Schlagwort:
soziale Herkunft

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Ein westfälischer (Schul-)Frieden

Der gestern zwischen SPD/Grünen und der CDU erzielte „Schulkompromiss“ [PDF – 2 MB] wird gefeiert wie der Westfälische Frieden, mit dem der Dreißig Jährige Krieg beendet wurde. Ein Stück weit trifft der Vergleich sogar zu, denn seit einem Volksbegehren über den ersten Anlauf zu einer „kooperativen Schule“ im Jahre 1978, herrschten heftige Auseinandersetzungen über das Schulsystem in diesem Lande, einem der wenigen verbliebenen Herzstücke der Landespolitik. Zwar wurde die Gesamtschule eingeführt und leider auch ständig bekämpft, aber am dreigliedrigen Schulsystem hat sich letztlich nichts geändert. Die Hauptschule war in Art. 12 der Landesverfassung festgeschrieben und keine Regierungsmehrheit seit über 30 Jahren konnte diese Barriere überwinden. Insofern ist die Möglichkeit der Einführung eines „Sekundarschule“ ein Fortschritt und vielleicht eine Chance. Doch mehr als eine Hoffnung besteht nicht. Von Wolfgang Lieb

Studiengebühren nach australischem Vorbild?

Es ist erstaunlich, was in der Studiengebührendebatte alles als neue Vorschläge durchgeht. Einerseits feiert die Akademikersteuer fröhliche Urstände, andererseits wird in NRW mit dem Impetus einer vermittelnden Neutralität das Thema nachgelagerte Studiengebühren wieder aus der Schublade geholt. Diese will auch ein Professor aus Bochum im Landtag präsentieren. Es ist klar: Die StudiengebührenbefürworterInnen bekommen kalte Füße: Wenn nach Hessen und dem Saarland nun auch NRW die Gebühren abschafft, dann ist dies ein starkes Zeichen. Deswegen werden jetzt wieder alle alten Argumente ausgegraben – über eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben hört man nichts. Von Klemens Himpele und Lars Schewe

Was ist das Ziel der Bildungspolitik?

Eine geraffte Betrachtung über eine emanzipative Bildungspolitik und über die bildungspolitischen Forderungen nach „Chancengleichheit“ und „Chancengerechtigkeit“ von Jens Wernicke

Du bist Deutschland – zu teuer!

Die Pressemeldung des Bundesbildungsministeriums vom 8. September 2010 titelt: „Das Deutschlandstipendium kommt!“. Und das tut es denn auch: Wider alle Argumente und Kritik hat in Zeiten vermeintlich knapper Kassen der Bundesrat am 9. Juli diesen Jahres einem entsprechenden Gesetzentwurf der schwarz-gelben Bundesregierung unter der geänderten Voraussetzung zugestimmt, dass der Bund allein den gesamten öffentlichen Finanzierungsanteil übernimmt. Eine Kritik von Jens Wernicke

Rezension: Ulrike Herrmann: Hurra, wir dürfen zahlen

Die schwarz-gelbe Bundesregierung war für die Mittelschicht ein absehbar schlechtes Geschäft – und trotzdem hat diese Schicht, die noch immer die weitaus meisten Wahlberechtigten stellt, die „Koalition der Mitte“ an die Macht gewählt. Wie ist das zu erklären?
Ulrike Herrmann macht in ihrem Buch „Hurra wir dürfen zahlen“ einen interessanten Versuch diesen „Selbstbetrug der Mittelschicht“ zu erklären. Wolfgang Lieb

»Studiengebühren sind sozial gerecht«?

Schwarz-Gelb in NRW ist abgewählt, und es gibt eine Mehrheit für die Abschaffung der Studiengebühren. Sowohl SPD und Grüne als auch die Linkspartei hatten erklärt, diese abschaffen zu wollen. Pünktlich nach der Wahl beginnen sich nun die GebührenbefürworterInnen mit alten Argumenten zu positionieren. Gerade dieser Tage haben neun ProfessorInnen der Ruhr Universität Bochum wieder einmal die These vertreten dass der „Verzicht auf Studiengebühren sozial ungerecht“ sei. Wer die Gerechtigkeit von Studiengebühren behauptet löst die Betrachtung jedoch aus dem gesellschaftlichen Kontext. Wir veröffentlichen dazu einen Beitrag von Sonja Staack aus dem Jahr 2009 aus dem Sammelband herausgegeben von Klemens Himpele und Torsten Bultmann: Studiengebühren in der gesellschaftlichen Auseinandersetzung.

Hochschule in gesellschaftlicher Verantwortung

Am 24. und 25. Februar fand in Berlin das 3. Hochschulpolitische Forum der Hans-Böckler-Stiftung [PDF – 271 KB] statt. Am runden Tisch wurden zunächst die für Bildung zuständigen Vorstandsmitglieder von DGB, ver.di, IG Metall, GEW und IB BCE nach ihrer Einschätzung zu dem von der Hans Böckler Stiftung getragenen Projekt und in Kooperation mit dem DGB und seinen Mitgliedsgewerkschaften erarbeiteten „Leitbild Demokratische und Soziale Hochschulen“ [PDF – 788 KB] befragt. In 8 Foren wurden danach die einzelnen Kapitel des Leitbildes zur Diskussion gestellt und Vorschläge zur Umsetzung erarbeitet. Die für die Hochschulen in ihren Ländern zuständigen Minister Wolfgang Heubisch (Bayern), Jan-Hendrik Olbertz (Sachsen-Anhalt) und Jürgen Zöllner (Berlin) nahmen in Kurzreferaten Stellung und stellten ihre Positionen zur Diskussion.
Wir dokumentieren das Grundsatzreferat des DGB-Vorsitzenden Michel Sommer auf diesem Forum (I.). Leider stehen mir die Statements aus den Foren nicht zur Verfügung, so dass ich Ihnen nur mein eigenes anbieten kann (II.). Wolfgang Lieb

Vor 5 Jahren kassierte das Bundesverfassungsgericht die Studiengebührenfreiheit

Am 26. Januar 2005, hat das Bundesverfassungsgericht § 27 Absatz 4 des Hochschulrahmengesetzes für nichtig erklärt und die Studiengebührenfreiheit abgeschafft. Zahlreiche CDU-regierten Länder haben auf das Urteil nur gewartet und Studiengebühren eingeführt. Zum 5-jährigen Jahrestag, dieses Paradigmenwechsels, der die Hochschulbildung von einem öffentlichen Gut zu einem privates Investment in das „persönliche Humankapital“ umkehrte, erinnere ich an meine damalige Kritik „Studiengebührenentscheidung des Bundesverfassungsgerichts – ein politisches Urteil“ .
Ich habe daran nichts zu korrigieren und alles, was damals nur prognostiziert werden konnte, ist so eingetreten, wie es zu erwarten war.
Die Website „Studis Online“ veröffentlicht aus Anlass dieses „Jubiläums“ einen Buchbeitrag von mir, der die Ausrichtung der Hochschulen auf die Einwerbung von Drittmitteln und Studiengebühren skizziert. Wolfgang Lieb

Hochschulpolitik als bayerische Standortpolitik – Wie die Autonomie der Wissenschaft untergraben wird

„Eine zukunftsweisende Hochschulpolitik ist Standortpolitik. Die bayerische Wirtschaft braucht hervorragend ausgebildete Hochschulabsolventinnen und -absolventen. Sie sind die Basis für Innovationen und damit für den Erfolg und die Wettbewerbsfähigkeit bayerischer Unternehmen.“ Damit sind die Ziele des Projekts „Mehr Exzellenz an bayerischen Hochschulen“, das die CHE Consult im Auftrag der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e.V (vbw) [PDF – 1,4 MB] durchgeführt hat, treffend beschrieben. Es soll also an den bayerischen Hochschulen nicht mehr um „Bildung durch Wissenschaft“ oder auch um den durchaus beruflich bezogenen Kompetenzerwerb zu selbstständigem wissenschaftlichen Denken und Reflexions- und Urteilsvermögen gehen und es geht auch nicht mehr um die „gesamt“-gesellschaftliche Verantwortung der Hochschulen, sondern um „Standortpolitik“ für den „Erfolg und die Wettbewerbsfähigkeit bayerischer Unternehmen“. Wolfgang Lieb

Gläserne Schüler in Bayern – Daten erfassen, statt Probleme lösen

Die Kultusminister haben sich bereits im Jahr 2006 darauf verständigt, dass personenbezogene Daten von Kindern anonym in ein “nationales Bildungsregister” einfließen sollen. Nach den Plänen der Kultusministerkonferenz sollte bis 2008 ein Zentralregister mit Schülerdaten aufgebaut werden, dies stieß jedoch auf heftigen Widerstand. CSU und FDP haben nun einen neuen Gesetzentwurf für eine Schülerdatenbank in Bayern vorgelegt, der sich noch im Verfahren der Verbändeanhörung befindet. Es ist geplant Daten von Schülerinnen und Schülern insbesondere Name, Adressdaten, Religionszugehörigkeit, Migrationshintergrund, schulische Daten, Leistungsdaten, Daten zur schulischen und beruflichen Vorbildung sowie zur Berufsausbildung datentechnisch zu erfassen. Bei den Lehrkräften werden insbesondere Name und Angaben zur Lehrbefähigung und zum Unterrichtseinsatz, bei den Erziehungsberechtigten Name und Adressdaten erfasst. Von Christine Wicht

Auf dem Weg zur „Bürgerschule“

Spitzenverband der Freien Wohlfahrtspflege in Deutschland fordert grundlegende Bildungsreform: Neoliberale Entstaatlichung in progressivem Gewand und mit linkem Zungenschlag. Von Jens Wernicke

Der Staat fördert Studierende aus armen und reichen Haushalten fast gleich

In kaum einem anderen Land auf der Welt ist die Studienfinanzierung so vielfältig und unübersichtlich wie in Deutschland. In einem Vergleich zwischen Tschechien, England, den Niederlanden, Norwegen, Spanien und Deutschland stellte ein internationales Forscher-Konsortium unter der Beteiligung der HIS GmbH [PDF – 1.6 MB] fest, dass bei uns die staatliche Unterstützung der Studierenden aus einkommensstarken Familien (über 64.000 Euro p.a.) in Höhe von 5.135 Euro pro Jahr über indirekte Leistungen z.B. in Form von Steuererleichterungen nahezu gleich hoch ist, wie die Unterstützung von Studierenden in Höhe von 5.720 Euro pro Jahr aus einkommensschwachen Familien (bis knapp 31.000 Euro p.a.) durch indirekte zuzüglich direkter Leistungen z.B. durch das Bafög.
Noch geringer sind die Unterschiede bei den staatlichen Vergünstigungen für Studierenden, die bei ihren Eltern wohnen, nämlich 4.523 Euro pro Jahr bei einkommensstarken Haushalten gegenüber 4.669 Euro pro Jahr in der unteren Einkommensstufe.
In Deutschland werden überwiegend die Eltern gefördert und nicht die Studierenden unmittelbar.
Würde man die direkten und indirekten Unterstützungsleistungen zusammenfassen, dann könnte man damit auch eine elternunabhängige Förderung der Studierenden – wie etwa in Finnland – finanzieren. Wolfgang Lieb

Liberal-Konservative Elitenproduktion

Die Hessische Landesregierung und die schulbetreibende „PHORMS Management AG“
Nach Art. 7 Abs. 4 GG sowie § 171 Abs. 3 des Hessischen Schulgesetzes kann dem Träger die Errichtung einer privaten Grundschule nur dann genehmigt werden, wenn der Schulbetrieb eine Sonderung der Schülerinnen und Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern weder vornimmt noch fördert.
Eben dieser freie und gleichberechtigte Zugang für Kinder aller Einkommensschichten ist bei der genannten Phorms-Schule, deren Eigentümerin eine Aktiengesellschaft ist, jedoch offensichtlich nicht gewährleistet.
Um diese Problematik zu thematisieren, hat sich die Fraktion DIE LINKE. im Hessischen Landtag im März 2009 mit einer Kleinen Anfrage (Landtagsdrucksache 18/230 [PDF – 65,5 KB]) an die Regierung gewandt und um Beantwortung wichtiger Fragen gebeten. Die Antwort der Landesregierung ist ob ihrer Dreistigkeit durchaus als Schlag ins Gesicht der Opposition zu verstehen, in sich aber vor allem höchst widersprüchlich. Von Jens Wernicke