwerk Weiterbildung
  11. Über 44 Millionen US-Bürger sind auf Lebensmittelmarken angewiesen
    Die USA kann doch noch Rekorde brechen: Über 44 Millionen US-Bürger sind auf Lebensmittelmarken angewiesen. Dies geht aus den am 2. März veröffentlichten Daten hervor.
    44,082.324 Millionen Menschen waren im Dezember von Lebensmittelmarken, die in den USA in Form von Kreditkarten vergeben werden, abhängig. Wenigstens hier kann die USA also noch Rekorde brechen, auch wenn diese wenig rühmlich für die ehemalige Weltmacht sind. Mit diesen Kreditkarten, die mit durchschnittlich 133,62 US-Dollar “aufgeladen” sind, lassen sich keine Alkoholika oder Tabakwaren kaufen. […] Während einige offizielle Statistiken durch dubiose Tricksereien geschönt werden (vgl. Arbeitslosenquote), so sieht man anhand der obigen Daten sehr gut, mit welcher Wucht die hausgemachte Finanzkrise die USA trifft.
    Quelle: WiSoPo
  12. Tickende Zeitbombe
    DGB stellt Konzept für solidarische Pflegeversicherung vor. Ohne Mehreinnahmen droht dem System der baldige Kollaps
    Unter den vielen sozialen Zeitbomben, die in Deutschland ticken, ist der drohende Pflegenotstand eine der gefährlichsten. Aufgrund der demografischen Entwicklung ist damit zu rechnen, daß die Zahl der pflegebedürftigen Menschen bis zum Jahr 2030 um eine auf dann 3,4 Millionen steigen wird. Dabei sind die dann voraussichtlich deutlich über zwei Millionen Demenzkranken noch gar nicht eingerechnet, da sie bislang offiziell nicht als Pflegefälle gelten, aber dennoch umfassend betreut werden müssen. Bislang gibt es kein schlüssiges Konzept, wie dieses Problem gelöst werden könnte. Es mangelt an einer tragfähigen Finanzierung und an Fachpersonal. Ohne die faktisch ehrenamtliche Arbeit pflegender Angehöriger wäre das System schon längst zusammengebrochen.
    Quelle: Junge Welt
  13. Im Rohstoffrausch: Wie die EU-Handelspolitik Entwicklung untergräbt
    Der Kampagnenclip zeigt, wie die EU-Handels- und Rohstoffpolitik Entwicklung untergräbt und ruft die europäischen BürgerInnen zum Handeln auf.
    “Während der Kolonialzeit missbrauchten die Europäer unsere Länder, um ihren Rohstoffbedarf zu decken. Die gleiche Strategie wird nun unter einem anderen Namen verfolgt: Die Rohstoffinitiative.” erklärt Meena Raman (Third World Network und Friends of the Earth Malaysia) in einem Videoclip, den WEED e.V. zusammen mit europäischen Partnerorganisationen produziert hat.
    Quelle 1: WEED
    Quelle 2: Der Clip auf YouTube
  14. Mutmaßlichem WikiLeaks-Informanten droht Todesstrafe
    Die US-Behörden haben 22 neue Anklagepunkte gegen den US-Soldaten Bradley Manning veröffentlicht. Sie werfen ihm jetzt auch “Unterstützung des Feindes” vor. Wegen Weitergabe geheimer Dokumente an die Enthüllungsplattform WikiLeaks könnte der Gefreite zum Tode verurteilt werden.
    Er steht im Verdacht, mehr als 250.000 geheime Depeschen des diplomatischen Dienstes der USA an WikiLeaks weitergegeben zu haben: Nun ist Bradley Manning in 22 weiteren Punkten angeklagt worden, teilte das US-Verteidigungsministerium mit. Am schwersten davon wiegt der Vorwurf der “Kollaboration mit dem Feind”, berichteten mehrere US-Medien unter Berufung auf Militärquellen. Im Falle einer Verurteilung droht ihm dabei die Todesstrafe.
    Quelle: SPIEGEL Online
  15. Iraker begehren auf
    In der arabischen Welt brodelt es. Ignoriert vom Gros der westlichen Medien hat sich auch im Irak in den vergangenen Wochen eine massive Protestbewegung ausgebreitet. Im Unterschied zu den Demonstrationen in anderen arabischen Ländern wird darüber hierzulande kaum berichtet – vielleicht weil so mancher ernsthaft glaubt, das Zweistromland ist seit dem Sturz Saddam Husseins 2003 »befreit«? Allein am vergangenen Freitag wurden bei landesweiten Demonstrationen laut Nachrichtenagentur UPI mindestens 29 Menschen getötet und mehrere hundert verletzt. 300 Demonstranten sollen festgenommen worden sein.
    Quelle: Junge Welt

    Anmerkung Orlando Pascheit: Es gehört wohl zu den Gesetzmäßigkeiten des Medienbetriebs, dass die Berichterstattung auf internationaler Ebene gerade einmal ein Thema verkraftet. Selbst Vorgänge in Afghanistan finden derzeit kaum Beachtung, wenn nicht gerade unsere Sodaten fallen, geschweige denn im Irak. Die junge Welt betont den Widerstand gegen Verbleib von ca. 50.000 US-Soldaten, im Vordergrund dürfte vor allen die schlechte Versorgungslage stehen, weswegen vor allem öffentliche Versorgungsbetriebe angegriffen wurden. Die mangelhafte öffentliche Strom- und Wasserversorgung ist ein Relikt der Zerstörung der Infrastruktur im Irakkrieg. Auch wenn diese Proteste nicht wie in Ägypten auf eine stärkere politische Partizipation der Bürger zielen, dürfte die Situation nicht ungefährlich sein – siehe dazu den Artikel in der Washington Post: “Violence erupts during anti-government protests in southern Iraq city.”
    Uns sollte die darniederliegende Infrastruktur vor allem daran erinnern, wie verheerend die Entscheidung für den Irakkrieg war. Gegen den sich unsere Regierung zwar ausgesprochen hat, aber an dem wir auch nicht völlig unbeteiligt waren. Immerhin stützte sich der damalige Außenminister Powell bei seiner Rede zu Massenvernichtungswaffen im Irak ganz wesentlich auf Informationen, die der BND geliefert hatte. Man kann hier auch nicht sagen, dass man im Nachhinein klüger ist, wenn der damalige Informant heute zugibt, dass er gelogen habe.
    Deutlich wird nur die mangelnde Professionalität unseres Dienstes. Angesichts der Tatsache, dass sich Deutschland dem Krieg verweigerte, bleibt die poltische Entscheidung, den USA Argumente für einen Kriegseinsatz in die Hände zu geben, skandalös. Der Westen sollte den Krieg als eine wichtige Ursache für die aktuelle mangelhafte Versorgung mit Nahrung, Strom- und Wasser nicht vergessen.

  16. Guttenberg
    1. Bereits 100 Strafanzeigen gegen Guttenberg
      Jede Menge Arbeit für die Ermittler: 100 Strafanzeigen sind bei den Staatsanwaltschaften in Hof und Berlin eingegangen. In Hof wird nun erwogen, ein förmliches Ermittlungsverfahren aufzunehmen.
      Die Staatsanwaltschaft Hof prüft die Aufnahme eines förmlichen Ermittlungsverfahren gegen Karl-Theodor zu Guttenberg. Momentan sind bei den Staatsanwaltschaften in Hof und Berlin insgesamt 100 Anzeigen gegen Guttenberg wegen möglicher betrügerischer Inanspruchnahme des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages und Urheberrechtsverletzungen eingegangen, sagte der Hofer Oberstaatsanwalt Reiner Laib.
      Quelle: Süddeutsche Zeitung
    2. Verhasster Enthüller
      Rechtsprofessor Andreas Fischer-Lescano brachte Guttenbergs Plagiatsaffäre ins Rollen. Die Ereignisse überrollten auch ihn: Der Jurist fühlt sich beobachtet – und wird mit Hassmails überschüttet.
      Quelle: Süddeutsche Zeitung
    3. Der Freiherr als Staubsaugervertreter
      Guttenberg geht für den Moment, aber er wird wiederkommen. Ein vorläufiger Nachruf auf einen künftigen Politikertypus.
      Jedes europäische Land auf dem Weg in die Postdemokratie bekommt den Berlusconismus und seine Vertreter, die es verdient. In ihrer äußeren Erscheinung und in ihrer back story mögen sie unterschiedlich sein, die Postdemokraten in Italien, Frankreich, Russland, Polen oder nun eben Deutschland; das Grundmodell ihrer Macht dagegen ähnelt einander verblüffend. […] Der berlusconistische Politiker erhält seine Macht nicht so sehr durch die parlamentarisch-demokratischen Institutionen und nicht durch die Hierarchien und Allianzen der Parteien, sondern vor allem durch die Medien. Nicht Wahl oder Diskurs entschieden über seine Macht, sondern seine mediale Präsenz – möglichst überraschend, möglichst „unpolitisch“.
      Dementsprechend definiert er sich als meta-parteilich, als unabhängig und solitär. So wird er zur direkten Antwort auf die „Politikverdrossenheit“, die nicht zuletzt eine Parteienverdrossenheit ist: Berlusconismus ist, unter vielem anderen, Politik für Leute, die mit Politik nichts im Sinne haben, sowohl unpolitische Politik als auch politische Un-Politik. […]
      Guttenberg ist nicht, wie man vermuten könnte, eine Art Berlusconi light; schließlich, sagt man, lässt er sich nicht von Medien machen, die er selbst in Besitz hat. Vielleicht ist damit aber die nächste Phase erreicht: Im klassischen Berlusconismus wie in den Postdemokratien Osteuropas halten sich Politiker ihre Zeitungen. Im Deutschland auf dem Weg in die Postdemokratie hält sich eine Zeitung einen Politiker! […] Ob Guttenberg durch Bild oder Bild durch Guttenberg herrscht, ob Guttenberg eine Vorahnung oder schon die Idealbesetzung ist – fest zu stehen scheint: Die Geschichte der zweiten deutschen Republik, ihrer Institutionen, Werte und ihres, nun ja, Geistes geht zu Ende. Guttenberg wird wiederkommen.
      Quelle: Der Freitag

      dazu auch der bemerkenswerte Radiokommentar von KenFM

  17. Bildung schützt vor Armut nicht
    Lange Zeit dachte man im Westen, hochqualifizierte Jobs wandern nicht ins Ausland ab. Doch die digitale Revolution macht Wissensarbeit andernorts billig und effizient.
    Westeuropäern und Amerikanern steht ein tiefgreifender Schock bevor. 30 Jahre lang haben ihre Regierungen ihnen erklärt, sie könnten Arbeitsplätze zwar nicht länger durch traditionelle Formen der staatlichen Intervention wie Subventionen und Zölle schützen, wohl aber das Bildungswesen dergestalt ausbauen und reformieren, dass es die Chancen ihrer Bürger maximiert. Beugten sich genug Leute der Anforderung, eine höhere Qualifikationen zu erwerben, würden die Bürger der USA und Europas weiter in den Genuss steigender Lebensstandards kommen. Wenn sie nur hart genug arbeite, könne jede Generation es einmal besser haben als ihre Eltern. Es müssten lediglich die Schulen auf den neuesten Stand gebracht und die Universitäten überzeugt werden, „marktfähige“ Kenntnisse und Fertigkeiten zu vermitteln. So das Weltbild des britischen Bildungsministers Michael Gove und all seiner Vorgänger der jüngeren Zeit.
    Quelle: Der Freitag
  18. Die Wissenschaften nach Guttenberg – Bitterer Sieg
    Der Nachdruck, mit dem das Volk der Forscher an Guttenbergs Demontage arbeitete, hatte etwas von Notwehr. Alle Ränge und Stufen der Wissenschaft haben sich beteiligt: von den anonymen Plagiatsfahndern des Netzes, den Tausenden protestierender Doktoranden bis zu senatorischen Größen wie dem Theologen Eberhard Jüngel und dem Biochemiker Ernst-Ludwig Winnacker. Die gezielten Provokationen des Bayreuther Juristen Oliver Lepsius, die die Grenze zur üblen Nachrede bewusst überschritten, um die Klärung der Wahrheitsfrage im Zweifelsfall gerichtlich zu erzwingen, wirkten wie ein letztes Mittel in den Wogen von Demagogie und Vernebelungen. Es durfte nicht sein, dass die Gesetze wissenschaftlicher Redlichkeit von Boulevard oder Meinungsumfragen ausgehebelt wurden.
    Quelle: Süddeutsche Zeitung